Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=18.02.2023 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 01.05.25
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
    E-Mail: sekretariat@sgipt.org  _ Zitierung  &  Copyright
    Anfang
    _Erleben und Erlebnis bei Ludwig Klages_Datenschutz_Überblick__Rel. Beständiges _Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region_ English contents__ Service_iec-verlag__Dienstleistungs-Info * _
    Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie,
    Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis bei Ludwig Klages
    mit einer Zusatzanalyse zum Begriffsverständnis von Klages,
    einem  berufsbiographischen Exkurs  zur Fachwahl Chemie
    und seiner Rolle als geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus.
    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Methode der Fundstellen-Textanalyse  *  Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis  *  Signierungssystem  *
    Zusammenfassung Hauptseite  *   Begriffscontainer (Containerbegriff) *

    Zum Geleit:
    _

    "... Nun müssen diejenigen, 
    welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, 
    etwas voneinander verstehen; 
    denn wie könnte denn,
    wenn dies nicht stattfindet,
    ein gegenseitiger Gedankenaustausch (...)
    möglich sein? 
    Es muß also jedes Wort (...) bekannt sein
    und etwas, und zwar eins
    und nicht mehreres, bezeichnen;
    hat es mehrere Bedeutungen, 
    so muß man erklären, 
    in welcher von diesen man das Wort gebraucht. ..."

    Aus: Aristoteles (384-322) Metaphysik. 11. Buch, 5 Kap., S. 244 
    (Rowohlts Klassiker 1966)

    Leider verstehen viele Philosophen, Juristen, Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaftler auch nach 2300 Jahren Aristoteles immer noch nicht, wie Wissenschaft elementar funktionieren muss: Wer wichtige Begriffe gebraucht, muss sie beim ersten Gebrauch (Grundregeln Begriffe) klar und verständlich erklären und vor allem auch referenzieren  können, sonst bleibt alles Schwall und Rauch (sch^3-Syndrom). Wer über irgendeinen Sachverhalt etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, wie er diesen Sachverhalt begrifflich fasst, auch wenn dies manchmal nicht einfach ist. Wer also über Gewissheit etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, was er unter "Gewissheit" verstehen will. Das ist zwar nicht einfach, aber wenn die Philosophie eine Wissenschaft wäre und und die PhilosophInnen Aristoteles ernst nehmen würden, dann hätten sie das in ihrer 2300jährigen Geschichte längst zustande bringen müssen. Im übrigen sind informative Prädikationen mit Beispielen und Gegenbeispielen immer möglich, wenn keine vollständige oder richtige Definition gelingt (Beispiel Gewissheit  und  Evidenz). Begriffsbasis  Damit werden all die Begriffe bezeichnet, die zum Verständnis oder zur Erklärung eines Begriffes wichtig sind. Bloße Nennungen oder Erwähnungen sind keine Lösung, sondern eröffnen lediglich Begriffsverschiebebahnhöfe. Die Erklärung der Begriffsbasis soll einerseits das  Anfangs- problem  praktisch-pragmatisch und andererseits das  Begriffsverschiebebahnhofsproblem  lösen.



    Inhalt
    Editorial.
    Zusammenfassung nach DeepSeek und ChatGPT
    Gesichtete Werke:
    • Ausdrucksbewegung und Gestaltungskraft (1913).
    • Vom Wesen des Bewußtseins aus einer lebenswissenschaftlichen Vorlesung (1921).
    • Vom kosmogonischen Eros (1922).
    • Der Geist als Widersacher der Seele (1929-1932).
    • Erleben und Erlebnis in der Ausdruckslehre (1950).
    Glossar;
    • Berufsbiographischen Exkurs  zur Fachwahl Chemie
    • Begriffsverständnis von Klages,
    • Bewusstsein bei Klages.
    • Klages ein geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus?
    • Denkunmöglich.
    • Verselbigen.
    _
    Signierungen und Signierungssystem.
    Checkliste definieren.
    Bisher ausgearbeitete Definitionen elementarer Dimensionen des Erlebens.
    Checkliste-Beweisen.
    Methodik-Beweissuche in der Psychologie.
    Signierung von Beweiserwähnungsbeurteilungen.
    Beweissuchwortkürzel.
    Literatur, Links, Glossar, Anmerkungen und Endnoten, Querverweise, Copyright und Zitierung, Änderungen



    Editorial
    Ludwig Klages ist ein wichtiger Vertreter der sehr stark am Leben orientierten Wissenschaft im Gegensatz zu Formalismus, Logizismus, Empirismusn und Rationalismus, wo das Leben und Erleben untergeht und zerstört wird.



    Zusammenfassung Klages
     
    RS-Zusammenfassung von DeepSeek 30.04.2025: "Für Klages ist „Erleben“ der unmittelbare, fließende Strom des Bewusstseins, der noch nicht durch reflektierende Zergliederung oder begriffliche Fixierung verfestigt ist. Es handelt sich um eine vorbegriffliche, ganzheitliche Erfahrung, die noch nicht in Einzelinhalte zerlegt wurde.
        Charakteristika:
            Dynamisch, lebendig, zeitlich strömend.
            Unmittelbar und „bildhaft“ (noch nicht versprachlicht oder rationalisiert).
            Verbunden mit dem „Seelenleben“, das Klages als ursprüngliche, schöpferische Kraft versteht."
    _
    ChatGPT 01.05.2025: "Kritischer Kommentar zu Ludwig Klages’ Bewusstseinslehre
    Ludwig Klages behauptet, wir könnten unser eigenes Erleben nicht erleben, sondern stets nur Inhalte, die uns fremd gegenüberstehen. Doch alltägliche Erfahrungen wie Selbstbeobachtung, innere Dialoge oder das Bemerken eigener Gefühle sprechen für die Möglichkeit eines Metaerlebens. Die reflexive Dimension des Bewusstseins wird von Klages ausgeblendet.
    Zudem fehlt es seiner Darstellung an klar definierten Begriffen und nachvollziehbarer Argumentation. Seine Gedanken sind eher impressionistisch als systematisch – sie wirken literarisch, nicht wissenschaftlich.
    Doch Wissenschaft heißt: Wissen schaffen, das begründet, verständlich, nachprüfbar und begrifflich präzise ist. Wer diesen Anspruch nicht einlöst, verlässt den Boden wissenschaftlicher Erkenntnis.
    Auch seine Idee, dass nur das Fremde als wirklich erlebt werden könne, ist fragwürdig. Innere Erlebnisse wie Schmerz, Angst oder Freude erscheinen oft ebenso wirklich wie äußere Eindrücke. Wirklichkeit ist nicht auf Fremdheit beschränkt.
    Fazit: Klages bietet originelle Denkimpulse, bleibt aber wissenschaftlich unhaltbar: Seine Thesen sind unpräzise, unbegründet und der kritischen Überprüfung entzogen."


    Ausdrucksbewegung und Gestaltungskraft (1913)
    Fundstellen: erleb 72,  erleben  26, erlebt(e,en) 8 (ohne 1 Pseudo überleben), Erlebnis 26,

    ZusammenfassungKAuG: Sehr viele allgemeine Behauptungen (Allsätze) ohne Beweis, Beweisskirzze oder wenigstens einer Argumentation.
    S. 16.1 "... Zunächst einmal ist für keinen Menschen die Totalität seines Erlebens in seinem ganzen Leben zweimal genau dieselbe, ..."
    S.16.2 "... Wenn anders es denkbar sein soll, daß die Erlebnisse ein und desselben Trägers vom Erlebenden aufeinander bezogen werden, so muß durch sie alle ein Gemeinsames gehen, das in jedem wiederkehrt und an welchem ein jedes teilhat...."
    S.16.3 "... Nur so und auf keine andere Weise wird für den Einzelnen sein Bewußtsein ausschließlich das seinige und trennt sich
    scharf vom Bewußtseinsspielraum jedes anderen Wesens. ..."
     

    S.16: "Gesetzt daß wirklich in jeder Willkürbewegung der persönliche
    Ausdruck stecke, dann sollte nicht minder auch im Erlebnis des
    Wollens, wennschon nicht die Persönlichkeit selbst, so doch ein
    einzigartiges Etwas liegenals Zeichen ihrer lebendigen Gegenwärtig-
    keit. Wir brauchen nicht weit zu suchen, um auch das zu be-
    stätigen.— Zunächst einmal ist für keinen Menschen die Totalität
    seines Erlebens in seinem ganzen Leben zweimal genau dieselbe,
    wieoft er auch identische Willensakte vollziehe. Ich erlebe anderes,
    wennich den Arm ausstrecke, während mich friert, als wenn ich es
    tue in Überhitztheit, anderes beim Vollzuge des Willensaktes im Zu-
    stande des Hungrigseinsals der Sattheit, anderes im Hellen als im
    Dunkeln, am Morgenals am Abend, allein oder unter Menschen.
    Unablässig wechseln die Nebenumstände, die meinenWillensakt be-
    gleiten und von denen ein Reflex auch in mein Bewußtein fällt als
    die eigentümliche Stimmungsfarbe des jeweiligen Augenblicks. Dabei
    aber dürfen wir nicht stehen bleiben. Wenn anders es denkbar
    sein soll, daß die Erlebnisse ein und desselben Trägers vom Erlebenden
    aufeinander bezogen werden, so muß durch sie alle ein
    Gemeinsames gehen, das in jedem wiederkehrt und an welchem ein
    jedes teilhat. Nur so und auf keine andere Weise wird für den
    Einzelnen sein Bewußtsein ausschließlich das seinige und trennt sich
    scharf vom Bewußtseinsspielraum jedes anderen Wesens. ..."

    S.27: "Nun gibt es kein menschliches Erlebnis, das nicht auch Gefühl
    und somit triebhafte oder wünschende Strebung wäre.  Triebhafte
    Impulse liegen in jeder Empfindung, wunschfähige Strebungen in
    jedem Aufmerken, Wahrnehmen, Urteilen, Denken. Jedes Erlebnis
    ist innere Bewegung und strahlt darumin Bewegungen auch des
    Körpersaus, dasDenkenso gut wie dasFühlen undEmpfinden. Es
    hat darumgar nichts Verwunderliches, wennein empfänglicher Be-
    trachterjemandemseineGedankenansieht oder mindestens auchfür
    deren Richtung aus seiner »Stimmung« zutreffende Schlüsse zieht,
    undes sei hervorgehoben, daß die charakterologische Deutungdes
    Ausdrucks neben Triebfedern und Temperamentseigenschaften auch
    die Fähigkeiten des Intellekts erfaßt"
     

    Erlebnis der Willensanstrengung  S.58:
    "Lassen wir von zwei Billardkugeln die eine hohl und viermal
    leichter als die andere sein,  so genügtein Stoß von halber Stärke,
    um sie doppelt so schnell in Bewegung zu setzen: die Geschwindig-
    keit allein gibt kein Maß für die Größe der Kraft, sondern es be-
    darf dazu der Kenntnis von der Größe des Widerstandes. Daß wir
    aber offenbar den Kraftbegriff nicht denken können, ohne zur Be-
    schleunigung die Masse hinzuzunehmen, liegt begründet in seiner
    Herkunft aus dem Erlebnis der Willensanstrengung, zu derenWesen
    es gehört, daß ein Strebendes in uns bezogen sei auf ein Gegen-
    strebendes, und nötigt uns zu analoger Fassung der Struktur auch
    aller psychischen Bewegungsvorgänge. Beim Aufhebenwollen eines
    Steines ist das Gegenstrebende das empfundene und gefühlte Ge-
    wicht, beim Lösenwollen eines Rätsels die gefühlte Schwierigkeit
    und fraglos wäre das Wollen kein Wollen mehr, bei dem ich mich
    nicht durch ein irgendwie Hinderndes noch getrennt wüßte vom ge-
    wollten Ende. Wie ich wollend auf dieses gerichtet bin, so bin ich
    es in dem Gerichtetsein auch gegen das Hindernde und eben in
    solchem Doppelerlebnis besteht das Erlebnis des Kraftaufwandes."

    RS: Schreibt in Wir-Form, also allgemein, Geltungsbreich Menschheit. Falsch ist sicher, "dass wir aber offenbar den Kraftbegriff nicht denken können, ohne zur Beschleunigung die Masse hinzuzunehmen"; der Allsatz ist widerlegt durch meinen eigenen Gegenbeispiel, weil ich bei meinem Kraftbegriff die Beschleunigung der Masse nicht mitdenke.  Das Erleben des Kraftaufwandes ist ganz einfach zu erforschen: man wendet Kraft auf und beschreibt sein Erleben dabei.

      Versuch 29.04.2025, 14:05 Ich nehme eine volle Limonadenflasche von 1,5 Liter. Ich halte sie in der linken ausgestreckten Hand eine Minute lang, mit der Stoppuhr in meiner rechten Hand gestoppt, und erlebe, wie mit zunehmender Zeit die Anstrengung leicht zunimmt und sich in einem leichten inneren Zittern meines linken Armes bemerkbar macht. Ich meine, ich spüre die Kraftanstrengung. Aber das reine Erleben ist dadurch beeinflusst, dass ich ja um diesen Versuch weiß, auch das für seine Durchführung Kraft nötig ist
      Kiesertraining: seit rund 12 Jahren machen zwei mal in der Woche Krafttraining nach Kieser. Ich kann mich sehr gut in die Anstrengung an den 11 Maschinen, die ich absolviere versetzen (weil ich sie ja 2 x die Woche durchführe und erlebe). Kraftanstrengung erleben.
      Ich habe letzte Woche meiner Frau geholfen 6 Karton mit je 12 Litern Milch vom Auto im Hof in unseren Vorratsraum in den Keller zu tragen. Die Kraftanstrengung war deutlich zu spüren.
      Der ganz normale Alltag der meisten Menschen ist für einfache Versuche zum Erleben von Kraftanstrengung sehr gut geeignet.
      Merkwürdig? Vieles, das Kraft braucht, merken wir nicht.


    Klages, Ludwig (1921) Vom Wesen des Bewußtseins aus einer lebenswissenschaftlichen Vorlesung.
    94 S. TSZ=94 S. TW B  Ti,- IV+,-SR TW B As DE+- T: e=110, E=113, Erleben 62, erlebt 58, Erlebnis 113
    Ausführliche Auseinandersetzung mit dem Erleben und Erlebnissen.
        S. 100: "Wir sehen Farben, Linien, Gestalten, hören Geräusche, Klänge, Töne, riechen Düfte, schmecken Salziges, Süßes, Bitteres, Saures, tasten Hartes, Weiches, Rauhes, Glattes, Trockenes, Nasses, Warmes, Kaltes und so fort; aber wir sehen nicht unser Sehen, hören nicht unser Hören, riechen nicht unser Riechen, schmecken nicht unser Schmecken, tasten nicht unser Tasten. Wir erleben also jedesmal nicht das Erleben, sondern ein dem Erleben fremdes Gegenüber, und wir erleben kraft seiner Fremdheit und kraft ihrer allein die Wirklichkeit des Erlebten, die Wirklichkeit der Farbe, des Klanges, der Wärme. "
    geprüft 28.9.24


    Klages, Ludwig (1922) Vom kosmogonischen Eros
    Mit zwei Abschnitten über Ekstase. TSZ=
    TSZ=182 S.  Ti-, IV-,-SR, DE+-
     T: e=49, E=25, Erleben 24, erlebt 25, Erlebnis 25
    geprüft 28.9.24

    33:"Wie wir die Fähigkeit des Sehens bei unserem Hörer voraussetzen müssen, wann wir ihm von Farben sprechen, so wenigstens ein bescheidenes Ausmaß der Fähigkeit elementar-erotischen Erlebens, wenn wir vom Eros sprechen."
    Nach dem Titel sollte das Erleben von Eros, Liebe, Leidenschaft, geklärt werden.



    Der Geist als Widersacher der Seele
    Klages, Ludwig (1929-1932) Der Geist als Widersacher der Seele.  (Hauptwerk in 3 Bänden). 5. Aufl. Bonn: Bouvier [Online ohne Register]  Kürzel KG

    Zusammenfassung-Geist-Widersacher-Seele:
    Summa sumarum: Klages definiert, erklärt oder beschreibt erleben und Erlebnis bei den eingesehenen und dokumentierten Stichproben nicht, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Quer- oder Literaturverweis. Er stand  nicht nur mit der Wissenschaft seiner Zeit auf Kriegsfuss und hat sein eigenes, egozentrisches Verständnis von Wissenschaft, das methodisch im Dunkeln bleibt. Obwohl Klages als promovierter Chemiker mit der Wissenschaft vertraut ist, belegt er viele seiner kritischen Behauptungen nicht, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Quer- oder Literaturverweis; z.B. S.160  "die ganze Welt besteht aus Empfindungen", wobei seine grundsätzliche Kritik an der rationalistischen Einseitigkeit und den Begriffsunklarheiten nachvollziehbar und auch nicht ganz unberechtigt ist.
        Biographisch: Klages war eine sehr begabte faustische Natur mit zwei Seelen in seiner Brust und umfassenden Interessen und Wissen auf vielen Gebieten der Wissenschaft, Kultur und Kunst, besonders der Psychologie (Wundt war er davongelaufen, aber Theodor Lipps  hatte es ihm angetan). Der Titel seines Hauptwerks Der Geist als Widersacher der Seele spiegelt seinen persönlichen Konflikt gut wieder und kann auch als ein Konfliktlösungsversuch zwischen Leidenschaft und Vernunft, Gefühl und Verstand, Wissenschaft und Kunst, interpretiert werden, den er zu Gunsten \g von Leidenschaft, Gefühl und Leben \g entscheidet. Feinsinnig erkennt sein  Biograph  auch noch tiefere Gründe: "Zeitweilig aber mußten Künste und Wissenschaften ihm als Surrogat dienen für die versagte Liebeserfüllung." (S. 149) Ein Fressen für die Psychoanalyse.
        Nach der Arbeit von Schneider (2001) gibt es keinen Zweifel, dass Klages als ein geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus anzusehen ist.

        1 Erleben und Erleben bei den eingesehenen Fundstellen:

    • 0. Fundstellen: erleben 545 (547-2x überleben), erlebt 385 und Erlebnis 754, insgesamt also 1684 Erwähnungen, im Durchschnitt mehr als eine pro Seite.
    • 1a. Bei den ersten 20 Erwähnungen nicht definiert, erklärt oder mit Beispielen nachvollziehbar eingeführt, auch nicht durch Fußnote, Anmerkung, Quer- oder Literaturverweis.
    • 1b. Sprung zur Seite 100: Klages nennt hier wichtige Sinnes-Dimensionen des Erlebens.
    • 1c. Das Dritte Buch, Beginn S.215,  hat den vielversprechenden Titel Bewußtsein und Erlebnis. Auf den ersten 5 Seiten dieses Kapitels gibt es 12 Erwähnungen, aber auch hier werden die Begriffe nicht geklärt.
    • 1d. (1252-1258) Die Untertitelung "Vom Kern des Erlebbaren" lässt hoffen, dass Klages hier nun klärt, was er unter Erleben und Erlebnis versteht. Aber auch hier erfolgt im ganzen Abschnitt keine Klärung der Begriffe.


    2. Das mit dem Bewußtsein hat Klages so wenig wie die innere Wahrnehmung verstanden.

    3. Innere Wahrnehmung: sie wird in dem 1500 Seiten Werk nur zwei mal erwähnt. Klages lehnt den Begriff  innere Wahrnehmung ab und bewertet sie S. 216 als psychologische Irrung oder, S. 1426 als falschen Glauben.

    4. Die  Polarität  zwischen Geist und Seele ist eine willkürliche Konstruktion von Klages. In der Psychologie gehört der Geist mit den kognitiven Funktionen zur Seele oder Psyche.

    5. Erleben/Erlebnis im Inhaltsverzeichnis

      Vierter Abschnitt Ding und Bild 183
      • 22. Kapitel. Sinneserlebnis und Erfahrung 195
      Drittes Buch Seite
      • Bewußtsein und Erlebnis 215-512
      Dritter Abschnitt. Nähe und Ferne 1022
      • 62. Kapitel. Vom Bewegungserlebnis 1022
      • Fünfter Abschnitt Das Weltbild des Pelasgertums 1261

      • 71. Kapitel Über Dichtertum und Pelasgertum  1261
        • Vorbemerkung 1251. — Vom Kern des Erlebbaren 1252. — Die Wirklichkeit der Dichtung 1954. — Dichtertum und Vorzeit 1257.


    6. Erleben und Erlebnis im Sachregister
    Im Sachregister gibt es folgenden Eintrag:
    Erleben vgl. vor allem Anschauen, Eindruck, Ekstase, Empfindung, Entfremdung, Erfahrung, Eros, Gefühl, Polarität, Sinnlichkeit, Tiefe, Unbewußtsein.
     

      Im Sachregister zusätzlich aufgefallen:
      Keine Einträge: Beweis, Defin, Method, Wissenschaft,  - trotz vieler Fundstellen im Text: Beweis 144, bewies 43, Defin 51, Method 29, Wissenschaft 322, widerleg 54, zeig 324,
      Einträge: Begriff (viel), Logik, Logistik, Mathematik


    Ende Zusammenfassung Der Geist als Widersacher der Seele



    Fundstellen-Suchtextergebnisse:
    Die ersten 20 Fundstellen zum Erleben bis zur Seite 72: keine Erklärung, was Klages unter erleben verstehen möchte.

    Name-Werkkennung-Seite-ed/Ed- "." -AnzahlErwäh/Seite
         K             G              z    Typ  Trenner         z
    Lesebeispiel: KG69e2.1erlebbar, K=KLages, G=Der Geist als Widersacher der Seele. Auf S. 69 wird erlebbar in zweiter Bedeutung e2 das erste mal erwähnt.

    Signierungssystem (Quelle)
     
    e <  Erleben      Differenzierung     > Erlebnis E
    e0
    wach, erlebnisfähig
    E0
    e1
    dabei, zugegen, Zeuge
    E1
    e2
    innere Wahrnehmung
    E2
    e3
    besonderes 
    E3
    er
    reines Erleben, Erlebnis
    Er
    epr
    praktisch reines Erleben, Erlebnis
    Epr
    es
    spezielles
    Es
    e?
    unklar
    E?

    Anmerkung Carnap: hier ist EE für Elementarerlebnis vorgesehen, obwohl unklar ist, was ein Elementarerlebnis von einem Erlebnis unterscheidet.

    3: Pseudo "überleben"
    27: "... so haben wir es noch in allerneuester Zeit KG27e1.1erleben müssen, ... "
    68.1-6, 69.1-3: "Die Antwort lautet: wir werden des Stetigen inne, indem wir es KG68e2.1erleben. Wie es außer uns „in Wirklichkeit" nichts als Geschehnisse gibt, die nur wir aus Anlaß der Tätigkeit des uns selber innewohnenden Geistes so zu betrachten gezwungen sind, als wären sie Scheine und Schattenspiele, verdeckend ein punkthaft einziges und jederzeit mit sich identisches Sein, so aber ist es nun unsre Teilhaberschaft auch am Geschehen, welche, indem wir zufolge ihrer beständig KG68e2.2erleben, den Geist zu unbegrenzter Vervielfachung der Seinspunkte nötigt und schon seine Urtat, den Wahrnehmungsakt, nicht sowohl auf das Sein schlechthin bezogen sein läßt als vielmehr immerdar auf verbesondertes Sein, das — unabhängig von ihm — am raumzeitlichen Außereinander der Wirklichkeit eine Stelle hat. Das persönliche Ich ist Träger sowohl des Geistes als auch des Lebens, zweier Mächte, deren Verhältnis zueinander wir aus dem Verhältnis des Seins zur Wirklichkeit vorweg jetzt folgendermaßen bestimmen:
    Geist und Gegenstand sind die Hälften des Seins; Leben und Bild die Pole der Wirklichkeit —
    Der Geist „ist"; das Leben vergeht —
    Der Geist urteilt; das Leben KG68e2.3erlebt —
    Das Urteil ist eine Tat, das KG68e2.4Erleben ein Pathos —
    Der Geist erfaßt das Seiende; das Leben KG68e2.5erlebt das Geschehen —
    Das (reine) Sein ist außerraumzeitlich, und so ist es auch der Geist;
      das Geschehen ist raumzeitlich, und so ist es auch das Leben —
    Das Sein ist grundsätzlich denkbar, aber nie unmittelbar zu KG68e2.6erleben; das [>69]
    Geschehen ist grundsätzlich KG69e2.1erlebbar, aber nie unmittelbar zu begreifen —
    Die Urteilstat bedarf des KG69e2.2erlebenden Lebens, worauf sie sich stütze; das Leben bedarf nicht des Geistes, damit es KG69e2.3erlebe —
    Der Geist als dem Leben innewohnend bedeutet eine gegen dieses gerichtete Kraft; das Leben, sofern es Träger des Geistes wurde,
    widersetzt sich ihm mit einem Instinkt der Abwehr —
    Das Wesen des „geschichtlichen" Prozesses der Menschheit (auch „Fortschritt" genannt) ist der siegreich fortschreitende Kampf des Geistes gegen das Leben mit dem (allerdings nur) logisch absehbaren Ende der Vernichtung des letzteren. —
        Diese weitgehender Auslegung bedürftigen Formeln sollen uns nur dazu dienen, den Begriffen Relief und späteren Darlegungen eine Richtschnur zu geben.

    71.1-4: "Wenn man gesagt hat, echte Dichtung sei stets bis zu einem gewissen Grade „romantisch", so meinte man jedenfalls, sie müsse, 'damit sie ihren Namen verdiene, irgendwie Ausdruck der Seele sein. Sie wird aber unter anderem dadurch zum Seelenausdruck, daß sie ebenso wie der Mythos ein Geschehen verlautbart, solcherart den Geschehenscharakter der KG71e2.1erlebenden Seele selber bezeugend. Insofern wir KG71e2.2Erlebende sind und somit immer auch Seelenträger, was KG71e2.3erleben wir doch? Abschied und Wiedersehen, Gehen und Kommen, Entstehung und Sterben, den Tag und die Nacht, Erwachen und Wiederentschlummern, Wechsel der Jahreszeiten, Jugend und Alter, ungerechnet die Tausende von Ereignissen, die, vergleichbar unerwarteten Stößen des Windes, den Rhythmus des niemals ruhenden Wogenschlages beglückend oder zermalmend verändern. Bloß dank ihrer Fähigkeit zum KG71e2.4Erleben ist diese Seele, was immer sie sonst noch sei, beharrungsfremdes Sichwandeln, oder, so zugespitzt, wie möglich gesagt: die Seele ist des Leibes Vergänglichkeit."

    71f.1-5: "Daß [72] nun aber den persönlichen Lebensträger deshalb ein mit nichts zu verklebender Riß durchsetze, zeigt uns sofort ein etwas schärferer Blick auf die Wesensverschiedenheit der beiden „Vermögen", von denen das eine uns zum KG72e2.1Erleben, das andre zum Erfassen befähigt, insofern sie unumgänglich als aneinandergeschlossen in uns gedacht werden müssen.
        Ist nämlich die Fähigkeit zum KG72e2.2Erleben eine Seite der Wirklichkeit selbst» so können wir zwar KG72e2.3erleben, ohne das mindeste zu erfassen, keineswegs aber etwas erfassen ohne Beihilfe des KG72e2.4Erlebens; und besteht nun die Anlage zum KG72e2.5Erleben, die wir in Rücksicht auf bedeutungstiefe KG72E2.1Erlebniswellen die Seele nannten, unweigerlich darin, daß ihr, der Seele, etwas geschehen, widerfahren, begegnen könne, so trägt im Verhältnis zum seelischen Widerfahrnis der Akt des Erfassens den Charakter einer Behauptung, und die Seinsmacht, die das Erfassen ermöglicht, den eines Zwanges zur Selbstbehauptung."
     
    Bis zur Seite 72 gibt es 19 Fundstellen "erleben", aber keine Erklärung, was Klages unter erleben versteht.

    Sprung zur Seite 100

    100: "Befinde ich mich unterhalb des Geistes, also im Zustande bloß des KG100e2.1Erlebens, so stehe ich in polarer Verbindung mit etwas KG100e2.2Erlebtem, das im Verhältnis zum Lebensvorgang den Charakter der Fremdheit trägt und in vielen Fällen der Außenwelt; keineswegs aber in polarer Verbindung mit meinem KG100e2.3Erleben selber. Wir sehen Farben, Linien, Gestalten, hören Geräusche, Klänge, Töne, riechen Düfte, schmecken Salziges, Süßes, Bitteres, Saures, tasten Hartes, Weiches, Rauhes, Glattes, Trockenes, Nasses, Warmes, Kaltes und so fort; aber wir sehen nicht unser Sehen, hören nicht unser Hören, riechen nicht unser Riechen, schmecken nicht unser Schmecken, tasten nicht unser Tasten. Wir KG100e2.4erleben also jedesmal nicht das KG100e2.5Erleben, sondern ein dem Erleben fremdes Gegenüber, und wir KG100e2.6erleben kraft seiner Fremdheit und kraft ihrer allein die Wirklichkeit des KG100e2.7Erlebten, die Wirklichkeit der Farbe, des Klanges, der Wärme. — Man muß sich aber sogleich darüber Rechenschaft geben, daß Wirklichkeit nicht dasselbe sein könne mit Gegenständlichkeit und daß die Ermittlung der Gegenständlichkeit eines Wirklichen oder kürzer der „Existenz" nicht aus dem Wirklichkeitserlebnis allein zu verstehen sei."
     
    Seite 100 nennt wichtige Sinnes-Dimensionen des Erlebens, die nicht auf sich selbst angewendet werden  können, aber die innere Wahrnehmung, sie wird in dem 1500 Seiten Werk nur zwei mal erwähnt, führt sie dem Erleben zu. Klages lehnt den Begriff  innere Wahrnehmung ab und bewertet sie S. 216 als psychologische Irrung oder, S. 1426 als falschen Glauben. 

    Sprung zur Seite 215 zum Dritten Buch Bewußtsein und Erlebnis, weil der Titel nahelegte, dass der Begriff Erlebnis näher bestimmt wird.
     
    Auf den ersten 5 Seiten dieses Kapitels gibt es 12 Erwähnungen, aber auch hier werden die Begriffe nicht geklärt. Das mit dem Bewußtsein hat Klages so wenig wie die innere Wahrnehmung  verstanden. Bewußtsein heißt der Ort, wo das Erleben durch innere Wahrnehmung der Dimensionen des Erlebens stattfindet. 

    219.1-2: "Die Abhängigkeit des Begriffs vom allgemeinen Sprachgebrauch wäre bei gleichläufiger Einsicht in dessen Bedeutung natürlich nur zu begrüßen. Hat sich aber des Wortes der Hang zur Vergeistigung bemächtigt, so dient es wie kein zweites zur Verschleierung folgender Fälschung: um mit Bewußtsein bezogen zu sein auf Empfundenes, Wahrgenommenes, Vorgestelltes, Geträumtes, Phantasiertes, muß ich empfunden, wahrgenommen, vorgestellt, geträumt, phantasiert haben; folglich — besteht das Bewußtsein aus solchen Vorgängen wie des Empfindens, Wahrnehmens, Vorstellens, Träumens, Phantasierens. Wenn der Eleat die Wirklichkeit mit dem Sein vertauschte, so fällt der Bewußtseinstheoretiker der noch weit schlimmeren Verwechslung des KG219e2.1Erlebens mit dem Wissen um das KG219e2.2Erleben anheim, dergestalt daß er unablässig von KG219E2.1Erlebnissen redet, während er nie etwas andres im Auge hat als das — Bewußtsein davon! Grundsätzlich genommen, ist alle im Schulsinne so genannte „Psychologie" eine sich selbst verleugnende Erkenntnislehre, wie umgekehrt die sogenannte Erkenntnislehre ebensogut „Psychologie" hätte heißen dürfen. Es entbehrt nicht ganz des Beigeschmacks der Komik, wenn der Streit nicht zur Ruhe kommt, wo eigentlich die Grenze zwischen beiden liege. Selbst der Verstand eines Gottes wäre nämlich umsonst bemüht, den Zuständigkeitsunterschied zweier Disziplinen zu ermitteln, die bei höchstens ein wenig verschiedener Neigungsrichtung ihrer Vertreter genau denselben Gegenstand pflegen."

    222.1-9: "Allein das ratlose Verwundern über die scheinbare Leerheit des Beginnens verwandelt sich in ein wissendes Verwundern über die Klugheit eines lebensarm gewordenen — Unbewußten, sobald wir am Leitfaden des Gedankens forschen, welchen Zweck es erfüllen hilft Setzen wir an die Stelle des Unbewußten den Lebensgrund, so hat uns die Lehre zwar nicht das geringste von dessen Beschaffenheit kundgetan, dafür aber zu ihm den Weg recht geflissentlich abgesperrt durch völlige Logisierung des KG222e2.1Erlebens. Wer sich an sie gefangengibt, findet nie mehr den Weg zum — Unbewußten, weil ihm statt seiner aufbetrogen ist ein unbewußtes — Bewußtsein! Am Unbewußten enthüllt sich erst die Nihilistik des Bewußtseinsbegriffes. Wenn dieser KG222E2.1Erlebnisse den Verstand haben läßt, so läßt sein Gegenbegriff einen haarspalterischen Verstand besitzen das — KG222e2.2Erleben! Zur Entmächtigung des KG222e2.3Erlebens durch Hineinnahme seiner in den denkenden Geist die erst vollendende Ergänzung bildet die Hinausverlegung des Geistes in die Lebendigkeit! Wer noch hätte zaudern wollen, wenn man ihm statt des KG222e2.4Erlebens das Wissen um das KG222e2.5Erleben anbot, muß sich für überwunden geben, nachdem man ihm weitläufig dargetan, daß der gesamte Lebensgrund durchsetzt und durchsäuert werde von einem, ob auch „unbewußten", Rechenverstand! — Nach dieser Schärfung unsres Blickes an der Lehre vom Unbewußten lenken wir zur Lehre vom Bewußtsein zurück.
        Obschon die Bewußtseinstat, durch die wir vom KG222e2.6Erlebten wie vom KG222e2.7Erleben Kenntnis nehmen, das KG222e2.8Erleben selber in sich zu schließen ermächtigt wurde, so läßt es sich am Ende doch nicht vermeiden, sie und dieses irgendwie auseinanderzuhalten und dergestalt das Bewußtsein abermals aufzuteilen in den Hellraum des wissenden und den Dunkelraum des nur erst KG222e2.9erlebenden Bewußtseins. "

    224.1: "Des Pudels Kern hat sich herausgeschält: die so bereitwillig zugestandene Außenwelt ist zum Inhalt einer losgelösten Vernunft, das fort und fort herbeigerufene KG224e2.1Erleben zu einer Art von Wiederhall ihrer Befehle, die Wirklichkeit insgesamt zum Begriffsgespinst des reinen Subjekts geworden! Es hätte aber keineswegs des schwierig gewundenen Weges bedurft, an dem wir nur die Knickpunkte und Haltestellen sichtbar machten, um ein Ziel zu erreichen, das in Wahrheit an dessen — Anfang liegt. Wer überhaupt nur ernstlich von KG222E2.1Erlebnissen des Bewußtseins spricht, der hat schon ein für allemal die KG222E2.2Erlebnisse in Gedanken, die Erscheinungen in Gegenstände, die gesamte Wirklichkeit in ein Machwerk der „Apperzeption" verwandelt!28 ) Und er hob damit, freilich sehr wider sein Vermuten, das Bewußtsein selber auf, weil er ihm die Vorbedingung alles Findens und Erfassens, das Außereinander, nahm!"
    ... ...
     
    Die Untertitelung "Vom Kern des Erlebbaren" lässt hoffen, dass Klages hier nun klärt, was er unter Erleben und Erlebnis versteht. Aber auch hier im ganzen Abschnitt keine Klärung der Begriffe 

    1252: "Vom Kern des KG1252e2.1Erlebbaren. — Nachdem wir am Anfang des Werkes ausgesprochen, es sei das KG1252E2.1Erlebnis und ein Entschluß vonnöten, um zu den Grundbegriffen durchzudringen, welche allererst Seelenforschung ermöglichen, sind wir jetzt in der Lage, bestimmter anzugeben, was dieses Rätsel-[>1253] wort besagen wollte. Beim Namen „<<<<< \g KG1252E2.2Erlebnis" hatten wir nicht ein besonderes KG1252E3.1Erlebnis, sondern das KG1252e2.2Erleben selber im Auge, sofern sein Stattfinden auf dem Vorgang des Schauens beruht. Wenn dieses, wie dargetan wurde, in jedem KG1252E2.3Erlebnis und selbst noch in der kahlsten „Erfahrung" mitschwingt, so ist der Kerngehalt der zu erlebenden Wirklichkeit das im Zeitstrom fließend sich wandelnde Bild. Der „Eindruck" freilich enthält überdies noch empfundene Körperlichkeit, aber als abhängig, wie wir gesehen haben, von den schaubaren Bildern, die er verkörpert Allein das noch so gründlich Bewiesene wird dennoch nur den überzeugen, der wenigstens ein Mal im Leben wesenhaft tiefer KG1252E2.4Erlebnisse teilhaft wurde, kraft deren die Schauung sich alles bloß Zuempfindende einschmolz; und es wird ihn nur dann überzeugen, wenn er, dem Wegweiser folgend, den wir aufgestellt haben, entschlossen ist, im tief ihn Ergreifenden das wirkende Bild zu suchen. Denn zwischen der Besinnung und dem KG1252E2.5Erlebnis eines jeden von uns steht die Schranke des Tatsachenglaubens, den Leistung um Leistung härter hämmert, dergestalt daß auch der Kundigste eines fühlbaren Kraftaufwandes bedarf, um mit dem Blick, der das Empfangene sucht, nicht vorzeitig abzugleiten auf das geistig Getane. Dank einem Vorurteil, mit dem bis in die Höhenschichten des „reinen Verstandes" die Selbstbehauptung hinaufreicht, vertauschen wir sensorische Lebensvorgänge mit Wahrnehmungstaten und das Verhängnis des Schauens mit den Zufällen des Erblickens. Wäre dem anders, so würde allein schon durch den Hinweis auf das Erleiden in jedem KG1252e2.3Erleben die Wirklichkeit der Bilder zwingender wachgerufen, als es jetzt durch Erwägungen über den Sachverhalt des Träumens geschieht, dessen Teilhabe am Zustande begreifender Wachheit für eine völlig „entzauberte" Bildungsmenschheit bestenfalls ein theoretisch zu bejahender, aber herzblutarmer Gedanke bleibt So indes, als begabt mit einem Denkvermögen, das gleichsam sich selber umschlossen und abgetrennt hat, sollen wir vom Wahrnehmungsakte erst den packenden Griff ablösen und insbesondere das KG1252E2.6Augenerlebnis nur in soweit zu Rate ziehen, als es wie kein andres KG1252E2.7Sinneserlebnis die Wirklichkeit des Anschauungsraumes bezeugt, um endlich als schattenhaften Rest zu behalten, was niemals unmittelbar begriffen wird, weil es der Inbegriff eines schlechthin nur Ergreifenden ist — Darum wird mit Erfolg nur der diese willenswidrige Tat vollbringen, dem die Vergegenwärtigung des tief Ergreifenden offensteht Hat er mit ihrer Hilfe aber erkannt, daß es Bilder und nichts als Bilder waren, wovon er je im Leben „erschüttert", „gepackt", „überwältigt" wurde, so bringt ihn der folgende [>1254] Schritt der größeren Einsicht nahe, daß alles die Seele Ergreifende (eingerechnet, was davon im unbeachteten Anstoß zum herzunabhängigsten Gegenstoß des nüchternsten Urteils läge) Bilder und nichts als Bilder sind.
    ...
    1254: "Nicht grade gleichgültig, doch aber nebensächlich ist es, welche Art des KG1254e2.1Erlebens dabei seiner Besinnung zum Führer dient Ob man als „Naturschwärmer" an die rätselhafte „Stimmung" einsamster Landschaften denkt oder als Mensch des Tages an eine Lebensgefahr, eine Feuersbrunst, einen Schiffsuntergang oder als Kunstfreund an den entscheidenden Schauer, wo-mit das Lieblingswerk aus den Fugen brachte, oder als Lebensbetrachter an erloschene Leidenschaften, Stunden hoffnungsloser Verlassenheit, früheste Spielgefühle des Kindesalters oder als „Mystiker" an dm verwirrendsten Traum, sei es voll peitschender Ängste, sei es voll schmelzender Seligkeiten oder als Forscher an das brennendste Suchen und das befreiendste Finden oder als Mann der Tat an das verwegenste Planen und die Verzweiflung im Augenblick des jähesten Scheiterns: was jede dieser „Erfahrungen" allein zum „Erlebnis", weil zum Erleidnis der Seele, machte, war die Gewalt eines Bildes, und es entsprach nicht zwar die Heftigkeit, wohl aber die Tiefe des Gefühls aufs genaueste dem Grade, in welchem das Bild entweder aufzulösen oder zu brechen vermochte die Seelenschranke mit Namen persönliches Ich, Ging solche Ichentschränkung bis zu völliger Ichvernichtung, so hat ihr Träger erlebt, was die Alten Ekstasis nannten und worin sie mit Recht die unmittelbare Vorbedingung der Vollendung (Teletae) erblickten, genauer das jenseits nicht nur von „Lust" und „Unlust", sondern sogar von Grauen und Seligkeit gelegene Ende, im Verhältnis zu dem die Gefühle immer bloß „auf dem Wege" sind. Und so gewiß nun, was jedermann zugeben wird, die noch so sachliche Beschreibung das unterscheidend Besondere des Tiefengehalts der Gefühle dem Vernehmenden nicht nach dem Maße seiner Auffassungskraft, sondern allein seiner Seelenverwandtschaft vermittelt, so gewiß geht nicht in die Form des bloßen Aussagens ein das Was des Gefühlten, das ergreifende Bild.
        Die Wirklichkeit der Dichtung. — Nichtsdestoweniger gab es seit je eine Gruppe von Menschen und gibt es deren wenigstens Reste selbst heute noch, die lebenslänglich nach nichts anderm trachten, als mit Hilfe eines Sprachgebrauchs, der dem Sprachgebrauch der Urzeit mindestens ähnelt, den seelischen Gehalt des KG1254e2.2Erlebten nicht sowohl mitzuteilen als vielmehr darzu-[>1255] stellen: man nennt sie die Dichter."

    1257: "Dichtertum und Vorzeit. — Die gegenständliche See befindet sich stets am selbigen Ort eines selbigen Alls. Die See der Lenauschen „Sturmesmythe" erzeugt sich jedesmal neu in der Seele des den Mythos KG1257e2.1Erlebenden und mit ihr nun aber zugleich ein ganzes irdisches und himmlisches All, das ihr zugehört Sie ist beseelt, sonst „spräche" sie ja zur Seele nicht; und ihre Seele muß eine „dämonische" sein, wofern wir mit Recht diesen Namen wäh-len für eine Seele des Alls."

    1258f: "Wir sind weit davon entfernt, die genannten drei Gruppen im ganzen einander gleichzusetzen. Der „gebildete" Dichter auch während der dichterischen Empfängnis erlebt nicht dasselbe mehr und nicht auf dieselbe Weise, was ein Opfer darbringender Patagonier erlebt, und jeder von beiden [>1259] andres und anders als der Indrapriester der ältesten Veden oder ein Inka der Peruaner. Das Pelasgertum der beiden zuletzt genannten, obwohl ebenfalls nicht ohne den Geist bestehend, läßt die Charaktere des pathischen Bewußtseins am reinsten erkennen; das des gebildeten Dichters als schon vergeistigt unterliegt am häufigsten der Gefahr des Zerfallens (worüber alsbald) ; das des Primitiven endlich bietet auf der ganzen Linie, wenn auch verschiedenen Grades, Verzerrungen dar, die unschwer zu kennzeichnen, schwer zu erklären sind. Da wir über die Ursachen nur Vermutungen vorzubringen hätten, beschränken wir uns auf kurze Angabe der wichtigsten Züge, in denen Abartungserscheinungen zu erblicken sind aus irreleitendem Zwang des Geistes, und müssen uns freilich zu dem Behuf jedesmal des Wortes „Übermaß" bedienen, indem die Erscheinungen schlechthin uns samt und sonders wiederbegegnen unter den Bewährungszeichen des Pelasgertums! Was dessen Antlitz im Bereich der Primitiven verzerrt, ist ein Übermaß der Gebundenheit jedes einzelnen an die Gruppe, der Gruppe und mittelst ihrer abermals jedes einzelnen an die als wirkend KG1258e2.1erlebten Mächte."

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    Erleben und Erlebnis in der Ausdruckslehre
    Klages, Ludwig (1950) Grundlegung der Wissenschaft vom Ausdruck. 8. Auflage 1964. Bonn: Bouvier.

    Zusammenfassung KA
    Das Buch liegt mir nicht digitalisiert, nur als Printausgabe vor. Der erste Abschnitt im 2. Kapitel weist im Inhaltsverzeichnis aus:
     

                            2. Kapitel
      Ausdruck als Wesensausdruck  21
          Die Bewußtseinsfrage  21
        Lebensvorgang als Erlebnis, Seele als Grundlage des Erlebens, Geist als Grundlage des Bewußtseins. — Begriffsbestimmimgen des Bewußtseins 22.


    Die Erfassung im Inhaltsverzeichnis "Lebensvorgang als Erlebnis, Seele als Grundlage des Erlebens" hebt die grundlegende Bedeutung von Erleben und Erlebnis hevor. Aber seine Begrifflichkeit ist methodisch völlig unzulänglich. Zwar trifft
    Klages feine und teils eigenwillige Unterscheidungen (S.22 "Bewußtsein die Fähigkeit zum begrifflichen Denken"), aber er erklärt wenig und definiert schon gar nicht.

    KA21: "Die Bewußtseinsfrage. — Hinsichtlich der Bewußtseinsfrage zeichnen sich unter den Lebensforschem drei Gruppen ab, die man im leider immer noch üblichen Wissenschaftsjargon mechanistische (1), vitalistische (2) und psychologische (3) Biologen zu nennen pflegt. Inzwischen geht es auch ohne das. ...Wir werden nicht zögern, dankbar hinzunehmen, was ihrer jede an brauchbaren Aufschlüssen bietet; aber wir sind nicht in der Lage, uns einer von ihnen anzuschließen. Denn sie verwechseln alle drei das Erleben mit dem Bewußtsein des Erlebten, bekunden aber damit ihre Unkenntnis sowohl der Natur des Erlebens als auch der Natur des Bewußtseins, weil eines nur im Verhältnis zum andern zutreffend aufgefaßt wird. Wer das Erleben mißversteht, der hat damit schon das Bewußtsein verkannt, und wer das Bewußtsein verkennt, der mißversteht auch das Erleben.

    KA22: "Der Lebensvorgang ist Erlebnisvorgang, kürzer Erlebnis, und so gewiß nicht mechanischer Vorgang als mechanische Vorgänge keine Erlebnisse sind. Erlebnisse an und für sich sind völlig bewußtlose Vorgänge von übrigens zweierlei Art: die einen — animale genannt — können mit dem Bewußtsein in Verbindung treten, die andern — vegetative genannt — können es nicht, außer durch die Vermittlung jener; die animalen herrschen vor während des Wachens, die vegetativen herrschen durchaus während des Schlafens; soll die bloße Wachheit des Erlebens schon Bewußtsein bedeuten, so eignet Bewußtsein Tieren und Menschen gemeinsam, versteht man dagegen, wie wir es tun, unter Bewußtsein die Fähigkeit zum begrifflichen Denken, so eignet es nur dem Menschen; der Ermöglichungsgrund des Zusammenhängens aller Erlebnisse einunddesselben Wesens, mögen sie im Wachen oder im Schlafen stattfinden, gleichzeitig oder nacheinander, heißt die Seele, der Ermöglichungsgrund ihres Bewußtwerdens heißt der Geist.
        Das ist nicht sonderlich mehr und will auch einstweilen nicht mehr sein als eine knappe Erklärung darüber, in welchem Sinn wir Namen wie Erleben, Bewußtsein, Seele, Geist zu gebrauchen gedenken, und nur eben das soll hier noch ein wenig vervollständigt werden. Die Kennzeichnung des Bewußtseins als der „Fähigkeit zum begrifflichen Denken“ kann Fragen veranlassen wie: ob es ein außerbegriffliches Denken gebe, was überhaupt imgrunde das Denken sei, worin das Wesen der Begriffe und des Begreifens bestehe. Will man die Schwierigkeiten vermeiden, die naturgemäß nicht ausbleiben würden, sollte man solchen und ähnlichen Fragen je eine runde Antwort suchen, so empfiehlt sich eine andre Begriffsbestimmung, die, ob sie gleich auf dasselbe hinausläuft, doch weit vertrauter anmutet: Bewußtsein ist die Fähigkeit zur Besinnung. Um aus dieser das Erforderliche herauszuholen, genügt beinahe eine Betrachtung des Namens: „Bewußtsein“ ist der substantivisch gebrauchte Infinitiv zur Aussage : ich bin mir bewußt einer Sache oder ich weiß um etwas oder ich besinne mich auf etwas."
     



    Zitierstil
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    Beweissuchwortkürzel.





    Literatur (Auswahl)
     
    • Klages, Ludwig (1910) Prinzipien der Charakterologie. (1910, seit 1926 Die Grundlagen der Charakterkunde. 14. Aufl.).  Bonn: Bouvier
    • Klages, Ludwig (1397) Mensch und Erde. (1913; mit anderen Abhandlungen 5. Aufl.). Jena: Diederichs.
    • Klages, Ludwig (1937) Bachofen als Erneuerer des symbolischen Denkens. In: Corolla L. Curtius zum 60. Geburtstag dargebracht. Stuttgart 1937, S. 177–179.
    • Klages, Ludwig (1913) Ausdrucksbewegung und Gestaltungskraft. (1913; später Grundlegung der Wissenschaft vom Ausdruck. 7. Auflage. 1950. Leipzig: Engelmann).
    • Klages, Ludwig (1917) Handschrift und Charakter. Gemeinverständlicher Abriß der graphologischen Technik. (1917; 29. Aufl. für die Deutungspraxis bearbeitet und ergänzt von Bernhard Wittlich.) Bonn: Bouvier 1989
    • Klages, Ludwig (1922) Vom kosmogonischen Eros. (9. Aufl.) Bonn: Bouvier
    • Klages, Ludwig (1926) Die psychologischen Errungenschaften Nietzsches. Leipzig: Barth.
    • Klages, Ludwig (1926) Zur Ausdruckslehre und Charakterkunde. Gesammelte Abhandlungen. Heidelberg: Kampmann
    • Klages, Ludwig (1929-1932) Der Geist als Widersacher der Seele.  Hauptwerk in 3 Bänden). 5. Aufl. Bonn: Bouvier,
    • Klages, Ludwig (1948) Die Sprache als Quell der Seelenkunde. Zürich: Hirzel.
    • Klages, Ludwig (1964-1996) Ludwig Klages und Ernst Frauchiger (Hrsg.): Ludwig Klages. Sämtliche Werke. 16 Bände. Bonn: Bouvier
    • Klages, Ludwig (1964) Grundlegung der Wissenschaft vom Ausdruck. 8. Auflage. Bonn: Bouvier.


        Zusatzliteratur:

    • Schneider, Tobias (2001) Ideologische Grabenkömpfe. Der Philosoph Ludwig Klages und der Nationalsozialismus 1933-1938. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 49 (2001). Heft 2

    • Inhaltsverzeichnis: https://www.ifz-muenchen de/heftarchiv html URL: https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2001_2.pdf VfZ-Recherche: https://vfz.ifz-muenchen.de
    • Schröder, Hans Eggert (1966) Ludwig Klages Die Geschichte seine Lebens. ErsterTeil Die Jugend. Bonn: Bouvier.
    • Wimmer, Reiner (2010)  In (219-221) Mittelstraß, Jürgen (2010) ENZYKLOPÄDIE PHILOSOPHIE UND WISSENSCHAFTSTHEORIE Band 4: Ins-Loc 2., neubearbeitete und wesentlich ergänzte Auflage. Stuttgart, Weimar: Metzler.

    •  

       
       
       
       
       

      Mensch und Erde:
      https://wwg1wga-tv.de/view/ludwig-klages-mensch-und-erde-1913/vpILS?lang=ge




    Links (Auswahl: beachte)
    • Schneider, Tobias (2001) Ideologische Grabenkömpfe. Der Philosoph Ludwig Klages und der Nationalsozialismus 1933-1938. Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 49 (2001). Heft 2

    • Inhaltsverzeichnis: https://www.ifz-muenchen de/heftarchiv html URL: https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2001_2.pdf VfZ-Recherche: https://vfz.ifz-muenchen.de \ge


    KI:

    • https://chat.deepseek.com/
    • https://chat.openai.com/

    • Qwen 2.5: https://qwen.readthedocs.io/en/latest/getting_started/quickstart.html




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:  > Wissenschaftlicher Standort  * Weltanschaulicher Standort
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Berufswahl-Chemie
        Sein Biograph Schröder schreibt, Erster Teil, S. 100:
      "DIE WAHL SEINES STUDIENFACHES war freilich auch bei Klages unter praktischen Gesichtspunkten getroffen worden. Er hatte sich für Chemie entschieden.
          Medizin, Juristerei, Volkswirtschaft waren überhaupt nicht in Betracht gezogen worden; das waren Gebiete, die ihm fernlagen. Philologie war bei seiner Unbegabung ausgeschlossen. Auch widerstrebte ihm das Schulmeistertum. Am liebsten hätte er sich für Physik entschieden. Aber dann wäre wohl nur die Dozentenlaufbahn geblieben, die mehr Zuschüsse erfordert hätte, als der Vater zu geben imstande gewesen wäre. Bei Chemie hingegen würde er Aussicht haben, bald eine Stellung zu erlangen durch Empfehlung seines Vaters, der infolge des Tuchhandels und der damit verbundenen Färbetechnik zu chemischen Fabriken gute Beziehungen hatte. Damit vermengte sich ein gewissermaßen faustischer Beweggrund.
          Es lebten in ihm fast unverbundenzwei Naturen: die seelisch-rauschhafte, in magischem, mythischem und dichterischem Denken webend, und die dem dialektischen, mathematischen und physikalischen Denken zugeneigte geistige. Seltsamerweise schon zu Beginn des 18. Lebensjahres stellte er fest: die geistige bilde ein furchtbares Hindernis der seelischen und es sei seine Aufgabe, die Formel zu finden, durch die sie für immer entmächtigt werde. Ja, das verdichtete sich ihm am Grabe seiner Mutter zum feierlichen Schwur.
          Diese Mitteilung ist wichtig im Hinblick auf sein späteres Werk. Der Jüngling, der am Grabe der geliebten Mutter die Entscheidung fällt, welcher Aufgabe er sich künftig zu widmen habe, ist ein merkwürdiges und eindrucksvolles Bild!
          Hatte er sich damit für die Zukunft ein großes Ziel gesteckt, so fahrt er hinsichtlich der Gegenwart in seiner Mitteilung fort: Für jetzt aber sagte er sich: um mein Ziel zu erreichen, muß ich mich nicht nur aus Büchern, sondern im Laboratorium aufs genaueste mit den seelefeindlichen Mächten vertraut machen; ich muß den Feind kennen, um ihn zu schlagen mit seinen eigenen Waffen; ich muß erproben, durch welche Art analytischen Denkens man zu der Behauptung gelangt ist, daß die Welt aus Atomen besiehe; folglich wähle ich auch aus inneren Gründen Chemie."
      ... [>101]
      34
          KENNTNISMEHRUNG ist der Hauptgewinn, den Klages aus den beiden Leipziger Semestern heimbrachte.
      Der Kenntnismehrung diente die Lektüre. Hatte schon der Schüler mit einer unvorstellbaren Aufnahmefähigkeit gelesen und gelesen und dadurch einen breiten Grund seines allgemeinen Wissens gelegt, so setzte der Student die Lesetätigkeit in ähnlichem Ausmaß fort, teils jetzt im Dienste des gewählten Studienfaches, häufiger übers Fachliche hinausgehend. \g Stelle, dass sein Erleben zurücktritt \g ...
          Natürlich galt das Hauptstreben der fachlichen Seite der Kenntnismehrung, dem eigentlichen Studium. Mit Eifer widmete Klages sich dem gewählten Fach (nicht ohne Seitenblicke in andere Fachgebiete freilich wie das der Psychologie), fand sich aber durch den Universitätsbetrieb wenig gefördert und ging bald seine eigenen Wege. Ich hörte bei Ostwald, ich hörte Physik, lief dem berühmten Wundt nach wenigen Stunden aus seinem Kolleg davon und lieferte im Laboratorium nach kaum einer Woche mein Debut mit einer mächtigen Knallgasexplosion, die nun wirklich ,den Boden erbeben' ließ, kam aber mit zwanzig bis dreißig kleinen Ritzwunden an beiden Händen davon, verursacht durch die Splitter des sozusagen ins Nichts zerstäubten Glaskolbens, und nahm das zum Anlaß, gleich einmal vierzehn Tage Ferien zu machen.
      Ein Praktiker war er nicht. Ohne Zweifel kommt es nicht allein auf das Konto dieser Explosion, daß er stärker zum Bücherstudium neigte als zur Experimentalchemie. Statt Chemie praktisch zu betreiben, betrieb ich sie fast nur theoretisch und schrieb eine Abhandlung, worin jede Art von Atomistik vermeintlich widerlegt wurde. Außer zahlreichen Originaldokumenten (Robert Mayer, Lothar Meyer, Avogadro, Kants Theorie des Himmels usw) las ich [>102] Fechner, Haeckel, Darwin, Helmholtz, Tyndall usw, machte mich vertraut mit Astronomie aus dem fast 1200 Seiten langen Littrow (1878), den ich aus dem Bücherbestande eines interessanten Onkels geerbt hatte, und füllte Hefte über Hefte mit Auszügen aus den verschiedensten Wissensgebieten."

      S. 147 (50):     "Mit Leidenschaft bemächtigte er sich der wissenschaftlichen Probleme; mit kritischer Schärfe deckte er ihre Schwächen auf: Wir leben in einer Zeit der Überschätzung des Empirismus und des Gedächtnisses. Das bloße Wissen eines Tatbestandes gilt schon für etwas. Eine solide Wissenschaft dagegen hat durchaus nur mit soviel Tatsachen zu operieren, als eben unumgänglich zum Beleg ihrer Theorien notwendig sind. Alles weitere ist nur unnützer Ballast und vom Übel! Anfangs' war diese Richtung als Reaktion gegen die Ausschweifungen der Naturphilosophie am Anfang dieses Jahrhunderts berechtigt und gut. Aber jetzt ist sie es längst nicht mehr. Denn über der Mode gewordenen Verunglimpfung der spekulativen Ideen hat man lange vergessen, was selbst die Schelling, Oken etc für die Entwicklung der Wissenschaft gewesen sind. Es ist Zeit sich, daran wieder zu erinnern uncf auf der Bahn einer stumpfsinnig verrannten Induktion haltzumachen. — heißt es am 12.II.1896 in einem anderen Brief an den gleichen Freund.
          Er legte ihm dar, welche Ansprüche er an die Wissenschaft stellte, und unterwarf sein eigenes Fach einer kritischen Prüfung. Jede Wissenschaft hat sich klarzulegen, was sie wollen muß, um an der Hand dieses höchsten Gesichtspunktes zu erwägen, was sie wollen kann. Daß wir heute chemische Vorgänge noch nicht durch Bewegungsgleichungen ausdrücken können, ist selbstverständlich; aber ebenso gewiß auch, daß — nun mindestens — 75% aller heute gemachten ,Entdeckungen' für die dereinst zu gewinnenden Aufschlüsse völlig belanglos sind. Ob wir da oder dort eine Chlor- oder Vitro- Gruppe einführen können, ist ganz egal. Die alljährliche Darstellung von so und soviel neuen Verbindungen hat nur in den allerwenigsten Fällen ein wissenschaftliches Interesse. Es ist auch nicht wahr, daß diese unwichtigen Findungen immer Zwischenstufen sind auf dem Weg zu den wirklich bedeutenden Synthesen. Ich will doch den sehen, der das zu beweisen vermöchte! Wir produzieren nach Maßgabe der überlieferten und bequem zu handhabenden Methode eine Unmasse von Körpern, deren Existenz oder Nicht-Existenz für die Wissenschaft auch nicht den geringsten Wert hat. (Die ins Spiel kommenden technischen Interessen scheide ich selbstverständlich als nicht zur Wissenschaft gehörig aus.) Dies beweist für alle in der Richtung tätigen Forscher (und das sind unsere ,großen' organischen Chemiker von heute!) daß ihnen die Ziele ihrer Wissenschaft verloren sind. — Glaube doch ja nicht, daß wenn Professor X nach Analogie bewährter Methoden eine neue Diaso-Verbindung etc darzustellen unternimmt, sich dabei Kopfzerbrechen macht über die Ergründung des Wesens der chemischen Reaktion! Beileibe nicht! Es ist nichts weiter, als ein höchst bequemes Spielen mit Formeln und ein sich Ergehen im Anwenden vielleicht schon tausendmal als richtig erprobter Reak[>148]tionsregeln! — Wenn ich die Mittel dazu besäße, so würde ich es als eine durchaus würdige und verdienstliche Lebensaufgabe erachten, mir den Gesamtstoff des gegenwärtigen chemischen Wissens bis zu dem Grade anzueignen, daß ich eine Darstellung der Chemie am Leitfaden ihrer Erkenntniszwecke unternehmen könnte. Da würde es sich zeigen, daß diese Bibliotheken füllende Tatsachensumme zu einem mäßig dicken Bändchen ,Wissenschaft' zusammenschrumpfen würde. 3/4 mindestens unserer ganzen gegenwärtigen organischen Chemie dürfte in diesem Büchlein überhaupt nicht vorkommen. — Nur die physikalisch-theoretische Chemie ist sich — soweit mein Blick hier zu reichen vermag — heute noch der wirklich vorliegenden chemischen Probleme bewußt. —
          In der Wissenschaft kommt es nicht auf Tatsachen, sondern auf die richtige Fragestellung an. Die Geschichte der Wissenschaften beweist es. Sie zeigt auch, daß die wahrhaft großen Entdecker ihre grundlegenden Aufschlüsse mehr spekulativ (oft aus der Vergleichung von nur zwei Tatsachen) gewonnen und daß es immer die Art des Epigonentums war, sammeleifrig in den angewiesenen Geleisen weiterzukarren. — Nimm einen Dalton, einen Robert Mayer, einen Avogadro. Das sind für unsere Gebiete die drei größten Namen dieses Jahrhunderts, und sie belegen alle drei auf das schlagendste meine Behauptung. NB. Alle drei hatten mit ihren Zeitgenossen bis aufs Blut zu kämpfen.
          Seit 1895 stand es bei ihm fest, daß er niemals als Chemiker sein Brot verdienen könne und deshalb nach einem anderen Erwerbszweig sich umtun müsse. Seither betrieb er die Chemie nur noch mit Rücksicht auf das unumgängliche Examen. Statt dessen wandte er sich dem psychologischen Fach zu, genauer der Beschäftigung mit seelenkundlichen Fragen, und hörte philosophische Vorlesungen. Obwohl er, um sein Studium zu einem planmäßigen Abschluß zu bringen, weiterhin mehrere Jahre auf eine schwierige chemische Experimentaluntersuchung verwendet und mit einer Dissertation aus dem Gebiet der Chemie doktoriert hat, sagte er später von sich selbst:
          Richtiggehend studiert hat er nur eines, nämlich Psychologie und zwar bei Theodor Lipps, nachdem er dem damals hochberühmten Wundt in Leipzig nach wenigen Kollegstunden davongelaufen war. Methodische Fingerzeige und eine strenge Schulung im analytischen Denken war der Hauptgewinn, den er diesem Lehrer verdankte.
          Natürlich konnte das nicht ohne Rückwirkung auf sein Fachstudium bleiben. Da ich heimlich längst Psychologie und Philosophie studierte, .. glich mein chemisches Tun einem Treten auf der Stelle. So reihte sich Semester an Semester, weit über die vorgesehene Zahl hinaus, und es bedurfte bei meinen [>149] Aufenthalten in Hannover teilweise tagelanger Erklärungen, um den bedauernswerten Vater zur Bewilligung weiterer Mittel zu veranlassen.
          Verlorene Semester waren es nicht. Neben die Auseinandersetzung mit der Wissenschaft trat diejenige mit der Kunst. Zeitweilig aber mußten Künste und Wissenschaften ihm als Surrogat dienen für die versagte Liebeserfüllung."
       
      Interpretation. Klages war eine sehr begabte faustische Natur mit zwei Seelen in seiner Brust und umfassenden Interessen und Wissen auf vielen Gebieten der Wissenschaft, Kultur und Kunst, besonders der Psychologie (Wundt ist er davongelaufen, aber Theodor Lipps hatte es ihm angetan).  Der Titel seines Hauptwerks Der Geist als Widersacher der Seele spiegelt seinen persönlichen Konflikt gut wieder und kann auch als ein Konfliktlösungsversuch zwischen Leidenschaft und Vernunft, Gefühl und Verstand, Wissenschaft und Kunst, interpretiert werden, den er zu Gunsten von \g Leidenschaft, Gefühl und Leben \g entscheidet. Feinsinnig erkennt sein Biograph auch noch tiefere Gründe: "Zeitweilig aber mußten Künste und Wissenschaften ihm als Surrogat dienen für die versagte Liebeserfüllung." (S. 149) Ein Fressen für die Psychoanalyse. 

    __
    Bewusstsein
     
    Definition Bewusstsein nach Klages: Bewußtsein heißt die Fähigkeit zum begrifflichen Denken.

    KA22: "Erlebnisse an und für sich sind völlig bewußtlose Vorgänge von übrigens zweierlei Art: die einen — animale genannt — können mit dem Bewußtsein in Verbindung treten, die andern — vegetative genannt — können es nicht, außer durch die Vermittlung jener; die animalen herrschen vor während des Wachens, die vegetativen herrschen durchaus während des Schlafens; soll die bloße Wachheit des Erlebens schon Bewußtsein bedeuten, so eignet Bewußtsein Tieren und Menschen gemeinsam, versteht man dagegen, wie wir es tun, unter Bewußtsein die Fähigkeit zum begrifflichen Denken, so eignet es nur dem Menschen; der Ermöglichungsgrund des Zusammenhängens aller Erlebnisse einunddesselben Wesens, mögen sie im Wachen oder im Schlafen stattfinden, gleichzeitig oder nacheinander, heißt die Seele, der Ermöglichungsgrund ihres Bewußtwerdens heißt der Geist.
    __
    Klages geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus
    Nach Schneider (2001) kann es keinen Zweifel geben, dass Klages als geistiger Wegbereiter des Nationalsozialismus anzusehen ist.
    https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2001_2_3_schneider.pdf

      Hieraus:
          "Klages' seit 1910 propagierter Antisemitismus sowie sein Antiamerikanismus und
      Antimarxismus sorgten dafür, dass er schon vor 1933 Anerkennung bei zahlreichen
      späteren NS-Intellektuellen wie Erich Jaensch und Ernst Krieck fand12; sein späterer
      Hauptgegner Alfred Rosenberg rief ihn 1931 sogar zur Mitarbeit am Völkischen Be-
      obachter auf13. Bis 1931 überwog aber bei dem eher unpolitischen Klages noch die" [>279]
      Skepsis gegenüber dem Nationalsozialismus, der ihm als ein „Sammelbecken der Be-
      schränktheit" erschien14.  ... [>294]
      ...
         Trotz alledem ist Klages nach 1945 kaum mehr unmittelbar mit dem Nationalso-
      zialismus in Verbindung gebracht worden. Die Jahre nach der Machtergreifung Hit-
      lers, in denen Klages mehrfach öffentlich für den Nationalsozialismus eingetreten
      war und die den Höhepunkt seiner philosophischen Karriere markierten, waren
      1945 in den Hintergrund gerückt; seine Bücher, in denen er - wie zuletzt noch einmal
      mit der Schuler-Einleitung und Rhythmen und Runen in den Kriegsjahren, als die
      Entrechtung und Vernichtung der Juden bereits völlig offenkundig war - immer wie-
      der seinem Antisemitismus vulgären Ausdruck gegeben hatte, waren nach dem Zwei-
      ten Weltkrieg kaum mehr bekannt. "
    __
    Begriff
    Nach den 1453 Fundstellen "begriff" im Text, scheint es sich um etwas Wichtigeres zu handeln. Aber Klages erklärt von Anfang (erste zwei Fundstellen Seite 3)  nicht, was er unter Begriff versteht. Er gebraucht ihn einfach.

    Begriff-im-Sachregister
    Begreifen s. Begriff.
    Begriff (begreifendes Denken) und Bedeutungseinheit

      B. als Unterschiedsb. 44f., 92f., 415ff., 418, 429.
      B. u. Gegenstand 81—84, 99—102.
      Das Unbegreifliche im Begriffenen 89—97, 620f., 979f.
      Verdinglichung der B. 104, 115.
      Sachbesinnung, Selbstbesinnung, Begriffsbesinnung 98, 104f., 779f.
      B. und Bedeutung 92ff., 420—423, 432, 434—438, 505f., 1270, 13551-, 1374, 1472f.
      B., Bedeutungseinheit, Sprache und Zeichen 134f„ 183—194, 277ff-, 379—389, 434f-, 503—506, 508f., 765«., 1015—1021, 1149—1162,
      1165—1170, 1273.
      B-, Bedeutungseinheit und Ding 178—182, 383ff., 386ff., 391—394, 948, 970f., 1472f.
      B. u. Anschauungsraum 108f., 433.
      B.-Verwandtschaft des Augenscheins 290—305, 491.
      B. und Tasterlebnis 295ff., 640. Dingb. und Wesensb. 183—188, 190—193, 201f., 380—394, 401 bis 407, 409—412, 426—430. Bedeutungseinheit und Vergesellschaftung 397ff., 401—404, 406f.
      Wandlung des Eindrucks durch das Begreifen 435, 437—443, 450«.,
      Entstehung des B. 413—444, 505f., 1356, 1454—1458.
      Zweckabhängigkeit des Begreifens 617f., 623—626, 675«., 840.
      B. und Wirklichkeit 44f., 54f.,92ff., 108f., 115—120, 129f., 432—442, 616f., 619ff., 624f., 673—677, 710f., 775f., 779f., 1003—1007 (Einsb.), 1144ff., 1265, 1459.
      Begriffliches und symbolisches Denken 379—394, 1124L, 1192f., 1216, 1218f., 1265, 1273, 1374, 1393.
      Animalische Bedeutungseinheiten und ihr Verhältnis zu den ursprünglich menschlichen 356ff., 366f., 370f., 376ff., 415ff., 441, 509f. Anschaulichkeit der Bedeutungseinheiten Primitiver 503—506. Auflösung der Bedeutungseinheiten im Traum 987f.
      Beziehungsforderungen der B. 1005.
      Bedeutungsauffassung und Bewegungserlebnis 1066f.
      Begriffsauffassung Heraklits 853f., 856f., Platons 864f., des Aristoteles 867, der Renaissancemystik 882, der Romantik 899.


        Allein im Inhaltsverzeichnis 5 Fundstellen:

      3. Kapitel. Der Begriff der Dauer 24
      17. Kapitel. Überleitung zum Begriff des Schauens 156
      30. Kapitel. Die Begriffsverwandtschaft des Augenscheins 290
      36. Kapitel. Symbolisches und begriffliches Denken 379
      38. Kapitel. Die Ein-Bildung des Auffassungsaktes (Zum Problem der Begriffsentstehung) 413
      61 Der Einheitsbegriff 1001.
       
      begriff-Fundstellen-Stichproben aus dem Text im Kontext
          3: "Vergleichen wir nun aber, was sich summarisch Wissenschaft nennt, gleichgültig ob der „Natur" oder des „Geistes", mit dem Problemkreis und der Betrachtungsweise der Metaphysik, so zeigt sich einmal, daß sie nur solche Gedankenfäden der älteren Schwester weiterspann, die zugleich eine Anwendung auf die Praxis, d. i den Wirkungsspielraum des Willens, verhießen, zum andern, daß ihr vornehmstes Merkzeichen des .Wahrheitsgehaltes die Tauglichkeit der Ergebnisse „im Dienste der Menschheit" ist. Die „Objektivität" ihrer Sätze schließt nicht im mindesten aus, daß Richtung und Gang ihres Suchens weit mehr durch ein Interesse bestimmt worden sei als von dem Wunsche und Hange, den Charakter des Wirklichen wiederzuspiegeln. Blicken wir hinter die Sachlichkeit ihrer Zurüstungen und die scheinbare Unparteilichkeit ihrer Methoden, so sehen wir in den treibenden Kräften eine mächtige Tendenz am Werke, die nun freilich jedes „Privatinteresse" um ebensovieles an Abstraktheit übertrifft wie der KG3B1Begriff der Menschheit den KG3B2Begriff der Einzelperson."
          4: "Der amerikanische „Pragmatismus" gibt uns die erkenntnistheoretische Karikatur des wirklich bestehenden Sachverhalts, daß der neuzeitliche Geist dem Idol des KG4B1Zweckbegriffes verfallen ist, mag er im übrigen „realistische" oder „idealistische" Gewandung zeigen. — Und vielleicht fände unser „Zweifler aus Metaphysik" noch dieses hinzuzufügen: so sei denn die Wesensforschung, gemeinhin unzutreffend „Ontologie" genannt, weit unter die Stufe der Einsicht wieder hinabgesunken, die das Altertum erklommen hatte und welche nachmals zu erklimmen das Mittelalter im KG4B1Begriffe stand."
          5: "Da wollen die einen nach Möglichkeit auf den KG5B1Begriff der Seele verzichten und sagen uns, man habe es unmittelbar nur mit „Erscheinungen des Bewußtseins" zu tun; andre nennen die Psychologie eine Wissenschaft von der „inneren (oder unmittelbaren) Erfahrung", von wo es denn nicht gar weit ist zur heute vielfach wieder auflebenden „inneren Wahrnehmung"; wieder andre bleiben beim alten KG5B2Begriff der Seelenlehre, ohne je-doch befriedigend darüber Aufschluß zu geben, was es denn eigentlich mit der Seele für eine Bewandtnis habe; für noch andre scheint die Seelenforschung nur ein Zweig der Biologie des Neurons zu sein; und abermals andre, in alle diesem fälschlichen „Naturalismus" witternd, möchten uns gar ein neuartiges Denken bescheren, bald heißt es „intuitiv", bald „subjektivierend", das seiner Natur nach alle Klippen irriger KG5B3Vorbegriffe vermeide. Den Scharfsinn der Forscher in Ehren; allein wir meinen, hier werde ein großer Aufwand nutzlos vertan aus Widerwillen gegen schließlich dennoch unvermeidliche Metaphysik. Welche der angeführten und nichtangeführten KG5B4Begriffsbestimmungen man wähle, man steht mit jeder alsbald inmitten der Metaphysik, und man wird sich nur umso schlimmer in selbstwidersprüchliche Grundannahmen verstricken, als man ihr auszuweichen die Verpflichtung fühlt."
          6: "... Es ist nun in Wahrheit aber die metaphysische Überzeugung des Forschers» was ihn die eine oder die andre KG6B1Begriffsbestimmung bevorzugen läßt und — ..."
      "Indem wir solchergestalt auf eine früheste Errungenschaft des Denkens zurückgreifen, beugen wir aber sogleich zwei möglichen Mißverständnissen vor. Aus Gründen, die noch zur Sprache kommen werden, konnten weder die Griechen noch aber auch die Romantiker, gesetzt selbst, sie hätten es wollen können, den KG6B2Begriffen des Leiblichen, Seelischen und Geistigen denjenigen Grad von Bestimmtheit geben, den von wissenschaftlichen Stammbegriffen zu fordern wir Heutigen — und dieses [>7] mit Recht — gewohnt geworden. Sie wußten darum, so etwa wie man von dem ein Wissen hat, was man mit Augen sieht, aber sie hatten es nicht im engeren Sinne KG7B1begriffen. Bei noch so viel erlebtem Einverständnis. Würden wir es nun gleichwohl für vermessen halten, ihr Wissen eine Entdeckung zu nennen, wenn wir uns nicht befähigt fühlten, es aus dem Bereich eines bloß Gemeinten emporzuheben in den Bereich der allerstrengsten KG7B2Begrifflichkeit Über Leib, Seele, Geist in mehr als nur volkstümlicher Weise zu reden, erfordert heute ein Wissen um Unterscheidungsmerkmale, die es erlauben, von jeder Bewußtseinstatsache, heiße sie Wahrnehmungsvorgang oder Stimmung oder Wallung oder Entschluß oder Träumerei usw., mit schwankungsloser Sicherheit anzugeben, was daran die Wirksamkeit des Leibes, was der Seele, was des Geistes bezeuge. ...
          Die Theorie, deren Hauptzüge wir anderweitig wiederholt umrissen haben, jetzt aber bis in die Einzelheiten zu begründen und besonders auf ihre Folgeerscheinungen zu untersuchen wünschen, gehört also weder den Griechen noch der Romantik an; aber sie verdankt der Vorzeit ihre KG7B3Grundbegriffe sowie manches vom Rüstzeug ihres Beweisverfahrens. "
          11: "... Wollte man jedoch der einzig übrigbleibenden Annahme absoluter Dauerlosigkeit für das Ausmaß der Gegenwart etwa bloß die Bedeutung eines mathematischen KG11B1Hilfsbegriffes zuerkennen, so müßten wir erwidern, daß ohne sie überhaupt kein Zeitbewußtsein zustande komme. Wir erfassen nämlich die Zeit nur unter Bezugnahme auf den dauerlosen Punkt, wie folgende Überlegung zeigen möge.
          Versetzen wir uns in die Mitte eines beliebigen Zeitabschnittes, z. B. eines Jahres, so nennen wir vergangen die im Jetzt nicht mehr, zukünftig die im Jetzt noch nicht vorhandene Hälfte desselben, bilden also den Be-griff der zeitlichen Aufeinanderfolge aus dem Gesichtspunkt des Daseins der Gegenwart Mäßen wir nun versuchsweise auch der Gegenwart eine zeitliche Erstreckung bei, so könnten wir uns abermals in deren Mitte versetzen und von ihr aus als einem Jetzt gleichsam der zweiten Potenz das vorige Jetzt wiederum in Vergangenheit und Zukunft zerfällen, und dieses Verfahren fände ersichtlich nie einen Abschluß. Entweder also müssen wir den teilenden Jetztpunkt dauerlos setzen oder aber das Nacheinander und damit den KG11B2Zeitbegriff leugnen; woraus hervorgeht, daß er ohne den mathematischen Gegenwartspunkt nicht gedacht werden könne."
          12: "Stellen wir die Frage, wie es geschehe, daß wir fortwährend, ohne uns darüber Rechenschaft zu geben, den KG121Begriff des dauerlosen Augenblicks handhaben, so kann uns die Antwort darauf nicht aus der Außenwelt kommen, in der es keine wirklichen und nicht einmal bloß erdenkliche Gegenstände gibt, denen wir nicht irgendeine Zeitdauer des Bestehens bei-messen müßten. "
          13: "... Da es für alles Weitere darauf ankommt, daß man die Unverbrüchlichkeit dieser These völlig KG13B1begriffen habe, so bieten wir noch einen Grund dafür, der allein schon genügen würde, sie unwiderleglich zu machen.
          Der dauerlose Zeitpunkt legt sozusagen einen Querschnitt durch das gesamte All, dergestalt daß für jeden gedachten Augenblick alle Örter des Raumes verbunden erscheinen im KG13B2Begriff der Gleichzeitigkeit. Der Jetzt-punkt ist seiner Natur nach in jeglichem Punkte des Raumes oder allgegenwärtig. "

      Begriff der Dauer 24-34
      Das 3. Kapitel Der Begriff der Dauer beginnt mit einer Reihe falscher Bestimmungen oder Behauptungen:

      17. Kapitel. Überleitung zum Begriff des Schauens 156-159
          156: "Wir verlassen den Kantischen KG156B1Raumbegriff mit einem Hinweis auf den äußerst verwirrenden Sprachgebrauch, der dadurch entsteht, daß unser Denker gemäß seiner Vertauschung von Sein und Wirklichkeit grade Gegenstände „Erscheinungen" nennt16). "
         158: "Es gibt keine erlebten Farben, Klänge, Gerüche, Temperaturen ohne raumzeitliche Charakteristik, keinen erlebten Raum, der nicht verwirklicht wäre in Daten der Sinnlichkeit und mit ihnen dem Fließen der Zeit unterstände, keine erlebte Zeit, außer sofern sie erscheint im Wandel der Bilder. Steht es aber darnach fest, daß wir hinwegsehen müssen: vom Raum, um die Zeit zu finden, von der Zeit, um den Raum zu finden, von beiden, um die Daten der Sinnlichkeit zu finden, kurz, von der sich durchdringenden Wirklichkeit ihrer aller, um jedes für sich objektivieren zu können, so werden wir uns nicht mehr ein-bilden, die Urerscheinung des zeitlichen Bilderstromes sei vielmehr zu-sammengestückt aus der „Materie" sogenannter Empfindungsinhalte und aus den „Anschauungsformen" des Raumes und der Zeit; womit denn [>159] zugleich als vollends widersinnig die Meinung verworfen ist, es könne irgendeine Art KG159B1begrifflicher Zusammensetzung den zu findenden Gegenstand mit dem Charakter des Außeruns beschenken, wofern ihn aufgrund eines entfremdenden Erlebens die nötigende Wirklichkeit nicht schon besäße.
          Wenn wir das Erleben, sofern es uns den Strom der Bilder gibt, von jetzt ab ein „schauendes Erleben" nennen, so darf uns die leider unvermeidliche Namensähnlichkeit mit dem „Anschauen", nicht dazu verleiten, die grundsätzlichen .Unterschiede beider Vorgänge aus den Augen zu lassen. Die von Kant so genannte Anschauung ist einfach die Wahrnehmung, d. h. der auf ein entfremdendes Erleben gestützte Akt, mit dessen Hilfe wir Dinge finden; wie aber wir selber das Wort „Anschauung" zu verwenden gedenken, soll erst im nächsten Abschnitt erläutert werden. Unter dem schauenden Erleben jedoch oder kürzer der Schauung verstehen wir das innerliche Gegenstück der in unablässiger Wandlung KG159B2begriffenen Wirklichkeit der Bilder und somit einen selber zeitlichen und völlig tatlosen Vorgang, der nicht bloß Leine Dinge zu finden vermag, sondern überhaupt nicht die Fähigkeit des Findens besitzt."

      Sprung zum 36 Kapitel "SYMBOLISCHES UND BEGRIFFLICHES DENKEN" 379-395
          387: "Oben des Raumes nicht anschaulich gegenwärtig ist in der Tonqualität, die im Purpur erschaute Wärme nicht anschaulich gegenwärtig in der Farbenqualität usw., so vorbereitet die Akzentuierung des Vergegenwärtigens im Hinblick auf jedes der beiden Paare sein Auseinanderfallen, mit dessen tatsächlichem Stattfinden durch den geistigen Akt zum wenigsten einhergehen könnte die Zuordnung von Tönen zu Tönen, von Raumeigenschaften zu Raumeigenschaften, von Farben zu Farben, von Wärmen zu Wärmen und solcherweise die Findung der KG387B1Allgemeinbegriffe des Tones, der steilrechten Ausdehnung, der Farbe, der Temperatur.
          Die Unzeitlichkeit der dingeigenschaftlichen KG387B2Allgemeinbegriffe fordert aber das Bezogensein auf das seinerseits raumzeitbezogene Ding; daher im Verhältnis zur ursprünglichen Schauung die Überbetonung des Vergegenwärtigens nur die ergänzende Kehrseite zur Überbetonung des Verleiblichens bildet, nicht jedoch mehr wie der Tiere im Dienste der Körperfindung, sondern der Setzung örtlicher Befestigungspunkte für die sonst im Erscheinungsall nicht länger heimatsfähigen Universalien !"
          388: "Wer aufzufassen vermag, was wir „warme Röte" nennen, der hat ohne Zweifel beides, die Wärme wie auch die Röte. Gingen nun die sinnbildlichen Bedeutungseinheiten tatsächlich den sachlichen voraus, so wäre die Findung der Sachbegriffe auf der ganzen Linie Folge einer Zerlegung und in garkeinem Fall einer sog. Synthese. Ebendas ist die Anschauung, die wir vertreten - Diejenige Röte, von der mit vorstehender Wortverbindung das Warmsein ausgesagt wird, ist nicht die sachliche Röte, sondern eine Wesenserscheinung, und diese Wesenserscheinung wird auseinandergeschlagen zwecks Auffindung so der sachlichen Röte wie der sachlichen Wärme. Der solcherart entspringende KG388B1Farbenbegriff (wie KG388B2Temperaturbegriff) wäre demgemäß zwar nichts Neues im Hinblick auf die Erscheinungsweise der Gegenstände, wohl aber allerdings etwas durchaus Neues in Ansehung der zwischen den Inhalten nunmehr unüberschreitbar verlaufenden Grenzen. Als Bildseite verwirklicht sich die bestimmte Röte aus der Wirksamkeit eines Wesens, das außerdem sich verwirklicht einmal in andrer Röte, dann aber auch in der Wärme; als Dingseite ist sie vereinzelt und könnte weder mit andern Farben desselben Dinges noch auch mit den Röten andrer Dinge verglichen werden, wofern sie nicht als Zerfallserzeugnis der sinnbildlich schon gesetzten Röte bereits im Entstehungszustande den Charakter des KG388B3Allgemeinbegriffs hätte. "

      38. Kapitel. Die Ein-Bildung des Auffassungsaktes (Zum Problem der Begriffsentstehung) 413-445
          414: "Nach einem hübschen Versuche Wundts wird von fünf farbig abgestuften Scheiben (weiß, hellgrau, grau, dunkelgrau, schwarz) jede Abschattung nach einmaliger Vorweisung ohne weiteres nicht nur wiedererkannt, sondern auch zutreffend identifiziert; von mehreren — bis zu neun — dagegen erst nach Einführung unterscheidender Namen für die neu hinzugekommenen Farbentöne. Wundt vermutet, es finde die Identifizierungsleistung schon der ersten fünf eine verborgene Hilfe an den gemeingebräuchlich dafür verfügbaren Schattierungsnamen. Was liegt hier vor? Bedenken wir, daß den Namen unter anderem KG414B1Begriffe entsprechen, so dürfen wir folgern, noch unbenannt werde die verlängerte Reihe zwar Glied für Glied erfaßt, erst aber, wenn mit Eigenschaftsbezeichnungen versehen, im Erfassen sofort auch KG414B2begrifflich gegliedert. Identifizieren wir nun das KG414B3begrifflich Bestimmte, nicht das KG414B4begrifflich Unbestimmte, so geht daraus zwingend hervor, daß der Eindruck vom Akte des Begreifens verwandelt wird."
          415: "Um dem Mißverständnis vorzubeugen, die Leistung des Aktes gleiche der Wirkung einer mechanischen Kraft, sagen wir besser, es wandle den Eindruck die Einverseelung seines KG415B1Begriffenseins. Nicht allerdings werden wir deshalb nach einer Veränderung in jenem Erlebnisfragmente suchen, das der Sensualismus „Empfindung" nannte, wohl aber werden wir sie im Bedeutungserlebnis zu finden hoffen, mit dem, wie bewiesen wurde, jeder Sinnesvorgang zum Abschluß kommt Da wir jetzt aber erfahren wollen, wodurch das KG415B2begriffliche Bedeutungsgefühl sowohl von den Bedeutungsgefühlen abweicht, die das tierische Wiedererkennen ermöglichen, als auch von den symbolischen Bedeutungsgefühlen des ursprünglichen Menschen, so haben wir in der Bedeutung der Namen die wesenmeinende Unterschicht vorderhand gänzlich beiseite zu lassen, wenn auch ohne sie das KG415B3begriffliche Denken freilich nicht hätte stattfinden können.
          Wenn jemand aus Mangel an Farbenbezeichnungen beim zweiten Vorweisen von sieben Abschattungen deren einige verwechselt, so tut er das nicht etwa, weil er die Farbe nicht wiedererkannt hat, da er denn recht wohl sich zu besinnen vermag, er habe sie soeben gesehen, sondern sofern er ungeachtet seines Wiedererkennens die Einzelfarbe nicht verselbigen  konnte. Daraus geht zwingend hervor, daß die Verselbigungsleistung Unterscheidung ist und nichts als dieses! Was mich zu dem Urteil befähigt, die eine Scheibe sei hellgrau, die andre grau, ist das Festhalten einer Linie, die grau von hellgrau trennt, und soweit mir dazu der Name verholfen hat, muß es geschehen sein um seiner Fähigkeit willen zur Bezeichnung der fraglichen Trennungslinie. Legen wir im Denken den Ton auf die Trennungslinie zwischen Gegenstand und Gegenstand, so haben wir diejenige Seite des Denkvorganges herausgelöst, die ausschließlich dem Geiste, ohne Einmischung also von Lebensantrieben, entstammt und deren noch näher zu umschreibende Vorherrschaft das KG415B4begriffliche vom symbolischen Denken sondert Wir kamen zum gleichen Ergebnis durch Trennung der hinweisenden von der KG415B3begreifenden Funktion des KG415B5Begriffs im 11. Kapitel, und wir fanden es bestätigt durch die Vorerwägungen über die Entstehung von KG415B6Begriffen aus Symbolen. Hier begegnen wir einem naheliegenden Einwand."

      61 Der Einheitsbegriff 1001-1008

    __
    Denkunmöglich
    Die Fundstelle zeigt nicht nur, dass Klages den Begriff des Denkens falsch begreift (wahrscheinlich mit Möglichkeit verwechselt), sondern dass er auch den  Hauptsatz der Erkenntnistheorie  nicht verstanden hat. Denkunmöglich ist gar nichts. Alles ist ist denkbar, selbst der größte Unsinn und sein Gegenteil. Ein Ding an sich kommt auch nicht zur Erscheinung, wie Klages falsch behauptet, sondern es bewirkt im Zusammenhang mit einem geeigeneten erkennenden System, die Erscheinung.
     
      157: "Alle einigermaßen urteilsfähigen Nichtideologen (unter ihnen wiederum vorbildlich Schulze) haben frühzeitig den erstaunlichen Widerspruch aufgedeckt, der darin liegt, ein „Ding an sich", wie immer es genauer bezeichnet werde, zur Ursache der Erscheinungswelt zu machen und gleichzeitig mit Kant den Gedanken.der Ursächlichkeit der nämlichen Einrichtung beizulegen, vermöge deren es allein erst für den damit behafteten Menschen Erscheinungen gibt! Indessen genügt es nicht, dem „Ding an sich" das Vermögen zur Verursachung der Erscheinungen abzusprechen; man hat vielmehr rückhaltlos zu erinnern, daß die Rede, ein „Ding an sich" könne zur Erscheinung kommen, gradeso sinnvoll sei, wie wenn man sagen würde, es komme zur Erscheinung das Nichts! Wenn das „Ding an sich" — nur ein neuer Name für das parmenideische Sein oder für die Gottheit der negativen Theologie und tatsächlich wirklichkeitsanaloge Spie-gelung des „Geistes an sich" — gefordertermaßen die Ausschließung aller Bestimmungen erheischt, zu denen der Anstoß aus der Welt der Erscheinungen käme, so ist es im Verhältnis zu ihr ein Nichts, hinsichtlich dessen seine Verwandelbarkeit in eine „Erscheinung" nicht nur nicht gedacht werden kann, sondern sogar als denkunmöglich gedacht werden muß. Jeder Versuch, es zum Erscheinungsträger zu stempeln, würde es unweigerlich an die Mannigfaltigkeit ketten, die schon die Einzelerscheinung und vollends deren raumzeitliche Unermeßlichkeit kennzeichnet, und dergestalt in das schlechthin Beschaffenheitslose die selbstverständlich determinierten (weil determinierenden) Vorbedingungen unauszählbarer Eigenschaftsverschiedenheiten hineinfälschen. Wenn man aber in solcher Bedrängnis es fertigbrachte, das „Ding an sich" (gewissermaßen zum Hausgebrauch) zu pluralisieren und die mit Emphase abgeschaffte Vielheit der Erscheinungen in aller Gemütlichkeit zu ersetzen durch eine ebenso große Vielheit „intelligibler" Örter und Charaktere, so spricht sich darin ein Grad des Widersinns aus, an dem gemessen der Glaube an Gespenster zu einer sehr harmlosen Verstandesverirrung wird. "
    __
    verselbigen identifizieren, erkennen
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    Querverweise
    Standort: Erleben und Erlebnis bei Ludwig Klages.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse  *
    Methode der Fundstellen-Textanalyse  *  Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis  *  Signierungssystem*
    Zusammenfassung Hauptseite  *
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Inhaltsverzeichnis site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis bei Ludwig Klages. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/KlagesL.htm

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    korrigiert:18.02.2023 irs Rechtschreibprüfung und gelesen





    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    01.05.2025    Überarbeitung mit Ergänzungen. Beigefügt KI zur Erleben und Erlebnis bei Ludwig Klages.
    18.02.2023    irs Rechtschreibprüfung und gelesen

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