Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=05.09.2001 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 31.01.20
    Impressum: Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
    Stubenlohstr. 20     D-91052 Erlangen Mail:_sekretariat@sgipt.org_Zitierung  &  Copyright

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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Medizinische Psychosomatik, Psychopathologie und Psychiatrie, hier zum Thema Zwang und Zwangsmaßnahmen, Betreuung und Unterbringung, und hier speziell zu Ludwig II.:

    Legenden und Mythen um Ludwig II.



    Querverweise: _ Überblick Ludwig II. _  Zeit und Zeitgeist im Zeitraffer Ludwig II.
      Zusammenfassung Psychographie aus integrativer Sicht__Schlösser _Finanzdrama_

        Inhaltsüberblick:
        • War Ludwig II. wirklich ein Kriegsgegner?
        • War Ludwig II. im Umgang wirklich sehr liebenswürdig?
        • Mochte und liebte Ludwig II. wirklich den einfachen Menschen und sein Volk?
        • War Ludwig II. nur leicht seelisch gestört?
        • Fehlte Ludwig II. wirklich nur ein Mensch, der ihn richtig verstand?
        • War Ludwig II. ein unverstandenes Genie?
        • Baute Ludwig II. seine Schlösser für sein Volk?
        • War Ludwig II. ein guter König?
        • War Ludwig II. ein Opfer seiner um die Macht besorgten Minister?
        • War Ludwig II. ein Opfer preußischer Intrigen?
        • Schuf Ludwig II. mit seinen Schlössern einmalige Kunstwerke?
        • Bringen die Ludwig_Schlösser heute ein Vermögen ein?
        • War Ludwig II. homosexuell?




    War Ludwig II. wirklich ein Kriegsgegner? Nein, nicht richtig.    Zusammenfassung.

        Sein  Vorbild Ludwig XIV.  führte sein Leben lang Krieg und verwüstete weite Teile Deutschlands. Schon das spricht gegen die Legende von Ludwigs Pazifismus. Und der Absolutismus ist auf seine Weise ein Krieg, nämlich die Ausbeutung der Untertanen und Fremder (Kriege, Besetzungen, Landraub, Steuern, Reparationen) für eigene narzißtische Zwecke.
        Der Krieg 1866. Ludwig weilte auf Schloß Berg, statt in München das Seinige gegen den Krieg zu tun. Er mochte ihn zwar nicht, den Krieg, er tat aber auch nichts dagegen; interessierte sich nicht besonders für seine Abwendung und kümmerte sich auch nicht um seine Truppen und ergriff im Grunde die politische Flucht auf Schloß Berg. Zum Zustand der bay. Armee Fürst Hohenlohe: "Die bayerische Armee ist in keinem genügenden Zustand. Der Prinz Karl als Oberfeldherr ist zu alt. Die Offiziere haben kein rechtes Vertrauen in die eigene Kraft. Ich glaube nicht, daß wir große Lorbeeren ernten werden bei der noch so guten Gesinnung der Mannschaft und trotz der angeborenen Rauflustigkeit der Bayern."  [Liebhart 150].
     
    Opfer 1866: 47 Offiziere, 282 Unteroffiziere und Mannschaften gefallen, 1858 Verwundete 
    [Die Chronik Bayerns S. 353 im Artikel "Triumphale Reise durch Franken"]

        Der Krieg 1870. Ludwig II. befiehlt am 16.7.1870 die Mobilmachung: 55 000 Bayern marschieren unter dem preußischen Kronprinzen. Ludwig II:
     
    "Mit Begeisterung werden Meine Truppen an der Seite Ihres ruhmreichen Bundesgenossen für deutsches Recht und deutsche Ehre den Kampf aufnehmen." 
    [Chronik Bayerns S. 358].  Die Bayern stellten mit 55 000 Mann ein großes Kontingent und waren an den Kämpfen und Erfolgen maßgeblich beteiligt. Schlachten: Weißenburg, Wörth, Barzeilles, Balan, Sedan, Orleans.

     
    Opfer 1870: 
    Noch nicht ermittelt: Die Geschichtsschreibung und der Geschichtsunterricht in Deutschland ist offenbar extrem einseitig und an Führungsschichten und Oberflächlichkeiten orientiert. Kein Wunder, daß eine solche geradezu antipädagogische und menschenrechtsunfreundliche Geschichtsschreibung und Unterweisung diese Welt bislang offenbar nicht verbessert. Sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Fakten und Daten und hier besonders die Kosten der Kriege sind schwierig zu ermitteln: Gefallene, Versehrte (Krüppel und Kriegsbehinderte), Verwundete; Kriegsopferrenten (sofern überhaupt bezahlt), Landraub/ Landverlust, Reparationskosten, Verwüstungen (Landstriche, Landwirtschaft, Städe und Gemeinden, Gebäude), Versklavungen, Raub von Wertgegenständen, Verlust der Ehre [Vergewaltigungen, Schändungen], Verlust an Lebensqualität u.a.

    Zusammenfassung zur Kriegsgegner Legende
    Ludwig II. mag den Krieg nicht gemocht haben. Ein Kriegsgegner war er aber allenfalls im Bereich seiner Phantasie. Doch ist ein Mensch weniger durch seine Phantasie in seinem Charakter und in seiner Persönlichkeit bestimmt als vielmehr in erster Linie durch seine Handlungen. Und diese setzten dem Krieg nichts entgegen. Noch nicht einmal um seine Truppen kümmerte er sich. 


    War Ludwig II. im Umgang wirklich sehr liebenswürdig? Jein.
    Auf der formalen Ebene und wenn es sein Interesse war schon, aber meist nur so lange, wie es ihm entsprach und paßte, sonst setzten sich mehr oder minder seine aggressiven Taktlosigkeiten durch. Insbesondere seiner Dienerschaft gegenüber war er vor allem in den letzten Jahren unerträglich despotisch. 32 seiner Bediensteten sollen nach seiner In-Gewahrnahme Verletzungen aufgewiesen haben. Doch auch schon weit vorher, zeigt sich sein völlig unliebenswürdiges und extrem egozentrisches Verhalten, wenn er etwa seine Verlobte auf dem Ball, den Fürst Hohenlohe als Minister des kgl. Hauses zu Ehren der Verlobung gab, einfach sitzen läßt und sich ins Theater stiehlt [Böhm 395]. Ludwig II. war launisch, sehr unstetig und abrupt wechselhaft und meist völlig desinteressiert an der Befindlichkeit seiner Gegenüber.


    Mochte und liebte Ludwig II. wirklich den einfachen Menschen und sein Volk? Nein, überhaupt nicht.
     
    "Oft mußte Ministerialrath von Ziegler hören (v. Ziegler Bogen 5), wie schön es wäre, wenn man das verfluchte Nest (die eigene Haupt- und Residenzstadt!) an allen Ecken anzünden könnte und Stallmeister Hornig führt als einen öfter von Seiner Majestät ausgesprochenen Wunsch an (Hornig Blatt 7), daß das ganze bayerische Volk nur einen Kopf habe, um es auf einen Streich hinrichten lassen zu können." [Quelle Ziegler/Gutachten]

    Ludwig II. mochte überhaupt keine wirklichen Menschen, es sei denn, sie unterwarfen sich vollständig seinem Willen oder waren zu seiner Vollstreckung nützlich und hilfreich. Er verachtete das "frivole" Volk, was nicht ausschloß, daß er bei spontanen Begegnungen spendabel, freundlich und zugewandt sein konnte, wenn er mochte. Aber das tat er dann nicht für den anderen, sondern für sich: es gefiel ihm, zu gefallen. Jede Art von Erwartung, die an ihn gerichtet wurde, störte ihn. Er haßte zunehmend mehr direkte menschliche Begegnungen und er haßte es schon immer, "begafft" zu werden, er war nicht nur zunehmend mehr soziophobisch (menschenscheu) sondern ganz besonders auch blickscheu, als fürchtete er, die Menschen könnten ihm "etwas" ansehen.



    War Ludwig II. nur leicht seelisch gestört? Nein.
    Er war schwerst psychisch gestört und wahrscheinlich schon frühzeitig partiell psychisch krank, aber ihm war in seiner Stellung als König leider nicht zu helfen. Und er hatte wohl auch keinerlei Krankheitseinsicht. (Siehe auch Psychographie und Finanzen, das Ende sowie das Begutachtungsergebnis aus heutiger Sicht).

    Fehlte Ludwig II. wirklich nur ein Mensch, der ihn richtig verstand? Nein.
    Das hätte überhaupt nichts gebracht; und dieser Mensch wäre auch gar nicht zu finden gewesen und wenn man einen solchen gefunden hätte, wäre es nicht von Dauer gewesen.


    War Ludwig II. war ein unverstandenes Genie? Jein.
    Ludwig II. war einerseits in der Tat ein Genie, aber ein psychologisches. Sein Genie bestand in seiner radikalen, kompromiß- und hemmungslosen Selbstverwirklichung. Wie es möglich war, daß ein König so lange seinem Volk, seiner Regierung und der Verwaltung auf der Nase herumtanzen konnte, mag heute verwundern. Nun, das Volk hatte weitgehend nichts zu sagen und identifizierte sich lieber mit einem Wunschbild-König, der anders als die da oben sonst waren. Und der Regierung und den Diplomaten mag es lange Zeit wohl ganz recht gewesen sein, schalten und walten zu können, ohne den König ständig im Nacken zu haben. Alles mußte sich seinem künstlerischen Willen unterordnen und alles mußte genau so geschehen, wie er es haben wollte, sonst war man unten durch und abgemeldet. Das ging bis in kleinste Details. Insofern war Ludwig II. auch ein Genie in der uneingeschränkten und absolutistischen Durchsetzung seiner Vorstellungen. Unverstanden war er in vielerlei Hinsicht. Die beiden wichtigsten Quellen sind aber: 1) er war extrem soziophobisch (menschenscheu), so daß niemand über ihn wirklich etwas wußte und er ein idealer Projektionsschirm für Wünsche, Phantasien, Vermutungen und damit für Legenden und Mythen war. 2) Ludwig II. war anders, schwierig, eigen, ja wohl lange Zeit schon psychisch krank, was aber bei Monarchen bei ihrer Stellung in der Geschichte nicht so sehr ungewöhnlich war - nicht wenige Herrscher waren psychisch krank, manche Verbrecher, manche beides - und wogegen man auch kaum etwas machen konnte: Zu den Menschenrechten und ihrer echten und dauerhaften Verwirklichung auf dieser Welt war und ist es noch ein langer Weg. Die Entmündigung war daher geradezu ein revolutionärer Akt, der auch nicht etwa von den Sozis, Demokraten oder Anarchisten ausging, sondern von im Grunde königstreuen Monarchisten.


    Baute Ludwig II. seine Schlösser für sein Volk?  Nein.
    Die Schlösser war ausschließlich für ihn bestimmt. Seine Werke zu "begaffen" war ihm ein ähnliches Greuel wie das "begafft" werden durch die Menge. Das Erblicken und Schauen seiner geweihten Stätten, kam in seinem Denken und Fühlen einer Entweihung gleich, war also für Ludwig II. fast so etwas wie eine Mischung aus "Majestätsbeleidgung" und "Gotteslästerung". Teilen, Anteilnahme, Mitgefühl waren für Ludwig II. Fremdworte, wenn es davon auch einige spontane Ausnahmen gibt.



    War Ludwig II. ein guter König? Jein.
        Ja: Er soll bis kurz vor dem Schluß als könglicher "Sachbearbeiter" fleißig, sachbezogen und zügig im Durchschnitt 12 Aktenvorgänge pro Tag (insgesamt rund 100.000) bearbeitet und sich damit auseinandergsetzt haben. Er kümmerte sich extrem detailliert um alle seine Kunstprojekte. Man kann sagen: Ludwig II. war ein außerordentlich fleißiger, tüchtiger und - das ist das Überraschendste - stetiger "Sachbearbeiter". Auf dieser Ebene war nicht die Spur von "Verrücktheit" zu erkennen. Außerdem las er sehr viel und nahm an vielen künstlerischen Aufführungen teil. In jungen Jahren fischte er selbst seine Hechte und Forellen, er ritt vorzüglich, las eifrig Zeitungen - wenn auch oft verärgert, wenn die persönlichen Fürwörter in bezug auf seine Majestät nicht richtig groß geschrieben wurden (Mein, Sein, ...) - und war viel in seinen persönlichen Unternehmungen beschäftigt und unterwegs. Psychopathologisch hatte seine Arbeitsweise ganz eindeutig maniforme (grenzen- und maßlose) Züge. Er war weder ein Müßiggänger noch faul, ganz im Gegenteil.
        Nein: Als Repräsentant des Volkes war er weitgehend, vor allem die letzten 10-12 Jahre seines Lebens ein Ausfall. Er fehlte bei der Wittelsbachfeier, war nicht bei seinen Soldaten, wie sich das im Krieg gehört, mied offzielle Empfänge und volkstümliche Anlässe (Oktoberfest). Er kümmerte sich überhaupt nicht um die Wünsche und Interessen seiner Untertanen, seines Volkes oder der Regierung: alles war sozusagen seinen Interessen, Eigenheiten und Störungen untergeordnet.

    War Ludwig II. ein Opfer seiner um die Macht besorgten Minister? Jein.
        Ja: Die Regierung mag Ludwig II. schon immer für etwas verrückt gehalten haben, unerträglich wurde die Situation aber erst, als die Spatzen von Dächern zu pfeifen begannen, der König sei pleite und ihm drohe die Pfändung. Damit war das Königreich Bayern, die Regierung und das Bayerische Volk in seiner Gesamtheit betroffen. Die radikale Selbstverwirklichung des Königs hatte die ertragbaren Realitätsgrenzen für die Regierung überschritten. Ludwig II. war dabei, Bayern zum öffentlichen Gespött der Welt zu machen. Damit war das Maß - ab 1884 wohl schon und endgültig 1885 als man die Regentschaft vorbereitete - voll. Daß der König das nicht mehr mitbekam ist sicher ein ausdrucksvolles Symptom für - zu dieser Zeit - seine Geisteskrankheit, denn hier war der Geist erkrankt, der die Beurteilung des Weltgeschehens nicht mehr realitätsangemessen vollziehen konnte. Versteht man also Macht derart, daß die Regierung nicht mehr willens war, diese Zustände hinzunehmen: Ja. So gesehen war Ludwig II. ein Opfer.
        Nein: Wenn gemeint sein sollte, die Regierung habe nur deshalb, um ihre Posten nicht zu verlieren, den König zu entmündigen versucht.


    War Ludwig II. ein Opfer preußischer Intrigen? Nein.
    Bismarck förderte ihn noch 1884 mit einer Extramillion und war erst alarmiert, als die verrückten Nachrichten nach Preußen drangen, daß Ludwig II., um an Geld zu gelangen, Frankreich im Gegenzug für einen Kriegsfall die Neutralität angeboten haben soll. Die einzige historisch bislang gesicherte indirekte Beeinflussung, die man Bismarck zuweisen kann, war  - anläßlich seiner Extramillion-Zuwendung - seine Erkundigung nach den Reichsverwesungsgesetzen in Bayern. Bismarck, der Meisterprovokateur im 19. Jhd., könnte hier einen Wink mit dem Zaunpfahl , wie er die Sache sehen könnte, gegeben haben. Im Klartext: liebe Bayern, schaut Euch mal um, wie eine Regentschaft bei Reichsverwesung bei Euch funktioniert. Dahinter steckt aber wohl weder böser Wille noch preußischer Dolchstoß, sondern ein legitimes politisches Interesse nach der Wiederherstellung der Zuverlässigkeit des bayerischen Bundesgenossen, nachdem dem König der Kontakt zur Realität entglitten war.


    Schuf Ludwig II. mit seinen Schlössern einmalige Kunstwerke?  Jein.
    Herrenchiemsee ist weitgehend eine Kopie von Versailles. Neuschwanstein soll auf die Wartburg zurückgehen. Dennoch: Die Planungen gehen bis in die letzten Details auf Ludwig II. zurück: alles mußte genau so gemacht und wieder geändert werden, wie es ihm ein- und gefiel. Die Pracht- und Prunkbauten, die ausschließlich für ihn bestimmt gewesen waren, sind für sich betrachtet nichts Ungewöhnliches und Neues. Aber es sind auch unzweifelhaft kunstvoll kombinierte Schönheiten (Anlage, künstlerische Gestaltung, Innenausstattung, Gärten und Parks, Pavillons, Extrastätten, Grotte, Wasser- und Lichtspiele mit damals modernster Technik) und diese Kombination noch dazu in Verbindung mit den Schönheiten der bayerischen Landschaft sind in gewisser Weise einmalig. Keinen Zweifel kann es geben, daß es auf jeden Fall Kunstwerke seiner einmaligen Selbstverwirklichung sind. Der Publikumserfolg der Schlösser - wie auch die Wagnerfestspiele in Bayreuth - gibt ihm jedenfalls im Nachhinein unzweideutig recht.
     
    Vielleicht verehrt oder bewundert das Volk gerade diese radikale Selbstverwirklichung: sich einen Teufel um andere oder die Realität scheren ist wohl ein früher Traum, der in allen Menschen ein bißchen steckt. Man könnte Ludwig II. ebensogut zum Schutzpatron  der Kunst wie der Psychisch Kranken oder der Selbstverwirklichung ernennen. 


    Bringen die Ludwig-Schlösser heute ein Vermögen ein? Ja.

    Das bay. Staatsministerium der Finanzen hat mir am 31.8.01 dankenswerterweise folgende Kostenrechnung für die Ludwig II. Schlösser im Jahre 2000 mitgeteilt:
     
    Rechnung 2000  Neuschwanstein
    Linderhof 
    Herrenchiemsee Gesamtrechnung
    Einnahmen insges. 14.822.353,- DM  7.016.210,- DM  9.973.789,- DM 31.812.352,-DM
    Ausgaben gesamt    4.652.243,- DM 7.263.364,- DM  8.772.034,- DM 20.687.641,-DM
    Gewinn/ Verlust 10.170.110,-DM - 247.154,-DM 1.201.755,-DM 11.124.711,-DM

        Bemerkung: Bei diesen Einnahmen ist noch nicht berücksichtigt, was die Fremdenverkehrsindustrie (Übernachtungen, Verzehr, Verkehr, Geschenkartikel und Souvenirs), besonders um Füssen herum - was wir den dort lebenden Menschen selbstverständlich gönnen - durch den Ludwig II.- Tourismus noch einnimmt. Hierdurch wird noch ein Vielfaches dessen, was die Schlösser direkt einbringen, erwirtschaftet. Bei 3 Millionen BesucherInnen von Ludwigschlössern, von denen ein jeder z. B. durchschnittlich 100.- DM Ludwig II.- Touristikkosten in Bayern läßt, würden zusätzlich 300 Millionen in die Kassen gespielt, wovon der Freistaat Bayern entsprechend steuerlich profitiert, schätzungsweise wenigstens 30 % (incl. Mehrwertsteuer) davon, das ergäbe dann schätzungsweise einen Jahresgewinn für Bayern von rund 100 Millionen DM. Damit sind die Ludwig II. Schlösser für Bayern tatsächlich ein sehr gutes Geschäft. Das ist insofern erstaunlich, als die Kunst und Kultur gewöhnlich ein enormes Draufzahlgeschäft für den Staat ist. Sollte Bayern hier dank des berühmten Wittelsbacher Kunstsinnes, der in Ludwig II. eine radikale und hemmungslose Selbstverwirklichung fand, ein finanzpolitisches Kunstwerk geglückt sein, indem Ludwig II.- Kunst sich nicht nur rechnet, sondern inzwischen tatsächlich außerordentliche Gewinne abwirft? Es sieht so aus. Allerdings kann hierüber kaum vergessen werden: sein bay. Volk hat den "Kini" nie interessiert, es war ihm lästig und wenn es nach ihm gegangen wäre, würden die Schlösser mit ihm untergegangen sein. Es ist das Verdienst der bayerischen Regierungen, die Schlösser für Volk und Allgemeinheit erschlossen zu haben.

    Die Erstellungskosten der Schlösser nach Sekundärquelle Petzet 1968 S. 226.
     
    Kosten damals  Neuschwanstein Linderhof  Herrenchiemsee Gesamtrechnung
    geplante Kosten 3.256.000 Mark 3.525.428  Mark 5.641.000 Mark 12.422.428 Mark
    wirkliche Kosten 6.180.047 Mark 8.460.937 Mark 16.579.674 Mark 31.220.658 Mark

    Die folgenden Werte sind Schätzungen (siehe bitte Seite Finanzen und Geld 1871)
    Kosten heute  Neuschwanstein Linderhof  Herrenchiemsee Gesamtrechnung
    geplante Kosten 326 Millionen 353 Millionen 564 Millionen 1,243 Milliarden
    wirkliche Kosten 618 Millionen 846 Millionen  1,658 Milliarden 3,122 Milliarden

        Gewinn (geschätzte Verzinsung des Anlagevermögens): ca. 10 % pro Jahr. Das ist ein sehr guter Wert. Eine ähnlich gute Verzinsung erreicht man nur mit Bonds (Zinspapieren) in Hochinflationsphasen. Beachte: Diese Amortisierung ist nicht das Verdienst Ludwigs II., sondern der nachfolgenden bayerischen Regierungen. Neuschwanstein wurde schon im Herbst des Todesjahres von Ludwig II. für Volk und Besucher geöffnet.
        Alle diese Schätzungen habe ich nach besten Wissen und Gewissen vorgenommen, sie sind aber dennoch mit Vorsicht zu genießen. Eine genauere, fundiertere und bessere Schätzung müßte von Finanz- und Wirtschaftssachverständigen vorgenommen werden.



    War Ludwig II. homosexuell?
    Nachdem ich am 5.9.2001 das von Holzschuh vor kurzenmveröffentlichte Buch mit den am 3.9.1999 für DM 180.000 ersteigerten und echt zertifizierten 27 Briefen einsehen konnte, ergibt sich nunmehr ziemlich sicher, daß Ludwig II. ab 1881/82 seine Homosexualität mit jungen Männern "niederen" Standes ausgelebt hat.   Ergänzung Zusammenfassung  __   Belegbeispiel Brief.



    Fußnoten
    Adel und Herrscherhäuser: Sofern man den Absolutismus nicht von vornherein als Geistesstörung betrachtet, wofür es gute Gründe gäbe, sondern die Zeitnormen der Geschichte zur normativen Basis nimmt (also: was war zu der jeweiligen Zeit, die betrachtet wird, allgemein üblich?), sind typologisch etwa folgende sieben Hauptklassen bildbar:
    • Beispiel Klasse 1: psychisch krank, aber nicht kriminell: Ludwig II. war ungefähr die letzten 10 Jahre ein schlechter Repräsentant und König für Bayern, aber eine Entwicklung zu kriminellen Verhaltensweisen zeigte er nach dem bisher vorliegenden Material erst die letzten 1-2 Jahre (wahrscheinlich in Folge seiner psychischen Entgleisung).
    • Beispiel Klasse 2: kriminell aber nicht psychisch krank: Ludwig XIV., Stalin? (alle Territoriums-Krieger, Kolonialisten und Sklavenhalter, sofern sie nicht als psychisch krank einzuschätzen sind, was ja in Klasse 2 ausgeschlossen ist und viele Diktatoren; Maßstab: Allgemeine Menschenrechte.).
    • Beispiel Klasse 3: psychisch krank und kriminell: Nero, Marschall Gil de Rais, Hitler, Iwan der Schreckliche.
    • Beispiel Klasse 4: weder psychisch krank noch kriminell. Führt man für diese Klasse zwei weitere wichtige politisch relevante Differenzierungen ein: a) dem Gemeinwohl verantwortlich und b) allgemein und politisch intelligent, ergeben sich folgende Kombinationen: a+b+;  a+b-, a-b+, a-b-. Damit wären 7 Herrschertypen  von den Grundlinien her vordefiniert.
    Man beachte auch, daß psychisch krank nicht automatisch bedeutet, daß jemand (vermindert) schuldfähig oder schuldunfähig oder geschäftsunfähig ist, das will im Einzelfall genau untersucht sein und manchmal sind die Sachverhalte so kompliziert und schwierig, daß man zu keiner wirklich fundierten Beurteilung gelangen kann. Die internationalen Diagnosesysteme definieren auch Störungen, die sowohl psychisch gestört als auch kriminell umfassen (soziopathische Persönlichkeiten). Zum Schluß sei noch angemerkt, daß auch sehr enge Berührungen gibt es auch zwischen den Erscheinungen religiöser Führer und psychisch krank,  z. B. der Prophet Ezechiel über den Karl Jaspers eine pathographische Studie verfaßt hat. Inquisition und Hexenprozesse  (letzte Verbrenunng 1874 in Mexiko). Zwischen Wahn und Wirklichkeit, krank und gesund gibt es eine breite Grauzone, in der man vieles, je nach Standpunkt, Wissen, Erfahrung so oder so sehen kann. Hierzu folgende Querverweise:
    Norm, Wert, Abweichung (Deviation): "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt"   und von Ingo-Wolf Kittel:  Systematische Überlegungen zum Begriff "krank" in der Medizin im allgemeinen und in der Seelenheilkunde im besonderen

    Querverweise
    Standort: Legenden und Mythen um Ludwig II. König von Bayern.
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    Verteilerseite Die Entmündigung Ludwig II. König von Bayern
    Der psychiatrische Kenntnisstand, auf dem das Gutachten beruht
    Forensische Gutachtenregeln der damaligen Zeit (um 1870-1895)
    Das Problem der Geschäfts-un-fähigkeit aus heutiger forensisch-psychologischer Sicht
    Norm, Wert, Abweichung (Deviation): "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt"
    Überblick Forensische Psychologie.
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    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site:www.sgipt.org. 
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    Dienstleistungs-Info.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Legenden und Mythen um Ludwig II. König von Bayern. Aus unserer Abteilung Medizinische Psychosomatik, Psychopathologie und Psychiatrie.  IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/medppp/zwang/ludwig2/mythen.htm
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