Analyse des Gewißheitsbegriffs bei Ulrich, Peter
(1995) Gewißheit und Referenz
Materialien zur Studie Begriffsanalyse Gewissheit
und Gewissheitserleben.
Zusammenfassung Auswertung der ersten 19 von 72 Fundstellen * Belege der Fundstellen mit Kontext
Ulrich, Peter (1995) Gewißheit und Referenz. Subjektivitätstheoretische Voraussetzungen der intentionalen und sprachlichen Bezugnahme auf Einzeldinge. Paderborn: Schöningh.
Sachregister Einträge Gewißheit 11f., 13f., 18, 21, 23ff„ 50, 59f., 81f., 139, 175f., 200, 239, 255f., 267f„ 296
Zusammenfassung-Ulrich-S11:
Nach Hinweisen im Sachverzeichnis wird der Suchtext "Gewißheit" 19
mal auf den Seiten 11, 12, 13 und 18 von insgesamt 72 mal gefunden. Ich
habe die ersten 19 Fundstellen ausgewertet in der Erwartung, was bis dahin
nicht erklärt wird, wird auch in späteren Fundstellen nicht geklärt.
Ulrich kommt - wie die meisten Philosophen und GeisteswissenschaftlerInnen
- bei den 19 Beispielen völlig ohne operationale Beispiele aus und
bleibt damit auf der allgemeinen Ebene des Meinens
stehen. Damit befindet er sich auf dem dem üblichen philosophischen
"Niveau" der letzten 2300 Jahre Philosophiegeschichte, obwohl bereits Aristoteles
(Quelle)
unmißverständlich klar machte:
|
welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, etwas voneinander verstehen; denn wie könnte denn, wenn dies nicht stattfindet, ein gegenseitiger Gedankenaustausch (...) möglich sein? Es muß also jedes Wort (...) bekannt sein und etwas, und zwar eins und nicht mehreres, bezeichnen; hat es mehrere Bedeutungen, so muß man erklären, in welcher von diesen man das Wort gebraucht. ..." Aus: Aristoteles (384-322) Metaphysik. 11. Buch, 5 Kap., S. 244 (Rowohlts Klassiker 1966) |
Leider verstehen viele Philosophen, Juristen, Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaftler auch nach 2300 Jahren Aristoteles immer noch nicht, wie Wissenschaft elementar funktionieren muss: Wer wichtige Begriffe gebraucht, muss sie klar und verständlich erklären und vor allem auch referenzieren können, sonst bleibt alles Schwall und Rauch. Wer also über irgendeinen Sachverhalt etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, wie er diesen Sachverhalt begrifflich fasst, auch wenn dies manchmal nicht einfach ist. Zu den elementaren begrifflichen Grundregeln gehört, dass wichtigere Begriffe, wenn sie eingeführt werden, näher zu erläutern, am besten auch zu definieren sind.
Ulrich gibt aber eine - wenn auch nach Inhalt und
Umfang zu enge - Definition in
U11.6. Der Begriff Gewißheit bleibt weitgehend ungeklärt. Behauptungen
werden nicht begründet (U11.3-4, U12.2), manche sind falsch
(U11.3-4).
Das Personalpronomen "ich" ist im Übrigen nur
eine sehr grobe und praktisch kaum zu gebrauchende Referenz (> Bewusstseinsprotokolle).
U11.1 "... Gewißheit als Grundbegriff des Mentalismus ..."
U11.2 "... Gewißheit und Wahrheit [FN1]:
Kommentar-U11.2:
Lediglich Erwähnung, aber mit Literaturhinweis.
U11.3 und U11.4 "... Diese sichere Grundlage kann nur das Bewußtsein bieten; denn selbst, wenn sich zu Recht an allem zweifeln ließe, was sich uns als vermeintliche Erkenntnis der Welt präsentiert, so kann doch an einem nicht gezweifelt werden: an der Existenz des zweifelnden Bewußtseins, seinen 'Ideen' und 'Vorstellungen'. Die damit behauptete U11.3Gewißheit wird in Form einer U11.4Selbstgewißheit des denkenden oder zweifelnden Bewußtseinssubjekts zur Grundlage und Bedingung möglicher Wahrheit."
U11.5 "... Diese Wirklichkeit ist, anders als die jeweils U11.5privaten
Gewißheitserlebnisse eines Subjekts, prinzipiell für
alle in der gleichen Weise zugänglich. Sie ist eine Welt öffentlich
zugänglicher und erfahrbarer Gegenstände und Ereignisse in Raum
und Zeit."
Kommentar-U11.5: Das ist richtig.
U11f.6 "... Im Verhältnis zur Wahrheit, die möglicherweise mit sprachlichen Äußerungen ausgedrückt wird, scheint die U11.6Gewißheit nur ein [>12] nachgeordnetes Moment zu sein, das sich als ein subjektives Erlebnis einstellt, wenn sich ein Subjekt von der Wahrheit eines Satzes überzeugt hat."
U12.1 "... zwischen der Bezugnahme auf Gegenstände, der Referenz,
und der U12.1Gewißheit:
..."
Kommentar-U12.1
Die Behauptungen werden nicht belegt und begründet. Man kann an allem
zweifeln.
U12.2 "... Von Vorstellungen wie vom vorstellenden Subjekt gilt, daß sie im oben erwähnten Sinne unbezweifelbar U12.2gewiß sind: Das Subjekt der Vorstellungen kann weder an der eigenen Existenz noch an seinen Bewußtseinsinhalten zweifeln. ..." .
U12.3 "... Sich mit Hilfe von Gedanken auf die Wirklichkeit zu beziehen
hieße, dies mit Hilfe von Vorstellungen zu tun, die als Bewußtseinsinhalte
dem Subjekt U12.3unmittelbar gewiß
sind."
U13.1 "Genau diese Privatheit der Vorstellung, die der Mentalismus
im übrigen keineswegs leugnet, vielmehr sogar als Grundlage für
seine These von der unmittelbaren U13.1Gewißheit
derselben in Anspruch nimmt, macht es aber unmöglich, daß Gedanken
Vorstellungen sind.
U13.2 und U13.3: "Auf der Grundlage dieser Argumentation scheint
nun auch der Begriff der U13.2Gewißheit
und mit ihm der im Titel meiner Arbeit unterstellte Zusammenhang zwischen
U13.3Gewißheit
und Referenz nicht nur fragwürdig, sondern überflüssig.
..."
Kommentar-U13.2 und U13.3: Das verstehe ich nicht. Auch Gewißheit
braucht natürlich eine Referenz.
U13.4 und U13.5: "Welche Berechtigung und welche Funktion hat noch der
Begriff der U13.4Gewißheit
im Zusammenhang der Referenz, wenn dasjenige, womit wir uns auf die Wirklichkeit
beziehen, Sachverhalte sind, die sich ihrerseits nicht mehr in Bewußtseinsinhalte
oder Vorstellungen auflösen lassen? Anders gefragt: Schließt
der auf Frege zurückgehende sprachanalytische Zugang zum Problem der
Referenz nicht die Notwendigkeit und die Möglichkeit eines Rückgriffs
auf den Grundbegriff des Mentalismus, den Rückgriff auf die U13.5Gewißheit,
aus? "
Kommentar-U13.4 und U13.5: Allgemein-abstrakt und fragwürdig.
U18.1: "... hinsichtlich de eigenen Existenzvoraussetzung Ausdruck
der U18.1unmittelbaren Selbstgewißheit
des bezugnehmenden Subjekts ...
Kommentar-U18.1: Unmittelbare Selbstgewißheit wird nicht erklärt
und damit die begriffliche
Grundregel nicht beachtet.
U18.2: "... Ausdruck einer U18.2Gewißheit,
die sich nicht mehr nur auf das bezugnehmende Subjekt ..."
Kommentar-U18.2: Unverständlich, ein Beispiel wäre hilfreich
gewesen.
U18.3: "... der im Titel meiner Arbeit angedeutete Zusammenhang
zwischen U18.3Gewißheit und
Referenz ..."
Kommentar-U18.3: Die Unverständlichkeit setzt sich fort, "angedeutet"
reicht nicht.
U18.4: "Die Art und Weise, in der ich den klassischen Gesichtspunkt
der U18.4Gewißheit denkender
und sprachlich handelnder Subjekte in die Theorie der Referenz einführe,
..."
Kommentar-U18.4: Ein Beispiel für die "Art und Weise" hätte das
Verständnis der These gefördert.
U19.1: "... Mein Plädoyer für die Einführung des Begriffs
der U18.5Gewißheit in
die Theorie der Referenz ist im wesentlichen ein Plädoyer für
eine Semantik der ersten Person."
Kommentar-U19.1: Ein Hinweis auf eben dieses Plädoyer für
eine Semantik der ersten Person wäre hilfreich gewesen.
13: "Genau diese Privatheit der Vorstellung, die der Mentalismus im
übrigen keineswegs leugnet, vielmehr sogar als Grundlage für
seine These von der unmittelbaren U13.1Gewißheit
derselben in Anspruch nimmt, macht es aber unmöglich, daß Gedanken
Vorstellungen sind. Gedanken als dasjenige, was Aussagen aussagen, können
unter Umständen, nämlich dann, wenn sie der Wirklichkeit entsprechen,
wahr sein. Diese mögliche Wahrheit von Gedanken widerspricht
aber der Privatheit von Vorstellungen. Wären Gedanken Vorstellungen,
ließe sich intersubjektiv über die mögliche Wahrheit (oder
Falschheit) von Gedanken gar nicht mehr verhandeln. In Anlehnung an eine
bekannte Formulierung Wittgensteins : Wahr wäre, was immer mir als
wahr erschiene.
...
Auf der Grundlage dieser Argumentation scheint nun auch der Begriff
der U13.2Gewißheit
und mit ihm der im Titel meiner Arbeit unterstellte Zusammenhang zwischen
U13.3Gewißheit
und Referenz nicht nur fragwürdig, sondern überflüssig.
Welche Berechtigung und welche Funktion hat noch der Begriff der U13.4Gewißheit
im Zusammenhang der Referenz, wenn dasjenige, womit wir uns auf die Wirklichkeit
beziehen, Sachverhalte sind, die sich ihrerseits nicht mehr in Bewußtseinsinhalte
oder Vorstellungen auflösen lassen? Anders gefragt: Schließt
der auf Frege zurückgehende sprachanalytische Zugang zum Problem der
Referenz nicht die Notwendigkeit und die Möglichkeit eines Rückgriffs
auf den Grundbegriff des Mentalismus, den Rückgriff auf die U13.5Gewißheit,
aus?"
18f: "Kommt nun (1) der indexikalischen Form der Bezugnahme auf Einzeldinge
eine Grundlegungsfunktion innerhalb der Theorie der Referenz zu und werden
(2) indexikalische Bezugnahmen nur vor dem Hintergrund von Selbstzuschreibungen
im Subjektgebrauch von ,ich“ verständlich, liegt (3) der Schlüssel
für das Problem der Referenz in solchen Formen der Selbstzuschreibung.
Selbstzuschreibungen dieser Art sind jedoch aufgrund der Irrtumsimmunität
gegen Fehlreferenz und der Infallibilität hinsichtlich der eigenen
Existenzvoraussetzung Ausdruck der U18.1unmittelbaren
Selbstgewißheit des bezugnehmenden Subjekts und -
vermöge der Irrtumsimmunität gegen Fehlreferenz auf eine Raumzeitstelle
- Ausdruck einer U18.2Gewißheit,
die sich nicht mehr nur auf das bezugnehmende Subjekt, sondern auch auf
beliebige Raumzeitstellen und vermittels dieser auf den lokalisierten Gegenstand
bezieht. Dadurch ergibt sich (4) der im Titel meiner Arbeit angedeutete
Zusammenhang
zwischen U18.3Gewißheit und
Referenz.
Die Art und Weise, in der ich den klassischen Gesichtspunkt der U18.4Gewißheit
denkender
und sprachlich handelnder Subjekte in die Theorie der Referenz einführe,
nämlich
durch Analyse der Verwendungsregeln indexikalischer Ausdrücke, vornehmlich
der des Personalpronomens ,ich“, kann aber zugleich verdeutlichen, daß
sich der Grundbegriff des Mentalismus einer sprachanalytischen Rekonstruktion
keineswegs entzieht. Was ich jedoch bestreiten werde, ist folgendes: Die
kognitiven Leistungen, die sich in Selbstzuschreibungen im ,Subjektgebrauch“
von ,ich“ niederschlagen, lassen sich nur unzureichend in [>19] einer Semantik
der dritten Person erfassen. Solche Selbstzuschreibungen sind irreduzibel
in dem Sinne, daß sich deren Bedeutung und kognitiver Gehalt nicht
angemessen durch Äußerungen bestimmen lassen, in denen das Personalpronomen
der ersten Person Singular durch andere Personalpronomen, Namen oder Beschreibungen
ersetzt wird. Mein Plädoyer für die Einführung des Begriffs
der U18.5Gewißheit in
die Theorie der Referenz ist im wesentlichen ein Plädoyer für
eine Semantik der ersten Person."
Auswertung und Analyse werden hier nach 19 Beispielen
und Belegen auf vier Seiten abgebrochen, weil ich davon ausgehe, was bis
hierher nicht klar begründet und erklärt wurde, wird es auch
später nicht mehr.
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Wahn site: www.sgipt.org. * Psychopathologie Psychiatrie site: www.sgipt.org |
Kontrolliert / korrigiert: irs 31.08.2022 Rechtschreibprüfung und gelesen