Die Mathematik des Unendlichen
präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen
"Das Wesen der Mathematik liegt in ihrer Freiheit." [Q]
Bibliographie * Verlagsinfo * Inhaltsverzeichnis * Leseprobe * Bewertung * Links * Literatur * Querverweise *
Bibliographie: Mückenheim, Wolfgang (2006). Die Mathematik des Unendlichen. Reihe: Mathematik. Shaker-Verlag. [Verlags-Info] [Vorwort & Inhalt] [ISBN: 978-3-8322-5587-9.]
Vorwort
"In diesem Buch möchte ich den Begriff des Unendlichen in seinen
verschiedenen Bedeutungen, Facetten und Nuancen innerhalb der Mathematik
klären und - soweit das möglich ist - eine Vorstellung dieser
Idee vermitteln.
Das Buch entstand aus dem mathematischen Teil der Vorlesung "Die Geschichte
des Unendlichen", die ich seit mehreren Jahren als geisteswissenschaftliches
Wahlfach für Studentinnen und Studenten aller Studiengänge an
der Fachhochschule Augsburg halte; es wendet sich also nicht nur an Mathematiker,
sondern ist so angelegt, daß es von jedem interessierten Laien mit
guten mathematischen Schulkenntnissen verstanden werden kann. Daher sind
auch viele Beispiele mit konkreten Zahlen durchgeführt. Tiefergehende
oder den Fluß der Entwicklung störende Erläuterungen wurden
in Kästen zusammengefaßt, die mitunter etwas anspruchsvollere
Ableitungen enthalten oder umfangreichere Vorkenntnisse erfordern. Wer
sie durcharbeitet, kann sich von den Darlegungen des Haupttextes selbst
überzeugen, wer sie überschlägt, wird dem Gedankengang ebenfalls
folgen können.
Die Darstellung folgt nicht unbedingt der historischen
Entwicklung, sondern ist darauf angelegt, den Stoff thematisch zu ordnen
und die großen Bereiche aufzuzeigen, in denen das Unendliche in der
Mathematik gesucht und - tatsächlich oder vermeintlich - gefunden
worden ist. Redundanzen wurden bewußt stehengelassen, denn sie dürften
das Verständnis der Zusammenhänge eher fördern als stören.
Um den Text nicht zu überlasten, wurden Lebensdaten der genannten
Personen in der Regel nicht dort, sondern im Personenverzeichnis angegeben.
Ausgenommen davon ist lediglich das achte Kapitel, um den darin nachgezeichneten
historischen Ablauf zu verdeutlichen. Dabei wurde nicht zwischen genauen
und ungefähren Angaben unterschieden. Die Daten der älteren hier
genannten Gelehrten sind oft nicht mehr genau zu ermitteln. Für einen
ungefähren Überblick ist es aber unwichtig, ob Euklid 365 v.
Chr. oder, wie andere Quellen berichten, erst 325 oder 322 v. Chr. geboren
wurde. Die Zusätze "vor Christi Geburt" oder "nach Christi Geburt"
entfallen, wenn sie aus Geburts- und Todesjahr eindeutig ersichtlich sind.
Über 200 Jahre alte Quellen wurden nicht in
das Literaturverzeichnis aufgenommen. Vor allem der Stoff der ersten Kapitel
ist in so vielen modernen Lehrbüchern und populären Darstellungen
verbreitet, daß es genügt, interessierte Leser auf einige nach
dem Literaturverzeichnis zusätzlich angegebene Monographien zu den
angesprochenen Themen und das inzwischen allumfassende, wenn auch nicht
in allen Fällen zuverlässige Internet zu verweisen.
Augsburg, im Juli 2006, W. Mückenheim"
Schlagwörter: Mathematik; das Unendliche; transzendent; infinitesimal; transfinit; Zahlen; Zahlentheorie.
Inhalt
Einleitung 1
1. Natürlich unendlich 2
2. Gegen Unendlich 8
3. Alogos 21
4. Transzendent 35
5. Infinitesimal 42
6. Paradoxien des Unendlichen 56
7. Transfinit 68
8. Potentiell versus aktual 95
9. Infinit 111
10. Was sind Zahlen? 127
Literaturverzeichnis 142
Zusätzlich herangezogene Monographien und weiterführende
Literatur 147
Personenverzeichnis 149
Stichwortverzeichnis 153
Leseprobe: Erste Seite des Abschnitts "Infinit"
... ... ... ...
... ... ... ...
Obwohl jeder weiss, dass die Folge der natürlichen Zahlen kein
Ende hat, also gar keine feste, konstante Grösse sein kann,
definiert
Cantor
in sich widersprüchlich die Folge der natürlichen Zahlen als
ein fertiges "Ding für sich". Der innere - und von Cantor
1883 verbotene - Widerspruch ergibt sich durch die Bestimmung "ein
in allen Teilen, festes, bestimmtes Quantum, ein [aktual Unendliches],
das offenbar größer zu nennen ist als jede endliche Anzahl."
Letzeres ist natürlich richtig, dass "das" Unendliche größer
als jede endliche Anzahl ist. Die contradictio
in adjecto steckt im vorderen Teil der Aussage: "ein in allen Teilen,
festes, bestimmtes Quantum" (hierzu auch eine Kritik Brouwers 1907).
Aber die Basis für die Absurditäten der Mengenlehre wurde bereits
mit der Definition
einer unendlichen Menge gelegt. Und der absurde Sprung geschieht genau
dann, wenn der Begriff der Gleichmächtigkeit mit der Anzahl gleichgesetzt
wird, die auf einer unabschliessbaren (potentiell offenen) bijektiven
Zuordnung beruht. Vollzieht man diesen absurden Sprung, hat man Euklid8
aufgehoben, dass das Ganze stets grösser als sein Teil ist (Weyl
hierzu).
Die Geschichte der Mathematik des Unendlichen ist
auch eine Geschichte
des Grundlagenstreits. Im engeren Sinne umfasst dieser
grob betrachtet ein gutes halbes Jahrhundert, ungefähr 1890-1940 und
hatte in diesem Zeitraum seine Höhepunkte in den 1920iger und 1930iger
Jahren (emotionaler Gipfel 1928),
aus dem das Hilbertprogramm
hervorging. Genauer betrachtet hat dieser Streit aber sehr alte Wurzeln
und zieht sich als problematisches Thema durch die ganze Geistesgeschichte,
wie Mückenheim mit seinem kompakten Büchlein sehr schön
zeigt. Inzwischen wissen die meisten nichts mehr von diesem Streit oder
sie wollen von ihm nichts mehr wissen; viele betrachten ihn auch als historisch
und erledigt. Das ist er aber für einige - Intuitionisten, Konstruktivisten
und Finitisten - nicht, wofür letztlich Hilbert selbst auch einiges
getan hat (siehe).
Inzwischen scheint sich aber neben dem unguten
formalistisch-technizistischen
auch ein liberal-relativistischer Trend oder status quo ausgebildet zu
haben: es gibt nicht mehr die eine Mathematik, sondern viele Mathematiken
(Geometrien wie Logiken oder Mengenlehren oder ...) - und je nach Axiomatik
und zugelassenen Beweismitteln kann sich jeder die aussuchen, die er braucht
oder mag. In gewisser Weise könnte dadurch der Grundlagenstreit als
erledigt angesehen werden. Aber die liberal-relativistische Beliebigkeit
passt nicht so recht zur Ideal-Vorstellung von "ewig gültiger" Wahrheit,
Sicherheit und Zuverlässigkeit der Mathematik. Die Paradoxien haben
Hochkonjunktur und ziehen eine neue Effekt-
und Gauklermathematik nach sich, wenn aus einer Kugel plötzlich
zwei werden. Es scheint ein neues Abrakadabra- Super- Axiom zu gelten,
nämlich:
Alles ist möglich, wenn wir es nur entsprechend einrichten,
zumindest im neuen von Cantor geschaffenen Höllen-Paradies.
Wenn nun aber die liberal-relativistische Haltung als
die derzeit angemessene erscheint, ist nicht verständlich, weshalb
der Autor weger seiner ultrafinitistischen Idee eines physikalisch motivierten
Zahlen-Realismus so nachhaltig und verbissen nicht nur bekämpft, sondern
regelrecht gemobbt wird. Er vertritt dann auch nur eine spezielle
Mathematik neben vielen anderen möglichen. Die Wissenschaft - und
nach Cantor ganz besonders
die Mathematik - ist frei, auch für Mückenheim.
Anmerkung: Das Poincaré
Zitat S. 104 ließ sich an der angegebenen Quelle (S. 145) nicht
finden. Ich habe den Autor um Aufklärung seiner Quellen gebeten und
werde diese, wenn sie eingehen, bei Gelegenheit nachtragen.
W. Mückenheim teilte mir am 11.6.7
mit, dass er meine, das Zitat von Dauben
(1979) übernommen zu haben.
19.6.7: Inzwischen fand ich einen
Hinweis bei Skolem (1929) und mit
besonders starken Verbreitungsgrad bei Hellemans
(26.6.7).
Literatur (Auswahl) > Materialien
zur Kontroverse um "das" Unendliche * Unendlichkeitsbegriffe.
Dauben, John Warren (1979). Georg Cantor. His Mathematics and Philosophy of the Infinite. Pricenton (N.J.): Princeton: Princeton-University Press. Dort findet sich die Arbeit Poincarés (1908) im Kontext wie folgt zitiert (p.266):
Fußnote 113. gibt als
Quelle Poincaré
(1908), 182 an.
Wie man sich überzeugen kann, ist der Schlußsatz
kein direktes Zitat Poincarés, sondern eine
- passende - Interpretation Daubens, d.h. diese Aussage könnte
zu Poincaré Bewertung der Cantoschen Mengenlehre passen.
Skolem schreibt (1929) in Über die Grundlagendiskussionen in der Mathematik:
Quelle (p. 214): Skolem, T. A. (1970). Selected works in logic, Fenstad, J. E., ed. Oslo: Scandinavian University Books. Siehe auch p. 223.
Das Zitat findet sich auch bei Hellemans,
Alexander & Bunch, Bryan (dt. 1990. engl. 1988)- Fahrplan der Naturwissenschaften.
Ein chronologischer Überblick. München: Droemer Knaur,
S. 495, Eintrag unter Mathematik für das Jahr 1908.
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formalistisch-technizistisch.
Die Mathematik hat sich extrem anwender-unfreundlich entwickelt und ist
für NichtmathematikerInnen oft unverständlich.
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