Materialien zur Kontroverse um "das" Unendliche
Unendlich
Vorstellungen, Metaphern, Analogien, Begriffe, Kennzeichnungen,
Definitionen
und der Unendlich-Begriff in mathematischen
Lexika und Wörterbüchern
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Finitisten lehnen die Beschäftigung jeder Art von unendlichen Gegebenheiten ab und beschränken sich auf Endliches (Finites): Mit Unendlichkeiten könne man nicht praktisch oder hinreichend sicher operieren. [1,]
Vertreter des potentiell
unendlichen Standpunktes akzeptieren, daß es die Möglichkeit
gibt, z.B. die Grundzahlen 1,2,3, ..., immer weiter zu zählen, ohne
zu einem Ende zu gelangen. Zu jeder Zahl n kann eine Zahl n+1 usw. usw.
gefunden werden. Es gibt kein Ende.
Formalisierungsansatz
potentiell unendlich: Man braucht einen Anfang A und eine Fortsetzungsregel
FR für die Nachfolger von A, also A1, A2, ...,
Ai, ..., die, ohne zu einem Ende zu gelangen, beliebig oft anzuwenden
gedacht werden kann. Kurz: Anfang, Fortsetzungsregel, Anwendungsmöglichkeit
ohne Ende.
Anmerkung:
zu einigen verschiedenen Bedeutungen von "alle".
[auch: Alle und Jeder]
Vertreter des aktual
Unendlichen (z.B. Bolzano, Dedekind,
Cantor,
Russell, Fraenkel und die Mehrzahl der gegenwärtigen MathematikerInnen)
halten die geistige Konstruktion einer unendlichen Gesamtheit für
möglich, richtig und wichtig. An der psychologischen Möglichkeit,
aktual Unendliches zu denken, kann es schon deshalb keinen Zweifel geben,
weil es ja gedacht und mitgeteilt wird - ob das widerspruchsfrei
oder nützlich sein mag, ist eine andere Frage. Schon Aristoteles
kannte den Unterschied zwischen potentiell und aktual Unendlichem. Allgemein
formal, über die Mengenlehre hinausgehend, ergibt sich der Formalisierungsansatz
aktual unendlich: Man braucht einen Anfang A und eine Fortsetzungsregel
FR für die Nachfolger von A, also A1, A2, ...,
Ai, ..., mit hinzugedachtem Ende, so daß die Entwicklung
als ein Ganzes und Fertiges gedacht wird.
Anmerkung: zu einigen verschiedenen
Bedeutungen von "alle". [auch:
Alle
und Jeder]
Das
Grenzwert-Unendliche.
Diesen Ausdruck verwendet Cranz in seiner Arbeit
(1895, S.4 ) als das eigentlich "mathematisch Unendliche". Und er erläutert:
"Systematisch allerdings tritt dieser Begriff erst in der Analysis entgegen;
der Mathematiker entwickelt Ausdrücke in unendliche Reihen, unendliche
Producte, unendliche Kettenbrüche; er summirt unendlich viele unendlichkleine
Flächen- und Körperstücke, um auf diese Weise den Flächeninhalt
krummlinig begrenzter Flächen und den Rauminhalt krummflächig
begrenzter Körper durch unendliche Processe zu ermitteln; er spricht
von der Tangente als von der Verbindungslinie zweier unendlich benachbarter
Curvenpunkte; und der Krümmungskreis, der das Maß der Krümmung
an einer bestimmten Stelle einer Curve angibt, ist ihm der durch 3 unendlich
nahe Curvenpunkte gelegte und damit eindeutig bestimmbare Kreis. Gelegentlich
biegt der Geometer, wenn es ihm für seinen Zweck dienlich ist, gewissermaßen
in Gedanken die gerade Linie zu einem Kreis mit unendlich großem
Radius; und die schon erwähnten Begriffsbezeichnungen wie unendlich
ferner Punkt einer Geraden, unendlich ferne Gerade einer Ebene, unendlich
ferne Ebene des Raumes sind in einem Lehrbuch der neueren Geometrie auf
derselben Seite Dutzende Male zu lesen. Auch in der rechnenden Physik und
Technik wird bei Berechnungen des Schwerpunkts, des Wasser- und Luftdrucks,
der Ausflussmenge bei sinkendem Wasserniveau, der Trägheitsmomente,
bei Gelegenheit der Spiegel- und Linsenformeln, bei Ermittelung des Potentials,
bei Elasticitätsberechnungen u. s. w. fortwährend in der bequemsten
Weise von dem Begriff des Unendlichkleinen Gebrauch gemacht; das Unendlichkleine
ist dem Mathematiker, Physiker und Techniker ein ebenso handlicher Begriff
geworden, wie dem Chemiker der des Moleküls und Atoms." Nach einigen
Ausführungen und Beispielen kommt Cranz (S. 7/8; g e s p e r r t hier
fett)
zu dem Ergebnis:
"Es ist somit bewiesen, dass
das sogenannte mathematische Unendliche (im früheren Sinne
des Worts) in der Mathematik entbehrt werden kann, inhaltlich nicht
nothwendig ist; und dies im vorliegenden Fall, wo es sich um die wahre
Bedeutung des Unendlichen in der Mathematik handelt, besonders wichtig."
Anmerkung: In der Erörterung
kritisiert Cranz (S. 17 ff) den früheren allzu leichtfertigen Umgang
mit dem Grenzwert-Unendlichen u.a. Cavaleri, Fermat (rechnen mit divergierenden
Reihen), Wallis und Brouncer, Leibniz, Euler, Jakob Bernoulli und Grandi.
S. 30-32 referiert Cantors historische Analyse - "Mitteilungen zur Lehre
vom Transfiniten" - der 8 Unendlichkeitsvarianten und er kommt zum Ergebnis
(S. 32f): "Ich könnte mich mit den Cantor'schen Auseinandersetzungen
zu einem großen Theil einverstanden erklären, wenn Herr Cantor
mir gestattete, sein Actualunendliches des gewöhnlichen
Sprachgebrauchs (=Maß und Zahl ausschließend), dagegen
sein Potentialunendliches mit dem mathematischen Grenzwert-Unendlichen
zu identifizieren, welche beide Begriffe ihrem inneren Wesen nach nichts
miteinander gemein haben. Ich glaube jedoch nicht, daß Herr Cantor
dem zustimmen würde."
Beschreibungen,
Kennzeichnungen, Unterscheidungen und Definitionen
Zur Geschichte der Unendlichkeitsbefriffwe: Welti,
Ernst (1986). Die Philosophie des strikten Finitismus. Entwicklungstheoretische
Untersuchungen über Unendlichkeitsbegriffe in Ideengeschichte und
heutiger Mathematik. Bern: Lang.
Aristoteles (Physik, 3. Buch ): "Überhaupt existiert das Unendliche nur in dem Sinne, daß immer ein anderes und wieder ein Anderes genommen wird, das eben Genommene aber immer ein Endliches, jedoch immer ein Verschiedenes und wieder ein Verschiedenes ist."
Cantor (1885, in Gesammelte Anhandlungen, S. 374): "Trotz wesentlicher Verschiedeneheit der Begriffe des potentialen und aktualen Unendlichen, indem ersteres eine veränderliche endliche, über alle endliche Grenzen hinaus wachsende Größe, letzteres ein in sich festes, konstantes, jedoch jenseits aller endlichen Größen liegendes Quantum bedeutet, tritt doch leider nur zu oft der Fall ein, daß das eine mit dem anderen verwechselt wird."
Cantor und Dedekind.
In Bezug auf Mengen, haben Cantor (1878) und Dedekind
(1888) eine präzise Definition einer unendlichen Menge gegeben: Eine
unendliche Menge M liegt genau dann vor, wenn es eine eindeutige
und umkehrbare Abbildung auf eine echte Teilmenge T von M gibt. Die präzise
Definition sollte sich dann über die Mengenlehre hinaus verallgemeinern
lassen, wenn die betrachteten Objekte zählbar sind.
Anmerkung: Diese Definition Cantors und Dedekinds
erscheint 1) in sich selbst widersprüchlich [contradictio in adjecto]
und 2) bereits das vorauszusetzen, was sie ausdrückt, also zirkulär
ist [circulus vitiosus]. Im Grunde wird hier der Satz postuliert, daß
ein echter Teil gleich dem Ganzen ist. Dies widerspricht Euklid VIII: "Das
Ganze ist größer als sein Teil.".
Hilbert (1926, S. 167). "Will man in Kürze die neue Auffassung des Unendlichen, der Cantor Eingang verschafft hat, charakterisieren, so könnte man wohl sagen: in der Analysis haben wir es nur mit dem Unendlichkleinen und dem Unendlichgroßen als Limesbegriff, als etwas Werdendem, Entstehendem, Erzeugtem, d.h., wie man sagt, mit dem potentiell Unendlichen zu tun. Aber das eigentlich Unendliche selbst ist dies nicht. Dieses haben wir z.B., wenn wir die Gesamtheit der Zahlen 1,2,3,4, ... selbst als eine fertige Einheit betrachten oder die Punkte einer Strecke als eine Gesamtheit von Dingen ansehen, die fertig vorliegt. Diese Art des Unendlichen wird als aktual unendlich bezeichnet."
Lorenzen (1962, S. 50): "Der Begriff der Unendlichkeit tritt dann auf, wenn der Mensch eine Regel 'begreift', deren wiederholte Anwendung immer wieder zu etwas Neuem führt."
Maor (dt. 1989, engl. 1987, S. 74): "Darüber hinaus unterschieden Mathematiker seit Aristoteles' Zeiten sorgsam zwischen dem sogenannten Potentiell-Unendlichen und dem Aktual-Unendlichen. Das Potentiell Unendliche impliziert einen Prozeß, der zwar unbegrenzt wiederholt werden kann, der jedoch zu jedem beliebigen Zeitpunkt nur aus einer endlichen Anzahl von Schritten besteht. Die Menge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, ... ist potentiell unendlich, weil zwar jede Zahl einen Nachfolger hat, weil aber auch zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Zählprozesses, gleichgültig wie weit fortgeschritten er ist, nur eine endliche Zahl von Elementen abgezählt wurde. Das Aktual-Unendliche impliziert dagegen einen Prozeß , dem brreits zu jedem beliebigen Zeitpunkt unendlich viele Wiederholungen vorangegangen sind."
Poincare (1913, 2003, S. 81): "Wir werden zunächst feststellen, daß die Mathematiker in der Art, wie sie den Unendlichkeitsbegriff auffassen, zwei entgegengesetzten Richtungen zuneigen. Für die einen fließt das Unendliche aus dem Endlichen, für sie gibt es eine Unendlichkeit, weil es eine unbegrenzte Zahl begrenzter möglicher Dinge gibt. Für die anderen besteht das Unendliche vor dem Endlichen, indem das Endliche sich als kleiner Ausschnitt aus dem Unendlichen darstellt."
Waismann:
Grenzwert, potentiell, aktual unendlich.
Quelle: Waismann, Friedrich (31970, 11936).
Einführung in das mathematische Denken. München: dtv. S. 115f.
(fett-kursiv von RS):
"Was versteht man unter einem Grenzwert? Wir wollen das zuerst an einem Beispiel erläutern und betrachten zu diesem [>116] Zweck den Ausdruck (n-1)/n; setzt man hierin der Reihe nach für n = 1, 2, 3, 4, ... , so erhält man 0, 1/2, 2/3, 3/4 ... uund diese Folge von Zahlen kommt dem Werte l um so näher, je weiter man sie fortsetzt; man meinte nun, daß unser Ausdruck für n = ¥ geradezu den Wert l annehme, und faßte dabei unbedenklich das Unendliche selbst als Zahl auf. Diese Vorstellung kann vor der Kritik nicht bestehen. Denn was soll man sich eigentlich unter einer unendlichen Zahl denken? Daß unendlich nicht ein scharf umrissenes Zahlenindividuum ist wie etwa die Zahl 5, ist klar. Die Attribute: gerade, ungerade, Primzahl, teilbar usw. finden auf das Unendliche keine Anwendung. Es hat also keinen präzisen Sinn zu sagen, daß man für n den »Wert unendlich« setzt. In unserem Beispiel bedeutet n vielmehr eine endliche Zahl, die fortgesetzt wächst; n ist gewissermaßen niemals unendlich, sondern wird nur unendlich. Im Begriff des Unendlichen liegt immer ein Werden, das nie zum Abschluß kommt. Man nennt diesen Begriff des Unendlichen auch den des Potential-Unendlichen (zum Unterschied von dem des Aktual-Unendlichen, der eine unendliche Totalität meint). Die Formel liefert also nie 1. Wenn man sagen wollte, daß die Glieder der Folge allmählich in l übergehen, so wäre das um nichts klarer; denn die Glieder der Folge sind eben niemals 1; wir werden statt dessen richtiger sagen, daß der Ausdruck (n-1)/n für unendlich wachsendes n unbegrenzt gegen l strebt, und werden die Zahl l als den Grenzwert oder den Limes dieser Folge auffassen. Der Grenzwert ist also gedanklich etwas Neues, das zu dem Vorrat der wirklich in der Folge vorkommenden Zahlen hinzugefügt wird und zu diesen nur in einer bestimmten Beziehung steht. Um das anzudeuten, bedient man sich seit Cauchy der Schreibweise
lim
( n - 1) / n = 1.
n ®
¥
Indem wir diesen Begriff des Grenzwertes ein wenig anders formulieren,
gelangen wir schließlich zu derjenigen Auffassung,
welche heute herrschend ist. Statt zu sagen, der Ausdruck (n - 1)/n
habe den Grenzwert l, kann man offenbar auch sagen, die Reihe der Zahlen
0, 1/2, 2/3, 3/4, ... unterscheide sich von l um so [< Seite 116] weniger,
je weiter man sie fortsetzt, oder der Unterschied zwischen l und (n - 1)/n
werde um so kleiner, je größer die Zahl n wird.
In der kurzen, aber äußerst prägnanten
Formelsprache der Mathematik drückt man das folgendermaßen aus:
die Differenz
l - [(n-1)/n)] sinkt schließlich unter jeden noch so kleinen
Wert e hinab, das
heißt es wird 1- [( n -1)/n)] < e,
wofern nur n einen gewissen Betrag N übersteigt, das heißt wofern
nur n > N ist. ...
In dieser Beziehung zwischen den Zahlen e
und N spricht sich genau dieselbe Tatsache aus wie in der Aussage
lim
( n - 1) / n = 1;
n ®
¥
sie ersetzt geradezu diese Aussage. Vergleicht man diese beiden Aussagen miteinander, so ist anfänglich nicht einzusehen, welche Vorzüge die zweite besitzen soll; man könnte eher sagen, daß sie viel komplizierter ist. Ein Umstand verleiht ihr aber einen ganz gewaltigen Vorzug: in ihr kommt vom Unendlichen nichts mehr vor; sie ist vielmehr ein System von Relationen, die sich durchaus auf endliche Größen beziehen. Aus diesem Beispiel geht nun eine Einsicht von außerordentlicher Tragweite hervor, die sich so aussprechen läßt: Wenn in einer mathematischen Aussage der Begriff »unendlich« vorkommt (im Sinne des Potential-Unendlichen), so läßt sich derselbe Sachverhalt auch durch ein System von Aussagen beschreiben, in die nur Beziehungen zwischen endlichen Zahlen eingehen. Man könnte somit den Ausdruck »unendlich« ganz aus dem Wortschatz der Mathematik verbannen, ohne damit das Geringste von dem Inhalt ihrer Sätze zu opfern. Ja man mag sogar einen eigenen Reiz daran finden, die Infinitesimalrechnung so aufzubauen, daß man dabei auch nicht ein einzigesmal, sei es mittelbar oder unmittelbar, den Begriff des Unendlichen verwendet; daß ein solcher Aufbau möglich ist, steht außer Zweifel;"
Wallis (1616-1703) erfand den Begriff "überunendlich".
[1,]
Quelle S. 47f: Waismann, Friedrich (31970,
11936).
Einführung in das mathematische Denken. München: dtv. Waismann
führt aus: "Wie wenig selbst bedeutende Mathematiker die Verhältnisse
überblickten, zeigt das Beispiel von Wallis (1616 - 1703), der in
den negativen Zahlen 'überunendliche' Größen erblicken
wollte. Er argumentierte wie folgt: Die Zahlen 1/3, 1/2, 1/1, 1/0 bilden
eine wachsende Reihe; allgemein ist 1/m < 1/(m-1), für m=0 ergibt
sich hieraus 1/0 < 1/-1, das heißt:
¥ < -1. Die negativen
Zahlen sind daher größer als ¥
,
'plus quam infiniti'. In Wirkllichkeit ist natürlich die Sache die,
daß 1/0 kein Symbol ist, für welches eine Größenvergleichung
definiert ist, so daß man die Formel 1/m < 1/(m-1) nicht auf den
Fall m=0 ausdehnen darf. Klarheit erbrachte erst das 19. Jahrhundert; in
Martin Ohms 'Versuch eines vollständig konsequenten Systems der Mathematik'
(1822) wird zum erstenmal das Prinzip der Erweiterung des Zahlbereiches
deutlich ausgesprochen. Die führende Stellung des Permanenzprinzips
hat dann H. Hankel erkannt."
Wundt, Wilhelm (1832-1920):
Die Unendlichkeit der Welt. In: Essays, 61-87. Leipzig:
Engelmann.
"So entweicht überall der Boden unter unseren Füßen,
sobald wir versuchen, den Gedanken der Unendlichkeit zu Ende zu denken."
(S.66).
Zeitliche Unendlichkeit (Aristoteles, S. 62). Räumliche
Unendlichkeit (Nikolaus Cusanus, S.62). Keine Grenze des Denkens (S.62).
Idee der Unendlichkeit der Welt (S. 63). Idee der Unendlichkeit führt
zu Schwierigkeiten und Widersprüchen (S.64 unten). Probleme
mit Anfang und Ende (S. 64 unten). Ewigkeit (S. 65). Relkativität
der Lagen im Universum (S. 65 unten). Unendlicher Regress (S. 66).
Kants Aporie, weil es ebenso so gute Argumente für die Endlichkeit
wie für die Unendlichkeit der Welt gäbe (S. 68).
Entweder endlich oder unendlich - Tertium non datur (S. 68 unten). Unendlichkeit
des Wandels: Alles fließt (Heraklit S.72) . Auflösung der Widersprüche
durch die Idee der werdenden Unendlichkeit (S. 72).Relativität aller
Maße (S.73). Ursache und Wirkung, materielle Substanz der Körper:
Materie (S.74). [wird fortgesetzt]
Ausgangsidee:
Endlich heißt, was Anfang und Ende im Ganzen und in Teilen hat.
Unendlich heißt, was keinen Anfang oder kein Ende im Ganzen oder
in Teilen hat. Für Ganzes und Teil gilt: Ganzes >= Teil, "=" für
den Sonderfall, dass Teil und Ganzes zusammenfallen, der Regelfall ist
Ganzes > Teil. .
Anwendungen zur ersten Prüfung:
Abstand und Lücke
Überlegungen
Die natürlichen Zahlen sind so gedacht und konstruiert, dass es
zwischen Vorgänger und Nachfolger keine Lücke gibt. Vorgänger
und Nachfolger sind sozusagen lückenlos aneinandergereiht oder miteinander
verbunden. Darin steckt eine gewisse Paradoxie. Nach den Peano-Axiomen
gibt es noch keinen Abstand. Alles, was wir mit ihnen wissen, ist die Ordnungsfolge.
Weitergedacht "weiß" jeder, dass der Abstand zwischen 1 und 2 eins
beträgt. Es gibt also zwischen zwei aufeinanderfolgenden positiven
natürlichen Zahlen keine Lücke, aber den Abstand 1. Zwischen
5 und 8 gibt es keine Lücke, aber den Abstand 3. Wie kann man sich
das anschaulich vorstellen?
Erläuternde Bemerkungen:
Beide Abbildungen a) und b) können als gleiche positive natürliche Zahlenfolge 1-8 interpretiert werden, obwohl zwei ganz verschiedene Modelle vorliegen: a) ohne Lücken, b) mit Lücken, die hier mit Einser-Einheiten gewählt wurden. Interpretiert man die Lücken als Abstände, entsteht ein Modell
von Rangzahlen. Die Ränge 1-8 zeigen je nach Interpretation unterschiedliche
Abstände.
Die Veranschaulichung in Abbildung a) legt nahe, die natürlichen
Zahlen nicht als diskrete Zahlen, sondern als Intervalle zu interpretieren.
Wobei in dieser Konstruktion der Abstand von Intervallmitte zu Intervallmitte
jeweils eine Einheit, 1, beträgt.
|
Lexika: (Quellen und Zitate) > Allgemeine
Bibliographie Mathe Lexika, Wörterbücher,
Glossare.
* Der
kleine Duden Mathematik * dtv-Atlas
zur Mathematik * Lexikon der
Schulmathematik * Das
Fischer Lexikon Mathematik * Mathematik
Lexikon (10.Kl.) * Mathematisches
Wörterbuch. I. u. II [Naas & Schmid] * Fachlexikon
ABC Mathematik 1978 * Meschkowski: Mathematisches Begriffswörterbuch
1966 * Wörterbuch der Logik *
The
Penguin Dictionary of Mathematics *
Externe Links: * Infinite
in: Hutton, Charles (1795) * Infinity
in: Mathworld wolfram.com *
Der kleine Duden
Mathematik (1986, S. 429). Bearbeitet von Dipl. Math. Hermann Engesser.
Mannheimn: BI.
"unendlich. Eine Menge heißt unendlich, wenn sie zu einer
echten > Teilmenge gleichmächtig ist: Die Menge der |N der natürlichen
Zahlen ist unendlich, denn sie ist gleichmächtig zur Menge aller geraden
natürlichen Zahlen. Weitere Beispiele für unendliche Mengen sind:
|Z (Menge der ganzen Zahlen), |Q (Menge der rationalen Zahlen) und |R (Menge
der reellen Zahlen). Es gibt keine 'Zahl' namens unendlich, etwa mit dem
Symbol oo bezeichnet, auch wenn man manchmal Ausdrücke wie 1/0 »»
oo liest. Das Symbol oo verwendet man in der Analysis bei Grenzübergängen
(< Grenzwert). Man spricht auch von unendlichen >Folgen und unendlichen
>Reihen."
dtv-Atlas
zur Mathematik. Reinhardt, Fritz & Soeder, Heinrich (5.A. 1982,
Bd. I, S. 19).
Unendlich Eintrag [Bd. 4, S. 1103 von B. Reimers.]
Das Fischer
Lexikon Mathematik. Bd.1 (1964), Bd. 2 (1967).
In beiden Bänden findet sich im Sachregister merkwürdigerweise
kein Eintrag zu "unendlich" oder eine Definition der unendlich-Begriffe,
wohl aber Einträge zum "Unendlichkeitsaxiom" [Bd.1.: S. 231; Bd. 2.:
S. 226].
Mathematik Lexikon.
[1994;
10. Klasse]
Meersmann, Willy (21994, Hrsg.). Mathematik
Lexikon. Begriffe, Definitionen und Zusammenhänge. Berlin: Cornelsen
Scriptor. Anmerkung: Auf der Rückseite wird spezifiziert: "mehr als
1000 Begriffe, Definitionen, Gesetze und Zusammenhänge - alles, was
in den Lehrplänen bis Klasse 10 verlangt wird." Das Lexikon ist also
insofern besonders wertvoll, weil es für das Wissen der Mittelstufe
der Schulmathematik ausgewiesen ist. S. 267:
"Unendlich
Tante Mathilde, sagt Conny, 'wie würdest du jemanden erklären,
was man darunter in der Mathematik versteht?'
'Wir machen ein Spiel', meinte die Tante, 'bei dem
du eine Zahl nennst, und ich mit einer Zahl antworte. Die höhere Zahl
gewinnt.' Conny nennt die Zahl 100, die Tante antwortet mit 101. Sofort
sagt Conny: 'Du gewinnst ja immer, weil es immer eine größere
Zahl gibt als die, die ich nenne'.
'Genau das ist es. Es gibt keine größte
natürliche Zahl, die Menge der natürlichen Zahlen hat unendlich
viele Elemente.'
'Dann ist doch unendlich die größte Zahl', sagt Conny.
Tante Mathilde stellt richtig: 'Unendlich ist keine
Zahl, sondern lediglich eine Eigenschaft von Mengen, die angibt, daß
die Anzahl ihrer Elemente nicht durch eine natürliche Zahl angegeben
werden kann. Entsprechend ist das Zeichen 'oo' , das du sicher schon einmal
gesehen hast, nur ein Symbol und kein Zahlzeichen.'
Der Begriff 'unendlich' taucht sehr oft in der Mathematik
auf. Um einige Beispiele zu nennen: Nichtabbrechende (periodische)
Dezimalbrüche. Anzahl der Punkte auf einer Geraden. Lösungsmengen
von > Ungleichungen mit unendlich vielen Elementen usw."
Mathematisches
Wörterbuch. I. u. II [Naas & Schmid]
Naas, J. & Schmid, H.L. (1972f, Hrsg.). Mathematisches Wörterbuch
mit Einbeziehung der theoretischen Physik Berlin und Leipzig: Akademie
und Teubner. Im 2. Bd. verweist der Eintrag "unendlich" auf "1. Transfinit.
2. Unendlich ferner Punkt." Ansonsten gibt es einige spezifizierte Einträge
(">" =: Querverweis):
Fachlexikon ABC Mathematik
1978
Gellert, W.; Kästner, H. & Neuber, S. (1978,
Hrsg.). Fachlexikon ABC Mathematik. Frankfurt: Deutsch. [ " * " =: Querverweis]
Obwohl 624 Seiten umfassend enthält es gar keinen eigenen unendlich-Eintrag,
sondern folgende Spezfikationen:
"Unendliche ferne Elemente svw. uneigentliche Elemente.
Unendlichkeitsaxiom *Mengenlehre II.
Unendlichkeitsstelle *Kurvendiskussion II.2., *Stetigkeit II.2."
Meschkowski:
Mathematisches Begriffswörterbuch 1966
Meschkowski, Herbert (1966). Mathematisches Begriffswörterbuch.
Mannheim: BI. Meschkowski bietet hier keinen eigenen Eintrag zum Thema
"unendlich" an, aber folgende Stichworte: "unendliche Gruppe, unendliche
Körpererweiterung, unendliche Reihe, unendliches Produkt, unendlich
ferner Punkt." Das Thema spielt aber in vielen seiner Bücher eine
Rolle, das "Aktual Unendliche" erhält sogar einen eigenen Abschnitt
3 im fünften Kapitel seiner Cantor-Biographie (Mannheim: BI, 1983,
S. 64-67).
"infinity Symbol: oo. The idea of something
that is unlimited, in the sense of being greater than any fixed bound.
It arises in mathematics in various ways:
(1) In limits. For example, the function y
= l/x, for positive values of x, becomes larger as x decreases. In the
limit as x tends to zero, y tends to infinity (y ®¥).
This means that for any number C greater than zero, there is a number a
> 0 such that y > C when 0 < x < a. Similarly, for negative values
of it can be said that y < -C when -a < x < 0, in which
case y approaches -¥ as x ®
0. When y ® +¥
it is said to become positively infinite and when y ®
¥ jt becomes negatively infinite. Ideas of infinity in
limits date back to Zeno of Elea (5th century BC) and Eudoxus of Cnidus
(4th century BC). The symbol oo for infinity was introduced by John Wallis
in 1655.
(2) In geometry. Infinity is regarded as a 'location':
for example, parallel lines can be said to intersect at a point at infinity;
parallel planes at a line at infinity. The asymptote to a curve can be
regarded as [< p. 173] intersecting the curve at infinity. The idea
of infinity as a location was introduced by Johann Kepler, who pointed
out that a parabola could be regarded as an ellipse or a hyperbola with
one focus at infinity. The idea was developed by Girard Desargues in his
formulation of *projective geometry, which assumed the existence of an
ideal point at infinity.
(3) In set theory. See infinite set; Cantor's theory
of sets.
I
"infinite set A *set that is not finite; i.e. one that can be put into a *one-to-one correspondence with a proper *subset of itself. The set of natural numbers is infinite because it can be put into a one-to-one correspondence with a proper subset of itself; e.g. the set of even numbers. Infinite sets are either 'countable (like the set of natural numbers) or uncountable (like the set of irrational numbers). See cardinal number."
"Cantor's
theory of sets A theory of sets developed by Georg Cantor in 1874.
Dedekind bad earlier defined an *infinite set as a set S that can be put
into *one-to-one correspondence with a proper subset of S.
Unlike Dedekind, Cantor realized that not all infinite sets are the same.
He showed that the rational numbers are countable — i.e. they can be put
into one-to-one correspondence with the positive integers (they have *ardinal
number aleph-null, [sign]). He also showed that the algebraic numbers are
countable. However, the set of all real numbers (algebraic plus transcendental)
cannot be put into one-to-one correspondence with the positive integers.
This infinite set has a higher cardinal number (c). In this way, Cantor
built up a theory of transfinite sets. He showed, for instance,
that the set of subsets of a set always has a higher cardinal number than
that of the set itself, and consequently that there is an infinite number
of these transfinite numbers. Cantor also developed an arithmetic
of transfinite *ordinal numbers.
cap The symbol n, used to denote the 'intersection of two sets A and
B, as in A n B. Compare cup."
***
1/2 + 1/4, 1/2 + 1/4 + 1/8, 1/2 + 1/4 + 1/8 + 1/16
fortzusetzen, sobald wir das Gesetz erkannt haben, und dass wir
mit der Addition niemals zu Ende kommen würden. Allein, wenn der Mathematiker
nach dem Werthe dieser »unendlichen- Summe« fragt, so versteht
er darunter einen ganz bestimmten positiven Begriff — ähnlich, wie
etwa der Physiker mit dem Begriff der »Empfindlichkeit« einer
Waage ein ganz bestimmtes Verhaltniss im Auge hat, wenn auch das Wort Empfindlichkeit
dem vulgären Sprachgebrauch entlehnt ist —; der Mathematiker will
mit dieser Wortverbindung nicht andeuten, dass jedes Maß und jede
Zahl hier ausgeschlossen sei, sondern er fragt nach einem Grenzwerth.
Folglich handelt es sich in der Mathematik bei Anwendung
der erwähnten Wortverbindungen in der That um einen andern
Begriff von Unendlich, dessen wahre Bedeutung wir im Folgenden discutiren
werden. In diesen Fällen will ich — ebenfalls nur der Kürze halber
— von dem Unendlichen als dem Grenzwerth-Unendlichen oder dem sogen, mathematischen
Unendlich sprechen."