Die originalen Bearbeitungen wurden nicht nur zur Kontrolle durch
die LeserInnen, sondern auch speziell zur qualitativen Analyse und Auswertungen
ausführlich dokumentiert. Die Auswertung ist qualitativ und bei einigen
Fragen (1, 6, 7, 8) auch quantitativ (Häufigkeiten der Wahlen, Auszählungen
von Themen oder Zuordnungen, Mittelwerte, Standardabweichungen, Minimum,
Maximum, Spanne). Weiter wurde eine Multivariate Korrelations- und Eigenwertanalyse
mit den Variablen ... durchgeführt.
Die 24 BeurteilerInnen setzen sich aus 14 Frauen und 10 Männern
zusammen, alle älter und fast alle mit Schulbildung Abitur, so dass
von einer sehr lebenserfahrenen und sehr gebildeten Stichprobe gesprochen
werden kann.
Gesamtzusammenfassung
Im Rahmen einer wissenschaftstheoretischen, sprachkritischen und psychologischen
Begriffsanalyse
zu Gewissheit und Gewissheitserleben wurde auch eine Pilotfragebogenstudie
mit N=24 TeilnehmerInnen durchgeführt, um nicht nur im Theorie- und
Meinungsbereich zu verharren. Wie meist ist die Empirie, die Befragung
richtiger Menschen und Persönlichkeiten mit reichlich Lebenserfahrung
(worauf es mir besonders ankam, weil ergebnisoffen), spannend, interessant
und ein Abenteuer, bei dem es viel zu lernen gibt. Ich wurde nicht enttäuscht!
Der Fragebogen war wie folgt aufgebaut und die Ergebnisse wurden entsprechend
organisiert:
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-1.1-1.27:
Wie viel Gewissheit steckt in ......?
Ausführliche Darstellung der 12 Ergebnisse
Gewissheitsbereich mit Statistik und Graphen,
Ausführliche Darstellung der 15 Ergebnisse
Ungewissheitsbereich mit Statistik und Graphen,
Rohdaten der Beurteilungen.
Frage-1: Bei der folgenden Aufgabe geht es um Grade von Gewissheit
bzw. Ungewissheit. Von 30 einzuordnenden Formulierungen sind 27 vorgegeben
und drei freie Plätze für eigene Vorschläge. +5 stehe für
absolut gewiss, -5 für absolut ungewiss und 0 bilde den Kipppunkt
zwischen den beiden Polen.
_ _ _ |
Vorgegeben wurden 27 Begriffe und eine Ähnlich- keitsskala
von +5 (absolute Gewissheit) über 0 (kann sein, kann nicht sein) bis
-5 (absolute Ungewissheit). Von den 27 Begriffen wurden 12 in den Gewissheitsbereich
skaliert (linke Tabelle) und 15 in den Ungewiss- heitsbereich (rechte Tabelle).
_ |
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-2:
Drei Beispiele mit Gewissheit.
Ausführliche Ergebnisse:
Themen,
Zugeordnete
Gewissheitsquellen,
Originale Bearbeitungen
Frage 2: Können Sie drei Beispiele angeben, in denen Sie den Begriff
der Gewissheit für richtig, wichtig und angemessen halten?
Zusammenfassung: Mit der Frage sollte Nachdenklichkeit in Richtung
Gewissheit in der Lebenspraxis sichergestellt werden und besonders auch
auf die Frage 6 vorbereiten. Ich habe die Themen zum leichteren Finden
(oder auch Vermissen) alphabetisch geordnet und sie, sofern mir das möglich
war und worüber man durchaus diskutieren kann, Quellen
der Gewissheit zugeordnet. Bei den 54 Themen fanden sich 99 Beispiele,
die Gewissheitsquellen zugeordnet werden konnten.
Es wurde eine breite Vielfalt von Themen, vom einfach Alltäglichen
(gegessen haben) bis hin zur Astrophysik (Wasser auf dem Mars) genannt,
bei denen nach den BearbeiterInnen Gewissheit eine Rolle spielt, spielen
kann oder spielen sollte.
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-3:
Drei Beispiele mit Ersetzung Gewissheit durch gleichbedeutende Begriffe
Ausführliche Ergebnisse der Auszählung
der Ersetzungen und originale
Bearbeitungen mit Vergleich zu Frage 2.
Frage 3: Können Sie die drei Beispiele auch anders, ohne den Begriff
Gewissheit formulieren, so dass Ihrer Meinung nach das Gleiche ausgedrückt
wird?
Insgesamt wurden von 24 BeurteilerInnen 65 Beispiele gegeben, hiervon
entfielen 21x sicher, 17x Aussage, 4x wissen, 3x überzeugt, 20x unterschiedliche.
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-4:
Unterscheidung Gewissheit und Wissen.
Ausführliche Ergebnisse der originalen
Bearbeitungen.
Frage 4: Haben Sie eine Idee, was Gewissheit von Wissen unterscheiden
könnte oder ist das Ihrer Meinung nach im Grunde dasselbe, sozusagen
nur zwei verschiedene Worte mit der gleichen Bedeutung?
Zusammenfassung: Die meisten BeurteilerInnen unterscheiden
Gewissheit von Wissen, betonen die subjektive Komponente, auch emotionale
(Bauchgefühl) und den Überzeugungscharakter des Begriffs. Auf
die emotionale Seite geht Frage 5
noch einmal besonders ein.
Zusammenfassung Ergebnisse zur Frage-5:
Gewissheit als gefühltes und gewusstes Wissen.
> Die originalen Bearbeitungen.
Die Frage: Frage 5: Manche meinen, in Gewissheit steckt mehr als
nur sicheres Wissen, nämlich auch eine starke Gefühlsüberzeugung,
die den ganzen Menschen erfasst und durchdringt, wie es z.B. manchmal bei
religiösen Erfahrungen oder in psychischen Ausnahmezuständen
vorkommt. Manche bringen das in die Formel Gewissheit = gefühltes
und gewusstes Wissen. Wie sehen Sie das?
Zusammenfassung: Die meisten
BeurteilerInnen (> Die originalen Bearbeitungen.)
sehen das ähnlich, 8, (4, 5, 9, 15, 18, 19, 20, 22) sogar genauso,
also 33% . Aber einige trennen auch scharf und schätzen Wissen höher
als Gewissheit ein (8, 10, 11, 12, 17). Die anderen (1, 2, 3, 6,
7, 13, 14, 16, 21, 23 und 24) sehen es unterschiedlich. Während für
die einen Gewissheit mehr als Wissen bedeutet, ist es für die anderen
umgekehrt, die Beurteilungen sind hier also gespalten. Zum Unterschied
von Gewissheit und Wissen siehe bitte auch Frage
4.
Philosophiegechichtliche Anmerkung:
Bertrand Russell (1912, dt.1967) Probleme der Philosophie, S.18:
"Dadurch, daß er die Methode des Zweifels erfand und zeigte, daß
im Subjektiven die größte Gewißheit zu finden ist, leistete
Descartes der Philosophie einen großen Dienst, der auch heute noch
für alle, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigen, von Wert
ist."
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-6.1-6.8:
Quellen der Gewissheit.
Die Fragen [6.1-6.8] Was meinen Sie: wie sehr tragen folgende
Faktoren, die sich teilweise auch überschneiden können, zum Gewissheitserleben
oder Gewissheitsurteil bei? Geben Sie bitte auf einer Skala von 0
(gar nicht), 1 (gering), 2 (wenig), 3 (deutlich), 4 (durchschnittlich,
mittel), 5 (überdurch-schnittlich), 6 (stark), 7 (sehr stark), (8=weiß
nicht) an, wie stark Ihrer Meinung nach der Beitrag ist.
Die Ausarbeitung dieser Fragen hat ein paar Wochen gedauert. Sie
ist das Kernstück der Studie. Am meisten Erkenntnisprobleme haben
die alltäglichen Selbstverständlichkeiten und Gewissheiten des
Alltags gemacht. Denn kein gesunder Mensch fragt sich vor dem Spiegel,
ob er das ist, den er da sieht, ob er gerade Kaffee trinkt oder aus dem
Fenster schaut. Alle diese Sachverhalte sind den allermeisten von uns ohne
besondere Bewusstheit gewiss (doch wie beweist man das?). Die Frage
6 verlässt die übliche
Begriffsverschiebebahnhofspraxis
und versucht zu erforschen, was tatsächlich hinter den Gewissheitserlebnissen
steckt, wodurch etwas als gewiss erlebt wird, was die Quellen
der Gewissheit sind. Bei der Konstruktion der Fragen waren dies
zunächst nur Hypothesen, wie sie sich aus der Auseinandersetzung mit
der Gewissheitsliteratur ergeben haben. Es war also besonders spannend,
wie die FragebogenbearbeiterInnen diese Fragen beantworten - ob sich die
Hypothesen bestätigen lassen, geändert oder verworfen werden
müssen? Wie man am Ergebnis sieht, bestätigen - bis auf Frage
6.6 (Einbildung) die BeurteilerInnen - dieser Pilotstichprobe die Gewissheitsquellen
in hohem Maße.
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-7:
In welchen Lebenssituationen wichtig?
Frage 7: Was meinen Sie, in welchen Lebenssituationen ist Gewissheit
(besonders) wichtig?
Die BeurteilerInnen haben insgesamt 37 Lebenssituationen genannt, für
die ihrer Meinung nach Gewissheit besonders wichtig sein könnte. Ich
habe diese Lebenssituationen klassifiziert, worüber man im Einzelfall
sicher diskutieren kann, und habe mich dann für folgende Themengruppen
entschieden:
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-8:
Braucht man den Begriff Gewissheit?
Frage 8: Braucht man den Begriff der Gewissheit oder könnte man
auch gut ohne ihn auskommen?
Die BeurteilerInnen bestehen aus drei Fraktionen: die erste und größte
meint mit 63.6%, dass man den Begriff Gewissheit braucht. Eine zweite
starke Gruppe meint mit 31.8%, dass man den Begriff Gewissheit nicht braucht.
13.6% nehmen eine Zwischenposition ein und meinen, dass man den Begriff
- nicht das Wort - zwar braucht oder brauchen kann, den Begriff, der in
dem Wort Gewissheit steckt, aber auch gut mit anderen Worten be- oder umschreiben
kann. Der häufige Gebrauch in Wissenschaft und Bildungsleben
spricht m.E. für brauchen.
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-9:
Gewissheit im persönlichen Leben.
Frage 9: Hat Gewissheit in Ihrem persönlichen Leben schon
eine Rolle gespielt (einmal, mehrfach, öfter, ständig)
Zusammenfassung Ergebnisse Frage-10:
Anregungen, Anmerkungen, Kritik, Sonstiges.
Kritik an der ersten schwer verständlichen Version der Frage-1
Die Kritik war vollkommen berechtigt und ich kann mich für die
missratene 1. Version nur entschuldigen. Daher habe ich nach den ersten
Kritiken sofort eine korrigierte Version auf den Weg gebracht.
Kritik an Graden von Gewissheit
BearbeiterIn-10 stellt für sich fest: "Gewissheit ist für
mich kein steigerungsfähiger Begriff, sondern absolut.". Das kann
man natürlich so sehen, auch wenn es die meisten nicht so sehen. Ich
habe selbst eine gewisse Sympathie für diese klare und konsequente
begriffliche Einstellung.
Kritik an Frage 6
"Die Beispiele passen meiner Meinung nach nicht so gut zum Begriff
Gewissheit. Das Rating war bei Frage 6 für mich deshalb schwierig."
Die Kritik werde ich einer Überarbeitung berücksichtigen, um
einer bessere und verständlichere Form zu finden. Aktuell erwäge
ich auch noch eigene Rubriken mit Glauben und Methoden sich zu vergewissern.
Synonymität Wissen und Gewissheit
BearbeiterIn-16 mahnte eine "Klarstellung warum Wissen in Zusammenhang
mit Gewissheit gestellt wird." an. Hierzu möchte ich sagen: (1) Von
Synonymität ist in diesem Fragebogen nicht die Rede. (2) Frage
4 geht ja gerade auf die Unterscheidung von Gewissheit und Wissen
ein und stellt sie in den Mittelpunkt. Auch Frage
5 betrifft das Thema. Und schließlich sehen (4) 87.5% der
24 BeurteilerInnen Wissen als eine Gewissheitsquelle an > 6.5.
Beispiele nicht so gut und der Begriff selbst problematisch
Ich werden an den Beispielen weiter arbeiten. Dass der Begriff selbst
sehr problematisch ist, war ja gerade ein wichtiger Grund für diese
Untersuchung.
Zusammenfassung Multivariate
Datenanalyse ausgewählter Variabler. > Ausführliche
MVA
Es wurden 18 Variablen für die multivariate Analyse ausgewählt:
die 8 ähnlichsten Begriffe zur Gewissheit, die 8 Gewissheitsquellen
sowie Brauchen des Gewissheitsbegriffs und die Häufigkeiten,
die Gewissheit im persönlichen Leben gespielt hat. Dies ergab dann
eine 18x18-Korrelationsmatrix mit fünf fast linearen Abhängigkeiten
(Fast Kollinearitäten) oder inhaltlich ausdrückt: mit 5 Gesetz-
oder Regelhaftigkeiten. EigenwertanalytikerInnen werfen kleine Eigenwerte
nicht weg wie FaktorenanalytikerInnen, sondern sind hoch erfreut über
solche statistisch-mathematischen Juwelen, da ja jede Wissenschaft danach
strebt, Gesetz- und Regelhaftigkeiten zu erkennen. Es wurde dann mit Hilfe
eines Eigenwertprogramms näher untersucht, welche Partitionen Fast
Lineare Abhängigkeiten (Eigenwert < 0.20) in sich bergen und für
zwei Beispiele auch ausführlich belegt. Die kleinste Partition, in
der eine Fast Lineare Abhängigkeit auftauchte war bei den drei Begriffen
Nicht bezweifelbar, sehr sicher, nicht den geringsten Zweifel. Zwischen
diesen drei Variablen gibt es eine Fast Lineare Abhängigkeit, was
mir inhaltlich nachvollziehbar und verständlich erscheint. Die Information
der drei Variablen ist also in zweien schon fast enthalten. Es gibt aber
auch Partitionen, die diese drei Variablen nicht enthalten, aber auch eine
Fast Lineare Abhängigkeit anzeigen. Das ist zum Beispiel der Fall
bei den Variablen 2:=5 Völlig sicher, 8:=8 100%sicher, 9:=6.1
Direkte unmittelbare Erfahrung als Gewissheitsquelle und 16:=6.8 Naturgesetze
als Gewissheitsquelle. Sehr überraschend ergab sich auch, dass sogar
kleine Korrelationsmatrizen mit negativer Korrelation Fast Lineare Abhängigkeiten
enthalten können. Schließlich wurde gezeigt, dass die 8 ähnlichsten
Gewissheitsbegriffe in ihrer Eigenwertanalyse ein Generalfaktor-Modell
repräsentieren (>50% Varianzaufklärung). Hingegen weist die Eigenwertanalyse
der Korrelationen der 8 Gewissheitsquellen weitgehend unabhängige
Faktoren aus, was man so interpretieren kann, dass jede Gewissheitsquelle
für sich informativ und notwendig ist. Damit hat sich multivariate
Datenanalyse, hier im Wesentlichen Eigenwertanalyse der Korrelationen,
als außerordentlich ergiebig gezeigt, wobei die Ergebnisse aber natürlich
stichprobenabhängig sind und daher weiterer Evaluation bedürfen.
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Wahn site: www.sgipt.org. * Psychopathologie Psychiatrie site: www.sgipt.org |
Kontrolliert/korrigiert: 23.08.2022 irs: Rechtschreibprüfung und gelesen