Faktorenanalyse einer Interkorrelationsmatrix
von 10 Impulsivitätsmaßen
nach einer Diplomarbeit von Monika Schagerl (1999)
Hauptkomponentenanalyse, mit Quartimax- und Varimax-Rotation,
Prüfung der unteren
Schrankenregel für die Kommunalität
und der Heywoodverletzungen
mit einem Exkurs: Existenzbeweis
durch Modellbildung für eine Korrelationsmatrix mit den gewünschten
Eigenschaften.
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Zusammenfassung
- Summary - Abstract.
Es wurde aus der forensisch-psychologisch interessanten Diplomarbeit
von Monika Schagerl
(> Zusammenfassung) die Korrelationsmatrix
von 10 Impulsivitätsmaßen
faktorenanalytisch nachuntersucht. Ein erster Blick zeigt, dass die Korrelationsmatrix
der 10 Impulsivitätsmaße nur wenige leicht ausgeprägte
Korrelationen zeigt (1-8, 6-8, 7-8, 8-10). Bei geglückter
Operationalisierung wären bei Positivpolung der Items und Skalen
durchwegs Korrelationen um 0 .5 zu wünschen und zu erwarten (> Existenzbeweis
durch Modellbildung für eine Korrelationsmatrix mit den gewünschten
Eigenschaften). Idealiter sollte sie sogar eindimensional
sein und damit Fast-Rang
1 haben (> Beispiel Extraversion).
Die Eigenwertanalyse
zeigt, dass die Korrelationsmatrix sehr weit davon entfernt ist, eindimensional
zu sein (es würde sich dann nämlich eine Eigenwertstruktur wie
unten
ergeben). Aber die Matrix ist positiv-definit, also "sauber" und damit
einer Faktorenanalyse zugänglich. Der kleinste Eigenwert ist 0.3107,
also noch zu groß für eine Fast-Kollinearität. Nach den
üblichen dubiosen Deutungsregeln der psychologischen Faktorenanalyse
("Screetest") wird eine 3-Faktorenlösung gewählt
und damit drei unabhängige Impulsivitätsfaktoren angenommen,
die allerdings nur rund 56% der Varianz "aufklären". Die hier dargestellten
Kommunalitätsmatrizen liefern wie meist katastrophale Entgleisungen;
Kaiser-, Guttman- und Wiesent-Iterationen konvergieren nicht und strotzen
vor Verletzungen. Die Kaiserkommunalitätsmatrix liefert einen sog.
"Heywoodfall"
von sage und schreibe 11,248.
Exkurs:
Existenzbeweis durch Modellbildung für eine Korrelationsmatrix mit
den gewünschten Eigenschaften.
Methodologische Ausgangsüberlegungen für eine Impulsivitätsskala:
-
Es soll idealiter Impulsivität und nur Impulsivität und nicht
Spontaneität oder ein feuriges Temperament erfasst werden.
-
Alle Items erfassen ein gemeinsames, haben aber auch eine spezifische Operationalisierungskomponente.
-
Dem entspricht: Alle Items korrelieren positiv um 0.5 herum.
-
Denkt man sich Impulsivität eindimensional, dann entspräche dies
im Prinzip einem Generalfaktormodell nach
Spearman, das, wie ich zeigen konnte, in mehreren Intelligenztests bereits
echt realisiert ist. In einem Beispiel (> Extraversion)
mit 10 Faktoren konnte ich auch zeigen, dass solche Korrelationsmatrizen
möglich sind, womit prinzipiell geklärt ist, dass es geht.
Die folgende Korrelationsmatrix mit 10 Variablen ist nach folgenden
Eigenwerten konstruiert worden: 5.05, 0.71, 0.64, 0.61,
0.59, 0.57, 0.50, 0.49, 0.45, 0.39. Diese Eigenwertverteilung zeigt einen
großen Generalfaktor durch den Eigenwert 5.05 (50,5% Varianzaufklärung)
an. Der Rest zeigt nurmehr kleine spezifische Einflüsse, die aber
aufgrund ihrer Größe noch keine Fast-Kollinearität anzeigen.
Mit Hilfe eines Programms, das ein befreundeter Mathematikers entwickelt
hat, wurde zu diesen Eigenwerten folgende Korrelationsmatrix erzeugt (aus
Platzgründen nur vierstellig, nicht 15stellig, wie gerechnet):
Hier
zum Nachrechnen die Werte der konstruierten Korrelationsmatrix als
100-zeiliger Spaltenvektor.
Ergebnis: Eine eindimensionale Korrelationsmatrix für Impulsivität
ist möglich. Dazu ließen sich auch eine Reihe von Rohwertdatensätzen,
die genau diese Korrelationsmatrix erzeugen, bilden (> Beispiele).
Literatur (Auswahl)
-
Harms, Sandra Katharina (2006). Etablierung einer Methode zur Untersuchung
der Impulsivität an Ratten. Dissertation FU Berlin, Bereich Veterinärmedizin
[PDF]
[Zus]
-
Herpertz, Sabine & Saß, H. (1997). Impulsivität und Impulskontrolle.
Zur psychologischen und psychopathologischen Konzeptionalisierung. Nervenarzt
68, 171–183.
-
Herpertz, S. (2001) Impulsivität und Persönlichkeit. Zum Problem
der Impulskontrollstörungen. Stuttgart: Kohlhammer.
-
Plutchik R., Praag H.M. van (1994) The nature of impulsivity: definitions,
ontology, genetics, and relations to aggression. In (7–24): Hollander,
E., Stein, D.J. (1994, eds) Impulsivity and aggression. New York: Wiley.
-
Schagerl, M. (1999).
Entschuldigungen und Rechtfertigungen. Zum Zusammenhang von Neutralisierungstechniken,
Normorientierung, Impulsivität und Jugenddelinquenz. Diplom-Arbeit
am Psychologischen Institut in Erlangen.
-
Sponsel, Rudolf & Hain, Bernhard (1994). Numerisch instabile Matrizen
und Kollinearität in der Psychologie. Diagnose, Relevanz & Utilität,
Frequenz, Ätiologie, Therapie. Ill-Conditioned Matrices and
Collinearity in Psychology. Deutsch-Englisch. Übersetzt von Agnes
Mehl. Kapitel 6 von Dr. Bernhard Hain: Bemerkungen über Korrelationsmatrizen.
Erlangen: IEC-Verlag [ISSN-0944-5072 ISBN 3-923389-03-5]. Aktueller
Preis:
www.iec-verlag.de.
-
Sponsel, R. (2005). Fast-
Kollinearität in Korrelationsmatrizen mit Eigenwert-Analysen erkennen
Ergänzungsband - Band II Numerisch instabile Matrizen und Kollinearität
in der Psychologie.
Links (Auswahl: beachte)
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
1) GIPT= General and Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
___
geglückter Operationalisierung.
Sie ist für "die" Impulsivität insofern ganz und gar nicht leicht,
weil die Abgrenzung zur positiv besetzten Spontaneität und zum Temperamentsbegriff
sehr schwierig ist. Die Differenzierung hat mir bei der Konstruktion des
AD-H-D-Test
(dort > Dim 84, 85, 86) einiges Kopfzerbrechen bereitet. Nicht alle gewählten
Maße erscheinen schlüssig, so z.B. nicht der d2, der oft auch
ganz unangemessen in der AD-H-D Diagnostik eingesetzt wird. Er greift dort
meist nicht, weil er kurz ist und AD-H-D-Persönlichkeiten bei Tests
oft hochmotiviert und interessiert sind und daher sehr gute d2 Leistungen
erbringen. Außerdem ist Aufmerksamkeit eine eigene Kategorie (wenn,
dann wäre vielleicht die Fehlerrate beim d2 zu erproben). Über
die Operationalisierungen informiert Tabelle 2 (S. 56):
___
Impulsivitätsbegriff
der AutorIn (S. 24f): "2.2.1. Zum Begriff 'Impulsivität'.
Die negative Konnotation, mit der die Bezeichnung „impulsiv" im Zusammenhang
mit der Delinquenzforschung behaftet ist, will nicht recht zu dem Bild
passen, das entsteht, wenn man ihre alltägliche Verwendung überdenkt.
Wer „spontan, einer Eingebung sogleich folgend" (Duden Fremdwörterlexikon,
1990) handelt, paßt eigentlich recht gut in unsere Zeit - stellt
doch die Werbung nur zu gern eine Verknüpfung zwischen dem Wort „spontan"
und jugendlich-dynamischen, durchsetzungsfähigen und abenteuerlustigen
Personen her. Mit „Impulsivität" verbindet man daher eher einen erstrebenswerten
denn, einen antisozialen Verhaltensstil. Dennoch vernachlässigt eine
solche Assoziation sowohl die Kehrseite des Merkmals als auch die Frage
der Quantität.
Ein impulsiver Verhaltensstil kann sich eben nicht
nur in Dynamik, Durchsetzungsfähigkeit und Unternehmungslust äußern,
sondern sich auch in Ungeduld, Unbeherrschtheit und Waghalsigkeit manifestieren,
Temperamentsaspekte, die durchaus mit antisozialem Verhalten in Zusammenhang
zu bringen sind. Im Blickpunkt der Delinquenzforschung stehen darüber
hinaus natürlich weniger durchschnittliche als vielmehr extreme Merkmalsakzentuierungen.
„Impulsivität" meint hier also eine „besondere Neigung zu unüberlegten,
unerwarteten, plötzlichen Handlungen" (Peters, 1990), die die Handlungskontrolle
(siehe hierzu auch Lösel, 1975) eines Menschen beeinflußt. Da
der Begriff eine Dimension des Verhaltens kennzeichnet, sind hier hohe
wie niedrige Ausprägungen denkbar.
Durch den Begriff „Impulsivitätssyndrom" ist dagegen die Richtung
bereits vorgegeben: Hier ist ein bestimmter Komplex von Verhaltensauffälligkeiten
im Kindes- und Jugendalter gemeint (vgl. DSM-IV, 1996), der unter anderem
durch hohe Ausprägungen von Impulsivität bestimmt wird und der
sich in Längsschnittstudien als Risikofaktor für die Ausbildung
einer antisozialen Persönlichkeit erwiesen hat (vgl. Lilienfeld &
Waldman, 1990). Im folgenden soll nun auf die Forschung zur Impulsivität
und zum Impulsivitätssyndrom eingegangen werden." [Anmerkung RS: Im
DSM werden zu AD-H-D drei Subskalen unterschieden: Aufmerksamkeitsdefizit,
Hyperaktivität und Impulsivität. Rein formalkombinatorisch gibt
es daher 23-1, also 7 AD-H-D Typen. Beim stillen, introvertierten
ADD-Typ fehlt oft die Impulsivität, aber auch bei Hyperaktiven fehlt
sie nicht selten, zumindest in stärkerer Ausprägung].
___
Zusammenfassung. S. 91: "Der
Zusammenhang zwischen den Neutralisierungstechniken nach Sykes und Matza
(1957) und der Delinquenz im frühen Jugendalter wurde anhand von Projektdaten
überprüft und mögliche Einflüsse dieser „rechtfertigenden
Denkmuster" auf die Normorientierung untersucht. Weiterhin wurde der Frage
nachgegangen, ob Neutralisierungstechniken bei Jugendlichen mit hohen Ausprägungen
von Impulsivität einen größeren Erklärungswert haben.
Bei hoher selbstberichteter Delinquenzbelastung
verwendeten die Jugendlichen mehr Neutralisierungen und zeigten eine geringere
Zustimmung zu normorientierten Aussagen. Mit hoher Neutralisierung ging
eine niedrigere Zustimmung zu normorientierten Aussagen einher. Alle Zusammenhänge
waren signifikant.
In einer Analyse acht [RS: nicht 10?] verschiedener
Impulsivitätsmaße ergaben sich drei Faktoren, die in unterschiedlicher
Beziehung zur Delinquenzbelastung der Jugendlichen standen: Impulsivität/Hyperaktivität,
Arbeitsgenauigkeit und Arbeitstempo. Ein höherer Zusammenhang zwischen
der Verwendung von Neutralisierungen und der selbstberichteten Delinquenz
bei hoher Impulsivität konnte nicht nachgewiesen werden.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, daß Neutralisierungstechniken
bereits im Zusammenhang mit frühen delinquenten Verhaltensweisen auftreten
und legen deshalb nahe, daß diesen rechtfertigenden Denkmustern,
die hier schon die Bindung an Normen zu beeinflussen scheinen, verstärkte
Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte."
Anmerkung: Das Ergebnis - kein Zusammenhang zwischen
Neutralisationstechniken und Impulsivität - erscheint mir inhaltlich-intuitiv
stimmig ebenso wie die Bestätigung des Zusammenhanges zwischen höherer
Delinquenzbelastung und Ausprägung der Neutralisationsmechanismen
und umgekehrt. Nicht gut verständlich ist mir, dass ein kummulatives
Zusammenwirken von Neutralisation und Impulsivität nicht nachgewiesen
werden konnte. Das könnte eine Erklärung darin finden, dass die
Operationalisierung
der Impulsivität nicht angemessen gelang. Für die Zukunft
wäre zu wünschen, dass eine eindimensionale Impulsivitätskala
konstruiert wird.
___
Hier
zum Nachrechnen die Werte der konstruierten Korrelationsmatrix als 100-zeiliger
Spaltenvektor.
1.0000
0.4818
0.4766
0.4940
0.4128
0.4550
0.4431
0.4534
0.3790
0.4425
0.4818
1.0000
0.5123
0.4929
0.4715
0.4123
0.4375
0.4422
0.3188
0.4592
0.4766
0.5123
1.0000
0.5031
0.5284
0.5358
0.5555
0.4758
0.4558
0.4805
0.4940
0.4929
0.5031
1.0000
0.4540
0.4725
0.4949
0.4532
0.4103
0.4623
0.4128
0.4715
0.5284
0.4540
1.0000
0.3912
0.4778
0.4314
0.3776
0.3922
0.4550
0.4123
0.5358
0.4725
0.3912
1.0000
0.4748
0.4323
0.3426
0.4266
0.4431
0.4375
0.5555
0.4949
0.4778
0.4748
1.0000
0.4688
0.4072
0.5032
0.4534
0.4422
0.4758
0.4532
0.4314
0.4323
0.4688
1.0000
0.3714
0.4334
0.3790
0.3188
0.4558
0.4103
0.3776
0.3426
0.4072
0.3714
1.0000
0.3727
0.4425
0.4592
0.4805
0.4623
0.3922
0.4266
0.5032
0.4334
0.3727
1.0000
__
Querverweise
Standort: FA von 10 Impulsivitätsmaßen.
*
Überblick
der Dokumentationen zur Handhabung der Faktorenanalyse
Kritik der Handhabung der Faktorenanalyse
Was für ein Typ Matrix entsteht durch Faktorenanalysen?
Überblick Numerisch Instabile Matrizen
und Kollinearität in der Psychologie
Zahlenmystik
und numerologische Esoterik in Statistik und Testtheorie
Überblick
Arbeiten
zur Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik und
Wissenschaftstheorie
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Faktorenanalyse
einer Interkorrelationsmatrix von 10 Impulsivitätsmaßen nach
einer Diplomarbeit von Monika Schagerl (1999). Hauptkomponentenanalyse,
mit Quartimax- und Varimax-Rotation, Prüfung der unteren Schrankenregel
für die Kommunalität und der Heywoodverletzunge mit einem Exkurs:
Existenzbeweis durch Modellbildung für eine Korrelationsmatrix mit
den gewünschten Eigenschaften.
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/fa/impuls.htm
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Änderungen wird
gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen
und Kritik willkommen
24.04.12 Werte der konstruierten Matrix
als 100-zeiliger
Spaltenvektor.
22.04.12 Exkurs: Existenzbeweis
durch Modellbildung für eine Korrelationsmatrix mit den gewünschten
Eigenschaften.