Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=08.05.2014
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 03.04.15
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20
D-91052 Erlangen
Mail:_sekretariat@sgipt.org_Zitierung
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Anfang_Spieltrieb__Überblick__Rel.
Aktuelles __Rel.
Beständiges _ Titelblatt__
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Wichtiger
Hinweis zu Links
Willkommen in unserer Internet Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Kunst, Ästhetik,
Psychologie der Kunst, Bereich Theater, und hier speziell zum Thema:
Spieltrieb
Studiobühne Erlangen 4.5.2014, 20.00-21.10 Uhr Frankenhof
Eindrücke
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Aus
der Ankündigung der Studiobühne Erlangen
https://www.studiobuehne-erlangen.de/spieltrieb/
Spieltrieb
Nach dem Roman von Juli Zeh, bearbeitet von Bernd Studlar. ST
Regie: Jule März und Mona Neugebauer
“Wenn das alles ein Spiel ist, sind wir verloren.
Wenn nicht – erst recht.”
Wie weit wirst du gehen?
Wo sind deine Grenzen?
Was ist deine Strategie?
Und wer wird gewinnen?
Mit Dennis Dreher (Höfi), Anna Hampel (Ada1), Julia Hellberg (Alev1),
Hanna Holler (Schneewittchen), Sandra Knocke (Ada2), Darius Mannich (Smutek),
Alexandra Peh (Olaf), Andreas Pommer (Alev2).
Die Inszenierung
der Studiobühne Erlangen
Die Inszenierung (Premiere) erfolgte mit einfachsten Mitteln im großen
Saal des Frankenhofes, der etwa 110 Plätze vorne und hinten hatte.
Die Mitte wurde als Spielfläche mit einer angedeuteten Laufbahn genutzt.
Gelegentlich musikalische Unterstützung.
Überraschend und rätselhaft war die Verdoppelung
der beiden Hauptfiguren Ada (Anna Hampel, Sandra Knocke) und Alev (Julia
Hellberg, Andreas Pommer), hierzu Brainstorming
und
Diskussion.
Inhalt und Handlung des 566-Seiten-Buches musste
auf 63 Spielminuten verdichtet werden, so dass im Prinzip nur wesentliche
Stichproben der Handlung herausgegriffen werden konnten und mussten.
Der Koan des Stückes
(> Auflösung):
“Wenn das alles ein Spiel ist, sind wir verloren.
Wenn nicht – erst recht.”
Ein Deutsch- und Sport-Lehrer, Smutek, gebürtiger
Pole, dessen Ehe nicht mehr stimmt, entwickelt aufgrund einer gemeinsamen
Leidenschaft, dem Laufen, eine gewisse Nähe zu einer Schülerin,
Ada ist von dem impotenten und drei Jahre älteren und mehrfach sitzengebliebenen
Alevs fasziniert, der ziemlich schnell zum dominanten Schüler aufsteigt.
Er gewinnt sie für den Plan, Smutek zu animieren, sie zu verführen
und die Szene zu filmen, was fortan als Erpressungsmaterial für weitere
intime Entblößungen ausgenutzt wird. Ideologisch wird das Verhalten
mit nihilistischen und spieltheoretisch verbrämten Thesen umrahmt.
Alles sei nur ein Spiel, aber dadurch auch in gewisser Weise berechenbar,
wenn man die Spielregeln oder die Größen (Parameter) kennt,
die die Züge bestimmen. Langeweile, Frust, Sinnlosigkeitserleben,
Kompensations- durch Machtstreben und Größenideen des - wie
er von sich meint - Alles-Durchschauenden Alev zeichnen einen Charakter,
dem es gerade an einem solchen fehlt, also einen charakterlosen, manipulativen
Egomanen, der durch seine frivolen, ethikfreien und destruktiven Ideen
die Schüler und besonders Schülerinnen ("Prinzessinnen", aber
auch Ada), beeindruckt. Als Ada Gefühle für Smutek entdeckt und
das teuflische Spiel nicht mehr mitmachen will, ist es aus. Und da endet
auch die Inszenierung: das Spiel ist aus - nicht das Buch. Die gerichtliche
Aufarbeitung und das Ende entfielen.
Szenen
-
In der Schule (Ernst Bloch Gymnasium, Bonn) "Die Schule, ein Ort für
wirklich kluge, wirklich kaputte und kategorische Menschen, die Lehrer
eingeschlossen." Thema Globalplayer und Spiel. Vielleicht sucht der Spieler
den Abgrund. Irakkrieg.
-
Olaf und Ada. Smutek. "Die Gegenwart ist nichts als zukünftige Vergangenheit."
Lauftraining organisieren. Ada, die äußerlich gar nicht zum
Laufen geeignet schien, läuft um die Bahn. Smutek findet sie schön,
obgleich das Gegenteil seiner schönen Frau.
-
Das Leben in einem kurzen Vers auf englisch.
-
Liebesbekenntnis Smuteks zu seiner Frau, die ihn aus dem Asylantenheim
geholt hatte und Deutsch beibrachte. Polenreiseprojekt (Masuren) nach 15
Jahren. Romantisches Erlebnis zu zweit. Auf der Rückreise 14 Stunden
geschwiegen. "Schneewittchen", Kosenname von Smuteks schöner Frau:
"Etwas war zu Ende gegangen"
-
Ada und Olaf. Olafs Geburtstag seine Fellatio-Entjungferung durch Ada gegen
seinen Willen. Musik.
-
Alevs Vorstellung (aus dem Buch S. 122f): "»Alev El Qamar, Halb-Ägypter,
Viertel-Franzose, aufgewachsen in Deutschland, Österreich, Irak, den
Vereinigten Staaten und Bosnien-Herzegowina, derzeit wohnhaft in einer
Godesberger Pension. Achtzehn Jahre, zehn Schulen, kein Rausschmiss, zweimal
sitzen geblieben. Warum ich in dieser Stadt und auf Ernst-Bloch gelandet
bin, habe ich selbst nicht hundertprozentig verstanden. Ich denke, dieses
Institut steht im Ruf einer Wiederaufbereitungsanlage für verlorene
Seelen.« ... »Hobbys: Nachdenken, Atheismus, leichte Drogen.
Gute Eigenschaften: Keine, jedenfalls keine menschlichen. Schlechte Eigenschaften:
Auch keine, jedenfalls keine unmenschlichen. Ich freue mich, hier zu sein.
Vielen Dank.«"
-
Lebensphilosophische Einlassung Alevs.
-
Bei Geschichtslehrer Höfi Thema Machtstrukturen und ihre Folge für
die Weltpolitik. Krieg. Jeder Krieg sei ein Eroberungskrieg. Adas Amerikaanalyse
(Bibel und Hollywood) wird von den SchülerInnen beklatscht.
-
Alev führt das Spiel ein. "Die menschliche Entscheidung, nichts weiter
als ein vortreffliches Spiel" und offenbart seine Impotenz, aber man könne
auch so seine Freuden haben. Gefangenendilemma, Kooperation.
-
Smutek und sein Frau. Seele, Gott. Streit, Kommunismus und Katholizismus
habe sie geprägt.
-
Der schmale Grad zum Abgrund. Gott und Teufel. Smuteks Frau versuchte sich
zu ertränken. Ada rettet sie. Smutek dankt und will ihr helfen: "Da
liegt dieses Mädchen halbtot auf dem Boden, aber arrogant wie immer!"
Ada erinnert nicht mehr, dass Smutek sie auszog und in die heiße
Wanne zu seiner Frau legte.
-
Pakt: Alev schlägt eine teuflische Erweiterung der Beziehung zu Ada
vor.
-
Dildo Entjungferung Adas durch Alev, symbolisch durch laut schnaufendes
Laufen.
-
Höfi, der Geschichtslehrer, kommt nicht. Seine Frau war gestorben.
Sein Lebensmotto: Klarheit. Er begeht Suizid nachdem er feststellt, dass
seine Frau in seinem Herzen nicht mehr weiterlebt. Amor fati. "Wir
sind die Urenkel der Nihilisten". Lauf. Song.
-
Verführung Smuteks, der explodiert, als er merkt, dass er gefilmt
wurde.
-
Smuteks Frau bemerkt, er rieche nach Schweiß. Gute Nacht. Musik.
-
Ada und Alev warten auf Smutek. Ada ist unsicher ob er kommt. Alev ist
sich sicher "weil ich die Regeln erfunden habe". Smutek erscheint.
Ada: "Komm schon Smutek, spiel mit uns". ... "Du hast schlicht und einfach
zu tun, was wir von Dir verlangen" (weil sie ihn in der Hand haben). "Tu
etwas für Deine persönliche Freiheit".
-
Smutek wieder daheim. Schneewittchens ständiges Haare kämmen.
Streit um die Dusche. Alles etwas viel für ihn, ihr Unfall, Tod des
Kollegen ...
-
Olaf und Ada. Streit um die "Versklavung" durch Alev. "Ich habe etwas und
ihr habt nichts." (Musik) "Man lacht nicht sich, sondern die andern tot."
-
Routine kehrt ein. Donnerstag Vorbesprechung, Freitag Turnhalle, Dienstag
Hochladen der neuen Bilder auf die Homepage ... ...
-
Liebeserklärung Smuteks an Ada. Diskussion um die verweigerte Gefügigkeit.
Fesselung. "Das ist pervers!"
-
Smutek gesteht seine Abhängigkeit von den Freitagen ein. Will weg
mit Ada. Sie gesteht: Außer Dir habe ich niemanden. Sie verabreden
sich zum Laufen.
-
Ada kommt nicht. Alev sagt mehrfach aggressiv: Das Spiel ist aus. (Musik).
Smutek schlägt Alev zusammen. Er habe sich das schlimmer, peinlicher
vorgestellt. Notarzt gerufen. Ada: Und jetzt? Alev: Jetzt ist das Spiel
vorbei. Bist Du glücklich, Ada? "Ja". Sie hätten sich - auf ihre
Art - geliebt.
-
Schluss: Es geht, alles geht, sie müssen sich nur ums Überleben
kümmern. Das übrige wird sich schon zeigen. Sie werden schon
sehen.
-
Dunkel, Musik. Ende. Starker Beifall.
Themen
-
Schule ("Wiederaufbereitungsanlage für verlorene Seelen"), Intelligenz,
Bildung, Leistung, Scheitern in der Schule
-
Verlorene Generation, Beliebigkeit, Scheinintelligenz, scheinbare Frühreife,
fehlende Integrität, hohler Pseudo-Intellektualismus
-
Oberfläche, Langeweile, Kicksuche, Schülerspiele, Hackordnung,
Hahnenkämpfe,
-
Macht und Dominanz, Rangfolge, oben, unten, Ausnutzen und benutzen,
-
Selbstbild, Selbstfindung. Ichwerdung,
-
Egozentrik, Egomanie, Fehlentwicklung, Menschenverachtung,
-
Verlogenheit und Heuchelei, Gesellschaftskritik, Zeitkritik, Weltkritik
(Globalisierung)
-
Globale Konflikte, Kapitalismus, Krieg, Eroberungskriege
-
Sinn des Lebens, Sinnlosigkeit, Sinnfindung, Sinnkrise
-
Spieltheorie, Das Leben als Spiel, Grenzen, Regeln, Züge, Zufälligkeit
-
Beziehungen, Liebe, Treue - Untreue, (defekte, defizitäre, deformierte)
Sexualität, Impotenz, Gefolgschaft
-
Attraktivität, Schönheit,
Sexappeal fallen nicht immer zusammen
-
Fehlender Anstand, Amoralität, Kriminalität, Erpressung, Nötigung,
Bloßstellen. Erniedrigen, Zynismus, Sadismus
-
Existenzialismus, Nihilismus, Destruktivität, Jenseits von Gut und
Böse, alles erlaubt, Gott, Teufel, Nietzsche
-
Abwehr, Verleugnung, Verdrängung, ..., Ausgleich, Ersatz, Kompensation,
-
Mann ohne Eigenschaften (Musil)
-
..................
Brainstorming
zur Verdoppelung von Ada und Alev
Verwirrung, Bedeutung, Verstärkung, Intensivierung der Hauptrollen,
gebrochene Identität, ich bin viele, Einfall der Dramaturgie / Regie
ohne besondere Bedeutung (einfach so), Zwiespältigkeit, Gag, Rätsel,
Einfall Dramaturg zur besonderen Aktivierung / Beschäftigung der Zuschauer,
Gut und Böse, Gott und Teufel, gespaltene Persönlichkeiten, Aufspaltung
Tun und Denken.
Diskussion Brainstorming
Verworfen: Gott und Teufel, Gut und Böse: Passt
nicht zu Ada und besonders nicht zu Alev. Auch eine Verwirrung,
Zwiespältigkeit,
gespaltene
Persönlichkeiten, gebrochene Identität oder ich
bin viele, ist besonders bei Alev nicht ersichtlich. Seine Charakterlosigkeit
wirkt sehr konsistent und ungebrochen. Aufspaltung Tun und Denken
ist nicht durchgängig der Fall gewesen.
Es bleiben, neben dem, was mir nicht in den
Sinn kam, die Einfälle: Bedeutung, Verstärkung, Intensivierung
der Hauptrollen; Einfall der Dramaturgie / Regie ohne besondere Bedeutung
(einfach so), Gag, Rätsel, Einfall der Dramaturgie zur besonderen
Aktivierung / Beschäftigung der Zuschauer.
Der Koan
des existenzialistisch, zeit- und jugendkritischen Stücks
Die Leitidee des Stückes einer verlorenen Jugend “Wenn das alles
ein Spiel ist, sind wir verloren. Wenn nicht – erst recht.” ist ein Koan,
den die Leser- und ZuschauerIn mit auf den Weg bekommt. Der Koan beschreibt
auf den ersten Blick eine Ausweglosigkeit, eine Aporie,
besagt er doch: wir sind immer verloren, so oder so. Er ist einfach aufzulösen,
wenn man sich verbietet, solche egomanisch-faschistoiden Spiele zu spielen
oder so ein Verhalten an den Tag zu legen, egal, wie man sie begründet
oder motiviert. Der Koan
wird gesprengt, indem man Nein sagt - wie Olaf - und sich zu menschlichem,
fairem und rechtschaffenem Verhalten entschließt, Grundanstand entwickelt.
Die
Sinngebung des Lebens
ist eine individuelle und schöpferische Kulturleistung, die jeder
Mensch für sich selbst vollbringen kann und muss. Und man kann sich
natürlich gründlich daneben entwickeln - wie Alev.
Gesamteindrücke
Die Studiobühne zeigte, dass man auch mit geringsten Mitteln interessantes
Theater machen kann. Anregend, aber schwierig zu verstehen (für mich
ging es, da ich mich vorher über das Stück informiert hatte).
Das wurde nicht leichter durch die Verdoppelung
der Rollen von Ada und Alev, was mich störte, weil es mich ablenkte
durch die Bindung von Interpretationsenergie (was soll das?).
Die geringe Tiefe des Erlebens und der Konflikte
wurde gut vermittelt. Im Nachhinein wirkt das Geschehen durch seine intellektuelle
Oberfläche und pseudophilosophischen Sprüche - entsprechend der
Buchvorlage - tatsächlich wie schlechtes Spiel, indem die sexuellen
Deformationen wohl zu dick aufgetragen waren. Zu hoffen bleibt, dass die
deutsche Oberstufe viel besser ist als das, was hier zusammen montiert
und phantasiert wurde (die Rolle Olaf ermutigt in dieser Richtung). Vielleicht
sollte man diesen "Spieltrieb" auch nicht zu hoch hängen.
Gut wäre wohl, wenn der Deutsch- oder Ethikunterricht
verstärkt das Thema aufgreifen würde, dass die Sinngebung
des Lebens eine individuelle und schöpferische Kulturleistung
ist, die jeder Mensch für sich vollbringen kann und muss, was aber
vielleicht mit etwas pädagogischer Unterstützung leichter fallen
könnte.
Literatur (Auswahl)
> Links.
-
Zeh, Juli (2006) Spieltrieb. München: btb.
-
Erlangter Nachrichten: Sehr positive Besprechung der Leistung der Studiobühne
in den Erlanger Nachrichten am 7.5.2014. Hieraus: "Der Kniff ist so einfach
wie effizient: Man spalte die beiden jugendlichen Protagonisten auf jeweils
zwei Schauspieler auf und erhalte dadurch mehr Figuren-Präsenz. Manchmal
synchron, manchmal solistisch wird dann agiert, was die Sache noch spannender,
nachgerade kaleidoskopartiger macht. ... ... Atmosphärisch sehr stark,
was die Schauspieler der Studiobühne aus Zehs Prosa-Kopfgeburt machen:
In einem perfekt getimten, minimalistischen Szenen-Reigen schlüsseln
sich ungemein fesselnd Verhaltensweisen, -muster und dräuender Nihilismus
auf. Psychologisch gut beobachtet, entschlackt von allzu viel Bedeutungshuberei
der Vorlage. Und gut gespielt. mko"
Allgemeine Theaterliteratur.
Sucher, C. Bernd (1996). dtv-Lexikon Theater. Sachlexikon. München:
dtv.
Sucher, C. Bernd (1999). dtv-Lexikon Theater. Personenlexikon.
München: dtv.
Beide Bände vereinigt in der Digitalen Bibliothek Bd. 64.
Links (Auswahl: beachte)
Hompage Juli Zeh: https://www.juli-zeh.de/
-
Buchseite Spieltrieb: https://www.julizeh.de/buecher/spieltrieb.html
-
Bühnenfassung: https://www.schoeffling.de/buecher/juli-zeh/spieltrieb-b%C3%BChnenfassung/leseprobe
-
Die Seite zum Film: https://www.spieltrieb-derfilm.de/#/section-buch/
-
Songs des Stücks von Judith Pesch in Eisbrecher für den Leistungskurs
Deutsch
[Online]
-
Inszenierungen: [Googlesuche: <Inszenierungen zeh spieltrieb>]
Allgemeine
Theater-Links:
Veränderte URLs ohne
Weiterleitung wurden entlinkt.
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten:
___
GIPT = General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Eindrücke
Meine "Eindrücke" von Theateraufführungen sind zwar an manchen
Stellen gelegentlich kritisch, sind aber nicht als traditionelle Theaterkritiken
misszuverstehen. Hierzu bin ich gar nicht ausgebildet und habe auch zu
wenig Theaterkenntnis und -erfahrung. Ich kann also die vielfältige
Leistung von Dramaturgie, Regie, Musik, Bühnentechnik und Darstellung,
besonders der SchauspielerInnen gar nicht angemessen bewerten. Und deshalb
möchte ich mich auch mit
Eindrücken begnügen, wobei
ich mir einigermaßen strenge Werkorientierung
auferlege. Ich verlange vom Theater nicht mehr, als dass es Interesse weckt,
berührt und zur Auseinandersetzung mit der Aufführung und dem
ihm zugrunde liegenden Stück anregt.
__
Kunstinterpretation
und Kunst-Kritik
Wollen uns KünstlerInnen etwas sagen und wie ist zu ergründen,
was sie uns sagen wollen? Mit dieser Frage wurden und werden Milliarden
von SchülerInnen und StudentInnen - seit es entsprechende Bildungseinrichtungen
gibt - konfrontiert. Die Wahrheit dürfte nicht selten sein: es gibt
vermutlich ebenso viele Deutungsmöglichkeiten für ein Werk wie
es Erfassende gibt, die allesamt ihre individuelle Bildungs- und Persönlichkeitsgeschichte
mitbringen.
Ob Werkschaffende oder KunstproduzentInnen immer wissen, was sie sagen
wollen, ist nicht minder zweifelhaft. Manche wollen vielleicht auch gar
nichts sagen. Andere können es nicht oder sagen etwas (teilweise)
Falsches. Nicht selten geben Künstler - wie ihre Kritiker - Unsinn
von sich (z.B. in der Reihe 100(0) Meisterwerke oder hier).
Nicht wenige KünstlerInnen schaffen einfach, geben sich ihren Fantasien
und Gestaltungen hin. Jedes Werk, könnte man vermuten, wirkt nach
seiner Schaffung weitgehend unabhängig von seiner SchöpferIn.
Etwas bildungspathetisch formuliert: es wirkt durch sich. Aber durch sich
wirkt bei genauer Betrachtung gar nichts. Es sind immer zwei, die einen
Eindruck konstituieren: das Werk und seine ErfasserIn (Reiz und Reaktion).
Die Interpretation ist vielleicht selbst eine individuelle Schöpfung.
Und wie etwas auf eine Erfassende wirkt, kann nur die Erfassende selbst
wissen und sagen, wobei auch hier viele nichtbewusste, kaum in Worten fassbare
Faktoren mitspielen. Bei genauer Betrachtung haben wir also sowohl auf
der Schöpfer- als auch auf der Erfasserseite viele subjektive, teils
nicht bewusste, teils gar nicht angemessen in Worte fassbare Momente. Was
ist dann aber ein Kunstwerk? Was ist eine angemessene Interpretation?
Gibt es keine objektiven Kriterien? Die Antwort ist ein klares Jein. Eine
allgemein akzeptable Regel könnte lauten: Wenn eine Schöpfung
anregt, berührt, bewegt, dann hat sie einen wichtigen Zweck erfüllt.
-
Querverweise: Wertfunktion
Kunst, Definition
der Kunst, Wovon
hängt das sinnlich-geistige Werterleben bei der Kunstbetrachtung ab?
-
Interessant und verallgemeinerungsfähig auch Prinzhorn: Die
psychologischen Grundlagen der bildnerischen Gestaltung.
-
Die Sprache der Kunst ist analog, symbolisch,
"rechtshemisphärisch": Allgemeine
und Integrative Symboltheorie, Einführung.
-
Einführung:
Literatur und Kunst - Psychologie und Psychotherapie.
-
Absurdität,
Antinomie, Aporie, Konfusion, Paradoxie, Pseudo-Paradoxie, Sophisma, Widerspruch,
X-Strittiges/Sonstiges.
-
Dali: Unabhängigkeitserklärung
der Phantasie und Erklärung der Rechte des Menschen auf seine Verrücktheit
__
Werkorientierte Interpretation
ist
eine natürliche Idee, die sich viele KünstlerInnen auch wünschen,
woran sich aber viele InterpretInnen nicht halten. Bei der werkorientierten
Interpretation wird bewusst auf Rückgriffe auf andere Werke und die
Biographie der KünstlerIn verzichtet.
Jede Kritik
ist eine Bewertung und verlangt daher, streng betrachtet, ein Bewertungsverfahren,
das im allgemeinen aber unbekannt ist. So haftet der Kritik nicht selten
etwas Willkürlich-Zufälliges und Subjektiv-Persönliches
an. Daher besteht seit jeher ein spannungsvolles Verhältnis zwischen
KünstlerIn und KritikerIn. Häufig spielen auch ganz profane -
wenn auch selten zugegebene - Fragen eine Rolle: wie viel Platz steht für
die Kritik zur Verfügung, wie schnell muss sie geschrieben sein, wie
hoch ist das Honorar, was erwartet der Finanzier, die Redaktion, die LeserIn?
Ist die KünstlerIn berühmt, hat sie Einfluss? Versteht, schätzt
oder mag man sie?
Die von uns bevorzugten 4 Grundsätze und Regeln
werkorientierter Interpretation sind: (1) Inhaltsangabe, Hintergrund, Zeit-
und Rahmenbedingungen und Verlauf der Handlung. (2) Leitmotive und Hauptthemen
des Werkes. (3) Ausdrucksmittel: Sprache, Stil, Erwähnen und weg lassen,
Dramaturgie und Spannung. (4) Besondere Analyse spezieller Themen. (5)
Werkorientierte Wirkung und Interpretation der LeserInnen (Hierzu bringt
W
ein interessantes Zitat von Marcel Proust: "„In Wirklichkeit ist jeder
Leser, wenn er liest, ein Leser nur seiner selbst. Das Werk des Schriftstellers
ist dabei lediglich eine Art von optischem Instrument, das der Autor dem
Leser reicht, damit er erkennen möge, was er in sich selbst vielleicht
sonst nicht hätte erschauen können. Dass der Leser das, was das
Buch aussagt, in sich selber erkennt, ist der Beweis für die Wahrheit
eben dieses Buches und umgekehrt.“ – Marcel Proust: Auf der Suche
nach der verlorenen Zeit 7: Die wiedergefundene Zeit".)
___
Querverweise
Standort: Spieltrieb.
*
Theater in der
IP-GIPT.
Überblick Kunst,
Ästhetik, Psychologie und Psychopathologie der Kunst in der IP-GIPT.
Literatur- und Link-
Liste zu den Seiten: Kunst, Ästhetik, Psychologie und Psychopathologie
der Kunst.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS). Spieltrieb
in der Inszenierung der Studiobühne Erlangen. Aus unserer Abteilung
Kunst, Ästhetik, Psychologie der Kunst. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/kunst/theater/Spieltrieb/spieltrieb.htm
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sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.
Ende_Spieltrieb_Überblick_Rel.
Aktuelles _Rel.
Beständiges _Titelblatt_Konzept_
Archiv_
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korrigiert: irs 08.05.2014
Änderungen wird
gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen
und Kritik willkommen
03.04.15 Linkfehler
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