Ludwig Wittgenstein (1950/51) Über Gewissheit.
Materialien zur Studie Begriffsanalyse Gewissheit
und Gewissheitserleben.
Wittgenstein, Ludwig (1984, verfasst 1950/51) Über Gewissheit. Frankfurt aM: Suhrkamp. [PDF-Online]
Zum Hintergrund der Notizen zur Gewißheit erklären die Herausgeber: "Was wir hier veröffentlichen, gehört in die letzten anderthalb Jahre von Wittgensteins Leben. Mitte 1949 besuchte er auf Norman Malcolms Einladung hin die Vereinigten Staaten; er wohnte in dessen Haus in Ithaca. Malcolm gab ihm neuen Antrieb, sich mit Moores »defence of common sense« (Verteidigung des gesunden Menschenverstands) zu beschäftigen, d. h. mit seiner Behauptung, von einer Anzahl von Sätzen wisse er mit Sicherheit, daß sie wahr seien; z. B.: »Hier ist eine Hand – und hier eine zweite«, »Die Erde bestand lange Zeit vor meiner Geburt« und »Ich habe mich niemals weit von der Erdoberfläche entfernt«. Der erste dieser Sätze ist aus Moores »Proof of the External World«, die beiden andern aus seiner Schrift »Defence of Common Sense«; diese hatte Wittgenstein schon seit langem interessiert, und er hatte zu Moore gesagt, dies sei sein bester Aufsatz. Moore stimmte dem zu. Das Buch, das wir hier vorlegen, enthält alles, was Wittgenstein von jener Zeit bis zu seinem Tod zu diesem Thema schrieb. Es besteht ganz aus ersten Aufzeichnungen; er kam nicht mehr dazu, dieses Material zu sichten und zu überarbeiten."
Zusammenfassung-Wittgenstein-Gewißheit:
(1) Die Arbeit umfasst von den Herausgebern 676 numerierte Notizen und 8 Fußnoten auf den Seiten der Suhrkamptaschenbuchausgabe 113-256, der PDF-Version des Wittgensteinsprojekts 81 Seiten. Es finden sich 52 Fundstellen des Suchtextes "gewiß", 2 davon im Titel und Vorspann, also 50, die bei den Fundstellenbelegen (14 pt fett kursiv markiert) der Reihe nach ihrer Nummer zitiert werden. "gewiss" kommt zwar auch 52 mal vor, aber im Sinne von bestimmt, also unbestimmt, z.B. "gewisse Sätze" in 88 oder 96.
(2) Inhaltlich geht es um die sachliche und begriffliche Bedeutung von Gewißheit, wie der Titel schon nahelegt. Die Beispiele sind meist praktisch, oft Moore entlehnt und weichen von den sonst üblichen philosophisch abstrakten-Allgemeinheiten wohltuend ab, wenn auch der aphoristische Stil das Verstehen erschwert. Wittgenstein definiert Gewißheit nicht, aber er nennt in seinen Notizen einige Merkmale oder Kriterien. Aus den Fundstellenbeispielen ergibt sich, dass W. einen engen Zusammenhang sieht zwischen unbedingt zuverlässig (W39), ganz sicher (W298), nicht erschütterbar, nicht irren können (W638), bekannt (W582); Wissen (W582), Erfahrung (W434) und eine Unzahl von Erfahrungssätzen (W237.4), mathematische Sätze (W340, W654), angehören einer Gemeinschaft (W298). Gewiß oder Gewißheit wird in Frage gestellt durch den Zweifel (W516), der nach W.. aber schon Gewißheit voraussetzt (W115), die Möglichkeit des Irrtums (W671)), mehrdeutige und unscharfe Wahrnehmungen (W481). Dadurch wird die Klärung des Gewißheitsbegriffs auch von Wittgensetein, den großen Revolutionär der philosophischen Sprachkritik, auf eine ganze Reihe von Begrifssverschiebebahnhöfen verschoben.
Kriterien/Merkmale die für Gewißheit sprechen
Kriterien/Merkmale die gegen Gewißheit
sprechen, in der Hauptsache der Zweifel
(3) Wittgenstein vertritt einen quantitativen Gewißheitsbegriff,
was er allerdings weder erklärt noch erläutert:
(4) (W114) behauptet Tatsachengewißheit als Voraussetzung
für Wortgewißheit, begründet oder erklärt diese
Behauptung aber nicht.
(5) Fundstellen-Kürzel
Ausführliche Belegstellen im Kontext
52 Fundstellen "gewiß" der Reihe nach ihrer Nummer
W30. "Wenn Einer sich überzeugt hat, so sagt er dann: »Ja,
die Rechnung stimmt«, aber er hat das nicht aus dem Zustand
seiner W30.1Gewißheit
gefolgert. Man schließt nicht auf den Tatbestand aus der eigenen
W30.2Gewißheit.
Die W30.3Gewißheit ist
gleichsam ein Ton, in dem man den Tatbestand feststellt, aber man schließt
nicht aus dem Ton darauf, daß er berechtigt ist."
W39. "So rechnet man, unter solchen Umständen behandelt man
eine Rechnung als unbedingt zuverlässig, als W39gewiß
richtig."
W108. "»Aber gibt es denn da keine objektive Wahrheit? Ist
es nicht wahr, oder aber falsch, daß jemand auf dem Mond war?«
Wenn wir in unserm System denken, so ist es W108gewiß,
daß kein Mensch je auf dem Mond war. Nicht nur ist uns so etwas nie
im Ernst von vernünftigen Leuten berichtet worden, sondern unser ganzes
System der Physik verbietet uns, es zu glauben. Denn diese verlangt Antworten
auf die Fragen: »Wie hat er die Schwerkraft überwunden?«,
»Wie konnte er ohne Atmosphäre leben?« und tausend andere,
die nicht zu beantworten wären. Wie aber, wenn uns statt allen diesen
Antworten entgegnet würde: »Wir wissen nicht, wie man auf den
Mond kommt, aber die dorthin kommen, erkennen sofort, daß sie dort
sind; und auch du kannst ja nicht alles erklären.« Von
Einem, der dies sagte, würden wir uns geistig sehr entfernt fühlen."
W114. "Wer keiner Tatsache gewiß
ist, der kann auch des Sinnes seiner Worte nicht W114gewiß
sein."
W115. Wer an allem zweifeln wollte, der würde auch nicht bis
zum Zweifel kommen. Das Spiel des Zweifelns selbst setzt schon die Gewißheit
voraus.
W155. "Der Mensch kann sich unter gewissen Umständen nicht irren. (»Kann« ist hier logisch gebraucht, und der Satz sagt nicht, daß unter diesen Umständen der Mensch nichts Falsches sagen kann.). Wenn Moore das Gegenteil von jenen Sätzen aussagte, die er für W155gewiß erklärt, würden wir nicht nur nicht seiner Meinung sein, sondern ihn für geistesgestört halten."
W174. Ich handle mit W174.1voller
Gewißheit. Aber diese W174.2Gewißheit
ist meine eigene.
W191. Wenn nun alles für eine Hypothese, nichts gegen sie spricht
– ist sie dann W191.1gewiß
wahr? Man kann sie so bezeichnen. – Aber stimmt sie W191.2gewiß
mit der Wirklichkeit, den Tatsachen, überein? – Mit dieser Frage bewegst
du dich schon im Kreise.
W193. Was heißt: die Wahrheit eines Satzes sei W193gewiß?
W194. Mit dem Wort W194.1»gewiß«
drücken wir die völlige Überzeugung, die Abwesenheit jedes
Zweifels aus, und wir suchen damit den Andern zu überzeugen. Das ist
W194.2subjektive
Gewißheit. Wann aber ist etwas objektiv gewiß?
– Wenn ein Irrtum nicht möglich ist. Aber was für eine Möglichkeit
ist das? Muß der Irrtum nicht logisch ausgeschlossen sein?
W197. Unsinn aber wäre es zu sagen, wir betrachten etwas als
sichere Evidenz, weil es W197gewiß
wahr ist.
W245. Zu wem sagt Einer, er wisse etwas? Zu sich selbst oder zu
einem Andern. Wenn er‘s zu sich selbst sagt, wie unterscheidet es sich
von der Feststellung, er sei W245.1gewiß,
es verhalte sich so? Es gibt keine subjektive Sicherheit, daß ich
etwas weiß. Subjektiv ist die W245.2Gewißheit,
aber nicht das Wissen. Wenn ich mir also sage »Ich weiß, daß
ich zwei Hände habe«, und das soll nicht nur meine W245.3subjektive
Gewißheit zum Ausdruck bringen, so muß ich mich
davon überzeugen können, daß ich recht habe. Aber das kann
ich nicht, denn daß ich zwei Hände habe ist nicht W245.4weniger
gewiß, ehe ich sie angeschaut habe als nachher. Ich
könnte aber sagen: »Daß ich zwei Hände habe ist ein
unumstößli[>23]cher Glaube.« Das würde ausdrücken,
ich sei nicht bereit, irgend etwas als Gegenbeweis dieses Satzes gelten
zu lassen.
W272. Ich weiß = Es ist mir als W272gewiß
bekannt.
W273. Wann aber sagt man von etwas, es sei W273.1gewiß?
Denn darüber, ob etwas W273.2gewiß
ist, läßt sich streiten; wenn nämlich etwas W273.3objektiv
gewiß ist.
Es gibt eine Unzahl allgemeiner Erfahrungssätze, die uns als 273.4gewiß
gelten.
W275. Ist die Erfahrung der Grund dieser unserer W275Gewißheit,
so ist es natürlich die vergangene Erfahrung.
Und es ist nicht etwa bloß meine Erfahrung, sondem die der Anderen,
von der ich Erkenntnis erhalte.
Nun könnte man sagen, daß es wiederum Erfahrung ist, was
uns den Andern Glauben schenken läßt. Aber welche Erfahrung
macht mich glauben, daß die Anatomie- und Physiologiebücher
nicht Falsches enthalten? Es ist wohl wahr, daß dieses Vertrauen
auch durch meine eigene Erfahrung gestützt wird.
W298. Wir sind dessen ganz sicher, heißt nicht nur, daß
jeder Einzelne dessen W298gewiß
ist, sondern, daß wir zu einer Gemeinschaft gehören, die durch
die Wissenschaft und Erziehung verbunden ist.
W340. Mit derselben W340Gewißheit,
mit der wir irgendeinen mathematischen Satz glauben, wissen wir auch, wie
die Buchstaben »A« und »B« auszusprechen sind,
wie die Farbe des menschlichen Bluts heißt, daß andre Menschen
Blut haben und es »Blut« nennen.
W386. Wer, wie Moore, sagt, er wisse, daß ... – gibt den W386Grad
der Gewißheit an, den etwas für ihn hat. Und
es ist wichtig, daß es für diesen Grad ein Maximum gibt.
W415. Ja, ist nicht der Gebrauch des Wortes Wissen, als eines ausgezeichneten
philosophischen Worts, überhaupt ganz falsch? Wenn »wissen«
dieses Interesse hat, warum nicht »sicher sein«? Offenbar,
weil es zu subjektiv wäre. Aber ist wissen nicht ebenso subjektiv?
Ist man nicht nur durch die grammatische Eigentümlichkeit getäuscht,
daß aus »ich weiß p« »p« folgt?
»Ich glaube es zu wissen« müßte keinen W415mindern
Grad der Gewißheit ausdrücken. – Ja, aber man
will nicht subjektive Sicherheit ausdrücken, auch nicht die größte,
sondern dies, daß gewisse Sätze am Grunde aller Fragen und alles
Denkens zu liegen scheinen.
W423. Warum sag ich also mit Moore nicht einfach »Ich weiß,
daß ich in England bin«? Dies zu sagen, hat unter bestimmten
Umständen, die ich mir vorstellen kann, Sinn. Wenn ich aber, nicht
in diesen Umständen, den Satz ausspreche als Beispiel dafür,
daß Wahrheiten dieser Art von mir mit W423Gewißheit
zu erkennen sind, dann wird er mir sofort verdächtig. – Ob mit Recht??
W434. Lehrt uns nun Erfahrung, daß Menschen unter den und
den Umständen das und das wissen? Erfahrung zeigt uns W434gewiß,
daß für gewöhnlich ein Mensch nach soundso viel Tagen sich
in einem Haus, das er bewohnt, auskennt. Oder auch: Erfahrung lehrt uns,
daß eines Menschen Urteil nach der und der Lehrdauer zu trauen ist.
Er muß, erfahrungsgemäß, soundso lang gelernt haben, um
eine richtige Vorhersage machen zu können.
Aber – – –
W448. Ich will sagen: Wenn man sich nicht darüber wundert,
daß die arithmetischen Sätze (z. B. das Einmaleins) W448»absolut
gewiß« sind, warum sollte man darüber erstaunt
sein, daß der Satz »Dies ist meine Hand« es ebenso ist?
31.3.
W463. W463Gewiß
ist doch, daß die Mitteilung »Das ist ein Baum«, wenn
niemand daran zweifeln könnte, eine Art Witz sein könnte und
als solche Sinn hätte. Ein Witz dieser Art ist wirklich einmal von
Renan gemacht worden.
W481. Wenn man Moore sagen hört »Ich weiß, daß
das ein Baum ist«, so versteht man plötzlich die, welche finden,
das sei gar nicht ausgemacht.
Die Sache kommt einem auf einmal unklar und verschwommen vor. Es ist,
als hätte Moore das falsche Licht drauf fallen lassen. Es ist, als
sähe ich ein Gemälde (vielleicht eine Bühnenmalerei) und
erkenne von weitem sofort und ohne den geringsten Zweifel, was es darstellt.
Nun trete ich aber näher: und da sehe ich eine Menge Flecke verschiedener
Farben, die alle höchst vieldeutig sind und durchaus keine W481Gewißheit
geben.
W487. Was ist der Beweis dafür, daß ich etwas weiß?
Doch W487gewiß nicht,
daß ich sage, ich wisse es.
W497. Wenn Einer Zweifel in mir immer aufrufen wollte und spräche:
da täuscht dich dein Gedächtnis, dort bist du betrogen worden,
dort wieder hast du dich nicht gründlich genug überzeugt, etc.,
und ich ließe mich nicht erschüttern und bliebe bei meiner W497Gewißheit
– dann kann das schon darum nicht falsch sein, weil es erst ein Spiel definiert.
W516. Wenn etwas geschähe (wenn z. B. jemand mir etwas sagte),
was dazu angetan wäre, mir Zweifel daran zu erwecken, so gäbe
es W516gewiß auch etwas,
was die Gründe solcher Zweifel selbst zweifelhaft erscheinen ließe,
und ich könnte mich also dafür entscheiden, meinen alten Glauben
beizubehalten.
W582. »Ich weiß es« kann heißen: Es ist
mir schon bekannt – aber auch: Es ist W582gewiß
so.
W591. »Ich weiß, was das für ein Baum ist. – Es
ist eine Kastanie.«
»Ich weiß, was das für ein Baum ist. Ich weiß,
daß es eine Kastanie ist.« Die erste Aussage klingt natürlicher
als die zweite. Man wird nur dann zum zweitenmal »Ich weiß«
sagen, wenn man die W591Gewißheit
besonders betonen will; etwa um einem Widerspruch zuvorzukommen. Das erste
»Ich weiß« heißt ungefähr: Ich kann sagen.
In einem andern Fall aber könnte man mit der Konstatierung »Das
ist ein ...« beginnen, und dann, auf einen Widerspruch, entgegnen:
»Ich weiß, was das für ein Baum ist« und damit die
Sicherheit betonen.
W599. Man könnte z. B. die Sicherheit des Satzes, daß
Wasser bei ca. 100°C kocht, beschreiben. Es ist das z. B. nicht ein
Satz, den ich einmal gehört habe wie etwa den und jenen, die ich nennen
könnte. Ich habe das Experiment selber in der Schule gemacht.
Der Satz ist ein sehr elementarer unserer Lehrbücher, denen in
solchen Dingen zu trauen ist, weil ... – Man kann nun allem dem Beispiele
entgegenhalten, die zeigen, daß Menschen W599dies
und jenes für gewiß gehalten haben, was sich
später, unsrer Meinung nach, für falsch erwiesen hat. Aber dieses
Argument ist wertlos.8
Zu sagen: wir können am Ende nur solche Gründe anführen,
die wir für Gründe halten, sagt gar nichts.
Ich glaube, es liegt hier ein Mißverständnis des Wesens
unserer Sprachspiele zugrunde.
W613. Wenn ich nun sage »Ich weiß, daß das Wasser
im Kessel auf der Gasflamme nicht gefrieren, sondern kochen wird«,
so scheine ich zu diesem »Ich weiß«, so berechtigt wie
zu irgendeinem. »Wenn ich etwas weiß, so weiß ich das.«
– Oder weiß ich, daß der Mensch mir gegenüber mein alter
Freund Soundso ist, mit noch W613größerer
Gewißheit? Und wie vergleicht sich das mit dem Satz,
daß ich aus zwei Augen schaue und sie sehen werde, wenn ich in den
Spiegel schaue? – Ich weiß nicht mit Sicherheit, was ich da antworten
soll. – Aber es ist doch ein Unterschied zwischen den Fällen. Wenn
das Wasser auf der Flamme gefriert, werde ich freilich im höchsten
Maße erstaunt sein, aber einen mir noch unbekannten Einfluß
annehmen und etwa Physikern die Sache zur Beurteilung überlassen.
– Was aber könnte mich daran zweifeln machen, daß dieser Mensch
N. N. ist, den ich seit Jahren kenne? Hier schiene ein Zweifel alles nach
sich zu ziehen und in ein Chaos zu stürzen.
W626. Es heißt auch nichts, zu sagen: »Der deutsche
Name dieser Farbe ist W613gewiß
›grün‹, – es sei denn, ich verspreche mich jetzt oder bin irgendwie
verwirrt.«
25.4.
W638. »Ich kann mich darin nicht irren« ist ein gewöhnlicher
Satz, der dazu dient, den W638Gewißheitswert
einer Aussage anzugeben. Und nur in seinem alltäglichen Gebrauch ist
er berechtigt.
W648. Ich kann auch den Andern davon überzeugen, daß
ich mich »darin nicht irren kann«.
Ich sage Einem: »Der und der war heute vormittag bei mir und
hat mir das und das erzählt.«
Wenn es erstaunlich ist, so fragt er mich vielleicht: »Du kannst
dich nicht darin irren?« Das mag heißen: »Ist das auch
W648.1gewiß
heute vormittag geschehen?«, oder aber: »Hast du ihn auch W648.2gewiß
recht verstanden?« – Es ist leicht zu sehen, durch welche Ausführungen
ich zeigen könnte, daß ich mich in der Zeit nicht geirrt habe,
und ebenso, daß ich die Erzählung nicht mißverstanden
habe. Aber alles das kann nicht zeigen, daß ich die ganze Sache nicht
geträumt oder sie mir traumhaft eingebildet habe. Es [RS?] kann auch
nicht zeigen, daß ich mich nicht vielleicht durchgehend versprochen
habe. (So etwas kommt vor.)
W654. Aber darauf kann man manches einwenden. – Erstens ist eben
»12 x 12 etc.« ein mathematischer Satz, und daraus kann man
folgern, daß nur solche Sätze in dieser Lage sind. Und wenn
diese Folgerung nicht berechtigt ist, so sollte es einen ebenso sichern
Satz geben, der vom Vorgang jener Rechnung handelt, aber nicht mathematisch
ist. –
Ich denke an einen Satz etwa dieser Art: »Die Rechnung »12
x 12« wird, wenn Rechenkundige sie ausführen, in der großen
Mehrzahl der Fälle »144« ergeben.« Diesen Satz wird
niemand bestreiten, und er ist natürlich kein mathematischer. Aber
hat er die W654Gewißheit
des mathematischen?
W671. Ich fliege von hier nach einem Weltteil, wo die Menschen nur
unbestimmte oder wo sie gar keine Nachricht von der Möglichkeit des
Fliegens haben. Ich sage ihnen, ich [>56] sei soeben von ... zu ihnen geflogen.
Sie fragen mich, ob ich mich irren könnte. – Sie haben offenbar eine
falsche Vorstellung davon, wie die Sache vor sich geht. (Wenn ich in eine
Kiste gepackt würde, wäre es möglich, daß ich mich
über die Art des Transportes irrte.) Sage ich ihnen einfach, ich könne
mich nicht irren, so wird sie das vielleicht nicht überzeugen; wohl
aber, wenn ich ihnen den Vorgang beschreibe. Sie werden darin die Möglichkeit
eines Irrtums
W671gewiß
nicht in Frage ziehen. Dabei könnten sie aber – auch wenn sie mir
trauen – glauben, ich habe geträumt oder ein Zauber habe mir das eingebildet.
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