Geschichte der Staatsverschuldung in Deutschland
Stabilitätsbedingung
für ein Finanzsystem: Wirtschaftswachstumsrate >= Schuldenwachstumsrate.
In Worten: Die Schuldenwachstumrate darf die Wirtschaftswachstumsrate
nicht übersteigen.
Ein Reader-Hinweis von Rudolf Sponsel, Erlangen
Musgrave, R.A.; Musgrave, P.B. & Kullmer, L. (1987, 3.A.). Ökonomie
der öffentlichen Schuld. In: Die öffentlichen Finanzen in Theorie
und Praxis. 3. Tübingen: J.C.B. Mohr (UTB (Paul Siebeck). 30. Kapitel
S. 197-229
Quelle: Seite 198
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"Die Altschulden und die Neuverschuldung
Die Währungsreform vom Juni 1948 hatte die öffentlichen Haushalte
praktisch von ihrer Verschuldung befreit, da die im Zusammenhang mit der
Aufrüstung und die im Zweiten Weltkrieg entstandenen Schulden des
Reiches nicht auf Deutsche Mark umgestellt worden waren. Eine relativ geringe
Reichsmarkverschuldung von Ländern und Gemeinden reduzierte sich durch
Umstellung im Verhältnis 10:1 zu einer unbeachtlichen Größe."
"Die Währungsreform vom Juni 1948 hatte die öffentlichen Haushalte praktisch von ihrer Verschuldung befreit." |
An dieser Einschätzung kann man sehen, unter welch überaus günstigen Voraussetzungen die Öffentlichen Haushalte und die Wirtschaft der deutschen Nachkriegsgeschichte begannen. Deutschland war weitgehend schuldenfrei, mußte und konnte in jeder Hinsicht neu beginnen; das war im Grunde das ganze sog. "Wirtschaftswunder", eine neue Mythe, die der deutsche Größenwahn alsbald und gern ins Leben rief. Doch es sollte noch nicht einmal 20 Jahre dauern, bis der Anfang vom Ende der Staatsverschuldung programmiert war. Ludwig Erhard rief damals - nach dem ersten Staatsverschuldungsschub infolge der ersten Wirtschaftskrise Mitte der sechsziger Jahre - zum Maßhalten auf, ein guter Grund, ihn abzuwählen. So nahm das Unheil seinen Lauf. |
"Andererseits wurden im Zusammenhang mit der Währungsreform und
der Regelung von Kriegs- und Kriegsfolgelasten den öffentlichen Haushalten
Verpflichtungen auferlegt, die als "Altschulden" bezeichnet werden und
die zu Beginn des Rechnungsjahres 1950 DM 17.000 Mio. betrugen.
Sie bestanden aus Ausgleichsiorderungen, die der
Bank Deutscher Länder, den Landeszentralbanken, den Kreditinstituten,
Versicherungen und Bausparkassen zur Auffüllung der Aktiva ihrer Umstellungsrechnungen
zugeteilt wurden Solche Ausgleichstorderungen wurden weiterhin in den nächsten
Jahren zugeteilt, gleichzeitig aber - seit Mitte der fünfziger Jahre
über die Neuzuteilung hinausgehend - getilgt. Hinzu traten weitere
Altschulden, nämlich die Deckungsforderungen des Lastenausgleichsfonds,
die aus der Altsparerentschädigung hervorgingen, sowie die Ablösungs-
und Entschädigungsschulden, mit denen bestimmte Reichsmark-Verpflichtungen
des Reiches nachträglich anerkannt und auf Deutsche Mark umgestellt
wurden. Schließlich gehören die Auslandsschulden hierher, die
aus den Regelungen der Lon[<198, Tabelle, > 200]doner Schuldenkonferenz
resultierten, d. h. zum Teil Vorkriegsschulden von Reich, Ländern
und Gemeinden, zum Teil Verpflichtungen aus der Nachköegswirtschaftshilfe
der Alliierten darstellen.
Diese Altschulden beliefen sich Ende 1984 trotz inzwischen vorgenommener
Tilgungen auf 15.600 Mio. DM, d. s. 2,2% der Gesamtverschuldung.
Die Neuverschuldung, d. s. die seit der Währungsreform von 1948
entstandenen Kreditverpflichtungen, ergibt sich aus den Zeilen 1-10 der
Tabelle 30-1 nach Schuldnern und Schuldenarten'. Die Angaben zeigen,
daß Bund, Länder und Gemeinden gegenwärtig etwa im Verhältnis
3:2:1 um die volkswirtschaftliche Kapitalbildung konkurrieren."
"Zusammensetzung und Wachstum der Gesamtverschuldung
...
Neben einer detaillierten Betrachtung der gegenwärtigen Krediffinanzierung
enveist sich eine Analyse der Entwicklung der öffentlichen Verschuldung
seit Beginn der fünfziger Jahre zur Beurteilung des Verschuldungsproblems
als hilfreich. Sie wird in Tabelle 30-2 vorgenommen. Aus den Zahlen dieser
Tabelle ergibt sich ein Anstieg der Verschuldung auf allen Regierungsebenen,
der sich jedoch nicht gleichmässig über den gesamten Zeitraum
erstreckte, sondern sich vor allem seit Mitte der siebziger Jahre rasant
beschleunigte. Dabei änderten sich gleichzeitig die Schuldenanteile
von Bund, Ländern und Gemeinden, die in den sechziger Jahren 2:1:2
betrugen, auf das bereits genannte Verhältnis von 3:2:1.
In den fünfziger und sechziger Jahren bestritten die öffentlichen
Hände den weitaus größten Teil der öffentlichen Ausgaben
aus laufenden Einnahmen, betrieben also eine vorsichtige Verschuldungspolitik.
Die erste Nachkriegsrezession der Jahre 1966/67 wurde mit einer - aus heutiger
Sicht geringen Neuverschuldung von 15 Mrd. DM überwunden und es gelang,
die öffentlichen Haushalte in der Folgezeit wieder zu konsolidieren.
Erstmals im Jahre 1975 betrug die Nettokreditaufnahme 64 Mrd. DM und diese
Verschuldung bildete den Anfang einer steilen Entwicklung nach oben, die,
konjunkturpolitische Tilgungserfordernisse vernachlässigend, zu hohen
Werten führte. Eine nach dem Regierungswechsel von 1982 eingeleitete
Konsolidierungspolitik vermag sich wegen der Kostenwirksamkeit früher
beschlossener Gesetze auf Bundes- und auch auf Länderebene nur mühsam
durchzusetzen, während die Bemühungen der Gemeinden als erfolgreich
angesehen werden können. ..."
a.a.O., S. 208f
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