Grundlagentexte zur Staatsverschuldung:
Adam Smith zur Staatsverschuldung
ausgewählt von Rudolf Sponsel, Erlangen, nach der Quelle:
Der Wohlstand der Nationen
Aktuelle Verschuldung Deutschland: Link zum Bund für Steuerzahler
Aus: Drittes Kapitel. Staatsschulden
"Überall in Europa haben die Schulden enorm zugenommen, die heute in allen großen Staaten als drückend empfunden und auf die Dauer vermutlich zum Ruin führen werden. Wie Privatpersonen, so haben auch Staaten damit begonnen, sozusagen Personalkredite aufzunehmen, ohne daß sie einen besonderen Fonds zur Tilgung der Schuld eingerichtet oder verpfändet haben. Ist diese Quelle einmal versiegt, verschulden sie sich gegen Zuweisung oder Verpfändung einzelner Fonds weiter." [S. 786]
"Dort, wo die öffentliche Schuld einmal eine bestimmte Höhe
überschritten hat, ist es meines Wissens kaum gelungen, sie auf gerechte
Weise und vollständig zurückzuzahlen. Sofern es überhaupt
gelang, die Staatsfinanzen wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen,
bediente man sich stets dazu des Bankrotts, den man bisweilen auch unverhohlen
zugegeben hat, und selbst dort, wo häufig Rückzahlungen nominal
geleistet wurden, blieb es in Wirklichkeit ein echter Bankrott.
Gewöhnlich wurde einfach der Nennwert der Münze
erhöht, um durch eine Scheinzahlung einen unvermeidbaren Staatsbankrott
zu verschleiern. Wenn zudem die Regierung beispielsweise ein Sechs-Pence-Stück
durch Parlamentsgesetz oder königliches Dekret zu einem Schilling
erklärt und Zwanzig-Pence-Stücke zu einem Pfund Sterling, so
könnte jemand, der unter der alten Münzordnung zwanzig Schillinge
oder fast vier Unzen Silber geborgt hatte, seine Schuld nunmehr mit zwanzig
Sechs-Pence-Stücken tilgen, also mit nicht einmal zwei Unzen Silber.
Somit könnte auch eine Staatsschuld in Höhe von 128 Millionen
Pfund, was nahezu der gedeckten und ungedeckten Schuld entspricht, lediglich
mit 64 Millionen Pfund in unserem augenblicklichen Geld zurückgezahlt
werden. In Wirklichkeit aber wäre das nur eine fiktive Zahlung, und
die Staatsgläubiger würden auf diese Weise um zehn Schillinge
je Pfund ihrer Forderung betrogen. Ein solches Unglück träfe
nicht allein die Gläubiger des Staates, auch der private Gläubiger
würde entsprechend einen Verlust erleiden, was für die ersteren
im übrigen keinen Vorteil bringt, ja sogar zumeist noch ihren Verlust
vergrößert. Falls die Besitzer öffentlicher Anleihen [<
S. 803] selbst überwiegend hoch verschuldet sind, könnten sie
ihren Verlust wenigstens zum Teil abwälzen, indem sie den Kredit an
ihre Gläubiger in gleicher Münze zurückzahlen, die sie von
der Regierung erhalten. In fast allen Ländern sind es indes gerade
die wohlhabenden Bürger, die dem Staat Geld leihen, aber kaum gegenüber
anderen verschuldet sind. Eine vorgetäuschte Rückzahlung solcher
Art verschlimmert daher durchweg ihr Unglück, statt es zu mildern,
so daß sich der Verlust auf viele Unschuldige verteilt, ohne daß
die Öffentlichkeit einen echten Nutzen daraus zieht. Die verheerende
Aushöhlung des privaten Vermögens, die allgemein damit verbunden
ist, hat in nahezu allen Fällen zur Folge, daß sich der müßige
und verschwenderische Schuldner auf Kosten des fleißigen und sparsamen
Gläubigers bereichert. Ein beträchtlicher Teil des volkswirtschaftlichen
Vermögens wird jenen entzogen, deren Absicht es ist, das Kapital zu
vergrößern und es besser einzusetzen, und stattdessen denen
zuführt, die es vermutlich vergeuden und aufzehren. Sieht sich nämlich
ein Staat gezwungen, seine Zahlungsunfähigkeit anzumelden, so ist,
wie im privaten Geschäftsleben, ein ehrlich und offen zugestandener
Bankrott für den Schuldner oft weniger entehrend und schadet dem Gläubiger
selbst arn wenigsten. Ganz sicher wahrt der Staat dann nicht sein Ansehen,
wenn er, um der Schande eines echten Bankrotts zu entgehen, auf Gaunertricks
zurückgreift, die nur allzu leicht zu durchschauen sind und zugleich
höchst verheerende Folgen haben.
Von der Antike bis zur Gegenwart haben sich allerdings
nahezu alle Staaten bisweilen solcher Tricks bedient, sahen sie sich in
eine solche Lage gedrängt. So haben die Römer am Ende des ersten
Punischen Krieges den Metallgehalt des As, also der Münze, nach der
sie den Wert aller anderen festlegten, von zwölf Unzen Kupfer auf
zwei herabgesetzt, so daß sie zwei Unzen Kupfer den gleichen Münzwert
zumaßen, den früher zwölf Unzen hatten. Auf diese Weise
konnte die Republik ihre enormen Schulden bis auf den sechsten Teil ihres
wirklichen Wertes tilgen."
korrigiert: 28.12.03 irs