Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=28.01.2002
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 30.03.2023
Impressum:
Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
Stubenlohstr.
20 D-91052 Erlangen * Mail:_sekretariat@sgipt.org_
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Willkommen in der Abteilung Allgemeine und Integrative Psychologie,
Psychodiagnostik, Psychopathologie und Psychotherapie, hier im Bereich
Werte, Werterleben, Selbstwert, Minderwertigkeitserleben u.ä.:
Was bin ich wert?
Psychologische Grundlagen des Werterlebens
Zur Psychotherapie der Minderwertigkeitsgefühle
Von Rudolf Sponsel, Erlangen
Grundlagen
des Werterlebens: was sind Werte, woher kommen sie, wie entstehen sie?
All das, was Menschen sein oder haben bzw. nicht sein oder haben möchten,
repräsentiert einen Wert (z.B. Gesundheit, Arbeitsplatz, Geborgenheit,
Geld, Liebe, soziale Anerkennung und Wertschätzung, Besitz, Fröhlichkeit
und Lebensfreude usw.usf.). Grundlage der Werte sind die Empfindungen und
Gefühle. Die Menschen streben nach Sachverhalten, die mit angenehmen
Empfindungen oder Gefühlen verbunden sind und sie suchen Sachverhalte
zu vermeiden, die mit unangenehmen Empfindungen oder Gefühlen verbunden
sind.
Daraus folgt zwingend, wie wichtig die Fähigkeit ist,
zu empfinden oder zu fühlen und den Lebens- und Erlebnisstrom bewußt
mit den mit ihm verbundenen Empfindungen oder Gefühlen wahrzunehmen. |
Denn wer darüber wenig Bewußtheit (Wissen) hat, hat auch
wenig Möglichkeiten, bewußt sein Leben so einzurichten, wie
es ihm entspricht (Psychologen sprechen von einer ichgemäßen
Lebensform), weil er seine Werte nicht gut genug kennt bzw. nicht weiß,
falls er sie kennt, wie sie zu bekommen, zu behalten, zu vermehren sind
bzw. wie man auf sie verzichten (lernen) kann.
1.
Wertgesetze (Regelhaftigkeiten)
1.1
Ursprüngliche(primäre) Grundlagen des Werterlebens
Ursprünglich oder primär werten können heißt: die
mit bestimmten Sachverhalten einhergehenden Empfindungen oder Gefühle
wahrnehmen bzw. mit Empfindungen oder Gefühle in Zusammenhang bringen
können. Kurz: werten heißt empfinden oder fühlen können
bzw.
1.2 Abgeleitete
(sekundäre) Grundlagen des Werterlebens
Alles, was die Bedürfnisbefriedigung fördert, behindert oder
nicht berührt, nennen wir positiv-, negativ- oder neutral-wertig.
Alles, was im Zusammenhang mit der Förderung bzw. Behinderung von
Bedürfnisbefriedigungen steht, kann zur positiven bzw. negativen Wertigkeit
führen. Das erklärt, weshalb wir zunächst von den Werten
unserer Eltern und der Menschen, die gut zu uns sind, die uns Befriedigung
verschaffen, die wir mögen, geprägt werden. Haben wir selbst
das Werten nicht richtig gelernt, so können wir hier eine Orientierungslosigkeit
vorfinden: weil wir selbst das persönliche Werten nicht richtig gelernt
haben, orientieren wir uns an den anderen.
1.3
Unendliche Mannigfaltigkeit der Werte
Alles Leben und Geschehen ist mit einem ständigen, ununterbrochenen
Erlebnisstrom von Empfindungen und Gefühlen verbunden. Hierbei gibt
es unendlich mannigfaltige Verbindungen, daher gibt es auch unendlich viele
Werterfahrungen und Bewertungsmöglichkeiten. Das Leben ist in stetem
Wandel, alles wechselt, entwickelt und verändert sich ununterbrochen
bis zum Tode. Jeder Mensch ist daher Träger von unzähligen Wertmöglichkeiten.
1.4 Relativität
der Werte
Ob, wie sehr und in welcher Hinsicht ein Sachverhalt für uns wertig
ist, das hängt ganz von den Bedürfnissen, Zielen und Zwecken
ab, die wir gerade verfolgen, wie unsere Umwelt dazu steht und von der
Situation, in der wir uns befinden. Bewertungen gelten relativ, sie schwanken
von Augenblick zu Augenblick, von Mensch zu Mensch, von Situation zu Situation.
2.
Grundlagen des Minderwertigkeitserlebens
Grundlegend bedeutet Minderwertigkeitserleben ein zu wenig an positiven
Empfindungen oder Gefühlen. Das kann verschiedene Gründe haben:
2.1 die Fähigkeit zu empfinden oder zu fühlen ist eingeschränkt,
was zum Zu-Wenig-Erleben führen kann (ungenügendes Lernen
des Bewertens);
2.2 die Fähigkeit, positive Empfindungen/ Gefühle dem
Lebens- und Erlebnisstrom zuzuordnen ist eingeschränkt,
daher ergeben sich Probleme mit der bewußten Steuerung ichangemessener
Lebensführung (ungenügendes Lernen des Bewertens);
2.3 die eigenen Bedürfnisse werden nicht angemessen befriedigt,
was zum zu-wenig-Erleben führen kann; was daran liegen kann, daß:
-
a) die Bedürfnisse nicht wahrgenommen werden,
-
b) die Bedürfnisse recht maßlos sind,
-
c) die Befriedigungsmöglichkeiten zu gering sind,
-
d) die Mittel, Fähigkeiten oder Werkzeuge nicht angemessen zur Verfügung
stehen oder eingesetzt werden, (falsche Steuerung);
2.4 negativen Ereignissen wird zu viel Aufmerksamkeit und Bewußtseinszuwendung
gewidmet, so daß die negativen Empfindungen oder Gefühle ein
zu starkes Gewicht bekommen - obwohl eigentlich die vorhandenen positiven
Empfindungen oder Gefühle ausreichen würden (falsche Lenkung):
man glaubt, man habe im Vergleich zu den Menschen seiner sozialen Bezugsgruppe
zu wenig Wertträger, man bildet sich ein, man müsse all das haben,
was auch die andern (scheinbar) haben (falsche Maßstäbe);
2.6 man glaubt, man habe im Vergleich zu den eigenen Wertidealen zu
wenig in sich und seinem Leben repräsentiert; der Fehler besteht also
in der Festlegung auf feststehende Ideale, was beiden Wertgesetzen widerspricht
(falsche Maßstäbe);
2.7 man kümmert sich zu wenig um realistische (ergiebige) Quellen
positiver Empfindungen oder Gefühle und verschwendet zu viele Energie
auf unergiebige Quellen (falsche Lenkung infolge falscher Beurteilung);
2.8 Sonstiges, bislang nicht Berücksichtigtes.
3.
Check- und Prüfliste zum Therapieprogramm:
Die 10 Gebote
zum Minderwertigkeitserleben abbauen.
Positiv formuliert lautet das Therapieprogramm zum Abbau von Minderwertigkeitserleben:
_
3.1 die Fähigkeit zu empfinden und zu fühlen
ausbilden; |
_
3.2 die Fähigkeit, Empfindungen
oder Gefühle dem Lebens- oder Erlebnisstrom richtig
zuordnen ausbilden; |
_
3.3 die eigenen Bedürfnisse, Ziele
und Werte wahrnehmen; |
_
3.4 sich auf realistische Ziele beschränken
lernen (ohne das Träumen und Phantasieren zu verlieren); |
_
3.5 ausreichend Befriedigungsmöglichkeiten
wahrnehmen
lernen; |
_
3.6 ausreichend Fähigkeiten, Mittel
und Werkzeuge zur Bedürfnisbefriedigung beschaffen; |
_
3.7 die Fähigkeiten, Mittel und
Werkzeuge zur Bedürfnisbefriedigung angemessen anwenden; |
_
3.8 negativen Sachverhalten
nicht
zu viel Aufmerksamkeit und Bewußtseinszuwendung schenken; |
_
3.9 die Wertgesetze der unendlichen
Mannigfaltigkeit und Relativität bewußt machen und berücksichtigen; |
_
3.10 Ergiebige Wertquellen suchen
und unergiebige meiden sowie unangemessene Maßstäbe ablegen. |
Arbeit an der eigenen
persönlichen Identität und am Werterleben
Kann man seine Bindungs-Beziehungs-Erfahrungen
mit seinen Bezugspersonen aus der Kind-heit mit ins Erwachsenen-Alter „schleppen“
und dadurch ungünstig beeinflußt werden („Hypotheken“, „Altlasten“)?
Und was könnte man heute und in Zukunft dagegen tun?
Zunächst einmal ist es unmittelbar einleuchtend,
daß uns unsere Erfahrungen beeinflussen bis hin zu tiefgreifenden
und langanhaltenden Eindrücken. Mit unseren Erfahrungen gehen wir
in die Welt und begegnen anderen Menschen, die wir sozusagen durch den
Filter unserer Erfahrungen wahrnehmen. Damit können wir möglicherweise
wie im Tennis einen Doppelfehler machen: (1) indem wir uns selbst zu sehr
durch den Filter unserer Erfahrungen sehen und (2) ebenso die anderen Menschen,
die uns begegnen. Möglicherweise stellen wir durch unsere „Altlasten“-Filter
genau das her, was wir eigentlich vermeiden möchten, weil wir uns
zu sehr von althergebrachten Erfahrungen beeinflussen lassen, statt vorurteilsfrei
uns selbst und den anderen genügend Chancen zu geben, sich in der
Gegenwart direkt als die wahrzunehmen und zu erleben, die wir jetzt sind,
denn wir haben uns alle entwickelt und dazu gelernt, sind erwachsen geworden
und kön-nen uns nun ganz anders bewegen und behaupten als in der Kindheit,
wo wir abhängig waren.
Bin ich so, wie meine Mutter, mein Vater, meine
Angehörigen, Freunde, LehrerInnen und ErzieherInnen mich sahen? Man
vergegenwärtige sich, wenn zwei - sagen wir A und B - zusam-men kommen,
entsteht etwas Neues, Drittes, nämlich: die Beziehung AB. Und diese
Beziehung kommt durch beide zustande. Ein Mensch ist nicht allgemein der
oder die, sondern für jemand ganz bestimmten in einer ganz bestimmten
Situation. Das Bild von einem Menschen ist keine Ei-genschaft, wie z. B.
die Farbe der Augen, sondern das Produkt einer Beziehung.
Nun, das erste wichtige Hilfs- und Heilmittel
zur Beziehungsveränderung ist - zunächst auf der geistigen Ebene,
bevor es gefühlsmäßig wirkt -, unterscheiden zu lernen
zwischen da-mals und heute. Das zweite wichtige geistige Werkzeug ist,
zu erkennen, daß alle Bewertungen relativ sind und wenigstens nicht
nur davon abhängen, wer wen bewertet, sondern auch davon, welche Ziele
und Zwecke wir und die anderen (Bewertenden) gerade verfolgen und in welchen
Situationen wir uns jeweils befinden.
Identität und Werterleben [Quelle]
Obwohl ich mich ständig verändere in der Zeit und im Strom
des Lebens, fühle ich mich doch immer als ein und derselbe Mensch
- das ist das Geheimnis und Wunder der Identität:
Mein reales Leben bin ich
Meine realen Erfahrungen bin ich
Meine Wünsche bin ich
Meine Träume bin ich
Meine Hoffnungen bin ich
Mein Fühlen und Empfinden bin ich
Meine Ziele bin ich
Meine Werte bin ich
Meine Fähigkeiten bin ich
Meine Leistungen bin ich
Mein Haben, Sein und Gelten bin ich
Meine Möglichkeiten,
meine Entwicklung und Werden bin ich
Meine Beziehungen und Bindungen bin ich
Meine Grenzen bin ich
Ich muß nicht sein, was andere meinen
Ich muß nicht sein, wie andere mich behandeln
Ich muß nicht sein, wie andere mich bewerten
Ich muß nicht sein, wie andere mich wünschen
Ich muß nicht sein, wie andere mich sehen
Ich muß nicht sein, woher ich abstamme
Ich bin nicht meine Eltern
Ich bin nicht meine Familie
Im Kern, im Wesen und in letzter Tiefe,
kann und darf ich mich - in meinen Grenzen -
selbst bestimmen
|
Literaturhinweise
Werterleben, Selbstwert, Selbstwert- und Minderwertigkeitsgefühl
Vorbemerkung: die Psychologie des Wertens
wird leider von der akademischen Psychologie schon immer sehr vernachlässigt
und in ihrer Bedeutung nicht erkannt mit Ausnahme des alten und grundlegenden
Werkes von Christian von Ehrenfels zur Werttheorie. Der Begriff Wert hat
psychologisch betrachtet zwei unterschiedliche Haupt-Bedeutungen: 1) normativ
als moralisches oder ethisches Sollen; 2) erlebnisorientiert. Wertpsychologie
ist in der Tradition der akademischen Psychologie Emotionspsychologie (besonders
in der polnischen Tradition), Psychologie der Affekte, Motive und Gefühle;
ein Sondergebiet ist die psychologische Ästhetik (z.B. Theodor Lipps).
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der Wichtigkeit der Staerkung des Selbstwert- und Identitätsgefühls
des Patienten, der Entwicklung neuer Sichtweisen der Gefühle, Motive
und Verhaltensweisen sowie der Verbesserung der Qualität sozialer
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Querverweise:
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Was bin ich wert? Psychologische Grundlagen des Werterlebens. Zur Psychotherapie
der Minderwertigkeitsgefühle. Aus der Abteilung Werte, Werterleben,
Selbstwert, Minderwertigkeitserleben u.ä.
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/wert/werterl0.htm
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als akzeptiert.
Ende_
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gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen
und Kritik willkommen
30.03.2023 Arbeit
an der eigenen persönlichen Identität und am Werterleben.
* Identität und Werterleben.
21.05.2005 Layout.