Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=06.10.2010 Internet Erstausgabe, letzte Änderung 23.10.10
    Impressum: Diplom-Psychologe  Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20  3152  D-91052  Erlangen
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    Anfang_ Mann, Frau, Gehirn 2010_ Rel. Aktuelles _Überblick_Überblick Wissenschaft _Rel. Beständiges_ Titelblatt_Konzept_Archiv_Region_Service iec-verlag___ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Differentielle Psychologie der Persönlichkeit, Bereich Geschlechter, und hier speziell zum Thema:

    Eindrücke vom Symposium 2010 Turm der Sinne (HVD)
    Mann, Frau, Gehirn
    Geschlechterdifferenz und Neurowissenschaft

    Eindrücke von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zusammenfassende Eindrücke: Ein sehr interessantes Thema wurde vor einem gefüllten großen Saal des Maritim Hotels - der Saal des GNM hätte wohl nicht mehr gereicht - in 11 informativen Vorträgen prominenter VertreterInnen ihres Faches, in zwei BBC-Filmen und in einer abschließenden, nicht ganz so gut moderierten Podiumsdiskussion am Sonntag geboten. Zum 13. mal gelang es damit dem Trägerverein, dem Humanistischen Verband Nürnbergs (HVD), eine sowohl publikumsträchtige als auch wissenschaftliche Großveranstaltung, die Deutschsprechende aus ganz Europa nach Nürnberg zog. Es gab für alle reichlich Beifall und bei jedem Vortrag eine rege Diskussion. Die Einhaltung der Zeiten hat sich deutlich verbessert.
        "Mann" und "Frau", das wurde im Einführungvortrag von Prof. Grammer, aber auch im Vortrag Prof. Holthusers besonders deutlich, suggerieren zwar zwei Geschlechter, aber es gibt so viele Variationen und Zwischenbildungen, wenn auch manche höchst selten, dass das wissenschaftliche Grundproblem, was meinen wir eigentlich, wenn wir von "Mann" oder "Frau" sprechen, überdeutlich wurde. Mit Bedauern ist aber festzustellen, dass das Symposium keine angemessenen Alternativen zur plumpen und von den Fakten her gesehen längst überholten dichotomen (eindimensionalen) Geschlechtertypologie anbieten konnte. Andererseits gibt es aber auch Vertreter, wie z.B. Prof. Güntürkün, der einen spannenden, mit großem Beifall honorierten Vortrag hielt, der in der Podiumsdiskussion schlicht und klar bekannte, er glaube nicht an multiple Geschlechter. Das wirft natürlich die Frage nach der Bedeutung der unbestreitbaren Tatsachen der Geschlechtervielfalt, Variationen und Abweichungen auf. Denn es geht hier nicht um glauben, sondern um die Berücksichtigung von Tatsachen in realitätsangemessenen Definitionen und Sprechweisen. Was Natur und Kultur an Variationsvielfalt bereithalten ist  eben keine Frage von glauben, sondern Ergebnis empirischer Tatsachenforschung. Und die ist eindeutig in ihrer Vielfalt. Der Mythos der zwei Geschlechter ist offensichtlich ein Resultat einer völlig veralteten Sprache und Sprachtradition, die Denkstrukturen, Denkgewohnheiten und auch wissenschaftliche Einstellungen (ver-) prägt. Wieso die dichtotome (eindimensionale) Geschlechtertypologie aber in den Gehirnen der vor allem neurowissenschaftlich orientierten GeschlechtsforscherInnen auf so wenig kritische Reflexion trifft, veranlasst fast zu der Überlegung, ob es womöglich ein neurowissenschaftliches Geschlechtsblindheitsgen gibt ;-).
        Als grundlegende Gretchenfrage jeglicher experimentell-empirischer Geschlechtsforschung stellt sich immer das Problem: woraus besteht meine Stichprobe überhaupt (> Stichprobenkennwerte)? Welche Geschlechtstypen bilden die Stichprobe? Wie wurde das kontrolliert? Denn von der Stichprobenzusammensetzung hängen die Aussagen ab, die aus dem (Feld-) Experiment oder der Studie gewonnen werden können. Den Neurowissenschaftler scheint hier eine völlig naive, rein phänotypische oder verbalreflexive Selektion der ProbandInnen zu genügen. "Mann" oder "Frau" ist, wer wie "Mann" oder "Frau" aussieht oder sich als "Mann" oder "Frau" erklärt, also das, was in der Geburtsurkunde oder im Ausweis steht. Wissenschaft?
        Das große methodologische Problem, dass immer nur Mittelwerte von Stichproben, verglichen werden, die sich vielfach nicht wenig überlappen wurde zwar allseits gesehen, aber nicht weiter problematisiert (> hierzu grundlegend kritisch Hake). Leider werden viel zu wenig Einzelfallwerte im direkten Tabellenvergleich dokumentiert und viel zu viele Mittelwertsvergleiche und Varianzanalysen mit mehr oder minder dubiosen Signifikanztests durchgeführt. Diese Kritik gilt im Prinzip auch für die Metaanalysen. Nicht erwähnt wurden die Probleme der Auswahlverfahren, der Repräsentanz und Signifikanz.
        Aus die Problematik, was die mehr oder minder eindrucksvollen Bilder wirklich bedeuten, was da eigentlich repräsentiert wird, und was hinter den Einfärbungen und Darstellungen steht, wurde von Frau Prof. Schmitz erfreulich kritisch eingegangen.
       Die Geschlechterforschung krankt aber auch daran, dass die meisten Zusammenhänge nur korrelative und deskriptive Bedeutung haben, und wenig echte, inhaltliche Ursachenforschung betrieben wird, Beispiel mentale Rotation, die auch für etwas strapaziöse Redundanz sorgte. Der Sinn der Entwicklung und Evolution blieb weitgehend im Dunkeln oder auf verkürzte ökonomische Metaphern reduziert, wobei ein Diskussionsteilnehmer für sich klarstellt: Die Evolution hat und folgt keinem Sinn.
        Weitgehend einig war man sich in der negativen Beurteilung der populären Geschlechterratgeber und ihrer undifferenzierten Vereinfachungen, wenn auch einzelne Befunde zumindest bei -  wie schon ausgeführt nicht unproblematischen - Mittelwertvergleichen (> Hake) gestützt werden. Unklar blieb das ganze Symposium über, weshalb eigentlich keine detaillierten Einzelfallstudien anhand klar definierter Kriterien durchgeführt und/ oder berichtet werden. Das einfache Modell eindimensional-dichotomer Geschlechtertypologie, wie es immer und immer wieder sprachlich suggeriert wurde, scheint aber auch in den wissenschaftliche Gehirnen sehr stark verfestigt zu sein. Hier wäre in der Tat eine analytisch sprachkritische Wissenschaftstheoretiker- oder/und WissenschaftssoziologIn zu wünschen gewesen. Die Sprache ist nämlich ein weites Feld für Missverständnisse, Paradoxien, Antinomien und vielfältiger anderer Wissenschaftsprobleme, wie uns Wittgenstein und die Folgen überaus deutlich gemacht hat. "Mann" und "Frau" gibt es nur als idealtypische Konstruktion und wir sollten uns nicht zu sehr von der suggestiv phänotypischen Erscheinung unwissenschaftlich blenden und leiten lassen. In der Wirklichkeit und im richtigen Leben gibt es viele Frauen, viele Männer und viel dazwischen oder darüber hinaus. So lange das Sprach- und Definitionsproblem nicht richtig angegangen und gelöst wird, dürfte weiterer echter Fortschritt nur in Teilbereichen möglich sein..
        Insgesamt sehr anregend und weit gespannt, wenn auch der Samstag mit 9 Veranstaltungen an die Anforderungen des tagsdrauf stattfindenden Marathonlaufs von Nürnberg gemahnte und vielleicht ein wenig zu viel ist.



    Sexy Gehirne. Denkstrategien bei Mann und Frau
    Prof. Dr. Karl Grammer  (~19.50-20.47, Disk. bis 21.32)  Fr.  Quelle: Zusammenfassung: "Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Denken existieren nicht – diese Aussage hat sich zu einem weit verbreiteten pseudowissenschaftlichen Fakt gemausert und beruft sich vor allem auf die tatsächlich geringen anatomischen Unterschiede in der Gehirnstruktur von Männern und Frauen. Im Gegensatz dazu geht die evolutionäre Psychologie davon aus, dass es sich bei Männern und Frauen um zwei unterschiedliche Reproduktionssysteme mit unterschiedlichen Anforderungen und Alltagsproblemen handelt. Diese Unterschiede sollten dann im Weiteren zu Denkstrategien führen, die sich im Laufe der Evolution optimal an die Lösung dieser Probleme angepasst haben. In der Tat lässt sich zeigen, dass Frauen und Männer in der Lösung von Problemen verschieden vorgehen, und dass diese Strategien von der frühen hormonellen Umwelt abhängen. Neben dem genetischen Geschlecht und dem Körpergeschlecht gibt es damit ein Gehirngeschlecht, das aber paradoxerweise nicht unbedingt an männliche und weibliche Körper gebunden ist. Mit diesen Ergebnissen wurde das komplizierte Spannungsfeld Mann-Frau um eine neue interessante Variante bereichert, die zum Nachdenken auffordert."

        Eindrücke: Im Vortrag werden einige grundlegende Systemmodelle dargelegt, u.a. dynamische, nicht-lineare. Am beeindruckendsten fand ich die Ausführungen zu den sechs Geschlechtsdimensionen. Originell auch die These, denken sei die billigste Art und Weise, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen, sozusagen ein evolutionäres Argument für die Selektion denkender Lebewesen. Nicht richtig fand ich die These, keine Kultur ohne Natur, keine Natur ohne Kultur, da die Natur keine Kultur braucht. So manches fiel dem Urteil "Factoid" (scheinbare Tatsache) zum Opfer. Die Diskussion dauerte eine Dreiviertelstunde mit ca. 17 Diskutanten aus dem Publikum. Sehr praktisch die Frage einer Lufthansavertreterin, wie erklärt werden könne, dass nur ca. 1% Frauen im Cockpit säßen. Hier gibt es offenbar noch reichlich Forschungbedarf, obwohl bislang 1300 (!) Studien zur mentalen Rotation doch eigentlich mehr als genügen sollten.



    Frauengehirn – Männergehirn: Wie die Gehirne beider Geschlechter von Natur und Kultur geformt werden
    Prof. Dr. Onur Güntürkün  Sa  (~9.00-9.32, Disk. bis 9.49)   Quelle: Zusammenfassung: "In ihrem 1949 erschienenen Buch „Das andere Geschlecht” schrieb Simone de Beauvoir „Man wird nicht als Frau geboren, man wird es.“ Simone de Beauvoir irrte sich. Tatsächlich werden wir als Frauen und Männer geboren und besitzen vom ersten Moment an ein sexualdimorphes Gehirn. Wenn wir meinen, dass wir unseren Kindern ihre typischen Jungen- oder Mädchenspielsachen ausschließlich anerziehen, irren wir uns, denn auch die Kinder verschiedener Affenarten zeigen die identischen Unterschiede. Menschen ändern auch ihr geschlechtstypisches Denken und Verhalten unter der Einwirkung männlicher oder weiblicher Sexualhormone. Doch dürfen wir nicht den Fehler Simone de Beauvoirs in umgekehrter Art und Weise machen und glauben, dass Geschlecht eine ausschließlich biologische Frage sei. Denn auch die Menschen um uns herum formen uns massiv in einer geschlechtstypischen Art und Weise. Wie unser gesamtes Denken und Verhalten ist somit auch unsere geschlechtliche Identität ein Resultat aus Biologie und Kultur."

        Eindrücke: Ein sehr klar geliederter, verständlicher und spannender Vortrag, der vier Forschungsstrategien zur Aufklärung der Unterschiede überzeugend darlegte: 1) Andere Spezies, 2) Geschlechtswerdung, 3) Einfluss Hormone (Menses/nicht), 4) Strukturelle Unterschiede im Gehirn. Großen Anklang fanden zu 1) die Ergebnisse der Untersuchung von Spielzeugvorlieben grüner Meerkatzen, die genau denen von (kleinen) traditionellen "Mädchen" und "Jungen" unseres Kulturkreises entsprachen. Eine Aufteilung in Prozente zwischen Biologie- und Umweltanteilen sei Unsinn. Der Mensch sei ein Produkt aus beidem. Dennoch sei die biologische Anlage für die (Zwei-) Geschlechtlichkeit wohl das Primäre. Der Vortrag erhielt viel Beifall und 9 Diskussionsbeiträge aus dem Publikum, u.a. eine Frage zur Wirkung der Anti-Baby-Pille, die schwierig zu beantworten sei, weil es so viele verschiedene Präparate gäbe. Auch zur Wirkung der vielen Umweltgifte gäbe es noch viel zu tun. Auf die Frage, inwieweit die Biologie die Kultur schon determiniere, wurde das Inzesttabu genannt.



    Immer der Nase nach. Die Bedeutung des Geruchssinns für das menschliche Verhalten [PDF]
    Dr. Elisabeth Oberzaucher  Sa  (~9.52-10.23, Disk. bis 10.31)   Quelle: Zusammenfassung: "Die Bedeutung des Geruchssinnes beim Menschen wurde in der Vergangenheit oft unterschätzt. Der Mensch mit seinen etwa 10 Millionen Sinneszellen im Epithel der Riechschleimhaut galt in seiner Geruchsfähigkeit anderen Säugetieren gegenüber als unterlegen. So verfügen sogenannte makrosmate Säugetiere über eine weitaus größere Anzahl an Riechzellen, wie zum Beispiel der Hund (Canis sp.), in dessen Riechschleimhaut über 230 Millionen Sinneszellen sitzen. Der Mensch und andere Primaten galten als vom optischen Sinn dominierte „Augentiere” mit hoch entwickeltem Sehvermögen. Im menschlichen Miteinander spielen Gerüche jedoch eine zentrale Rolle. So hilft uns beispielsweise der individuelle Körpergeruch dabei, einen Partner zu wählen, dessen Immungene die eigenen bestmöglich ergänzen, was eine Voraussetzung für die Fortpflanzung ist. Außerdem produzieren Männer und Frauen spezifische Geruchsstoffe – sogennannte Pheromone –, die die Physiologie und das Verhalten des anderen Geschlechts beeinflussen."

        Eindrücke: Die Bedeutung des Riechens für die zwischenmenschlichen Beziehung und die Partnerwahl wurde anhand vieler Befunde eindrucksvoll dargelegt. Der persönliche Geruch kann als eine Art individuelle Signatur verstanden werden, wobei sich die für die Mathematik (noch zu) schwierige Frage stellt, wie wir mit riechen die besten Gene beim anderen orten können. Ordentlicher Beifall und einige Fragen aus dem Publikum, u.a. wie die Industrieprodukte zur Geruchsmanipulation einzuschätzen seien, beschlossen den ersten Teil zur Pause hin.



    Gehirne im wilden Tanz der Hormone. Welchen Einfluss haben Hormone auf Gehirnentwicklung und Verhalten? [PDF]
    Prof. Dr. Dr. Bettina Pfleiderer  Sa  (~11.00-11.34, Disk. bis 11.49)  Quelle: Zusammenfassung: "In diesem Vortrag soll gezeigt werden, welchen Einfluss Hormone auf die Gehirnentwicklung, unser Verhalten, unsere Sinneswahrnehmung und Schmerzempfindung haben können. Was ist los im Gehirn eines Jugendlichen? Was verändert sich während der Pubertät? Wie unterscheiden sich die Gehirne von Jugendlichen und Erwachsenen? Sind wir Opfer unserer Hormone? Gibt es Geschlechtsunterschiede? Was passiert bei Frauen während und nach der Menopause? Schon diese wenigen Fragen zeigen, wie vielfältig der Einfluss von Hormonen ist. Er hängt sehr stark vom jeweiligen Lebensalter ab. Beispielsweise zeichnet sich die Pubertät durch einen chaotischen Tanz der Hormone aus. Nicht nur das Verhalten wird stark durch die Hormone beeinflusst, sondern auch die Gehirnstruktur. Aber auch in der Zeit danach greifen Hormone in unseren Gehirnstoffwechsel ein und beeinflussen Sinneswahrnehmungen oder Gedächtnisleistungen."

        Eindrücke: Den Hormonen kommt ein kaum zu überschätzender Einfluss ganz allgemein und den Geschlechtshormonen (Testosteron, Östradiol, Progesteron) natürlich eine für die Geschlechtsentwicklung und das Geschlechtsverhalten zu. Sehr wichtig war die Information, dass bezüglich der Wirkung keine lineare, sondern flache umgekehrte U-Funktion gilt, d.h. die größe Wirkungen entfalten die Hormonspiegel in einem mittleren Bereich: mehr Hormone bedeuten nicht nur nicht mehr, sondern weniger Wirkung. Ordentlicher Beifall führte in die rege Diskussion. Es wurden Fragen zur Neurogenese, wie in der Pubertät Information über die Rolle der Verunsicherung helfen könne, wie die vielen Umwelteinflüsse (Grundwasserbelastung durch Östrogene, Fleischbehandlung mit Hormonen) einzuschätzen seien und wie man mit ihnen umgehen könne. Wie könne der Befund, das immer mehr Spermien der Männer ihre Fruchtbarkeit verloren hätten.



    Intersexualität. Gene, Hormone und Geschlecht [PDF]
    Prof. Dr. Paul-Martin Holterhus  Sa  (~11.50-12.20, Disk. 12.37).   Quelle: Zusammenfassung: "Bei der Befruchtung der Eizelle entsteht entweder ein männlicher XY- oder ein weiblicher XX-Chromosomensatz. Das Y-Chromosom leitet beim Jungen die Entwicklung der Hoden bis zur 7. Schwangerschaftswoche ein. Zwischen der 7. und 12. Schwangerschaftswoche entsteht durch das in großen Mengen im Hoden gebildete Testosteron ein männliches Genitale. Ohne Testosteron, z.B. bei XX-Chromosomen, entsteht ein äußerlich weibliches Genitale. Wenn die Hoden nicht richtig angelegt sind, wenn kein Testosteron gebildet werden kann, oder es nicht wirkt, entwickelt sich trotz XY-Chromosomen ein äußerlich weibliches oder uneindeutiges Genitale. Abweichungen der Zuordnung von Chromosomen, Keimdrüsen und anatomischen Genitalmerkmalen werden als Intersexualität (korrekt: Störung der Geschlechtsentwicklung) bezeichnet. Das psychische Geschlecht wird unterteilt in Geschlechtsrolle, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität. Es wird vielfältig durch die beschriebenen biologischen Faktoren, aber auch durch die soziokulturelle Umgebung beeinflusst."

        Eindrücke: Der Vortrag zeigte auf, wie viele Variationen - wenn auch manchmal häufigkeitsstatistisch nur wenige (150 intersexuelle Geburten pro Jahr in Deutschland) - von Geschlechtlichkeit schon aus biologisch-medizinischer Entwicklungsperspektive möglich sind und dass es bei Eingriffen sehr darauf ankommt, Kompetenzzentren frühzeitig einzubeziehen, bevor sozusagen das Kind in den voreiligen Operationsbrunnen mit nicht wieder gut zu machenden Folgen gefallen ist. Auch dieser Vortrag erhielt starken Beifall und führte zu einer lebhaften Diskussion (Doping und Sport, Anti-Müller-Hormon, Flaschenhalsfunktion Testosteronwirkung) mit 10 Diskutanten.



    Zwischen Mythos und Realität. Geschlechtsunterschiede in den räumlichen Fähigkeiten [PDF]
    Prof. Dr. Petra Jansen   Sa  (~14.05-14.34, Disk. bis 14.52)   Quelle: Zusammenfassung: "Unter räumlich-kognitiven Fähigkeiten versteht man in einer klassischen Definition nach Linn und Petersen (1985) die drei Faktoren der räumlichen Veranschaulichung, der räumlichen Orientierung und der mentalen Rotation. Aufgaben zur räumlichen Veranschaulichung erfordern mehrschrittige Verarbeitung und Manipulation räumlicher Information. Tests zur räumlichen Orientierung untersuchen, ob das Konzept der Vertikalität und Horizontalität verstanden wird. Unter mentaler Rotation versteht man die Fähigkeit, sich Objekte im Geiste gedreht vorstellen zu können (Shepard & Metzler, 1971). Neben diesen klassischen räumlich-kognitiven Aufgaben wird auch die Orientierung in einem größeren Raum als räumliche Aufgabe angesehen (Hegarty & Waller, 2005). Allgemein scheint angenommen zu werden, dass Frauen schlechtere räumliche Fähigkeiten besitzen: Sie können sich gedrehte Objekte im Geiste schlechter vorstellen, sie scheinen Wege schlechter zu finden usw. In diesem Vortrag wird deutlich, dass dieses „Allgemeinwissen“ wissenschaftlich differenzierter zu sehen ist. Die möglichen Geschlechtsunterschiede hängen von der Art des Stimulusmaterials, der Testdarbietung, dem Hormonspiegel, der Komplexität der Aufgabe, der Händigkeit und vielem mehr ab. Darüber hinaus geht man von einer unterschiedlichen Beteiligung der beiden Gehirnhälften, von einer sogenannten Hemisphärenasymmetrie und Geschlechtsunterschieden in der Hemisphärenasymmetrie beim Lösen räumlicher Aufgaben aus. Hier haben unsere Arbeiten gezeigt, dass diese Geschlechtsunterschiede in der Hemisphärenasymmetrie bereits im Vorschulalter auftreten können, bevor sie auf der Verhaltensebene möglicherweise sichtbar werden."

        Eindrücke: Mentale Rotation gehört zu exzessiv untersuchten Merkmalen (1300 Studien). Es werden chronometrisch (Suchdauer, Reaktionszeit) und psychometrische (richtige Wahlantworten) Maße verwendet. U.a. wird eine Untersuchung von Güntürkün mit 60 Vpn zitiert, die die in populären Büchern so stark propagierte Erkenntnis, dass Frauen schlechter einparken - nach Mittelwerten mit allen ihren Schwächen - bestätigte. Es wurde auch berichtet, dass "Frauen" durch Training ihre mentalen Rotationsfähigkeiten verbessern konnte, wobei aber die Stabilität der Trainingsergebnisse nicht überprüft wurde, wie in der Diskussion deutlich wurde. Es konnte in der regen Diskussion die Erwartung bestätigt werden, dass z.B. Eiskunstläufer- oder AkrobatInnen bessere Ergebnisse in mentaler Rotation erzielen. Auch bei Linkshänder- und bei ZahlendreherInnen fänden sich Unterschiede. Wichtig auch, dass es einen geschlechtlichen Versuchsleitereffekt gibt. Welcher genau entging mir, aber es spielten hier viele Faktoren eine Rolle. Gegen Ende meldete sich noch eine Diskutatin, die den Nutzen all dieser, besonders auch der vielen mentalen Rotationsstudien, in Frage stellte. Es scheint, als gilt hier: Man weiß zwar fast alles Dekriptiv-Korrelative, aber noch nicht alle GeschlchterdifferenzforscherInnen haben es auch persönlich untersucht - und es geht sehr einfach.



    Mann und Frau, weitaus mehr als nur Gehirn. Zur Psychologie der Geschlechterunterschiede
    Prof. Dr. Claudia Quaiser-Pohl  Sa (~14.54-15.34, Disk. bis ca. 15.50)    Quelle: Zusammenfassung: ""Typisch Mädchen", wem würde das angesichts einer liebevoll mit ihrer Puppe spielenden Fünfjährigen, die dazu noch „nahe am Wasser gebaut“ hat, nicht durch den Kopf gehen. Auch ein Gleichaltriger, der mit seinen Freunden wild tobt und rangelt und am liebsten Fußball spielt, wird von seinem Umfeld einhellig als „richtiger“ Junge eingestuft. Sind das alles nur Klischees? Aus der psychologischen Forschung weiß man, dass Mädchen in der Regel früher sprechen, schlechter räumlich denken können und häufiger Probleme mit dem Rechnen haben als Jungen. Jungen zeigen dagegen häufiger externalisierende Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression und Gewalt. Woher kommen diese geschlechtstypischen Verhaltensunterschiede? Und lassen sie sich auf Unterschiede im Gehirn zurückführen? Im Vortrag werden zunächst Befunde zu psychologischen Geschlechterunterschieden vorgestellt. Wie diese von soziokulturellen Einflüssen abhängen und welche Rolle Eltern, Erziehern/Lehrern und Gleichaltrigen, aber auch dem Individuum selbst dabei zukommt, wird auf dem Hintergrund psychologischer Erklärungsansätze diskutiert. Die Wechselbeziehungen zwischen biologischen Faktoren, gesellschaftlichen Erwartungen und kulturellen Praktiken sind äußerst komplex. Dies soll anhand von Phänomenen wie der dauerhaft geringen Beteiligung von Frauen an MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) oder der aktuell diskutierten Benachteiligung von Jungen im Bildungssystem verdeutlicht werden."

        Eindrücke: Auch in diesem Vortrag wurde kritisch vermerkt, dass Mittelwertsunterschiede noch nichts über die Einzelfälle aussagen (> Hake), wobei während des ganzen Symposiums allerdings von niemand Ausführungen erfolgten, weshalb eigentlich keine detaillierten Einzelstudien entlang klar definierten Kriterien durchgeführt und/ oder mitgeteilt werden. Im wesentlich beschränkten sich die Ausführungen auf die vier Themenbereiche: 1) Mathematik, 2) Sprache, 3) Raum, 4) Aggressivität, wobei die Frauen in 2), die Männer in 1,3) und 4) stärkere Ausprägungen zeigen.  Auch interkulturelle Befunde wurden gestreift (Eskimo, Afrika). An gehirnspezifischen Unterschieden wurde das Gewicht, die Asymmetrie und die Lateralität genannt, wobei die Gründe im Dunkeln blieben. Auf viele Geschlechtsstereotypien wurde kritisch  verwiesen. Für das starke Interesse am Thema Geschlechterdifferenzen wurden ausgemacht: Partnerschaftsprobleme, Verwischung klarer Grenzen und Konturen und hieraus das Bedürfnis nach Orientierung, die Rätsel besser besser verstehen wollen und die zunehmende Rollenangleichung (im Westen). Für die soziokulturelle Geschlechtsrollenfindung scheinen die Gleichaltrigen und Peergroups viel wichtiger zu sein als das im Elternhaus erfahrene. Ich habe Zweifel, ob das in der Tiefe und Nachhaltigkeit der grundlegenden Einstellungen gilt. Falls es richtig ist, spräche es gegen die Bindungstheorie und traditionelle psychologische Vorstellung von der Bedeutung der Erfahrungen in der Kernfamilie. Überraschend wurde der neuere empirische Befund mitgeteilt, das es inzwischen mehr weibliche MathematikstudentInnen gibt als männliche. Es schloss sich eine rege Diskussion an u.a. zur Frage, weshalb es bei den Männern viel mehr Suizide oder "Deppen" gäbe.



    Das Gehirn trägt kein Geschlechterkorsett! Eine kritische Reflexion der Neurowissenschaften aus Sicht der Genderforschung
    Prof. Dr. Sigrid Schmitz  Sa (~16.16-16.52, Disk. bis 17.03)   Quelle: Zusammenfassung: "Die Erforschung von Geschlechterunterschieden im Gehirn steht heute (wieder) im Mittelpunkt der Rückführung von Geschlechterunterschieden des Verhaltens, der Leistungen und des Denkens von Männern und Frauen auf natürliche Ursachen. Im Vortrag werden Theorien, Forschungspraxen und widersprüchliche Befunde der aktuellen Hirnforschung, ihre Präsentationen und Verwendungen zur Vergeschlechtlichung von Gehirnen und Verhalten mit dem Instrumentarium der Genderforschung kritisch analysiert. Die modernen bildgebenden Verfahren der Hirnforschung versprechen den Blick ins lebende und arbeitende Gehirn. Ich werde der Wirkmacht dieser Körperbilder nachspüren und transparent machen, welche Entscheidungen und Einschreibungen von Geschlechtervorstellungen auch in diesen Verfahren zu finden sind. Mit den Konzepten der Hirnplastizität und des Embodying möchte ich schließlich aufzeigen, wie das Gehirn auch als Resultat unterschiedlicher Erfahrungen verstanden werden kann. Wissenschaft findet immer im gesellschaftlichen Kontext statt. So gilt es auch, die Verbreitung von erneut naturalisierten Geschlechter-Dichotomien über populärwissenschaftliche Medien und ihre Bedeutung für gesellschaftliche Handlungsprozesse zu analysieren."

        Eindrücke: Das war der einzige Vortrag, der ausführlicher methodenkritisch - anhand neuroökonomischer Beispiele - ausgerichtet war und besonders auch die Bedeutung der Bilder hinterfragte. Insgesamt wurde deutlich gemacht, die Sachverhalte und die sie konstituierenden bzw. beeinflussenden Verfahren sehr vielschichtig und auch längst nicht so eindeutig sind, wie man mitunter Glauben mach will. Viele Untersuchungen zeigten oder dokumentierten nicht das Ganze, sondern teilte nur Reste, Kontrastverrechungsdifferenzen oder Ausschnitte mit, so dass eine kritische Auseinandersetzung schon durch die unklaren Befunde erschwert bzw. verunmöglicht wird.  Auf die 7 Thesen zur Neuroökonomie (> "Gier-Gen")  des Frankfurter Zukunfstrates und seiner ungleichgewichtigen Zusammensetzung wurde kritisch hingewiesen.  Einen rege Diskussion schloss sich an.



    Gibt es Frauen- oder Männermusik ? Zur Neurobiologie geschlechtsspezifischer Merkmale bei Musikwahrnehmung und -produktion. [PDF]
    Prof. Dr. Eckart Altenmüller Sa  (~17.05-17.40, Disk. bis 17.51)    Quelle: Zusammenfassung: "Musik ist neben der Sprache ein zweites, nur den Menschen eigenes Kommunikationssystem. Mit Musik werden mächtige Emotionen erzeugt und mit Musik werden soziale Bindungen vertieft und organisiert. Gibt es also typische „Frauen-“ und „Männermusik“? Differenziert sich der musikalische Geschmack in Kindheit und Jugend durch Rollenzuschreibungen oder durch Hormoneinflüsse? Komponieren Mädchen wirklich weniger als Jungen? Und warum gibt es so wenig weibliche Dirigentinnen? Ist es die patriarchalisch dominierte Musikwelt oder sind es biologische Universalien, die diese Unterschiede erklären? Im Vortrag wird versucht, auf diese Fragen aus dem Blickwinkel der Emotions- und Musikpsychologie und der Neurobiologie Antworten zu geben."

        Eindrücke: Der sichtlich mit Engagement dargebotene Vortrag fand großen Anklang. Er begann fulminant mit einer Kostprobe von einer berühmten Musikerin, nämlich Clara Schumann, die vom Publikum auch sicher erkannt und benannt wurde. Und die verschiedenen Einlagen einschließlich Rock und Rap gefielen sichtlich, da kam richtig Stimmung auf. Viel hätte nicht gefehlt und der Saal hätte getanzt, so anregend war die Präsentation. Es wurden die Fragen der von Männern dominierten Musikwelt erörtert: Können Frauen nicht komponieren (nein, jedenfalls nicht aus biologischen Gründen), mögen sie anderes (in der Kindheit und Jugend ja, ab der Pubertät nähern sie sich an), hören sie etwa anders, wodurch unterscheiden sich Frauen und Männer im Felde der Musik, was haben weibliche und männliche MusikerInnen für Krankheiten (Frauen zeigen mehr Schmerzsyndrome, Männer mehr Bewegungsstörungen, "Musikerdystonie") ?



    "Mann und Frau – was uns wirklich unterscheidet"
    Teil 1 „Herrschaft der Hormone“. Teil 2 „Traumpartner verzweifelt gesucht“
    Quelle: BBC-Filmdokumentation: Sa (~19.30-21.00)

        Eindrücke: Der erste Teil war interessant, der zweite etwas enttäuschend. Nicht nur, weil die wissenschaftlich Hypothese - Paare finden sich neben anderen Grundparametern attraktiv, wenn ihre Gesichter ähnlich sind (ein Paradebeispiel Ehepaar Schwarzenegger) - sich in keinem einzigen Fall bestätigen ließ. Dieses Ergebnis war in seiner Klarheit eher gut. Enttäuschend war für mich, dass die Entwicklung, empirische Befunde und Indizien für diese doch recht einseitige Hypothese (> Attraktivitätsforschung) nicht abgeleitet und entwickelt dargestellt wurde.



    Das geteilte Leben Evolutionäre Hintergründe der Geschlechterdifferenz
    Prof. Dr. Eckart Voland  So (~9.05-9.39, Disk. bis 9.58)    Quelle: Zusammenfassung: ""Wir wissen nicht im geringsten über die letzten Gründe der Sexualität bescheid, warum also neue Wesen aus der Vereinigung der beiden geschlechtlichen Elemente hervorgebracht werden sollten [...]. Die ganze Angelegenheit liegt bis jetzt völlig im Dunkeln", schrieb Charles Darwin 1862 in seiner Abhandlung „Über die beiden Formen oder den dimorphen Zustand bei Primula-Arten und über ihre bemerkenswerten geschlechtlichen Beziehungen“. Was Darwin Kopfzerbrechen bereitete, ist auch heute noch – bald einhundertfünfzig Jahre später – eines der keineswegs ganz geklärten Rätsel der Biologie. In diesem Vortrag wird es zunächst darum gehen, einige Modelle zur evolutionären Entstehung der Zweigeschlechtlichkeit vorzustellen, um anschließend die Rolle dieser evolutionären Differenzbildung für mögliche Geschlechtsunterschiede in menschlichen Verhaltensstrategien zu diskutieren."

        Eindrücke: Das Eingangszitat von Darwin trifft einige Schwachstellen nicht nur der Geschlechterforschung, sondern auch der Evolutionstheorie selbst, die mir längst nicht so klar und empirisch belegt erscheint, wie allenthalben propagiert, nämlich dass die Spezies und ihre Arten überleben, die sich als die Überlebensstärksten erweisen, was bei etwas genauerer Betrachtung tautologisch oder zirkulär erscheint. Charakter zu tragen. Der Vortrag beginnt gleich mit der Gretchenfrage der Geschlechterforschung: warum zwei Geschlechter, wäre nicht ein einziges ökonomischer? Nun, eine Antwort heißt Paarung als evolutionäres Therapeutikum gegen Parasiten, zweitens wird eine Reparaturhypothese - das Männchen als Sicherheitskopie für die Weibchen - und drittens die "Lottoschein"-Hypothese ins Spiel gebracht; genetsiche Verschiedenartigkeit schaffe bessere Überlebenschancen durch Experimentiermöglichkeiten für die Anpassung. Beide Geschlechter, so ein Hauptergebnis, können (ursprünglich) alles, sie machen nur unterschiedlichen Gebrauch davon. Zum Schluss werden noch Verwandtschaftssolidarität gegenüber Geschlechtssolidarität und der Schwiegerkonflikt dargelegt. Im Anschluss findet eine längere Diskussion statt, u.a. auch um die Frage, wieso Männer in gesellschaftlichen Positionen erfolgreicher sind. Die Antwort der Wissenschaft: weil sie ihre Stärke und Aggressivität zu ihrem Vorteil einsetzten.
     



    Mann und Frau als Männchen und Weibchen. Perspektiven der Primatologie
    Prof. Dr. Volker Sommer  So  (~10.02-10.42, Disk. bis 10.47)    Quelle: Zusammenfassung: "Ob Vielweiberei, Vielmännerei, Einehe oder Gruppenehe die „natürliche“ Lebensweise für den Menschen sei – darüber streiten Moralapostel, Politiker und Theologen seit langem. Nicht zuletzt ist diese Frage auch politisch relevant, berührt sie doch das Problem, ob bestimmte Formen des Zusammenlebens von Männern und Frauen biologisch vorstrukturiert sind oder lediglich kulturell geformt. Die Verhaltensforschung versucht diese Kontroverse durch einen Vergleich mit unseren stammesgeschichtlichen Verwandten zu lösen: den Affen und Menschenaffen. Im Jahre 1967 unternahm der britische Verhaltensbiologe Desmond Morris in seinem Bestseller „The Naked Ape“ erstmals den Versuch, speziell das Sexualverhalten des Menschen zu vergleichen mit dem sogenannter „nicht-menschlicher“ Primaten. Mittlerweile sind die von Morris vertretenen Auffassungen – die fast vollständig auf Beobachtungen an Affen in Gefangenschaft beruhten – gänzlich überholt, da in den 60er Jahren die Freilandforschung an Primaten in großem Maßstab begann. Dabei wurde einerseits deutlich, dass Primatenarten verschiedenste Paarungs- und Fortpflanzungssysteme entwickelt haben. Andererseits zeichnet sich ab, dass – ähnlich wie beim Menschen – unter veränderten ökologischen Bedingungen selbst innerhalb einer Spezies eine außerordentliche Flexibilität der sozialen Organisation festzustellen ist. Charakteristika in Körperbau und Verhalten wie Form und Größe der Genitalien oder die Dauer des Koitus spiegeln offenbar Prozesse der „geschlechtlichen Zuchtwahl“ wider – und erlauben deshalb frappierende Rückschlüsse auf die biologische Herkunft der „nackten Affen“ und der Geschlechterrollen von Mann und Frau."

        Eindrücke: Der letzte Vortrag liefert interessante Einblicke in die Feldforschung des Geschlechtsverhaltens unserer nächsten biologischen Verwandten, den Primaten (Gibbon, Orang-Utang, Gorilla, Schimpanse, Mensch) , das hinsichtlich der Körpergröße, Schwellung, Penis, Koitusdauer und dem Basissystem der Paarung (Monogamie, Polygynie [Vielweiberei], Polygynandrie [Gruppenpartnerschaften],  Polyandrie [Vielmännerei]. In der Diskussion betraf die erste Frage die Homosexualität. Sommer gibt als Regel aus: alles, was es beim Menschen gibt,  gibt es bei den Primaten auch - Transvestiten wurden nicht nachgefragt ;-).



    PODIUMSDISKUSSION: Von Natur aus verschieden? So (~11:25-12:46)
    Männer und Frauen zwischen Biologie und Kultur
    Einleitung und Moderation: Ferdinand Knauß. Auf dem Podium: Onur Güntürkün, Bettina Pfleiderer, Claudia Quaiser-Pohl, Volker Sommer, Eckart Voland.
        Quelle Zusammenfassung: "Irrt sich, wer glaubt, als Mann oder Frau geboren zu sein? Das behaupten die Vertreter der Gender Studies: Das soziale Geschlecht („gender“) sei eine Konstruktion und unabhängig vom biologischen Geschlecht („sex"). Für die Philosophin Judith Butler ist sogar das biologische Geschlecht nur eine hinterfragbare, nämlich kulturell interpretierte Wahrheit. Und die Biologen mit ihrem Begriff von männlich und weiblich seien ein Teil der kulturellen Kraft, die die Zweigeschlechtlichkeit erst erschafft. In der breiten Öffentlichkeit haben sich evolutions- und soziobiologische Erklärungen für Geschlechterunterschiede allerdings erfolgreicher etabliert als Gender-Theorien. Zwischen beiden Perspektiven klafft ein Graben des Unverständnisses, bisweilen fast Feindseligkeit. Wir wollen in der Diskussion über kulturelle und biologische Aspekte der Geschlechtlichkeit sprechen. Was kann die Naturwissenschaft, zumal die Hirnforschung, erklären und wo liegen ihre Grenzen? Wo sind Männer und Frauen wirklich verschieden in ihrer Leistungsfähigkeit? Was davon ist angeboren und folglich nicht durch Erziehung oder kulturelle Randbedingungen änderbar? Kann die Hirnforschung alltagsrelevante Ergebnisse für das Geschlechterverhältnis liefern? Gibt es so etwas wie natürliche, nicht kulturell veränderbare Rollen der Geschlechter? Und was folgt aus all dem für die Sozialethik und die Politik?"

        Eindrücke: Die Moderation begann mit einem dem Publikum nicht so einsichtigen Monolog des Moderators, was dann nach 12 Minuten erste und nachhaltige Zwischenrufe des Publikums provozierte, die nach einer Podiumsdiskussion, nicht nach einem Monolog des Moderators verlangten. Der missverstand und wollte gleich Fragen in das Publikum für das Podium geben. Nachdem es gelang, ihm zu vermitteln, dass man zunächst an einer Podiumsdiskussion interessiert sei, kam es denn auch dazu, wobei der Moderator in den Augen einiger PublikumsteilnehmerInnen in die vom Publikum nicht gewünschte Rolle eines Diskutanten fiel, so dass sich einige bemüßigt fühlten, dies zu kritisieren. Es kamm dann zu einem Schlagabtausch zwischen biologistischen (Sommer, Güntürkün), und psycho-soziokulturellen (Knauß, Quaiser-Pohl) Exponenten. Das Publikum stellte rund 10 Beiträge an das Podium. Insgesamt scheint es viele Ergebnisse und Fakten zu geben, deren Bedeutung unterschiedlich gewichtet und gewertet wird. Die Biologisten sagen zwar auch, 99% sei Natur und ebenso 99% Kultur, aber sie meinen das nicht so wie es sich anhört, sondern dass die Biologie die primären Grundlagen liefert. Einerseits gäbe es viele Unterschiede, andrerseits aber auch wieder nicht. Einerseits seien es bedeutete Unterschiede, andererseits aber auch wieder nicht. Das Ganze ist so dialektisch diffus wie die völlig illusionistische Begrifflichkeit der Mann-Frau-Dichotomie. Und so wurde meine Gretchenfrage, was sich denn nun für Wesen in den Stichproben befinden, wo wir doch im einfachsten kombinatorischen Fall bei 6 Geschlechtsdimensionen von 2^6=64 Geschlechtern ausgehen müssten auch mit einem Glaubensbekenntnis - Güntürkün, er glaube nicht an multiple Geschlechter - beschieden.
        Trotz der etwas missglückten Moderation eine insgesamt sehr anregende, informative und interessante Veranstaltung.


    ***


    Literatur (Auswahl) > Hompages der Vortragenden. > Grundwissen Geschlechtsidentität und sexuelle Abweichungen. > Glossar.



    Links (Auswahl: beachte)
    • Mann, Frau, Gehirn. Geschlechterdifferenz und Neurowissenschaft. Symposium turmdersinne 2010. 01. - 03. Oktober.
    • Das flexible Geschlecht. Gender, Glück und Krisenzeiten in der globalen Ökonomie [bpb 2.9.10]




    Glossar, Anmerkungen und Fußnoten
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    • Quellen: Allgemeine Lexika, Wikipedia und im besonderen:
    • Brechner, Elke  (2002, Projektleitung). Kompaktlexikon der Biologie. Heidelberg: Spektrum.
    • Hanser, Hartwig  (2001, Projektleitung). Lexikon der Neurowissenschaft. Heidelberg: Spektrum.
    ___
    Abweichung (Variation, Deviation).
    ___
    Allel. "Versionen eines Gens, die auf der durch natürliche Mutationsereignisse hervorgerufenen Variabilität des Genoms basieren. Sie liegen auf identischen Abschnitten homologer Chromosomen. Auf molekularer Ebene unterscheiden sich A. in ihrer Basensequenz, was zu abgewandelten Proteinprodukten führen kann." [KLB] "Ein Allel (v. gr. allélon „einander“, „gegenseitig“) bezeichnet eine mögliche Ausprägung eines Gens, das sich an einem bestimmten Ort (Locus) auf einem Chromosom befindet." [W]
    ___
    Befruchtung. [W]
    ___
    Chromosom. "Chromosomen (von griechisch chróma, „Farbe“ und sóma, „Körper“, also „Farbkörper“) sind Strukturen, die Gene und damit Erbinformationen [> Genom] enthalten. Sie bestehen aus DNA, die mit vielen Proteinen verpackt ist. Diese Mischung aus DNA und Proteinen wird auch als Chromatin bezeichnet. Chromosomen kommen in den Zellkernen der Zellen von Eukaryoten (Lebewesen mit Zellkern) vor, zu denen alle Tiere, Pflanzen und Pilze gehören. Prokaryoten (Lebewesen ohne Zellkern), also Bakterien und Archaeen, besitzen keine Chromosomen im klassischen Sinn, sondern ein oder mehrere, meist zirkuläre DNA-Moleküle, die manchmal als „Bakterienchromosom“ bezeichnet werden, obwohl diese mit den eukaryotischen Chromosomen nicht viel gemein haben. Fast alle Gene der Eukaryoten liegen auf den Chromosomen. Einige wenige liegen auf DNA in den Mitochondrien und bei Pflanzen auch in den Chloroplasten. In den Mitochondrien und Chloroplasten der Eukaryoten ist die DNA ebenfalls ringförmig, ähnlich dem Bakterienchromosom. ... " [W]
    ___
    Deviation. > Sexuelle Abweichungen.
    ___
    DNA. "Die Desoxyribonukleinsäure (Desoxyribonukleinsäure; kurz DNS, englisch DNA) (lat.-fr.-gr. Kunstwort) ist ein in allen Lebewesen und DNA-Viren vorkommendes Biomolekül und die Trägerin der Erbinformation. Sie enthält die Gene, die über Ribonukleinsäuren (RNA, im Deutschen auch RNS) und Proteine codieren, welche für die biologische Entwicklung eines Organismus und den Stoffwechsel in der Zelle notwendig sind.  ... " [W]
    ___
    Eindrücke. Sie sind rein subjektiv, nicht repräsentativ und erheben auch keinen Anspruch auf Wahrheit;  es sind mehr  impressionistische Tupfer eines Teilnehmers.
    __
    Embryo. "... Bei Tieren wird der sich aus einer befruchteten Eizelle (Zygote) neu entwickelnde Organismus als Embryo bezeichnet, solange er sich noch im Muttertier oder in einer Eihülle oder Eischale befindet. Nach Ausbildung der inneren Organe (Organogenese) – beim Menschen ab der neunten Schwangerschaftswoche – wird der Embryo als Fetus (auch Fötus geschrieben) bezeichnet. ..."  [W]
    __
    Epigenetik. [W] Waddington 1942. [W]
    __
    Evolution. "Evolution ist die Veränderung der vererbbaren Merkmale einer Population von Lebewesen von Generation zu Generation. Diese Merkmale sind in Form von Genen kodiert, die bei der Fortpflanzung kopiert und an den Nachwuchs weitergegeben werden. Durch Mutationen entstehen unterschiedliche Varianten (Allele) dieser Gene, die veränderte oder neue Merkmale verursachen können. Diese Varianten sowie Rekombinationen führen zu erblich bedingten Unterschieden (Genetische Variabilität) zwischen Individuen. Evolution findet statt, wenn sich die Häufigkeit dieser Allele in einer Population (die Allelfrequenz) ändert, diese Merkmale in einer Population also seltener oder häufiger werden. Dies geschieht entweder durch Natürliche Selektion (unterschiedliche Überlebens- und Reproduktionsrate aufgrund dieser Merkmale) oder zufällig durch Gendrift. Die Theorie der Evolution durch Natürliche Selektion wurde erstmals ausführlich von Charles Darwin in seinem 1859 erschienenen Buch The Origin of Species dargestellt. In den 1930er Jahren wurde die von Darwin herausgestellte natürliche Selektion mit den mendelschen Regeln zur Vererbung verbunden, daraus entstand die Synthetische Theorie der Evolution. Mit ihrer außerordentlichen erklärenden und vorhersagenden Kraft wurde diese Theorie zum zentralen organisierenden Prinzip der modernen Biologie. Sie liefert die Erklärung für die Vielfalt des Lebens auf der Erde. ..." [W]
    __
    Fittest. Ausdruck und problematische These Darwins: die Stärksten oder Tüchtigsten überleben und geben ihre Erbinformationen an ihre Nachkommen weiter. > Eigen & Winkler (1985), S. 71ff.
    __
    Fortpflanzung. [W]
    ___
    Gamet. Geschlechtszelle: "Gameten, auch bekannt als Geschlechtszellen oder Keimzellen, sind haploide Zellen, die von sich geschlechtlich fortpflanzenden Organismen meist in besonderen Organen erzeugt werden. Der Geschlechtsvorgang besteht aus einer Verschmelzung von zwei Gameten und wird Gametogamie genannt. Das Verschmelzungsprodukt nennt man Zygote. ..."  [W]
    __
    Gen. "Ein Gen ist ein Abschnitt auf der Desoxyribonukleinsäure (DNA), der die Grundinformationen zur Herstellung einer biologisch aktiven Ribonukleinsäure (RNA) enthält. Bei diesem Herstellungsprozess (Transkription genannt) wird eine Negativkopie in Form der RNA hergestellt. ..." [W]
    __
    Gendrift. "Gendrift, genetische Drift, Alleldrift, Sewall-Wright-Effekt, die Veränderung der Allelhäufigkeit (Allelfrequenz) in kleinen Populationen aufgrund von Zufallsereignissen bei der Vermehrung der Allele. (Gründereffekt)" [KLB]
        "Als Gendrift ... (auch Alleldrift oder Sewall-Wright-Effekt) bezeichnet man in der Populationsgenetik eine zufällige Veränderung der Genfrequenz innerhalb des Genpools einer Population. Gendrift ist ein Evolutionsfaktor. Eine quantitative Erweiterung stellt die Genshift dar, bei der ganze Segmente von Genen zusammen ausgetauscht werden. Dies hat oft besonders ausgeprägte funktional-qualitative Änderungen zur Folge. ..." [W]
    __
    Genshift. "Eine quantitative Erweiterung [von Gendrift] stellt die Genshift dar, bei der ganze Segmente von Genen zusammen ausgetauscht werden. Dies hat oft besonders ausgeprägte funktional-qualitative Änderungen zur Folge. ..." [W]
    __
    Genom. "Als Genom oder auch Erbgut eines Lebewesens wird die Gesamtheit der vererbbaren Informationen einer Zelle bezeichnet, die als Desoxyribonukleinsäure (DNA) vorliegt. Statt DNA dient bei einigen Viren RNA als Speichermedium. Das Genom enthält die Informationen, die zur Entwicklung (Ontogenese) und zur Ausprägung der spezifischen Eigenschaften des Lebewesens oder Virus notwendig sind. Diese Informationen sind in der Basensequenz der DNA enthalten.  ..." [W]
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    Geschlechtsdimensionen: genetisch, gonadisch, somatisch, phänotypisch, psychologisch, soziolkulturell. Rein formal-kombinatorisch können mit den Merkmalen der jeweiligen Dimensionen beliebige Kombinationen erstellt werden. Aber es werden natürlich alle empirisch vorkommen - und viele der empirsch vorkommenden auch nur selten.
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    Geschlechtsentwicklung und Variationen bei Mensch und Tier.
          Anna Maria Aloisi  hierzu (Geschlecht und Hormone in: Lautenbacher 2007, S. 4f): 1.1"1.2 Männlich oder weiblich? Mann oder Frau? Die Zuordnung zu dem einen oder anderen Geschlecht beantwortet nicht immer die Frage, ob ein Individuum ein Mann oder eine Frau ist. Da während der normalen Expression der beiden Chromosomen verschiedene Störungen auftreten können, ergibt sich eine Vielfalt von Möglichkeiten, durch die eine Person »weiblicher« oder »männlicher« wird. Wenn eine Person z. B. XY-männlich ist, aber keine Androgenrezeptoren besitzt, wird sie einen »weiblichen« Phänotyp entwickeln. Bei weiblichen Individuen spielt es eine große Rolle, welches der X-Chromosomen aktiv ist, das väterliche oder das mütterliche, denn es ist immer nur ein X-Chromosom aktiv, während das andere deaktiviert wird. Die anfängliche Entscheidung, welches X-Chromosom deaktiviert wird, scheint zufällig zu sein (Carrel et al. 1999). Es wird vermutet, dass diese Entscheidung die geschlechtsspezifischen Risiken für die Anfälligkeit gegenüber bestimmten Krankheiten determiniert.
          Zusätzlich zu einem männlichen oder weiblichen Genotyp hat die Entwicklung von männlichen oder weiblichen Fortpflanzungsorganen zur Folge, dass Hormone produziert werden, die typisch für weibliche oder männliche Lebewesen sind. Obwohl Gene die Geschlechtsdifferenzierung initiieren, spielen die von den Gonaden ausgeschütteten Hormone eine wichtige Rolle für diese Differenzierung. Während sich die Hoden in der 6. bis 7. Schwangerschaftswoche entwickeln, beginnt mit der Produktion von Testosteron um die 9. Woche eine Serie von Veränderungen, die zu einer Maskulinisierung des Gehirns und der Genitalien führt. Durch diese Maskulinisierung wird die vorgegebene weibliche Differenzierung umgangen. Daher unterscheiden sich Individuen nicht nur als Folge genetischer Variabilität, sondern unter Umständen auch infolge pränataler hormoneller Einflüsse.
          Tierexperimentell wurde bereits gezeigt, dass weibliche Lebewesen – abhängig von ihrer Position im Uterus und dem Testosteronniveau, dem sie durch männliche Geschwister aus dem gleichen Wurf ausgesetzt sind – mehr oder weniger maskulinisiert werden können (Vandenbergh u. Huggett 1995). Auswirkungen zeigen sich an den äußeren Genitalien und im Gehirn. Einzelne hormoninduzierte Wirkungen wurden auch bei menschlichen Zwillingen beschrieben (z. B. McFadden 1993)."
    ___
    Geschlechtshormone. [W]
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    Gier-Gen. Diese etwas abenteuerlich und effektheischende anmutende Fantasie postulierte der Frankfurter Zukunftsrat am 17.Juni 2009
    • Das Belohnungssystem dominiert bei ökonomischen Entscheidungen das menschliche Verhalten.
    • Der Mensch reagiert auf kurzfristige Gewinne oder die Aussicht auf Geld wie Kokain.
    • Das gierige Finanzverhalten herrscht bei vielen Menschen genbedingt unermüdlich und macht abhängig.
    • Die Gier im Finanzverhalten ist genbedingt.
    • Das Altruistische Bestrafen ist eine unökonomische Handlungsweise.
    • Zur Behebung der Finanzkrise sollte die zentrale Rolle des Belohnungssystems berücksichtigt werden.
    • Leitungsgremien sollten ohne genbedingte „Finanzgier“ eingestellt werden.

    • Medienstimmen hierzu: "Das Gier-Gen. In „7 Thesen zur Neuroökonomie“ behauptet der Frankfurter Zukunftsrat, der Schlüssel zur Bewältigung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise liege in den Händen der Gen- und der Hirnforschung. Das illustre Gremium, dem neben einschlägig Bekannten wie Stammzellforscher Oliver Brüstle und Hirnforscher Christian Elger auch Wolfgang Clement (Ex-SPD), Friedrich Merz (CDU), Bevölkerungsforscherin Charlotte Höhn und Philosoph Peter Sloterdijk angehören, fordert konsequenterweise einen Gentest für Führungskräfte.
      „Gier nach Geld auch genbedingt“, heißt es am 17. Juni in der Berliner Zeitung, und zwei Tage später verkünden die Potsdamer Neuesten Nachrichten: „Gentest für Führungskräfte gefordert. Studien belegen: Gier ist angeboren“.1 Die Quelle dieser Nachrichten sind 7 Thesen des Frankfurter Zukunftsrates zur Neuroökonomie.2 In dessen Presseerklärung heißt es unter anderem: „Der Mensch reagiert auf kurzfristige Gewinne oder die Aussicht auf Geld wie Kokain“ (These 2) und: „Das gierige Finanzverhalten herrscht bei vielen Menschen genbedingt unermüdlich und macht abhängig.“ (These 3) ... " [GeN 08-2009] Siehe auch: Nürnberger Zeitung Online, 18.06.09; Fokus online, 17.06.09; Frankfurter Rundschau Online, 17.06.09; Die Welt, 19.06.09; Junge Freiheit, Nr. 27, 2009, S. 11.
    ___
    Gonade. Keim- oder Geschlechtsdrüse (Eierstock, Hoden). [W]
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    Gründerffekt. "Gründereffekt, Form der Gendrift, bei der die Ursache für die im Vergleich zu anderen Populationen stark verschiedene Allelfrequenz (Genfrequenz) in der geringen genetischen Varianz der Gründungsmitglieder liegt. Die Gründer dieser neuen Subpopulationen tragen mutante oder ursprünglich seltene Allele zufällig mit höherer Häufigkeit als in ihrer Ursprungspopulation." [KLB]
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    Hamilton-Prinzip. [W]
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    Hoden.
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    Hormone. > Geschlechtshormone.
    ___
    Intersexualität. [W]
    ___
    Menstruation. [W]
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    Methylierung. [W]
    ___
    Norm, Normalität.
    ___
    Normalverteilung.
    ___
    Penis.  [W]
    ___
    Primaten. [W]
    ___
    Rote Königin Hypothese (Red-Queen-Hypothese) [W]
    ___
    Selektion. [W]
    ___
    Spermien. [W]
      Hierzu [arte 25.11.8]  "Männer vom Aussterben bedroht. Ist die männliche Fortplanzungsfähigkeit bedroht? Verweiblichung in der Natur auf der einen Seite, verringerte Spermienproduktion beim Mann auf der anderen. Der Film von Sylvie Gilman und Thierry de Lestrade ist eine wissenschaftliche Ermittlung, die beunruhigende Fakten aufdeckt und störende Fragen aufwirft.
      • Die Spermienproduktion des Mannes hat sich in den letzten 50 Jahren um durchschnittlich 50 % verringert. Warum?
      • In den westlichen Ländern treten immer mehr Fälle von Hodenkrebs auf. Eine Studie aus dem Jahr 2004 belegt, dass die Anzahl der Neuerkrankungen in Frankreich in den letzten 20 Jahren um 50 % gestiegen ist. Warum?
      • Auch die Anzahl von angeborenen Missbildungen der männlichen Fortpflanzungsorgane nimmt zu. Warum?
      • Die Populationen mancher Flussfische verweiblichen sich. Außerdem werden u. a. bei Seehunden, Vögeln, Alligatoren und Fröschen vermehrt Missbildungen an Geschlechtsorganen und Unfruchtbarkeit festgestellt. Studien über die Tierwelt belegen eine wachsende „Entmännlichung“. Warum?
      Verweiblichung in der Natur auf der einen Seite, verringerte Spermienproduktion beim Mann auf der anderen. Merkwürdige und beunruhigende Entwicklungen, zwischen denen lange Zeit niemand einen Zusammenhang sah oder sehen wollte.
      Und wenn die beobachteten Phänomene eine gemeinsame Ursache hätten?
          Die Probleme des männlichen Fortpflanzungsapparates sind heute ebenso ernst zu nehmen wie die Weltklimaveränderung.
      Das ist die gewagte Hypothese zahlreicher Wissenschaftler, sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa. Sie sind davon überzeugt, dass solche Pathologien und Missbildungen auf Umweltfaktoren zurückzuführen sind. Die „Schuldigen“ sind nach ihrer Überzeugung die zahlreichen Moleküle, die von der chemischen Industrie auf den Markt gebracht werden: PCB, DDT, Flammenverzögerer, Phtalate, Pestizide usw. - eine ellenlange Liste chemischer Komponenten, die auf das Hormonsystem einwirken („hormonaktive Stoffe“) und eine Verweiblichung verschiedener Lebensformen bewirken. Eine folgenschwere Erkenntnis, denn mit der Fruchtbarkeit steht auch die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel. Sollten diese Wissenschaftler Recht haben, müssen wir weite Felder unseres Konsumverhaltens völlig überdenken. Angesichts der mächtigen Industrielobby ist das eine echte Herausforderung und erfordert auch auf politischer Ebene eine Debatte."
    ___
    Testosteron. [W]
    ___
    Variation.
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    Vererbung. [W]
    ___
    Zygote. Produkt aus zwei Gameten (Geschlechtszellen). [W]
    ___

    Querverweise
    Standort: Symposium 2010 Turm der Sinne: Mann, Frau, Gehirn. Geschlechterdifferenz und Neurowissenschaft.
    *
    Grundwissen Geschlechtsidentität und sexuelle Abweichungen.
    Attraktiv und Attraktivität. Psychologie, Sozialpsychologie, Psychopathologie, Soziologie.
    Norm, Wert, Abweichung (Deviation), Krank (Krankheit), Diagnose. "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt".
    Eindrücke von anderen Symposien:
    *
    Überblick Arbeiten zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Wissenschaft site:www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, R.  (DAS). Eindrücke vom Symposium 2010 Turm der Sinne (HVD). Mann, Frau, Gehirn. Geschlechterdifferenz und Neurowissenschaft. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen:  https://www.sgipt.org/gipt/diffpsy/Geschlecht/STdS2010.htm
    Copyright & Nutzungsrechte
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    Ende
    _ Mann, Frau, Gehirn 2010__Rel. Aktuelles _Überblick_Überblick Wissenschaft _Rel. Beständiges_ Titelblatt_Konzept_Archiv_Region_Service iec-verlag___ _Wichtige Hinweise zu Links und EmpfehlungenMail: sekretariat@sgipt.org_

    noch nicht end-korrigiert



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    20.02.15    Linkfehler geprüft und korrigiert.
    07.10.10    Problem der Fittest-These Darwins.