Begriffsanalyse Wissen
Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen
"Man wird oft von einem Wort behext. Z. B. vom Wort »wissen«."
Wittgenstein (27.3.1951) Über Gewißheit, Nr.
435
Inhaltsübersicht
Editorial.
Zusammenfassung - Abstract - Summary Wissen.
Definition Wissen.
Definition Wissensquellen.
Weitere Kriterien und Charakteristika
zum Wissensbegriff.
Wissenssubjekte
(erkennendes Systeme).
Was
kann man wissen?
Gründe
für Wissen > Wissensquellen.
Wissensquellen.
Ontologische-Referenzwelt
des Wissens: in welcher Welt wird etwas gewusst?
Wissensarten.
Erwerb
und Evaluation des Wissens, Wissensqualitaet, Wahrheit und Skepsis.
Evaluation
des Wissens.
Wissen
und Wahrheit.
Kritische
Haltung.
Skepsis.
Klassifikationsschema
zum Wissen.
Begriffsanalyse-Wissen
nach den Kriterien/Fragen konkreter, allgemeiner und abstrakter Sachverhalt
und Begriff.
Tabelle
der Kriterien und Fragen zu konkrte, allgemein, abstrakt.
Signaturen zum Wissensbegriff.
Materialien zu wissen, Wissen in Sprachlehre
und Wissenschaft:
Sprachlehre, Wörterbücher,
Lexika, Enzyklopädien:
Duden, Brockhaus,
Etymologie
(Wortherkunft).
Enzyklopädien:
Wikipedia.
Philosophie-Wissenschaftstheorie:
Roger
Bacon.
Brendel
(2013) Wissen.
Craig,
Edward (1993) Was wir wissen können. Pragmatische Untersuchungen zum
Wissensbegriff.
Enzyklopaedie
Philosophie und Wissenschaftstheorie (1996).
Niehaus
(2004). Der Begriff des Wissens im Wissensmanagementdiskurs: Materialien
zur Begriffsgeschichte.
Bertrand
Russell (dt. 1950) Grade der Glaubwürdigkeit in (373-392) Das menschliche
Wissen.
Stegmüller
Fragen um Wissen in Glaube, Wissen und Erkennen (WBG-Ausgabe).
Waismann,
Friedrich (1976). Wissen (S.503-505) in Logik, Sprache, Philosophie.
Exkurs:
Was bedeutet Archäologie des Wissens bei Foucault?
Wissen in der Mathematik:
Bardy, Thomas
(2015) Zur Herstellung von Geltung mathematischen Wissens im Mathematikunterricht.
Nickel, Gregor
(2018) 2. Kurzessay: Mathematisches Wissen.
Wissen in den Naturwissenschaften:
Gierer, Alfred
(1988) Das Wissen vom Wissen.
Physik:
Lindley,
David (dt. 1997) Das Ende der Physik.
Psychologie:
Wissen im Dorsch
Lexikon der Psychologie.
Spektrum
Lexikon der Psychologie.
Gebrauchsbeipiele wissen und Wissen in
Wissenschaft, Bildung und Leben:
Eigene Wissens-Beispiele.
Allan Watts
(1961) Wissen und östliche Philosophie in Der Zenbuddhismus.
Leinfellner, Werner (1967) Einführung
in die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie.
Literatur:
Wissen besagt, dass ein Wissenssubjekt begründet meint, dass ein
Sachverhalt
der Referenzwelt
so und so der Fall war, ist, sein wird oder sein kann oder nicht. Damit
ist noch nicht gesagt, ob diese begründete Wissensmeinung auch richtig
ist, also ist nach dieser Definition auch ein falsches oder irrtümliches
Wissen möglich, was sich widersprüchlich anhört. Zum Wissen
gehören wie bei den Definitionen
Referenzen; wo und wie sich das Wissen in der Welt finden lässt.
Allgemeinwissen kann man dann so einführen, dass ein Wissen von vielen oder von den meisten Wissenssubjekten geteilt oder vertreten wird, z.B. es gibt die Sonne, Tag und Nacht, Wünsche und Motive, Grausamkeit und Terror und die Gewissheit des Todes. |
Es gibt verschiedene Wissenquellen
In-Augenscheinnahme (Wahrnehmung, Beobachtung) Wissen herstellen oder zeigen können, wissen wie etwas geht, Aufgaben lösen können (Ausbildung, Schulen, Tätigkeiten, Lernen) Wissen belegen, begründen, erklären können Wissensquellen angeben, z.B. Berufung auf Wissensautoritäten (Wiedergabe Wissen, Zitierwissen) |
Weitere Kriterien und Charakteristika
zum Wissensbegriff
Um den Begriff mit all seinen Facetten und Aspekten möglichst
vollständig zu erfassen, betrachten wir verschiedene Charakteristika
und Aspekte des Wissens.
Wissenssubjekte (erkennendes System)
Klassifikationsschema zum Wissen
Wissensobjekt: Über wen oder was wird etwas gewusst?
Kriterien / Fragen | Ausführungen zu den Kriterien / Fragen |
F00 Ding (D), Eigenschaft (E), Relation (R), Anderes (A)? | F00A: Wissen ist kein Ding, keine Eigeneschaft und auch keine Relation und damit etwas Anderes (A) |
F01 äußerlich direkt wahrnehmbar? | F01- Sachverhalt und Begriff Wissen sind in der Außenwelt nicht direkt wahrnehmbar |
F02 nur innerlich direkt wahrnehmbar? | F02- Sachverhalt und Begriff Wissen sind in der Innenwelt nicht direkt wahrnehmbar |
F03 weder äußerlich noch innerlich: Schluss? | F03+ Sachverhalt und Begriff Wissen sind erschließbar |
F04 wohlunterscheidbar, abgrenzb. Umgeb.? | F04+ Grundsätzlich ja, wenn auch oft darüber gestritten wird, ob es sich im Einzelfall tasächlich um Wissen und nicht um glauben, meinen, vermuten, annehmen handelt . |
F05 Gebundenheit an einen Träger, Objekt? | F05+ Wissen ist an ein erkennendes System gebunden. |
F06 Teil-Ganzes Begriffsbildung | F06+ Im Prinzip können manche Teile eines Ganzen gewusst werden, andere nicht. |
F07 Abstrakter Sachverhalt, z.B. Klassenbildung | F07+ Ja, Klassenbildung in Abgrenzung zu anderen Qualifizierungen (z.B. glauben). |
F08 Referenz: wie und wo kann man den S finden? | F08+ Ja, in den erkennenden Systemen und ihren Wissensausführungen. |
F09 Sonstige hier sinnvoll erscheinende Frage | F09+ Der Zusammenhang Wahrheit, Wissen, Gewissheit, Überzeugung, Glauben. |
Wissen? = unklar, um was für ein Wissen es geht. Ähnlich
WissenonS
Wissenallgmein = allgemeines Wissen, das Wissen jedermanns.
Wissenart = Wissensarten, auch Formen (Brendel 2013) genannt.
Materialien zu wissen, Wissen in Sprachlehre und Wissenschaft
Sprachlehre, Wörterbücher, Lexika
Duden (Internetseite:
Abruf 06.07.18)
"Bedeutungsübersicht?
Gesamtheit der Kenntnisse, die jemand [auf einem
bestimmten Gebiet] hat
Kenntnis, das Wissen von etwas
Synonyme zu Wissen?
Allgemeinwissen, Bildung, geistiges Kapital, Kenntnisse,
Know-how, Sachkenntnis, Sachverstand, Wissensschatz
Bewusstsein, Einsicht, Erkenntnis, Gewissheit, Kennerschaft,
Kenntnis.
1. Bedeutungen, Beispiele und Wendungen?
Gesamtheit der Kenntnisse, die jemand [auf einem
bestimmten Gebiet] hat
Beispiele
Brockhaus
In Wissen.de (Abruf 09.08.18) wird nur die Stadt "Wissen" aufgeführt:
"Wissen rheinland-pfälzische Stadt (Landkreis Altenkirchen), an der
Sieg, 8400 Einwohner; Luftkurort; Schloss Schönstein; Bauwirtschaft."
Es folgt der Eintrag "Wissenschaft [griechisch epistéme,
lateinisch scientia] ursprünglich das systematische Ganze der Erkenntnis
(Philosophie des Altertums und des Mittelalters). Mit der Ausbildung der
neuzeitlichen Naturwissenschaften begann die Auflösung des universalen
Wissenschaftsbegriffs zugunsten stärkerer Betonung der Einzelwissenschaften.
Zugleich wurde die mathematisch-naturwissenschaftliche Methode Vorbild
aller Wissenschaftlichkeit, der gegenüber im ausgehenden 19. Jahrhundert
die Geisteswissenschaften die in ihrem Wesen liegende, andersartige Methodik
geltend machten. Wissenschaftlichkeit heißt Methodik, Vorurteilsfreiheit,
Wertfreiheit, Verifizierbarkeit und Verifikation jeder Aussage, Möglichkeit
der Kritik sowie Intersubjektivität. – Wissenschaft wird ferner im
weiteren Sinne die Gesamtheit des wissenschaftlichen Betriebs (Institutionen
u. a.), im engeren Sinne die Gesamtheit der gewonnenen Resultate genannt.
– Die Gliederung des „Systems der Wissenschaft“ stellt eine Idealwissenschaft
wie die Mathematik den Realwissenschaften gegenüber. Diese zerfallen
in Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften; als Unterscheidungsmerkmale
werden angegeben: Erklären gegen Verstehen (W. Dilthey), generatisierende
gegen individualisierende (H. Rickert), nomothetische (Gesetzes-) gegen
idiographische (einzelbeschreibende) Wissenschaft (W. Windelband), Realitätswissenschaft
gegen Sinn- bzw. Wertwissenschaft (E. Rothacker), exakte gegen unexakte
Wissenschaft. Die Sozialwissenschaften nehmen dabei eine Mittelstellung
ein."
Etymologie
Niehaus (2004), S. 14 führt aus:
Bacon,
Roger
"Es ist interessant zu sehen, wie anders Wissenschaft heute von uns
gesehen wird im Vergleich zur Auffassung eines ihrer Pioniere. Roger Bacon,
der als das Wunderkind des Mittelalters und einer der größten
Denker der Menschheit gilt, war der Pionier der Methode, Wissen durch Erfahrung
zu erlangen. Dieser franziskanische Mönch lernte von den Sufis der
»Erleuchteten Schule«, daß es einen Unterschied zwischen
dem Sammeln von Informationen und dem Wissen um die Dinge durch tatsächliches
Experimentieren gibt. In seinem Opus Malus, in dem er sich auf die sufische
Lehre bezieht, sagt er:
Es gibt zwei Formen des Wissens: Wissen durch Beweisführung
und Wissen durch Erfahrung, Die Beweisführung führt zu Schlußfolgerungen
und zwingt uns, diese antzuerkennen. Sie bringt jedoch weder Gewißheit,
noch beseitigt sie Zweifel, so daß der Geist in der Wahrheit ruhen
könnte, es sei denn, diese Gewißheit käme durch eigene
Erfahrung zustande."
Sekundärquelle S.9: Shah, Idries (1994) Sufismus.
9. Auflage. München: Diederichsverlag.
S.1: Brendel beginnt mit ihren Kernfragen:
"(1) Was ist BS.1Wissen?
(2) Ist BS.2Wissen
überhaupt möglich?
(3) Was ist der Wert des BS.3Wissens?
(4) Wie gelangen wir zu BS.4Wissen?
(1) ist die metaphysische Frage nach der Natur und dem Wesen von BS.5Wissen.
(2) betrifft die skeptische Frage nach den prinzipiellen Möglichkeiten
und den Grenzen von BS.6Wissen.
In (3) wird die axiologische Frage gestellt, ob und warum BS.7Wissen
für uns Menschen wertvoll ist, und (4) formuliert die epistemologische
Frage nach den Quellen von BS.8Wissen
und den Wegen der Erkenntnisgewinnung.3
Kommentar-Brendel-Kernfragen-S1:
Der Suchtext "Wie gelangen wir zu Wissen?" taucht im ganzen Buch nur auf
S. 1 und sonst nicht mehr auf. Auch der Suchtext "Erkenntnisgewinnung"
hat nur zwei Fundstellen (S.2, S.148).
S.2 (Einleitung): "Die Frage „Was ist BS2.1Wissen?"
ist die erkenntnistheoretisch grundlegende Frage. Im zweiten Kapitel sollen
daher zunächst einige methodologische Vorüberlegungen darüber
angestellt werden, wie man diese Frage nach der Natur von BS2.2Wissen
verstehen und beantworten kann. Es wird sich zeigen, dass eine Wesensdefinition
von BS2.3Wissen, wie sie
etwa Platon beabsichtigte und in der der BS2.4Wissensbegriff
auf seine essentiellen Merkmale reduziert werden soll, zum Scheitern verurteilt
ist. Es wird vielmehr dafür argumentiert, dass es sinnvoller und vielversprechender
ist, eine Explikation von BS2.5issen
anzustreben, die zwar unserer intuitiven Verwendung des BS2.6Wissensbegriffs
möglichst gerecht wird, zugleich aber auch einigen erkenntnistheoretischen
Anforderungen genügen muss. So sollte die intendierte Explikation
in der Lage sein, notorische Probleme und Paradoxien des BS2.7Wissens
zu lösen. Insbesondere sollte sie dem radikalen Wissensskeptizismus
Paroli bieten können. Doch worin genau besteht eigentlich das Explikandum
dieser BS2.8Wissensexplikation?
Ein Blick auf die eingangs erwähnten Beispiele zeigt bereits, dass
der BS2.9Wissensbegriff in
sprachlich verschiedenen Varianten benutzt wird. BS2.10„Wissen"
kann zum einen substantivisch („das BS2.11Wissen")
verwendet werden. Zum anderen drückt BS2.12„wissen"
aber auch eine Relation zwischen einem BS2.13Wissenssubjekt
und
einem Objekt des BS2.14Wissens
aus und wird als Verb verwendet, wie in „Peter BS2.15weiß,
wo der nächste Supermarkt ist" oder „Maria BS2.16weiß,
warum Peter gestern nicht nach Hause kam". In den BS2.17Wissen-dass-Formulierungen
- wie in „wissen, dass 2 und 2 gleich
4 ist", BS2.18„wissen, dass
Hunde Tiere sind" oder in „wissen, dass
der Griff auf eine heiße Herdplatte schmerzt" - wird das Objekt des
BS2.19Wissens
in Form einer Aussage formuliert, die einen bestimmten Sachverhalt, einen
sogenannten propositionalen Gehalt, zum Ausdruck bringt. Diese Form des
BS2.20Wissens
wird daher auch als BS2.21propositionales
Wissen bezeichnet. Nach einer systematischen Analyse der
Beziehungen zwischen den verschiedenen BS2.22Wissensformen
soll gezeigt werden, dass es aus erkenntnisphilosophischer Sicht gute Gründe
gibt, das propositionale BS2.23Wissen
in den Fokus der Untersuchungen zu stellen."
Kommentar-Brendel2013-S2:
Was
ist Fragen sind gefährlich, weil suggeriert wird, als gäbe
es Wissen unabhängig von seiner Prädikation, Definition oder
dem Gebrauch. Propositionen beschreiben Aussagen, die im Allgemeinen einen
Wahrheitswert haben, meist sehr vereinfacht wahr und falsch. Propositionales
Wissen heißt demnach das Wissen, das aus Aussagen mit einem Wahrheitswert
besteht. Die Beispiele sind einfach und verständlich. Aber es fehlt
das Wichtigste, wodurch die Aussagen zu Wissen werden, z.B. wodurch weiß
Peter, wo der nächste Supermarkt ist, was macht seine Auffasung, seine
Kenntnis zum Wissen?
Wissensformen-nach-Brendel (2013), S.14-15: B14.1„Wissen" kann als Substantiv oder als Verb in der Sprache vorkommen. Das Verb B14.2„wissen" wird häufig im Zusammenhang mit einem eingebetteten Fragesatz verwendet. Im Folgenden werde ich diese Form des B14.3Wissens als interrogatives B14.4Wissen bezeichnen. Beispiele für interrogatives B14.5Wissen sind:
S.28: "3.2 Die klassische Analyse propositionalen
B28.1Wissens
Während Platon direkt nach der Natur und dem Wert von B28.2Wissen
fragt,
steht in der klassischen Analyse propositionalen B28.3Wissens
der modernen Erkenntnistheorie meist die semantische Frage nach den Wahrheitsbedingungen
von propositionalen B28.4Wissensaussagen
der Form „S B28.5weiß,
dass p" (wobei „S" ein beliebiges epistemisches Subjekt und „p" eine beliebige
Proposition ausdrückt) im Vordergrund. In Anlehnung an Platons B28.6Wissenskonzeption
sind (i) die Bedingung des Überzeugtseins von S, dass p, (ii) die
Bedingung der Wahrheit von p sowie (iii) die Bedingung, dass p epistemisch
gerechtfertigt ist, notwendige und zusammen hinreichende Bedingungen für
die Wahrheit der Aussage „S B28.7weiß,
dass p":
Klassische Analyse propositionalen B28.8Wissens
Brendel2013-S28: "Eine Aussage der Form „S B28.9weiß,
dass p" ist genau dann wahr, wenn die folgenden drei Bedingungen (i)-(iii)
erfüllt sind:
(i) S ist davon überzeugt, dass p,
(ii) p ist wahr,
(iii) Ss Überzeugung, dass p, ist epistemisch gerechtfertigt."
S. 14: "Auch hier kann der Proponent der analytischen Methode plausible
Gründe anführen. Er wird etwa so argumentieren: vom bloß
Faktischen kann hier nicht die Rede sein. Denn wir wollten den Inhalt unserer
Begriffe erforschen."
Kommentar: Plausibel wird nicht erklärt und
begründet, sondern als allgemein bekannter Grundbegriff verwendet,
den jeder versteht.
S. 134f: "Gäbe es also Indizien dafür, daß bei dem Wissensbegriff
der Objektivierungsprozeß tatsächlich zum Äußersten
fortgeschritten ist; gäbe es mit anderen Worten Indizien dafür,
daß der Wissensbegriff implizit die Erfüllung des denkbar strengsten
Standards erfordert, dann stünde mein Vorhaben vor einem wohl unüberwindlichen
Problem. Erfreulich ist es also, daß die vorhandenen Indizien eher
dazu neigen, die gegenteilige Annahme zu unterstützen. Daß es
so ist, kann ich vielleicht dadurch verdeutlichen, daß ich den Wissensbegriff
mit einem anderen Begriff vergleiche, von dem man wenigstens plausibel
behaupten kann, er richte sich tatsäch-[>135]lich nach einem absoluten,
nicht mehr zu steigernden Kriterium. "
Kommentar: Plausibel wird nicht erklärt und
begründet, sondern als allgemein bekannter Grundbegriff verwendet,
den jeder versteht.
S. 374 "A. Allgemeine Betrachtungen
"Aber obwohl jeder Teil von dem, was wir geneigt sind, als »Wissen«
zu betrachten, bis zu einem gewissen Grade zweifelhaft sein mag, so ist
es doch klar, daß manche Dinge als fast sicher gelten können,
während andere kühne Vermutung sind. Für einen vernünftigen
Menschen gibt es eine Stufenfolge der Zweifelhaftigkeit von einfachen logischen
und arithmetischen Sätzen und Wahrnehmungsurteilen am einen Ende bis
zu solchen Fragen, wie etwa, welche Sprache die Mykäner gesprochen
haben oder »welche Lieder die Sirenen gesungen haben«, am anderen
Ende. Ob auch den am wenigsten bezweifelbaren unserer Überzeugungen
noch ein gewisser Grad von Bezweifelbarkeit anhaftet, ist eine Frage, mit
der wir uns im Augenblick nicht zu beschäftigen brauchen; genug, daß
jede Aussage hinsichtlich deren wir vernünftige Gründe für
einen gewissen Grad von Vertrauen oder Mißtrauen haben, wenigstens
theoretisch auf einer Stufenleiter zwischen sicherer Wahrheit und sicherer
Falschheit Platz findet. Die Frage, ob diese Grenzen selbst dabei mit einzuschließen
sind, können wir zunächst offen lassen.
Es gibt einen gewissen Zusammenhang zwischen mathematischer Wahrscheinlichkeit
und Graden der Glaubwürdigkeit. Dies ist der Zusammenhang: Wenn mit
Bezug auf alle zur Verfügung stehenden Unterlagen eine Aussage eine
bestimmte mathematische Wahrscheinlichkeit hat, dann gibt diese das Maß
für den Grad der Glaubwürdigkeit an. Wenn wir z. B. Würfel
spielen, so hat die Aussage »Es wird ein Sechserpasch geworfen werden«
nur den 3 5. Teil der Glaubwürdigkeit, welche der Aussage »Es
wird kein Sechserpasch geworfen werden« beizumessen ist. In dieser
Weise wird also der vernünftige Mann, der jeder Aussage den richtigen
Grad von Glaubwürdigkeit beimißt, durch die mathematische Wahrscheinlichkeitstheorie
geleitet werden, wenn sie anwendbar ist.
Der Begriff »glaubwürdig« aber hat ein viel weiteres
Anwendungsgebiet als der Begriff der mathematischen Wahrscheinlichkeit.
Ich glaube, daß er auf jede Aussage anwendbar ist, außer auf
solche, die weder Gegebenheiten kundtun, noch mit Gegebenheiten in irgendeiner
Weise so Zusammenhängen, daß sich daraus ein Grund für
oder gegen ihre Annahme ergibt. Ich glaube, daß er besonders auf
Aussagen anwendbar ist, die so angenähert wie möglich nichts
anderes als Gegebenheiten ausdrücken. ..."
Kommentar Plausibilität gleich Glaubwürdigkeit:
Die Grade der Glaubwürdigkeit könnten auch Die Grade
der Plausibilität genannt werden. Akzeptiert man das, dann hat
Russell als einer der ganz wenigen 1948 eine Plausibilitätstheorie
vorgelegt.
B. Glaubwürdigkeit und Häufigkeit 377-384
C. Glaubwürdigkeit von Gegebenheiten 384-388
D. Grade der subjektiven Gewißheit 389-390
E. Wahrscheinlichkeit und Verhalten 390-392
Russell formuliert S. 390 auch Wahrheitskriterien: "Gäbe es überhaupt
keinen Zusammenhang zwischen Glaubwürdigkeit und subjektiver Gewißheit,
so könnte es auch so etwas wie Wissen nicht geben. Wir nehmen in der
Praxis an, daß eine Klasse von Überzeugungen als wahr angesehen
werden könne, wenn sie a) von allen fest geglaubt werden, die sie
sorgfältig überdacht haben, wenn es b) keinen positiven Grund
gegen ihre Annahme gibt, wenn es c) keinen bestimmten Grund für die
Annahme gibt, daß die Menschen sie auch dann glauben würden,
wenn sie unwahr wären. Auf dieser Grundlage wird allgemein angenommen,
daß einerseits Wahrnehmungsurteile und andererseits logische und
mathematische Urteile denjenigen Teil unserer Kenntnis bilden, der am gewissesten
ist. Wir werden sehen, daß, wenn wir zu einer Naturwissenschaft gelangen
wollen, Logik und Mathematik durch gewisse außerlogische Grundsätze
ergänzt werden müssen, unter denen die Induktion bisher (wie
mir scheint, missverständlicherweise) der am allgemeinsten anerkannte
Grundsatz ist. Diese außerlogischen Grundsätze werfen Probleme
auf, die zu untersuchen unsere Aufgabe sein wird."
Kommentar Wahrheitskriterien:
"allen", "fest geglaubt", "sorgfältig überdacht", "positiver
Grund", "bestimmter Grund" sind wenig klar und damit wenig überzeugend.
Es fehlen Operationalisierungen und Beispiele.
Wissen nach der Logikschule von Port Royal (1692)
Arnauld, Antoine & Nicole, Pierre (dt. 1972, fr 1662f). Die Logik
oder Kunst des Denkens [Die Logik von Port-Royal]. Übersetzt und eingeleitet
von Christos Axelos. Darmstadt: WBG.
"Wenn aber der Grund nicht nur scheinbar, sondern unerschütterlich
und wahr ist, was durch längere und genauere Aufmerksamkeit, durch
eine festere Überzeugung und durch die Art der Klarheit, die in diesem
Fall lebhafter und durchdringender ist, festgestellt werden kann, dann
heißt das Für-wahr-Halten, das durch den Grund herbeigeführt
wird, Wissen. Über das Wissen
werden verschiedene Betrachtungen angestellt.
Zunächst, ob es das Wissen
gibt, das heißt, ob wir eine auf klare und gewisse Gründe aufgebaute
Erkenntnis haben; oder allgemeiner: ob wir klare und gewisse Erkenntnis
haben. Diese Frage geht sowohl die Einsicht als auch das Wissen
an.
Es gibt Philosophen, die dies beharrlich leugnen
und die sogar ihre ganze Philosophie auf dieser Grundlage aufgebaut haben.
Und zwar haben sich die einen, die neuen Akademiker, damit begnügt,
die Gewißheit zu leugnen, indem sie nur die Wahrscheinlichkeit zulassen,
die anderen, die Pyrrhonisten, haben selbst diese Wahrscheinlichkeit verneint
und behauptet, daß alle Dinge gleichermaßen dunkel und ungewiß
seien. In Wirklichkeit haben alle diese Lehrmeinungen, die soviel Staub
auf gewirbelt haben, niemals irgendwo anders als in den Reden, den Disputen
oder den Schriften existiert und niemand war von ihnen jemals ernstlich
überzeugt. Sie waren Spielereien und Zerstreuungen müßiger
und erfinderischer Menschen. Sie sind jedoch niemals Meinungen gewesen,
denen jene Menschen wirklich huldigten und die sie zu praktizieren bereit
waren. Aus diesem Grund bestand das beste Mittel, jene Philosophen zu überzeugen,
darin, sie sich ihre Bewußtseinsakte vergegenwärtigen zu lassen,
an ihre Aufrichtigkeit zu appellieren und an sie die Frage zu stellen nach
allen jenen Reden, durch welche sie zu zeigen suchten, daß man weder
zwischen Schlafen und Wachen noch zwischen Irrsinn und gesunder Menschenvernunft
unterscheiden kann, ob sie nicht trotz ihrer langen Begründungen davon
überzeugt wären, daß sie nicht schlafen und daß sie
einen gesunden Geist besitzen. Und wenn sie eine Spur von Ehrlichkeit gehabt
hätten, hätten sie alle ihre eitlen Spitzfindigkeiten widerrufen
und offen zugegeben, daß sie es nicht vermochten, jene Unterscheidungen
für unwahr zu halten, als sie sich anschickten, sie zu leugnen.
Es kann sich zwar jemand finden, der zu zweifeln
anfängt, ob er schläft, ob er verrückt ist, und der sogar
glaubt, daß die Realität der [] Außenwelt ungewiß
ist, daß es zweifelhaft ist, ob Sonne, Mond, Materie wirklich sind.
Niemand könnte jedoch daran zweifeln, wie der heilige Augustinus sagt,
ob er ist, ob er denkt, ob er lebt. Denn mag er schlafen oder wachen, einen
gesunden oder kranken Geist haben, sich irren oder sich nicht irren, es
ist jedenfalls sicher, daß er denkt, daß er ist und daß
er lebt, da es unmöglich ist, das Dasein und das Leben von dem Denken
abzutrennen und zu glauben, daß das Denkende nicht ist und nicht
lebt. Von dieser klaren, gewissen und unbezweifelbaren Erkenntnis ausgehend,
kann er sicheine Regel bilden, um alle Gedanken, bei denen er eine ähnliche
Klarheit antreffen wird, als wahre Gedanken anzusprechen.
Desgleichen ist es unmöglich, an seinen Sinneswahrnehmungen
zu zweifeln, wenn man sie von ihrem Gegenstand trennt. Mag es Sonne und
Erde geben oder nicht, ich bin sicher, daß ich mir vorstellen kann,
sie zu sehen. Ich bin sicher, wenn ich zweifle, daß ich zweifle,
und, wenn ich zu sehen glaube, daß ich glaube zu sehen, daß
ich, wenn ich zu hören glaube, glaube zu hören usw. Man wird
auf diese Weise, indem man in den eigenen Geist eindringt und zusieht,
was sich dort abspielt, unendlich viele klare Erkenntnisse finden, die
nicht ange-zweifelt werden können.
Diese Überlegung kann zur Entscheidung einer
anderen Frage dienen, ob nämlich die Dinge, die man nur durch den
Geist kennt, gewisser oder weniger gewiß sind als die, die man durch
die Sinne kennt. Denn auf Grund des Gesagten ist es klar, daß wir
uns unserer Sinneswahrnehmungen und unserer Ideen, die nur als Gegenstände
einer Reflexion des Geistes präsent sind, sicherer sind als aller
Gegenstände, die sich auf die Sinneswahrnehmungen beziehen. Man kann
selbst sagen, daß, obgleich die Sinne uns nicht immer mit dem Bericht,
den sie uns geben, täuschen, dennoch die Gewißheit, daß
sie uns nicht täuschen, nicht von den Sinnen kommt, sondern von einer
Reflexion des Geistes, durch welche wir unterscheiden, wann wir den Sinnen
glauben und wann wir ihnen nicht glauben dürfen.
Und deshalb muß zugestanden werden, daß
der heilige Augustinus, sich Platon anschließend, mit Recht behauptete,
daß die Beurteilung der Wahrheit und die Regel, gemäß
welcher sie festgestellt wird, nicht den Sinnen, sondern dem Geist angehören:
Non est judicium veritatis in sensibus; und daß selbst die von den
Sinnen gewährte Gewißheit sich nicht sehr weit erstreckt. Es
gibt nämlich etliche Dinge, die man vermittels der Sinne zu wissen
glaubt, von denen man aber nicht behaupten kann, daß man über
sie völlige Gewißheit hat."
"3. Wissen
Was bedeutet Archäologie des Wissens bei Foucault?
Foucault, Michel (dt. 1973, fr 1969) Archäologie des Wissens.
Frankfurt aM: Suhrkamp.
II DIE DISKURSIVEN REGELMÄSSIGKEITEN 31
i. Die Einheiten des Diskurses 33
2. Die diskursiven Formationen 48
3. Die Formation der Gegenstände 61
4. Die Formation der Äußerungsmodalitäten 75
5. Die Formation der Begriffe 83
6. Die Formation der Strategien 94
7. Bemerkungen und Konsequenzen 104
III DIE AUSSAGE UND DAS ARCHIV 113
1. Die Aussage definieren nJ \g
2. Die Aussagefunktion 128
3. Die Beschreibung der Aussagen 154
4. Seltenheit, Äußerlichkeit, Häufung 172
5. Das historische Apriori und das Archiv 183
IV DIE ARCHÄOLOGISCHE BESCHREIBUNG 191
1. Archäologie und Ideengeschichte 193
2. Das Originale und das Regelmäßige 201
3. Die Widersprüche 213
4. Die Vergleichstatsachen 224
j. Die Veränderung und die Transformationen 236
6. Wissenschaft und Wissen 2J3
V (Schluß) 281
[3] Was sagt Foucault selbst, was er da vorhat
mit der Archäologie des Wissens?
Seit Jahrzehnten richtet sich nun schon die Aufmerksamkeit der Historiker
vorzugsweise auf die langen Perioden, als ob sie sich anschickten, unter
den politischen Peripetien und ihren Episoden die festen und schwer zu
störenden Gleichgewichte, die irreversiblen Prozesse, die konstanten
Regulierungen, die Phänomene mit der Tendenz, nach jahrhundertelanger
Dauer ihren Höhepunkt zu erreichen und umzuschlagen, die Akkumulationsbewegungen
und langsamen Sättigungen, die großen, unbeweglichen und stummen
Sockel, die die Verschachtelung der traditionellen Berichte mit einer dicken
Schicht von Ereignissen bedeckt hatte, zum Vorschein zu bringen. Um diese
Analyse vorzunehmen, verfügen die Historiker über zum Teil übernommene,
zum Teil selbstverfertigte Instrumente: Modelle wirtschaftlichen Wachstums,
Mengenanalysen des Warenflusses, Kurven über die Zunahme und den Rückgang
der Bevölkerungsziffer, Untersuchung des Klimas und seiner Schwankungen,
Ermittlung soziologischer Konstanten, Beschreibung technischer Anpassungen,
ihrer Verbreitung und ihrer Beständigkeit. Diese Instrumente haben
ihnen erlaubt, im Felde der Geschichte verschiedene Ablagerungsschichten
zu unterscheiden. An die Stelle der linearen Abfolgen, die bis dahin den
Untersuchungsgegenstand gebildet haben, ist ein Spiel von in die Tiefe
gehenden Loshakungen getreten; von der politischen Mobilität bis hin
zu den der »materiellen Kultur« eigenen geringen Geschwindigkeiten
haben sich die Ebenen der Analyse vervielfacht: jede hat ihre spezifischen
Brüche, jede umfaßt einen nur ihr gehörigen Ausschnitt;
und je weiter man zu den tiefsten Sockeln hinabsteigt, um so breiter werden
die Skansionen. Hinter der erschütterten Geschichte der Regierungen,
Kriege und Hungersnöte zeichnen sich für das Auge fast unbewegliche
Geschichten ab, Geschichten mit leichtem Gefälle: die Geschichte der
Seewege, die Ge-[>10]schichte des Getreides oder der Goldminen, die Geschichte
der Dürre und der Bewässerung, der Koppelwirtschaft, die Geschichte
des von der Menschheit erreichten Gleichgewichts zwischen Hunger und Vermehrung.
Die alten Fragen der traditionellen Analyse (welche Verbindung zwischen
disparaten Ereignissen soll man feststellen? wie soll man eine notwendige
Folge zwischen ihnen feststellen? Welche Kontinuität durchdringt sie
oder welche Gesamtbedeutung nehmen sie schließlich an? Kann man eine
Totalität definieren oder muß man sich auf die Rekonstruktion
von Verkettungen beschränken?) werden künftig durch Fragestellungen
anderen Typs ersetzt: welche Schichten muß man voneinander isolieren,
welche Serientypen einführen? welche Periodisierungskriterien für
jede von ihnen anwenden? welches Beziehungssystem (Hierarchie, Dominanz,
Abstufung, eindeutige Determination, kreisförmige Kausalität)
kann man von einer zur anderen beschreiben? Welche Serien von Serien kann
man feststellen? Und in welcher Tabelle kann man langfristig distinkte
Folgen von Ereignissen bestimmen?
Nun hat sich ungefähr zur gleichen Zeit in
den Disziplinen, die man Ideengeschichte, Wissenschaftsgeschichte, Philosophiegeschichte,
Geschichte des Denkens und auch Literaturgeschichte nennt (ihre Spezifität
kann für einen Augenblick vernachlässigt werden); in jenen Disziplinen,
die trotz ihres Namens zum größten Teil der Arbeit des Historikers
und seinen Methoden sich entziehen, im Gegenteil die Aufmerksamkeit von
den großen Einheiten, die man als »Epochen« oder als
»Jahrhunderte« beschrieb, zu Phänomenen des Bruches verlagert.
Unter den großen Kontinuitäten des Denkens, unter den massiven
und homogenen Manifestationen eines Geistes oder einer kollektiven Mentalität,
unter dem hartnäckigen Werden einer Wissenschaft, die danach trachtet,
zu existieren und von Anfang an ihr Ende zu finden, unter dem Beharren
einer Gattung, einer Form, einer Disziplin, einer theoretischen Aktivität,
sucht man jetzt die Auswirkung der Unterbrechungen zu entdecken. Unterbrechungen,
deren Statut und Natur sehr [>11] unterschiedlich sind. Erkenntnistheoretische
Akte und Schwellen, wie Gaston Bachelard sie beschreibt: sie heben die
unbegrenzte Aufhäufung der Erkenntnisse auf, brechen ihr langsames
Reifen und lassen sie in eine neue Zeit eintreten, schneiden sie von ihrem
empirischen Ursprung und von ihren anfänglichen Motivationen ab, säubern
sie von ihren imaginären Komplizitäten. Sie schreiben so der
historischen Analyse nicht mehr die Suche nach den stillen Anfängen,
nicht mehr das endlose Rückschreiten hin zu den ersten Vorläufern,
sondern das Auffinden eines neuen Typs von Rationalität und seiner
vielfältigen Wirkungen vor. Deplazierungen und Transformationen der
Begriffe: die Analysen von Georges Canguilhem können dabei als Modell
dienen; sie zeigen, daß die Geschichte eines Begriffs nicht alles
in allem die seiner fortschreitenden Verfeinerung, seiner ständig
wachsenden Rationalität, seines Abstraktionsanstiegs ist, sondern
die seiner verschiedenen Konstitutions- und Gültigkeitsfelder, die
seiner aufeinander folgenden Gebrauchsregeln, der vielfältigen theoretischen
Milieus, in denen sich seine Herausarbeitung vollzogen und vollendet hat.
Ebenfalls von Georges Canguilhem wird die Unterscheidung vorgenommen zwischen
den mikroskopischen und den makroskopischen Abstufungen der Wissenschaftsgeschichte,
auf denen die Ereignisse und ihre Folgen sich nicht auf gleiche Weisen
verteilen: so daß eine Entdeckung, das Ausrichten einer Methode,
das Werk eines Gelehrten, auch seine Fehlschläge, nie die gleiche
Auswirkung haben und nicht auf gleiche Weise auf einem wie dem anderen
Niveau beschrieben werden können; es ist nicht die gleiche Geschichte,
die hier und dort erzählt wird. Rücklaufende Neueinteilungen,
die mehrere Vergangenheiten, mehrere Verkettungsformen, mehrere Hierarchien
der Gewichtung, mehrere Determinationsraster, mehrere Teleologien für
ein und dieselbe Wissenschaft entsprechend
den Veränderungen ihrer Gegenwart erscheinen lassen. Infolgedessen
ordnen sich die historischen Beschreibungen notwendig nach der Aktualität
des Wissens, vervielfachen sie sich
mit seinen Transformationen und hören [>12]
Gierer, Alfred (1988) Das Wissen vom Wissen. In (58-64) Die Physik, Das Leben und die Seele. München: Piper.
Dorsch: "Wissen
(= W.) [engl. knowledge], [KOG], kogn.
Repräsentation von Gegenständen; unterschieden werden Repräsentationen
von Sachverhalten (deklaratives
W.),
von Fertigkeit und deren Ausübung (prozedurales W.),
von Heuristiken und Problemlösestrategien (strategisches W.,
Problemlösen) und von der Kontrolle und Steuerung von Lern- und Denkprozessen
selbst (metakognitives W., Metakognition,
Schema, Gedächtnis). Zum W.system
einer Person werden ebenfalls soziale Fertigkeiten und Kompetenzen sowie
Einstellungen und Überzeugungen (Überzeugungssystem) gezählt.
Die intentionale Vermittlung von W.
(Lehren) erfolgt durch Nutzung von Vorgängen des Wissenserwerbs,
da es sich bei der W.aneignung um einen
konstruktiven, meist auch soz. eingebundenen Prozess handelt. Denken.
Autor/en Michaela Heinecke-Müller
Literatur Sodian, B. (1995). Entwicklung bereichsspezifischen Wissens.
In R. Oerter & L. Montada (Hrsg.), Entwicklungspsychologie (S. 622–653).
München: PVU."
Spektrum Lexikon der
Psychologie
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/wissen/16892
Essay Wissen von Gabi Reinmann-Rothmeier und Heinz Mandl
Epistemologische Grundlagen
Die Frage, was SL1Wissen
ist und wie es entsteht, gehört zu den grundlegenden Fragestellungen
der Philosophie. In der westlichen Epistemologie ist der Begriff des SL2Wissens
seit jeher eng mit der Suche nach der „Wahrheit“ verknüpft; dies prädestiniert
das Thema für eine kontroverse Debatte, die sich bis auf die antike
Auseinandersetzung zwischen Platon und Aristoteles zurückverfolgen
läßt: Es existiert ein apriorisches Wissen, das nicht durch
Sinneswahrnehmungen erklärt werden muß – so Platons (428 – 347
v.Chr.) These. SL3Wissen
wird folglich deduktiv erlangt, die absolute Wahrheit entsprechend durch
logisches Denken erschlossen. Damit war der Rationalismus geboren, der
in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit René Descartes
seinen wichtigsten Vertreter fand. Es gibt kein SL4apriorisches
Wissen, konterte Aristoteles (384 – 322 v.Chr.), der in
der Sinneserfahrung die einzig wahre SL5Wissensquelle
sah. SL6Wissen, so sein Fazit,
wird induktiv erlangt, Erkenntnis aus Sinneserfahrungen abgeleitet. Aristoteles
schuf auf diese Weise den Gegenspieler des Rationalismus – den Empirismus,
der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts am prominentesten von
John Locke repräsentiert wurde. Im 18. Jahrhundert gab es vor allem
mit Kant und Hegel Versuche, Rationalismus und Empirismus zu „versöhnen“,
etwa mit der Annahme eines Zusammenwirkens von logischem Denken und Sinneswahrnehmung.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts gesellten sich weitere Strömungen hinzu
(z.B. Phänomenologie, Pragmatismus etc.), die das SL7Wissen
in enger Verbindung etwa mit Handeln, Körpererfahrung oder Sprache
sahen. In der Folge verwischten die Grenzen der beiden „alten Lager Rationalismus
und Empirismus“ ein wenig, ohne aber zu verschwinden. Im Gegenteil: Wer
sich mit SL8Wissen auseinandersetzt
und nach seinem „Wesen“ sucht, den beschäftigt die zugrundeliegende
Kontroverse auch heute noch.
Verschiedene Sichtweisen von SL9Wissen
Es gibt bis dato keine einheitliche Definition dessen, was SL10Wissen
ist. Denn SL11Wissen kann
aus mehreren Perspektiven betrachtet werden, was unterschiedliche SL12Wissensdefinitionen
nach sich zieht (Greeno, Collins & Resnick, 1996): Aus behavioristischer
Sicht, die im Kern die Tradition des Empirismus fortsetzt, wird SL13Wissen
als Besitz von Reiz-Reaktions-Verbindungen (Assoziationstheorie) und/oder
Aktivitätsmustern (Konnektionismus) im Gedächtnis verstanden.
Neuronale Netzwerktheorien versuchen, vor allem die konnektionistische
Perspektive auf biologischer Grundlage zu untermauern. Aus kognitiver Sicht,
die eher rationalistischen Prinzipien folgt, entspricht SL14Wissen
dem Besitz von Konzepten und kognitiven Fähigkeiten zur Wiedererkennung
und Konstruktion von Symbolmustern. SL15Wissen
gilt hier als Grundlage für so allgemeine Fähigkeiten wie Sprechen
und Sprachverstehen oder Problemlösen und Denken. Aus einer neueren
„situativen“ Sicht wird SL16Wissen
als in der Welt verteilt interpretiert. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen
Sichtweisen liegt hier der Fokus weniger auf der Frage nach der Beschaffenheit
von SL17Wissen als vielmehr
auf der Suche nach der Art, wie Wissen unter Individuen, Gemeinschaften
und deren Artefakten verteilt ist. Das rückt die situative Sicht in
die Nähe des Pragmatismus und einer soziohistorischen Herangehensweise
an das Thema SL18Wissen.
SL19Wissen in verschiedenen
historischen Kontexten
Was die Menschen unter SL20Wissen
verstehen und wie sie damit umgehen, ist in hohem Maße von den gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen abhängig. Betrachtet man den Stellenwert und die
individuelle, wirtschaftliche und politische Macht des SL21Wissens
zu verschiedenen Zeiten, so zeigt sich schnell, daß SL22Wissenssysteme
einem historischen Wandel unterliegen (Damerow & Lefèvre, 1998):
In schriftlosen Kulturen wurde SL23Wissen
ausschließlich interaktiv und über die gesprochene Sprache von
Generation zu Generation tradiert und war entsprechend situativ gebunden.
Mit den frühen Schriftkulturen wurde die symbolische Repräsentation
von SL24Wissen möglich,
was dazu führte, daß bislang allgemein zugängliches SL25Wissen
zu einem SL26Wissen von Experten
und Eliten wurde. Eine Verstärkung dieser Tendenz sowie eine Erweiterung
der
SL27Wissenssysteme fanden
in der klassischen Antike und im Mittelalter statt. SL28Wissensträger
waren nun immer mehr die Gelehrten. Erst mit dem Buchdruck veränderten
sich die soziale SL29Wissensverteilung
und die Art der SL30Wissenstradierung:
SL31Wissenschaftliches
Denken und Handeln prägten die europäische Neuzeit und forcierten
eine systematische Produktion von SL32„Erfahrungswissen“.
Kennzeichen des nachfolgenden Industriezeitalters waren die Spezialisierung
und Kanonisierung von SL34Wissen,
die in eine historisch neuartige Kluft zwischen wissenschaftlichem
SL35Wissen
und SL36Alltagswissen mündeten.
Heute wird vielerorts von der SL37Wissensgesellschaft
gesprochen, die charakterisiert ist von einem exponentiellen Wachstum des
SL38Wissens
und einem enormen Fortschritt auf dem Sektor der neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien. Vor allem letztere führen zu prinzipiellen
Veränderungen in der Repräsentation von SL39Wissen
(multimedial präsentiertes SL40Wissen
in Hypertextformat), im Zugriff auf SL41Wissen
(orts- und zeitunabhängiger sekundenschneller SL42„Wissenstransport“)
sowie in der Verteilung von Wissen (disperses SL43Wissen
in weltweiten Netzen).
Die Psychologie des SL44Wissens
In der heute zunehmend komplexer werdenden Welt, in der der einzelne
einer kaum noch überschaubaren Flut und Vielfalt von Information und
SL45Wissen
ausgesetzt ist, gewinnt das SL46Wissen
als Gegenstand der psychologischen Forschung an hoher Aktualität.
Im Rahmen der Kognitionspsychologie (Kognition) hat sich seit Mitte der
80er Jahre die SL47Wissenspsychologie
(Mandl & Spada, 1988) entwickelt, die verschiedene Forschungsinhalte
wie Modelle der SL48Wissensrepräsentation
(Gedächtnis), Erwerb von SL49Wissen
(Lernen), Anwendung von SL50Wissen
(Denken; Entscheidung; Handlung) und SL51Wissensveränderung
unter der Fragestellung zu bündeln versucht: Welche Rolle kommt der
Analyse von SL52Wissensprozessen
in verschiedenen Teilbereichen der Psychologie zu? Verschiedene Teilbereiche
der Kognitionspsychologie werden somit aus SL53wissenspsychologischer
Perspektive neu strukturiert und mit einem besonderen Methodenrepertoire
(SL54quantitative und SL55qualitative
SL56Wissensdiagnose)
untersucht. Die Erforschung von SL57Wissen
und SL58Wissensprozessen
ist letztlich aber in vielen Teilbereichen der Psychologie verhaftet –
wohl ein Indiz dafür, daß dem SL59Wissen
in zahlreichen psychologischen Phänomenen ein zentraler Stellenwert
zukommt.
SL60Wissenstypen
Gibt es überhaupt SL61„das“ Wissen,
oder ist es nicht sinnvoller, von verschiedenen Formen oder Typen des SL62Wissens
auszugehen? Alte wie neue Theorien einschließlich empirischer Befunde
sprechen für letzteres: So trennte etwa schon Aristoteles zwischen
SL63praktischem
Wissen, das aus Erfahrung resultiert, und SL64theoretischem
Wissen als dem Ergebnis des Denkens. Fortgeführt und
modernisiert wurde diese antike Einteilung mit der organisationspsychologisch
geprägten Unterscheidung zwischen SL65Kennen–Wissen
als Kenntnis von Theorie und Forschung, SL66Können–Wissen
als praktische Kenntnisse von Produkten und Prozessen und schließlich
SL67Wollen–Wissen
als handlungsleitende Vision. Die in der Tradition der cognitive science
stehende Forschung der
SL68Wissenspsychologie
unterscheidet das
SL69deklarative Wissen
(Faktenwissen) vom
SL70prozeduralen Wissen
(SL71Handlungswissen) und
SL72Kontrollwissen.
Vor allem in der Praxis weit verbreitet ist die Trennung zwischen SL73explizitem
und SL74implizitem Wissen:
Dabei gilt ein SL75Wissen
dann als implizit, wenn es nicht direkt artikulierbar ist, in hohem Maße
von Erfahrungen abhängt und das Merkmal der Gleichzeitigkeit besitzt.
Dagegen spricht man von SL76explizitem Wissen,
wenn es sprachlich artikuliert werden kann, im weitesten Sinne verstandesabhängig
ist und sich mit der Eigenschaft „sequentiell“ charakterisieren läßt.
Diese Gegenüberstellung läßt sich auf Polanyi (1966) zurückführen:
Er unterschied zwischen focal knowledge – SL77Wissen
über ein Objekt oder Phänomen, das gerade im Mittelpunkt der
Aufmerksamkeit steht – und tacit knowledge – SL78Wissen,
das als „Werkzeug“ für den Umgang mit dem im Fokus stehenden SL79Wissen
zu verstehen ist. So unterschiedlich akzentuiert diese Einteilungen auch
sein mögen, so liegt doch überall die Idee zugrunde, daß
es, vereinfacht ausgedrückt, ein erfahrungsabhängiges, schwer
artikulierbares Know-how und ein erwerbsabhängiges, leichter explizierbares
Know-that gibt. Aus organisationstheoretischer Sicht ist die Unterscheidung
zwischen SL80individuellem und SL81organisationalem
Wissen zentral. Organisationales SL82Wissen
ist
Wissen, das – im Gegensatz zum SL83individuellen
Wissen – nicht in den Köpfen von Menschen gespeichert
ist, sondern in sozialen Systemen (Organisationen) bzw. in deren Regelsystemen.
In diesem Zusammenhang wird etwa auch das SL84geteilte
Wissen als Kern der SL85organisationalen
Wissensbasis einerseits dem SL86verfügbaren
Wissen und andererseits dem SL87erreichbaren
Wissen gegenübergestellt. Die Merkmale implizit und
explizit, die ursprünglich auf das Individuum bezogen waren, können
auch auf das SL88organisationale Wissen
angewandt werden, woraus die Unterscheidung zwischen
SL89objektiviertem
(expliziten) Wissen und SL90kollektivem
(impliziten) Wissen resultiert.
Was SL91Wissen von
Information unterscheidet
In der Alltagssprache wird selten zwischen Wissen
und Information unterschieden: Wer über etwas „informiert“ ist, SL92„weiß“
Bescheid; wer das SL93„Wissen“
hat, kann „Informationen“ weitergeben. In der Psychologie aber wird durchaus
zwischen SL94Information und Wissen
unterschieden. Man geht sogar noch weiter und ordnet Zeichen, Daten, Information
und SL95Wissen in einer Art
SL96„Wissensleiter“
an: Zeichen (etwa in Form von Buchstaben, Ziffern oder Sonderzeichen) bilden
als die kleinsten Einheiten die unterste Stufe der Leiter. Daten bestehen
aus einer sinnvoll kombinierten Folge von Zeichen, besitzen aber noch keine
Verwendungshinweise. Sie werden erst zu Information, wenn sie in einen
Problemzusammenhang gestellt werden und zur Erreichung eines Ziels dienen.
Information ist der Rohstoff für die Bildung von SL97Wissen.
Damit aus Information SL98Wissen
wird, muß die Information in einem bedeutungshaltigen Kontext mit
der Erfahrung einer Person und ihrem SL99Vorwissen
verknüpft werden. SL100Wissen
ist demnach mehr als die Ansammlung von Information. Damit aus Information
SL101Wissen
wird, muß der Mensch auswählen, vergleichen, bewerten, Konsequenzen
ziehen, verknüpfen, aushandeln und sich mit anderen austauschen (Informationsverarbeitung).
Im Gegensatz zu Informationen dreht sich SL102Wissen
um persönliche Vorstellungen und individuelles Engagement; dabei ist
es kontext- und beziehungsspezifisch und letztlich am (sozialen) Handeln
orientiert. Diese sich zunehmend verbreitende Interpretation von SL103Wissen
entspricht einer (gemäßigt) konstruktivistischen Auffassung,
derzufolge SL104Wissen kein
Reservoir objektiver
SL105wissenschaftlicher
Resultate, sondern Ausgangspunkt, Weg und Ziel menschlicher Realitätskonstruktionen
zugleich ist. Gestützt wird die Annahme vom SL106Wissen
als kontextabhängigen kognitiven und sozialen Konstruktionsprozeß
unter anderem von der Expertiseforschung, die die Besonderheiten des SL107Expertenwissens
und seine Entstehung untersucht.
Offene Fragen
Die Frage, was genau nun das „Wesen“ des SL108Wissens
ist, wie SL109Wissen eigentlich
entsteht und letztlich in Entscheidungen und in Handeln umgesetzt wird,
ist – wie die kurzen Ausführungen zu den epistemologischen Grundlagen
gezeigt haben – mehr als 2000 Jahre alt und dennoch bis heute ohne verbindliche
Antwort geblieben: Ist SL110Wissen
ein als statisch zu bezeichnendes Ergebnis eines Erkenntnisprozesses in
Form einer
wissenschaftlich begründeten
Überzeugung, oder handelt es sich beim SL111Wissen
doch eher um den Erkenntnisprozeß selbst in Form einer kontinuierlichen
Konstruktion von Menschen und sozialen Systemen? Entsteht SL112Wissen
infolge einer – zumindest theoretisch – genau beschreibbaren Verarbeitung
von Informationen und deren Verknüpfung mit vorhandenen kognitiven
Strukturen im Kopf eines Individuums, oder ist die SL113Wissensentstehung
eher als ein nie ganz zu erklärender Konstruktionsprozeß innerhalb
bedeutungshaltiger persönlicher und sozialer Kontexte zu beschreiben?
Und wie wird letztlich SL114Wissen
zu Handeln? Welche Rolle spielen dabei Emotion, Motivation, Wille, Einstellungen
und Werte einerseits sowie soziale Beziehung, kulturelle Bedingungen sowie
institutionelle Chancen und Barrieren andererseits? Vor dem Hintergrund
solcher auf Klärung drängender Fragen ist SL115Wissen
keine Domäne allein der SL116Wissenspsychologie
oder SL117Wissenssoziologie.
Vielmehr handelt es sich um einen fachübergreifenden Gegenstand, dessen
multidisziplinäre Erforschung wichtige Erkenntnisse für viele
gesellschaftliche Bereiche erwarten läßt: Von der Bildung (Wie
wird
SL118Wissen am besten
erworben?) über die Wirtschaft (Wie geht man sinnvoll mit der Ressource
SL119Wissen
um?) bis hin zur Politik (Wie verhindert man Handeln SL120wider
besseren Wissens?). Der intelligente, effiziente und verantwortungsbewußte
Umgang mit SL121Wissen (in
jüngster Zeit auch zunehmend als SL122„Wissensmanagement“
im weitesten Sinne bezeichnet) ist eine große gesellschaftliche Herausforderung,
eine immer wichtiger werdende Aufgabe von Organisationen und letztlich
auch eine individuelle Kompetenz.
Wissen um die eigene
Existenz
Es gibt psychotische Zustande, da ist selbst die eigene Existenz ungewiss,
fraglich, fragil. Aber die meisten gesunden Menschen sind sich ihrer Existenz
nicht nur bewusst, sondern gewiss.
"... ich weiß, z. B., dass ich existiere, dessen bin ich mir gewiss.
Ich kann darüber nicht getäuscht worden sein. Wenn man mich täuschen
würde, mir vorgaukeln, dass ich existierte, müsste ich existieren,
damit ich darüber getäuscht werden kann. Ich würde mir widersprechen,
wenn ich behaupten würde, dass ich nicht existiere oder dass ich nicht
ohne Zweifel weiß, dass ich existiere. Außer dem einfachen
Beispiel ist alles andere schon nicht mehr so sicher wie dies - außer
dem religiösen Glauben, wie die Gläubigen behaupten."
Quelle: Internetseite
atheismus info (Abruf 09.08.18)
Eigene-Wissens-Beispiele
Ich weiß, dass ich wach, bewusstseinsklar, zeitlich und räumlich
orientiert bin.
Ich weiß um meine Befindlichkeit, dass ich im Moment ganz ordentlich
beeinander und lesitungsfähig bin.
Ich weiß, dass Frankreich zu Europa gehört.
Ich weiß, dass die Erde an den Polen abgeplattet ist.
Ich weiß, dass sich Massen anziehen.
Wissen und oestliche
Philosophie
Watts-1961: "Der Grund, warum Taoismus und Zen für den in westlichem
Denken Erzogenen auf den ersten Blick so verwirrend sind, ist wohl darin
zu suchen, daß wir einen allzuengen Begriff vom menschlichen Wissen
haben. Fast unser gesamtes Wissen ist
so beschaffen, daß ein Taoist es «konventionelles
Wissen nennen [>21] würde. Wir meinen nämlich,
nur das wirklich zu wissen, was wir
unseren Mitmenschen in Worten oder irgendeinem anderen System konventioneller
Zeichen, etwa in mathematischen Formeln oder im Notenbild, mitteilen können.
Solch ein Wissen wird konventionell
genannt, weil es nur dank gesellschaftlicher Übereinkunft besteht
— Übereinkunft nämlich im Hinblick auf die Mittel der Verständigung.
Nicht anders wie Menschen gleicher Sprache stillschweigend Übereinkünfte
darüber haben, mit welchem Wort was bezeichnet werden soll, bilden
die Mitglieder jeder Gesellschaft und jeder Kultur eine Gemeinschaft, da
sie gemeinsame Grundbegriffe der Verständigung haben, auf denen jegliche
Übereinkunft, die Einordnung und Wertung von Handlungen und Dingen
betreffend, basiert."
Quelle: Watts, Allan (1961) Zen-Buddhismus. Reinbek:
rde, S. 20f.
Leinfellner, Werner (1967) Einführung
in die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie. Mannheim: BI.
S.69-71: "Kaum ein erkenntnistheoretisches und wissenschaftstheoretisches.
Problem ist so mit Vorurteilen belastet, wie das der Wahrscheinlichkeit
und [>70] des wahrscheinlichen Wissens.
Hinzu kommt noch die geradezu revolutionäre Entwicklung der statistischen
und der induktiv-wahrscheinlichen Methoden und deren immer weitere Anwendung
von allem auch in den Geisteswissenschaften, wie z. B. in der Soziologie.
Die Entwicklung knüpft, sich einerseits an Statistiker und Mathematiker,
wie Kolmogoroff, v. Mises, Wald, andererseits an Wissenschaftstheoretiker
und Logiker, wie Keynes, Reichenbach, Carnap, Kemeny. Man kann ruhig sagen,
daß diese Entwicklung zusammen mit der immer mehr steigenden Anwendung
statistischer (wahrscheinlichkeitstheoretischer) Methoden in der Physik
(vor allem in der Quantenphysik) die traditionellen Ansichten über
die Erkenntnis und das menschliche Wissen
von Grund auf umgestaltet hat. Die Einwände, die auch heute noch gegen
das wahrscheinlichkeitstheoretisch gewonnene Wissen
erhoben
werden, lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen: Das wahrscheinliche
Wissen sei ein Unsicheres, fehlerhaftes
und vorläufiges, kurz ein unvollständiges Wissen,
und die Ursache seiner Unvollständigkeit sei entweder die Unvollständigkeit
der Informationen oder seine Ableitung mittels wahrscheinlicher Folgerungen.
Die Verfechter dieser Ansicht meinen nun entweder, sowieso bereits im Besitze
eines Wissens zu sein, das absolut und
für alle Zeiten sicher sei, oder zumindestens, daß es ein solches
Wissen
an
sich gäbe, das aber nur noch nicht bekannt sei. Wir haben hier das
klassische Erkenntnisideal vorliegen. Die Anhänger des klassischen
Erkenntnisideals vergessen aber dabei stets, daß sie damit zugleich
in ein rationalistisches dogmatisches Vorurteil geraten, ein Vorurteil,
das weit schwerwiegender ist als das jener, die glauben, wegen der Tatsache
der Existenz wahrscheinlichen Wissens
zu Wissensskeptikern werden zu müssen.
Natürlich werden die oben angeführten Einwände gewöhnlicherweise
nicht so offen ausgedrückt, wie von Einstein, der bekanntlich einmal'
sagte, daß Gott nicht (mit der Natur) Würfel spiele, sondern
sie verbergen sich meist hinter in den klassischen Erkenntnistheorien wohlbekannten
„Prinzipien“, wie dem Kausalitätsprinzip, dem Prinzip des durchgängigen
Determinismus, dem Induktionsprinzip usw., während man heute nur mehr
von mehr oder minder gut bestätigungefähigen Kausalgesetzen,
deterministischen Gesetzen usw. sprechen kann. Einstein war einer der klarsten
und aufrichtigsten Vertreter des klassischen Erkenntnisideals. Denn er
bezeichnete die quantenstatistische Erkenntnis als unvollständige
Erkenntnis, die durch eine vollständige, klassische ersetzt werden
müsse. Dieser Satz bezeichnet die bis jetzt größte naturphilosophische
Streitfrage des 20. Jh., bei der auf der einen Seite Heisenberg, Bohr u.
a. und auf der anderen Einstein u. a. stehen. Ob man für die Unvollständigkeit
des im klassischen Sinne zu vervollständigenden Wissens
objektive [>71] statistische Zustandsbeschreibungen, die nur Durchschnittsbeschreibungen
einer großen Zahl von Einzelzuständen sind, oder subjektive
Fehlerhaftigkeit beim Beobachten, Messen und Folgern oder anderes verantwortlich
macht, ist dabei gleichgültig. In allen Fällen ist man prinzipiell
in dem rationalistischen Dogma befangen, es gäbe absolut sichere Zustands-,
bzw. Meßgrößen, die man eben nur nicht genau ermitteln
könne, und es gäbe ein absolut sicheres,
bis ins Detail gehende Wissen, einen absoluten, überall
geltenden Determinismus usw. Als Kronzeuge wird hier stets die klassische
Physik angeführt. Durch nichts wird der radikale Unterschied zwischen
der klassischen Naturerkenntnis und der modernen Konzeption der Welterkenntnis
und -beschreibung deutlicher als durch den Bruch mit dem rationalistischen
Dogma einer absolut sicheren Welterkenntnis und eines absolut
sicheren Wissens. Daß man aber trotzdem in der Erkenntnis-
und Wissenschaftstheorie nicht zum Gegenpol
überzugehen braucht, nämlich zu einem totalen
Wissensskeptizismus, beruht darauf, daß man gerade
für das wahrscheinliche Wissen
genaue Grenzen seiner Gültigkeit angeben kann, und zwar in Form qualitativer,
komparativer oder numerischer Grade seiner Bestätigungsfähigkeit.
(Von diesem Standpunkt aus ist das klassische Wissen
ein Grenzfall.) Zum ersten Mal gibt es ein Wissen
über die Welt, bei dem man nicht nur über seine Voraussetzungen
reflektieren, sondern eben auch seine Grenzen methodisch genau erfassen
kann. Dies war nur möglich, weil sich das Wissen
zu einem theoretischen Wissen, das die
Form abgeschlossener Theorien oder Hypothesen besitzt, entwickelte. Man
konnte nun die Konzeption der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses in etwas
modifizierter Form auf abgeschlossene Satzsysteme übertragen, d. h.
man suchte mittels verfeinerter wahrscheinlichkeitstheoretischer Methoden
z. B. den Bestätigungs-, bzw. Bewährungsgrad des theoretischen
Wissens festzustellen. Bevor in 14.2 darauf eingegangen
wird, müssen noch analytisch die statistischen und die induktiv-wahrscheinlichen
Methoden der modernen Wissenschaften
untersucht werden."
Kommentar-zu-Leinfellner1967:
Wissen allgemeinverständlicher und nicht weiter erklärungs- oder
begründungsbedürftiger Grundbegriff angesehen. Begriffe: absolut
sicheres, bis ins Detail gehende Wissen; Klassisches Wissen; menschliches
Wissen; theoretisches Wissen; Unsicheres, fehlerhaftes und vorläufiges,
kurz ein unvollständiges Wissen; wahrscheinliches Wissen; wahrscheinlichkeitstheoretisch
gewonnene Wissen; Wissen; zu vervollständigendes Wissen.
Literatur Wissen o.n.S. (ohne nähere Spezifikation)
Feldmann, David (1994) Was ist des Pudels Kern? Erklärungen
aus dem Unerklärlichen. München: Goldmann.
Allgemeinbildung
Im Schüler Duden Das Wissen von A-Z
(1980) hat Wissen kreinen Eintrag.
Allgemeinwissen Physik
Der Testknacker Allgemeinwissen Physik.
Grotz Grundwissen Physik [PDF]
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Wissenschaft site:www.sgipt.org. |
noch nicht end-korrigiert
Weißt Du noch?
Weiß Du schon?
Weißt Du ...?
Stichworte: Beweise, Belege,
Zitatwissen, Wissensquelle
Mehrheit, Minderheit
sicher, unsicher, richtig, falsch, fraglich, teils
Weiß sie, ob er gestern noch getankt hat?
Jemand oder Er kann ja sagen, weil er es gemacht hat.
Jemand oder Er kann ja sagen, obwohl es falsch ist