Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=21.09.2023angelegt
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: tt.mm.jj
Impressum:
Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
Stubenlohstr.
20 D-91052 Erlangen * Mail:_sekretariat@sgipt.org_
Anfang Die
Psychologie J.F. Herbarts _Datenschutz_
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Hinweise_
Willkommen in unserer Abteilung Geschichte der Wissenschaften,
Bereich Psychologie, und hierz speziell zum Thema:
Geschichte der Psychologie
Die Psychologie J.F. Herbarts
Originalrecherche von Rudolf Sponsel
Schulen in
der Psychologie und Psychotherapiue * Beweisen
in der Psychologie * Beweisregister
Psychologie * Zur
Methode der Fundstellen-Textanalyse * Begriffscontainer
(Containerbegriff) * Begriffsverschiebebahnhof
* Wissenschaftliches Arbeiten:
Grundregeln
Begriffe * Aristoteles
zum Geleit * Sprachkritik:
Sch^3-Syndrom
* Meinen *
Editorial.
Assoziationsbegriff und Assoziationslehre in
Herbarts Psychologie als Wissenschaft 1824/25.
Zusammenfassung-Herbart-1824-1825.
Dokumentation
Erster Theil (1824) 5 Fundstellen im Kontext.
Dokumentation
Zweiter Theil (1824) 12 Fundstellen im Kontext.
Literatur, Links, Glossar,
Anmerkungen und Endnoten, Querverweise,
Copyright
und Zitierung, Änderungen
Editorial
Johann Friedrich Herbart (1776-1841) gilt als bedeutender Wegbereiter
der Psychologie, insbesondere der pädagogischen. Auf dieser Seite
sollen einige Arbeiten nach der Methode
der Textanalyse ausgearbeitet und dokumentiert werden. Zunächst
wird der Begriff der Assoziation (Association) bei Herbart in seiner Psychologie
als Wissenschaft, zwei Teile, 1824 und 1825, untersucht.
Assoziation ist ein grundlegender Begriff der Geistesgeschichte
und besonders der Psychologie. Das Wort Assoziation kommt aus dem Lateinischen:
associare bedeutet verbinden, vereinigen, verknüpfen (mehr zu den
Wortbedeutungen: Wikipedia).
Obwohl bereits Aristoteles die grundlegenden Prinzipien für Assoziationsbildungen
formulierte (Ähnlichkeit, Kontrast, räumliche oder zeitliche
Nähe) wurde in den letzten 2500 Jahren keine Assoziationstheorie ausgearbeitet,
die den Namen Theorie wirklich verdient. Ein merkwürdiges Phänonomen
für das ich noch keine Erklärung gefunden habe. Um diesem Phänomen
auf die Spur zu kommen, werte ich die Arbeiten von DenkerInnen und ForscherInnen
aus, die als VertreterInnen der Assoziationslehre gelten oder sich sonst
mit der Assoziation auseinandergesetzt haben. Hierzu gehört auch Johann
Friedrich Herbart (1776-1841). Am Ende dieser Reise, die noch eine
Weile dauern wird, auch wenn ich mich auf wenige repräsentaive Stichproben
von Denker- und ForscherInnen beschränke, habe ich dann hoffentlich
herausgefunden, warum das so ist. Nachdem von Philosophen echte, d.h. empirische
Wissenschaft nicht zu erwarten ist - sie
meinen überwiegend was andere meinen - ist vor allem die Zeit ab 1770
interessant, wo die empirische Psychologie mit den ersten Messungen von
Tetens begann. Aus den 2500 Jahren werden
somit rund 250 Jahre.
Assoziationsbegriff und Assoziationslehre
bei Herbart
1824/25 Psychologie
als Wissenschaft
Herbart, J.F. (1824) Psychologie als Wissenschaft, neu gegründet
auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik. Erster Theil. Berlin: Schade.
Zweiter Theil 1825.
Zusammenfassung-Herbart-1824-1825
Es wurden nach der Methode der Textanalyse die beiden Theile des Werkes
Die
Psychologie als Wissenschaft
1824/25 systematisch von Anfang bis Ende nach "associ" durchsucht.
Dabei wurden im ersten Teil 5 und im zweiten Teil 12 Treffer erzielt. Es
ist klar, dass sich eine Definition von Assoziieren oder Assoziation, falls
sie von Herbart gegeben wurde, an einer dieser 17 Fundstellen befinden
muss. Sinnvollerweise sollte sie nach den Grundregeln
der Begriffe bei den ersten Erwähnungen erfolgen. Wie man
sich überzeugen kann, gibt Herbart weder am Anfang noch im Verlauf
an keiner der 17 Fundstellen eine Definition oder nähere
Erklärung von Assoziation oder assoziieren, auch nicht durch Querverweis,
Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis. Er setzt sich mit der Assoziation
zwar auseinander und kann auch als Vertreter der Assoziationspsychologie
oder der Assoziationspädagogik gelten, aber zu einer Assoziationstheorie
gehört natürlich eine gründliche Analyse des Assoziationsbegriffs
und eine systematische Untersuchung der Erfassung und Ordnung der
Assoziationsphänomene. Das hat Herbart grundlegend nicht verstanden.
Kommentare zu den 17 Fundstellen "associ" in 14
Textbelegen:
-
RS-H1824Vorrede. Assoziation oder associiren wird nicht erklärt. Stattdessen
kritisiert Herbart die bisherige empirische Psychologie und postuliert,
dass sich die Assoziation "mit der strengsten mathematischen Regelmäßigkeit
sich erzeugt und fortwirkt." Das mag sein, aber es müsste dann, da
die Psychologie eine empirische Wissenschaft wie die Physik ist, wie in
dieser auch gezeigt werden. Das scheint Herbart aber nicht zu realisieren.
-
RS-H1824-68: Assoziation wird nicht erklärt. Herbart polemisiert gegen
Fries, dem er seinerseits Polemik gegen Fichte vorwirft, ohne das Werk
zu zitieren, das er angreift. S. 71 gibt einen Hinweis: "Herr Prof. Fries
hat das Hinterste nach vorn gewendet, indem er der Metaphysik seine Anthropologie
voranschickt *). (Man sehe oben §. 15. gegen das Ende.)." §.
15 von welchem Werk!? Wahrscheinlich meint Herbart Fries Kritik der Vernunft,
1807, Bd. 1. Die wissenschaftliche Unverschämtheit Herbarts, Fries
nicht ordentlich zu zieren, hat mich eine gute halbe Stunde Recherchearbeit
gekostet.
-
RS-H1824-89: Assoziation wird nicht erklärt.
-
RS-H1825-168f: Assoziation wird nicht erklärt.
-
RS-H1825-179: Assoziation wird nicht erklärt. Was soll denn
das heißen: "Bringt aber eine Vorstellung nichts als sich selbst"?
Und was genau soll eine Vorstellung sein? Exkurs: "Vorstellung" wird im
Ersten Teil 674x erwähnt. Das erste Mal in der Vorrede IV. V bringt
5 Erwähnungen., VII keine, VII zwei, das Inhaltsverzeichnis 3, S.
8 eine, S. 13 zwei, aber nirgend wird definiert oder erklärt, was
eine Vorstellung sein soll. Wissenschaft geht anders.
-
R-H1825-182-1: Assoziationen werden nicht erklärt.
-
RS-H1825-182-2: Assoziationen werden nicht erklärt. Warum sich
Assoziationen auslöschen müssen - das Gegenteil scheint mir viel
wahrscheinlicher - behauptet Herbart, erklärt es aber nicht.
-
RS-H1825-234: Assoziationen werden nicht erklärt, aber sie halten
Gespräche in Gang.
-
RS-H1825-266: Assoziation wird nicht erklärt, aber es werden Assoziationen
von Gedanken erwähnt.
-
RS-H1825-275: Assoziation wird nicht erklärt, aber Zeitverläufe
oder Zeitgestalten werden durch Assoziationen gebildet.
-
RS-H1825-320: Assoziieren wird nicht erklärt, aber wahrgenommene
Folgen von Begebenheiten werden - nach Hume - assoziiert.
-
RS-H1825-349: Assoziation wird nicht erklärt, aber sie kann zur Erklärung
taugen.
-
RS-H1825-506: Assoziation wird nicht erklärt, nur gebraucht.
-
RS-H1825-513: Assoziation wird nicht erklärt. Herbart entwickelt eine
Grundidee zum Wahnsinn, wonach es den Kranken nicht gelinge, ihre Gedanken
in ihrem ganzen Zusammenhang zu entwickeln, um so die Widersprüche
wahrzunehmen. Und er vergleicht den Wahnsinn mit dem Traum.
Fundstellen im
Kontext Erster Theil (1824) Theil (1824) 5 "associ"
Vorrede
Aber die Ordnung beruht hier auf einem Mehr |0012 : VI|
oder Weniger der Verbindung; die Spannung
auf einem Mehr oder Weniger der Hemmung;
beydes hängt innig zusammen; jedoch Niemand
hoffe davon etwas zu begreifen, wenn er nicht
rechnen will. Kann er doch ohne dies Hülfs-
mittel nicht einmal die Gestalt und die Span-
nung einer Kette begreifen, wie wollte er die
Gestalt und die Wirksamkeit seiner unermeßlich
vielfach verwebten Vorstellungen aus ihren Grün-
den erkennen? Aber gerade so wie eine an zwey
vesten Puncten aufgehängte Kette dem gemeinen
Beschauer ein gemeines Ding zu seyn scheint,
das er gedankenlos ansieht, ohne sich um die
ungleiche Spannung, um das Gesetz ihres Wach-
sens und Abnehmens, um die Abängigkeit der
Krümmung von der Spannung, das heißt, der
äußeren Erscheinung des Ganzen von der Wech-
selwirkung der einzelnen Theile, zu bekümmern:
gerade so gedankenlos steht seit Jahrhunderten
die empirische Psychologie vor dem Schauspiel,
was die von ihr sogenannte 1Association
der Ideen
ihr darbietet; sie erzählt, daß sich die Vorstel-
lungen nach Raum und Zeit 2associiren;
und es fällt ihr nicht einmal ein, daß alle Räumlichkeit
und Zeitlichkeit eben nur die näheren Bestim-
mungen dieser 3Association
sind, die in der Wirk-
lichkeit nicht so schwankend vorhanden ist, wie
die gangbare Beschreibung davon lautet, sondern
mit der strengsten mathematischen Regelmäßig-
keit sich erzeugt und fortwirkt.
RS-H1824Vorrede. Assoziation oder associiren wird
nicht erklärt. Stattdessen kritisiert Herbart die bisherige
empirische Psychologie und postuliert, dass sich
die Assoziation "mit der strengsten mathematischen
Regelmäßigkeit sich erzeugt und fortwirkt." Das mag
sein, aber es müsste dann, da die Psychologie eine
empirische Wissenschaft wie die Physik ist, wie in
dieser auch gezeigt werden. Das scheint Herbart
aber nicht zu realisieren.
68: "Weiterhin mischt sich nun bey Herrn Fries die
Erdichtung des innern Sinnes und einer Empfänglichkeit
desselben, mit richtigen Ahndungen von dem Gedächtniß,
und mit dem völlig wahren Satze: die Vorstellungen
im Gemüthe werden von selbst fortdauern, bis
sie durch etwas anderes verdrängt werden. Eben
so wahr ist der § 51. nach welchem der allgemeine Grund
der 4Association in der
Einheit des Subjects und seiner
Thätigkeit enthalten ist. ..."
RS-H1824-68: Assoziation wird nicht erklärt.
Herbart polemisiert gegen Fries, dem
er seinerseits Polemik gegen Fichte vorwirft, ohne
das Werk zu zitieren, das er angreift. S. 71 gibt
einen Hinweis: "Herr Prof. Fries hat das Hinterste
nach vorn gewendet, indem er der Metaphysik seine
Anthropologie voranschickt *). (Man sehe oben
§. 15. gegen das Ende.)." §. 15 von welchem Werk!?
Wahrscheinlich meint Herbart Fries Kritik der Vernunft,
1807, Bd. 1. Die wissenschaftliche Unverschämtheit
Herbarts, Fries nicht ordentlich zu zieren, hat mich eine
gute halbe Stunde Recherchearbeit gekostet.
89: "Viertes Capitel.
Von der mittelbaren Wiedererweckung.
§. 86.
Eine Untersuchung von großer Wichtigkeit steht be-
vor; die nicht bloß dasjenige unter sich befaßt, was ge-
wöhnlich mit dem Namen der 5Association
belegt wird,
sondern die mit ihren Folgen tief in die, durch falsche
Metaphysik verdunkelten, Fragen von den Formen der
Erfahrung hineingreift.
RS-H1824-89: Assoziation wird nicht erklärt.
Fundstellen
im Kontext Zweiter Theil (1825): 12 Fundstellen "associ"
168f: " .... Nichtsdestoweniger aber blei-
ben auch die früheren Complexionen noch wirksam; so |0204 : 169|
entstehen Ganze und Theile; so bleibt, in unserer
Vorstellung, der Baum im Walde, und der Wald in
der Landschaft. — Ganz auf die nämliche Weise geht es
mit denjenigen 6Associationen,
worauf die Erwartung
ähnlicher Fälle beruht."
RS-H1825-168f: Assoziation wird nicht erklärt.
179: "Nämlich so lange die Vorstellungen mit ihren
räumlichen und zeitlichen 7Associationen
behaftet ins Bewußt-
seyn kommen, verrathen sie sich als reproducirte Wahr-
nehmungen, als Einbildungen. Bringt aber eine Vor-
stellung nichts als sich selbst: dann bedarf es kei-
ner Abstraction, denn die Thätigkeit ihrer Wiedererhe-
bung ist ohnehin kein Gegenstand des Bewußtseyns. —
Uebrigens gehört die Frage, wie wir es machen, unsre
Vorstellungen zu beobachten, und sie entweder als
Einbildungen, oder als Begriffe anzuerkennen, noch gar
nicht hieher."
RS-H1825-179: Assoziation wird nicht erklärt.
Was soll denn das heißen: "Bringt aber
eine Vorstellung nichts als sich selbst"?
Und was genau soll eine Vorstellung sein?
Exkurs: "Vorstellung" wird im Ersten Teil
674x erwähnt. Das erste Mal in der Vorrede IV.
V bringt 5 Erwähnungen., VII keine, VII zwei,
das Inhaltsverzeichnis 3, S. 8 eine, S. 13 zwei,
aber nirgend wird definiert oder erklärt, was
eine Vorstellung sein soll. Wissenschaft geht
anders.
182-1: "Stehen wir nun zuvörderst still bey zweyen gleichar-
tigen Wahrnehmungen: so ist offenbar, daß während
der zweyten sich die erste als Einbildung reproducirt,
und zwar sammt den Verschmelzungen und Complicatio-
nen, in die sie als Wahrnehmung gerathen war. Na-
mentlich also werden die räumlichen
8Associationen
wieder ins Bewußtseyn kommen."
R-H1825-182-1: Assoziationen werden nicht erklärt.
182-2: "Gehn wir aber zur zehnten, zur hunderten, zur tau-
senden jener wiederhohlten Wahrnehmungen: so ist
offenbar, daß die verschiedenartigen 9Associationen
aller vorhergehenden sich bey deren Reproduction so gut als
auslöschen müssen. Dabey kann denn freylich auch von
jeder einzelnen unter den gleichartigen Reproducirten nur
ein geringes Quantum ins Bewußseyn kommen, weil auf
sie die Hemmung, die ihre Verschmolzenen leiden, zum
Theil fortwirkt. Allein alle zusammengenommen ergeben
dennoch ein bedeutendes Quantum, welches eine einzige
Totalkraft ausmacht. Das Vorgestellte dieser Totalkraft
nun wird einem Begriffe sehr nahe kommen. Hiemit
hängt die Untersuchung des §. 101. zusammen. Wenn
zwey Reihen von gleichartigen Anfangspuncten zu entge-
gengesetzten Gliedern fortlaufen: so entsteht eine wach-
sende Hemmung; je öfter dies unter mehrern Reihen
sich wiederhohlt, desto mehr verkürzen sich die Rei-
hen, weil durch die Hemmung die hintern Glieder un-
merklich werden; endlich geht die Verkürzung beynahe
in Isolirung über, wenn sich die hintern Glieder so
gut als ganz aufheben."
RS-H1825-182-2: Assoziationen werden nicht
erklärt. Warum sich Assoziationen auslöschen
müssen - das Gegenteil scheint mir viel wahr-
scheinlicher - behauptet Herbart, erklärt es aber
nicht.
234: "Durch das Gespräch kann nämlich eine anhal-
tende und zusammenhängende Beschäfftigung
des Geistes mit dem Abwesenden und Vergan-
genen entstehen. Wenn Einer die zufällige Erinnerung
an ein Abwesendes ausspricht: so erwachen in dem An-
dern 10Associationen,
welche, abermals ausgesprochen,
dem Ersteren zur Verlängerung des Fadens Gelegenheit
geben, an welchem sie von nun an beyde fortspinnen. Die
hörbaren Worte, und die Gegenwart einer mitredenden |0270 : 235|
Person, leihen auch dem Abwesenden eine Art von Ge-
genwart; und das Abweichende der zusammenstoßenden
Vorstellungsarten nöthigen einen Jeden zu einer neuen
Bearbeitung der eigenen Gedanken."
RS-H1825-234: Assoziationen werden nicht erklärt,
aber sie halten Gespräche in Gang.
266: "Wo nun immer in irgend eine Bewegung sich eine
Absicht derselben hineindenken läßt: da wird das Kind,
und der kindliche Mensch, sie hineindenken. Einmal in
dieses Gleis hineingerathen, verläßt die 11Association
der Gedanken es nicht leicht wieder. Wenn Kinder: Warum?
fragen, so zielt die Mehrzahl dieser Fragen nach einer
End-Ursache; und die roheren Nationen bevölkern Wald
und Flur und Himmel und Meer mit Gottheiten, weil
ihnen Alles um Alles sich zu bekümmern, also auch Al-
les von Allem zu wissen scheint. Eigentliche Kräfte, vol-
lends mit mathematischer Regelmäßigkeit, sind viel schwe-
rer zu fassen; — und noch heute ist, anstatt derselben,
die transscendentale Freyheit, die nach ihrem praktischen
Gesetze sich ohne Gesetz entweder richtet oder auch
nicht, das Schooßkind unserer Philosophen."
RS-H1825-266: Assoziation wird nicht erklärt,
aber es werden Assoziationen von Gedanken
erwähnt.
275: "Erinnern wir uns jetzt noch an die Wirkung des |0310
: 275|
Gesprächs, daß es beym Abwesenden und Ver-
gangenen verweilen macht (§. 130.), so sehen wir hierin
erstlich das Mittel, wodurch der Mensch sich die Vor-
stellung der Zeit ungleich weiter und vollkommner als
das Thier, auszubilden vermag; denn indem er bey ver-
schiedenen vergangenen Ereignissen verweilt, entstehn
zwischen den Zeitpuncten dieser Ereignisse, Zeitreihen,
(§. 115.), deren mehrere aneinandergefügt, eine immer
größere Zeitstrecke ergeben werden, und aus deren To-
tal-Vorstellungen sich etwas, einem allgemeinen Begriffe
ähnliches, (§. 122.), nämlich eine Vorstellung von einem
Laufe der Dinge überhaupt, erzeugen muß, das vermöge
der 12Associationen auf
verschiedene Zeitpuncte fortgetra-
gen, sowohl in eine frühere Vergangenheit als in die
Zukunft hinausreicht. — Eben so muß auch alles räum-
liche Vorstellen sich ausbilden durch das Verweilen beym
Abwesenden, durch das Verknüpfen der verschiedenen
räumlichen Reproductionen, die von mehrern entlegenen
Gegenständen in Gedanken ablaufen. (Vergl. §. 113. 114.)"
RS-H1825-275: Assoziation wird nicht erklärt,
aber Zeitverläufe oder Zeitgestalten werden durch
Assoziationen gebildet.
320: "Wenn jetzo Hume sich an die Erfahrung wendet,
so thut er es wiederum auf eine Weise, wobey er die
Winke, welche diese große Lehrerin ihm giebt, nicht
einmal gehörig benutzt. Die Erfahrung sagt nicht bloß,
daß wir einmal wahrgenommene Folgen von Begeben-
heiten 13associiren,
und durch wiederhohlte Wahrneh-
mung raumähnlicher Fülle einprägen: sondern sie lehrt
auch,
daß Naturforscher, welche die Unsicherheit solcher Er-
wartungen gar wohl kennen, und deshalb auch in der
Angabe bestimmter Ursachen zu bestimmten Wir-
kungen sehr behutsam verfahren, dennoch mit größter
Vestigkeit irgend eine Ursache da voraussetzen, wo
sie gegen jede 14Association der
Einbildung
sich stemmen, oder auch, wo sie in der Beobachtung noch gar nichts
finden, das sie für die Ursache zu halten sich bewogen
fänden. Diese entschiedene Voraussetzung einer, wie-
wohl unbekannten Ursache, als ein psychologisches Phä-
nomen betrachtet, kann aus bloßer Gewohnheit, wie
Hume will, auf keine Weise erklärt werden. Hier ist
die Kantische Lehre mehr befriedigend; indem eine ur-
sprüngliche Denkform angenommen wird; — die jedoch,
als bloße Regel der Zeitfolge, den Causalbegriff nicht
erschöpfend erklärt, und wobey immer noch die Haupt-
sachen verfehlt werden, theils in der metaphysischen
Theorie der Causalität, theils, was uns hier angeht, in
der Nachweisung des psychologischen Ursprungs jenes
Begriffs."
RS-H1825-320: Assoziieren wird nicht erklärt,
aber wahrgenommene Folgen von Begebenheiten
werden - nach Hume - assoziiert.
349: "Was bringt denn den gemeinen Verstand dazu, das
Seyn und den Raum so besonders genau mit einander
befreundet zu glauben?
Offenbar schöpft er jenes und diesen ursprünglich
aus einerley Quelle; so daß hier wirklich die Erklärung
aus der 15Association
und Gewohnheit am rechten Orte
seyn wird. Die nämlichen sinnlichen Erscheinungen,
welche ohne Weiteres für real gehalten werden, (§. 141.)
entfalten sich auch vermöge der besondern Form der
Verschmelzung, die sie im Bewußtseyn annehmen müs-
sen, als ein Räumliches, (§. 110—115.) Daher kennt
Anfangs der Mensch kein anderes Reales als eben das
Räumliche, und beyde Begriffe begleiten einander, ohne
alle innere Nothwendigkeit der Verknüpfung, doch so
beständig, daß sie die Vestigkeit einer vollkommnen
Complexion darstellen. (§. 57.)"
RS-H1825-349: Assoziation wird nicht erklärt,
aber sie kann zur Erklärung taugen.
506f: "Und unbegreiflich würde es immer bleiben, |0542 : 507|
wie Kant jene Unzierde seines Systems nicht gewahr
geworden sey, wenn nicht eine 16Association
hiebey ge-
wirkt hätte. "
RS-H1825-506: Assoziation wird nicht erklärt,
nur gebraucht.
513: "Wenn aber die äußern Umstände, z. B. das Irren-
haus mit allem seinen Elende, den Wahnsinnigen, der
sich König glaubt, nicht von der Täuschung heilt, so ist
das die natüliche Folge von der Unfähigkeit des Kran-
ken, seine Gedanken in ihrem ganzen Zusammenhange
zu entwickeln, und hiedurch das Widersprechende wahr-
zunehmen, was sich aus ihnen ergiebt. Dies ist gerade
wie im Traume. Ich erinnere mich eines sehr lebhaften
Traums, der mich in ein offenes Grab hinabsehen ließ.
Aber wo war dieses Grab? Nicht auf ebener Erde, son-
dern auf dem obersten Boden eines Hauses. Jeder Wa-
chende weiß, daß man in die Bretter nicht graben kann;
die beyden hier aufgeregten Vorstellungen würden, gehörig
verfolgt, einander aufgehoben haben. Kann nun die
physiologische Hemmung die allernächsten räumlichen
17Associationen so gänzlich
abschneiden: wieviel mehr Mühe
würde der Wahnsinnige haben, aus dem Betragen der
Umgebung zu lernen, er sey nicht König!"
RS-H1825-513: Assoziation wird nicht erklärt.
Herbart entwickelt eine Grundidee zum Wahnsinn,
wonach es den Kranken nicht gelinge, ihre Gedanken
in ihrem ganzen Zusammenhang zu entwickeln, um so
die Widersprüche wahrzunehmen. Und er vergleicht
den Wahnsinn mit dem Traum.
Literatur (Auswahl)
Modifiziert nach Wikipedia
-
Herbart, J.F. (1804) Pestalozzi’s Idee eines ABC der Anschauung. Göttingen
1804.
-
Herbart, J.F. (1806) Allgemeine Pädagogik aus dem Zweck der Erziehung
abgeleitet. Göttingen 1806.
-
Herbart, J.F. (1807) Ueber philosophisches Studium. Göttingen 1807.
-
Herbart, J.F. (1808) Allgemeine Praktische Philosophie. Göttingen
1808.
-
Herbart, J.F. (1813) Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie. Königsberg
1813>
-
Herbart, J.F. (1816) Lehrbuch zur Psychologie. Königsberg und Leipzig
-
1816. 2. Auflage, Königsberg 1834 (Digitalisat und Volltext im Deutschen
Textarchiv)
-
Herbart, J.F. (1824/25) Psychologie als Wissenschaft, neu gegründet
auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik. 2 Bde. Königsberg 1824/25
(Bd. 1, Bd. 2, jeweils Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
-
Herbart, J.F. (1828/29) Allgemeine Metaphysik, nebst den Anfängen
der philosophischen Naturlehre. 2 Teile. Königsberg1828/29.
-
Herbart, J.F. (1831) Kurze Encyklopädie der Philosophie aus praktischen
Gesichtspuncten. Halle 1831.
-
Herbart, J.F. (1835) Umriss pädagogischer Vorlesungen. Göttingen
1835; 2., vermehrte Ausgabe 1841. Online. Abgerufen am 8. Mai 2023.
-
Herbart, J.F. (1839/40) Psychologische Untersuchungen. Göttingen 1839/40.
-
Herbart, J.F. (1842) Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im
Jahr 1837. Königsberg 1842 (Digitalisat und Volltext im Deutschen
Textarchiv).
-
Herbart, J.F. (1851) Sämmtliche Werke. Hrsg. von Gustav Hartenstein.
Leipzig 1851 (Digitalisat bei Google Books).
Neuausgaben
-
Herbart, J.F. (1997) Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie. Meiner,
Hamburg 1997, I
-
Herbart, J.F. (2006) Genauere Entwicklung der Hauptbegriffe, welche in
die Bestimmung des pädagogischen Zwecks eingehn (= Pädagogische
Reform in Quellen. Bd. 2). Hrsg. von Rotraud Coriand. Jena 2006
Links (Auswahl: beachte)
-
Erleben und Erlebnis bei Herbart. (Vorgesehen)
-
Beweis und beweisen bei Herbart (Vorgesehen)
Glossar,
Anmerkungen und Fußnoten > Eigener
wissenschaftlicher Standort. * Eigener
weltanschaulicher Standort.
1)
GIPT= General and
Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Arbeiten von Denkern und Forschern.
Erfasst habe ich bislang rund 30.
__
Complexion
1824-38: "Jene Formen der Erscheinungen aber sind keine an-
dern, als die Complexionen, welche wir für die Verknü-
pfungen mehrerer Merkmale Eines Dinges ansehn; die
Veränderungen dieser Complexionen, welche wir für Ver-
änderungen der Dinge nehmen; ferner der Raum, die
Zeit, und das Ich. Nachdem die Einsicht gewonnen ist,
daß keine dieser, in der Anschauung gefundenen Formen
für sich denkbar ist, sucht die Metaphysik die Bezie-
hungen derselben auf, wodurch die vorigen Widersprüche
verschwinden *)."
RS: Complexion heißt die Verknüpfung
mehrer Merkmale.
__
Complicationen
1824 §.57: "Jetzt wird die Eintheilung verständlich seyn,
welche
den weitern Untersuchungen muß vorangestellt werden.
Vorstellungen aus verschiedenen Continuen können sich
gänzlich verbinden, so daß sie nur Eine Kraft ausmachen,
und als solche in Rechnung kommen; dergleichen Ver-
bindung nenne ich eine vollkommene Complica-
tion. Vorstellungen aus einerley Continuum können sich,
wegen des unter ihnen statt findenden Gegensatzes, nicht
gänzlich verbinden (Falls sie nicht gänzlich gleichartig
sind, wie die Wiederhohlungen der nämlichen Wahr-
nehmung); alsdann ergiebt sich aus ihrer Stärke und
ihrem Gegensatze das Gesetz, wie genau ihre Vereinigung
werden kann; dergleichen Vereinigungen nenne ich Ver-
schmelzungen. Endlich wegen zufälliger Hindernisse
kann es sowohl unvollkommne Complicationen als
unvollkommne Verschmelzungen geben.
RS: Vorstellungen aus verschiedenen Continuen
können sich zu einer einzigen Kraft verbinden, die
vollkommene Complication heißen.
Kritik: Vorstellungen und Kräfte, die in Vorstellungen
oder hinter ihn stecken mögen, sind zweierlei, gehören
zwei unterschiedlichen Kategorien an.
__
Continuen
__
Querverweise
Standort: Die Psychologie J.F. Herbarts
*
Schulen in
der Psychologie und Psychotherapiue * Beweisen
in der Psychologie * Beweisregister
Psychologie * Zur
Methode der Fundstellen-Textanalyse * Begriffscontainer
(Containerbegriff) * Begriffsverschiebebahnhof
* Wissenschaftliches Arbeiten:
Grundregeln
Begriffe * Aristoteles
zum Geleit * Sprachkritik:
Sch^3-Syndrom
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Die
Psychologie J.F. Herbarts Ein Beitrag zur Geschichte der Psychologie.
Internet
Publikation
- General and Integrative
Psychotherapy
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/geswis/psychol/Herbart.htm
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21.09.2023 Ins Netz.
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