Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPT DAS=06.08.2010 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung TT.MM.JJ
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel   Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Bücher, Literatur und Links zu den verschiedensten Themen, hier die Buchpräsentation:

    Bankräuber
    Wie kriminelle Manager und unfähige Politiker
    uns in den Ruin treiben

    präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Bibliographie * Verlagsinfo * Inhaltsverzeichnis * Leseprobe * Ergebnisse * Bewertung * Links * Literatur * Querverweise *

    Bibliographie: Müller, Leo (2010). Bank-Räuber. Wie kriminelle Manager und unfähige Politiker uns in den Ruin treiben. Berlin: Econ. 384 Seiten, € 19,95 [D] Erschienen: März 2010. [Verlags-Info]

    Verlagsinfo: "Die kriminelle Welt der Finanzindustrie. Die Krise ist noch lange nicht vorbei, denn die Deutschen sind vom großen Crash besonders stark betroffen. Ihre Banken waren Weltmeister im kreativen Bilanzdesign, sie versenkten Milliarden, und sie hinterlassen die größten Bad Banks der Welt.
        Wie kommt es, dass die spanische Santander-Gruppe in den Krisenjahren 2007 und 2008 fast 18 Milliarden Euro verdiente, während die zehn größten deutschen Banken im gleichen Zeitraum 23 Milliarden Euro Verluste schrieben? Woran liegt es, dass Schweizerische Kantonalbanken ihren Bürgen konstante Dividenden ablieferten, während die vier großen deutschen Landesbanken den Steuerzahlern ein Milliardengrab hinterließen? Warum konnten die Landesbanken mit dem Geld der Bürger ungestört Wall Street spielen? Wieso stehen heute die größten Bad Banks der Welt in Deutschland? Und wie konnte es so weit kommen, dass die Deutschen für ihre staatliche Bankenrettung heute mehr investieren als die Amerikaner?
        Diese Finanzkrise ist das Werk einer unheiligen Allianz aus kriminellen Managern und unfähigen Politikern, schreibt der Wirtschaftsautor Leo Müller. Er liefert eine ebenso minutiöse wie schonungslose Analyse der fahrlässigen und rücksichtslosen Machenschaften in der Finanzwelt.
        Leo Müller nimmt die Leser mit auf eine spannende Spurensuche in die abgeschottete Welt der Finanzgauner und enthüllt schockierende Fakten. Er beschreibt, wie die Deals abliefen, wie die Öffentlichkeit getäuscht wurde und die Wahrheit über die riskanten Geschäfte in den Bankbilanzen verschwiegen wurden: Die erste Kriminalgeschichte der Finanzkrise.
        »Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?« Bertolt Brecht
        »Nirgendwo auf der Welt, auch nicht in Amerika, haben sich Banken mit größerer Bereitschaft in unkalkulierbare Risiken gestürzt.« Günter Verheugen, deutscher EU-Kommissar
        Pressestimmen:
        »Eine gelungene Generalabrechnung mit nahezu allen wichtigen deutschen Finanzakteuren« Welt am Sonntag, Martin Greive, 07.03.2010
        »Mit einer überwältigenden Fülle von Belegen führt Müller den Nachweis, dass der deutsche Anteil an der globalen Finanzkrise dem amerikanischen in nichts nachsteht - eine Lektüre, bei der selbst dem informierten Leser zuweilen der Atem stockt.« Der Tagesspiegel, Harald Schumann, 19.4.2010"

    Inhaltsverzeichnis

    Der Weg durch die Hölle    9

    Teil I: Das politische Versagen    29
    Die Lehman-Lüge: Eine Chronik des Staatsversagens    31
    Gute Banken, schlechte Banken, deutsche Banken   63
    Die geballte Finanzkompetenz    90
    Die Bundesbank und die Blasen   113
    Die Finanzaufseher registrieren, lochen und heften ab   132

    Teil II: Die Betrugsblase   145
    In der Schattenwelt der Finanzgauner   147
    Im Club des Wall-Street-Kartells  176
    Kreative Hedgefonds - made in Germany   203
    Undercover in Miami: der Fall Kiener    220
    Bernard Madoff und die Mini-Madoffs    242
    Die Lehrstücke: Leeson, Kerviel und die
    Nobelpreisträger   259

    Teil III: Zauberbilanzen    279
    Teutonisches Fiasko   281

    Bankplatz Deutschland:
    Sanierungsfall ohne Hoffnung   330

    Danksagung  337
    Anmerkungen   339
    Register   374
     

    Leseprobe: [Quelle Econ-Verlag PDF]

    "Der Weg durch die Hölle
     

          »Der Staatspräsident: Die Staatsbank hilft, zahlt deine Gaunerein. So kommen du und ich am besten weg.«
          Friedrich Dürrenmatt: Frank der Fünfte – Komödie einer Privatbank [FN1]


    "Die Hände des schmächtigen Mannes waren ständig in Bewegung, feingliedrige Hände, Schreibtischhände. Mit seiner rechten Hand strich er unentwegt über die Tischdecke, als müsste er Krümel auf den Boden fegen. Seine traurigen Augen wanderten rastlos durch den Raum, blieben selten irgendwo haften, auch nicht, wenn er redete oder zuhörte. So unruhig hatte ich ihn noch nicht erlebt, den Mann, einen Banker, mit dem ich mich gelegentlich zum Apéro traf, einem kleinen Umtrunk, wie er in der Schweiz nach der Arbeit gerne eingenommen wird.
        Wir hatten an diesem Tag im Herbst 2007 ein vertrauliches Gespräch vereinbart. Sein Name sollte in meinen Berichten für ein deutsches Wirtschaftsmagazin nicht vorkommen. Franz B., so nenne ich ihn, war bei unserem Treffen völlig verändert. Er wirkte bedrückt, fast verzweifelt. Nach einer Weile spürte ich, wie in ihm die Angst loderte – Angst um seine Bank, seinen Job, seine Familie. Nicht die Angst um irgendeine Bank, Angst um die UBS, bis dato eine der erfolgreichsten Banken der Welt. Sie hatte im letzten Quartal hohe Verluste erwirtschaftet, zum ersten Mal überhaupt, nach einer Serie von Milliarden-Profiten über viele Jahre hinweg.  [>10]
        Der Mann erzählte mir von der auf 2,5 Billionen Franken aufgeblähten Bilanzsumme der UBS: unvorstellbare 2500 Milliarden Franken. Eine Summe vierzigmal so hoch wie die Jahreseinnahmen des Schweizer Bundes. So ratlos wie in den vergangenen Wochen habe er die Verwaltungsräte seiner Bank noch nie erlebt, erzählte mir der Banker. Die Handelsgeschäfte mit komplizierten Finanzderivaten hatten die UBS-Bilanzsumme in den letzten Jahren raketenhaft in die Höhe getrieben. Es waren Geschäfte mit Kreditversicherungen und verbrieften Kreditforderungen. Und nun zitterten die Verwaltungsräte um die Folgen für die Bank, die kaum mehr abzuschätzen waren. Sie wussten offenbar nicht ein noch aus. Viele Jahre waren die UBS-Banker ganz sicher in dem Glauben, die Risiken sehr breit gestreut zu haben. Bei genauer Analyse aber sei Erschreckendes festgestellt worden, bei allen betroffenen Wertpapieren und Finanzderivaten. Es war nur Papier, nichts als Papier von zweifelhaftem Wert: verbriefte Privat- und Geschäftshypotheken, verbriefte Autokredite, verbriefte Studentenkredite – oder Derivate, deren Sicherheiten auch wieder aus verbrieften Wertpapieren bestanden. Mit anderen Worten: nichts als Verlustrisiken. Der Gesprächspartner sagte mir, dass alles noch viel schlimmer sei, als es bislang den Anschein habe. Sogar die Verbriefungen von besseren Hypothekarschuldnern in der guten Kategorie »Alt-A« verlören rasant an Wert; alles käme ins Rutschen. Mittlerweile sei sogar damit zu rechnen, dass auch die verbrieften Hypotheken-Pakte mit der AAA-Bestnote der Ratingagenturen keine sicheren Investments mehr seien.
        Das war jahrelang ein blühendes Geschäft, doch nun kannte niemand eine Methode, den wirklichen Wert der Papiere in fallenden Märkten zu bestimmen. Dann erzählte er von dem Spiel der Hasardeure von zwei UBS-Einheiten in den USA, die im Kampf um Marktanteile wie bei einem Roulette mit immer höheren Einsätzen sich gegenseitig überboten hatten – [>11] mit der Folge, dass die beste Bank der Welt ums Überleben kämpfte. Die UBS, die für ihren Betrieb 700 Milliarden Franken pro Quartal benötigt, war viel zu groß für die Schweiz. Ihre Pleite würde in einer nationalen Katastrophe enden. [FN2]
        Drei Wochen später traf ich das Vorstandsmitglied einer Landesbank. Würde auch er die Gelassenheit zeigen, die in Deutschland überall so demonstrativ zur Schau gestellt wurde? War der dramatische Absturz großer Geldkonzerne in den USA oder die Schieflage einer so angesehenen Bank wie der UBS nur die Folge gravierender Fehlspekulationen, während die deutschen Banken vor Kraft strotzten? Gewiss, ihre Bilanzen strahlten mit allerbesten Zahlen. Aber waren die deutschen Geldinstitute wirklich so viel besser aufgestellt?
        Und waren die Schieflagen einiger deutscher Banken, die bekannt geworden waren, nur bedauerliche Ausnahmen, also nur »Peanuts« für den deutschen Finanzplatz? Im Juli 2007 hatte die Kreditanstalt für Wiederaufbau die staatsnahe Industriekreditbank IKB in Düsseldorf mit mehr als 8 Milliarden Euro stützen müssen. Kurz darauf musste die Sachsen LB mit Bürgschaften und Geldspritzen des Freistaates Sachsen, den Sparkassen und einigen Bankenverbänden vor einem tiefen Fall bewahrt werden. Dennoch kein Grund zur Aufregung? Zwei Ausnahmen nur, von denen nicht auf eine allgemeine Bankenkrise geschlossen werden konnte? Bundesbank-Präsident Axel Weber besänftigte besorgte Fragesteller in Politik und Wirtschaft mit seiner Aussage, die deutschen Banken seien »stabil« und »robust«. Zuversicht verbreitete auch der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück: »Die Beteiligten«, sagte er in einer Tonlage demonstrativer Gelassenheit, »haben die Situation im Griff.« Finanzexperten in der Politik, in den Banken und in der Wirtschaft wurden nicht müde darauf hinzuweisen, dass die »Kreditkrise«, von der überwiegend die Rede war, vor allem ein Problem der Wall-Street-Banken sei. [>12]
        Mich beschäftigte die Frage, warum zur Stützung der Sachsen LB, einer kleinen Landesbank mit gerade mal 1,5 Milliarden Euro Eigenkapital, eine Kreditlinie von happigen 17,3 Milliarden Euro notwendig war. Das machte stutzig, auch die nebulösen, nichtssagenden Statements der Bank und der Regierung des Freistaates, als sei das Problem längst behoben. Auf Druck der Opposition erklärte der Finanzminister im Landtag lapidar, es seien gewisse Liquiditätsengpässe bei Verbriefungsgeschäften der Sachsen-LB-Tochter in Dublin aufgetreten. Er erklärte nicht, dass die Geschäfte der irischen Tochter über so genannte Zweckgesellschaften abgewickelt worden waren, im modernen Bankenjargon »Conduit« genannt, auf Deutsch eine Durchlaufgesellschaft.
        Die Bilanz der Sachsen LB ließ hingegen keine nennenswertenSubprime-Risiken erkennen, die gewaltigen Wertpapierbestände der Conduits waren erst gar nicht erfasst worden. Der Mediensprecher der Sachsen LB wiegelte Fragen ab mit dem gleichermaßen hilflosen wie lächerlichen Hinweis auf das Bankgeheimnis. Er vermittelte zudem den Eindruck, dass die Dubliner Firmen völlig unabhängig von der Bank operierten: »Die Sachsen LB oder Tochtergesellschaften der Sachsen LB sind mit diesen Gesellschaften in keiner Weise gesellschaftsrechtlich verbunden.« Eine Antwort also, die auf überschaubare Probleme schließen ließ. So bagatellisierte er mir gegenüber die Krisensymptome: Ein »gestiegener Aufwand für Risikovorsorge und Bewertung«, ein »stagnierendes Zinsergebnis«. Ja, »Auswirkungen der weltweiten Marktstörungen «. Aber »in den übrigen Geschäftsfeldern konnte die Sachsen LB die positive Entwicklung des ersten Halbjahres fortführen.« [FN3]
        Das passte alles nicht zusammen. Ich wollte mehr über die Conduits wissen, besorgte mir Ratingberichte und beschaffte mir in Dublin die Bilanzen dieser Conduits. Es waren schlichte Briefkastenfirmen mit Namen wie Ormond Quay, Georges Quay oder Ellis Quay, benannt nach den Straßen im Viertel rund um den Hauptsitz der sächsischen Filiale in Dublin. Die Aktien der Briefkastenfirmen wurden von irischen Treuhändern für gemeinnützige Stiftungen gehalten. Offenbar nur eine Tarnkonstruktion, mit der die wahren Eigentümer verdunkelt wurden. Noch mehr erschütterten die Zahlen in den Bilanzen der Quay-Firmen. Das Investitionsvolumen dieser Conduits war in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Allein im Ormond Quay-Vehikel wurden Werte im Volumen von 17 Milliarden Euro gehandelt. Zusammengerechnet hatten alle Conduits der Sachsen 26 Milliarden Euro an verbrieften Wertpapieren in den Büchern, so viel wie die großen Investmentbanken wie die UBS oder die Citibank mit einem Eigenkapitalpuffer von über 30 Milliarden Euro. Nichts davon war aber in der Bilanz der sächsischen Landesbank erkennbar, obwohl die Conduits selbst nach den einfachen Regeln des deutschen Handelsgesetzbuches hätten erfasst werden müssen. [FN4] Die Staatsbank in Leipzig, wurde mir plötzlich klar, hatte heimlich Citibank gespielt. Aber nicht nur sie, auch die staatsnahe IKB und ebenso die BayernLB, HSH Nordbank, WestLB, LBBW und die Hypo Real Estate. Alle hatten Citibank gespielt.
        Hinter den Glasfassaden dieser Geldhäuser müsste es brodeln: Wie wollen die Manager diese Situation meistern? Im November 2007 besuchte ich die Chefetage einer betroffenen deutschen Landesbank. Ich wollte mehr über die deutschen Conduits erfahren und hatte daher um ein vertrauliches Hintergrundgespräch mit einem verantwortlichen Manager gebeten. Der Termin war kurzfristig zugesagt worden. Der Pressesprecher versprach, in seinem Haus einen kompetenten Gesprächspartner zu suchen. Er begleitete mich in die fünfte Etage des Glaspalastes. Im Konferenzzimmer traf ich auf den Mann aus der Konzernleitung, einen erfolgsverwöhnten [>14] Mittfünfziger mit der Attitüde des vielbeschäftigten Bankers: »Was kann ich für Sie tun?« »Ich habe zwei einfache Fragen«, sagte ich: »Wem gehören diese Conduits, und wer haftet für die Risiken, die sie eingehen? « Der Landesbanken-Mann griff sich von einem Stapel einen Notizblock und kritzelte ein Organigramm mit Kästchen und Linien. »Ich will Ihnen das kurz erklären«, begann er. Diese Firmen seien Trusts, eine gesellschaftsrechtliche Form, die in der angelsächsischen Welt gerne in der Vermögensverwaltung eingesetzt wird. Zum Verwalten von Geldern für vermögende Familien, ähnlich einer Familienstiftung. »Das sind ganz normale Public Limited Companies«, warf ich ein. Ich wusste von den Bilanzen, Gründungsurkunden und Protokollen der Conduits, die ich recherchieren konnte, dass dies eben keine Trusts waren, sondern gewöhnliche Aktiengesellschaften mit beschränkter Haftung oder einfache Privatgesellschaften wie deutsche GmbH: Er war irritiert, lenkte ab, und ich wusste, dass ich offenbar nicht dem zuständigen Gesprächspartner gegenübersaß. Ich warf einen unauffälligen Blick auf die Visitenkarte und sah mich bestätigt: Der Mann war ein leitender Jurist. »Am Ende gibt es nur den Ausweg«, sagte er schließlich, »dass der Staat die Risiken hier übernehmen muss. Anders wird das nicht gehen.« Er sagte das in einem Ton, als sei das für einen Sachwalter von Vermögenswerten seines Bundeslandes ein völlig normaler Vorgang. Eigentlich musste ihm bewusst sein, dass seine Landeskasse Risiken in dieser Größenordnung ebenso wenig verkraften könnte wie die Schweiz den Untergang der UBS. Meine Frage, ob seine Landesbank die Conduits nun in der bald zu erstellenden Konzernbilanz für das Jahr 2007 korrekt erfassen würde, blieb unbeantwortet. Wenn das nun nachgeholt würde, dann müsste die Bank hohe Summen abschreiben und Verluste melden. Sie müsste folglich viel mehr [>15] Eigenkapitalpuffer haben, weil die Verluste diesen Posten aufzehren. Denn seit Monaten war in der Finanzwelt die harte Linie der großen Prüfkonzerne bekannt. Sie würden ihre Unterschrift nur noch unter das Testat der Jahresabschlüsse der Banken setzen, wenn alle Marktwerte der Papiere in ihren Conduits auf Heller und Pfennig bilanziert würden. »Aber was machen Sie mit den verbrieften giftigen Wertpapieren? «, hakte ich nach. Die Werte dieser Papiere müsste die Bank doch berichtigen. »Das wissen wir noch nicht, unsere Experten arbeiten gerade daran, das neu zu strukturieren. Wahrscheinlich werden wir das wieder neu verbriefen «, erklärte der Jurist und machte dazu eine lässige Handbewegung, als habe diese Frage keine große Bedeutung. »Und dann halten wir die Papiere bis zur Endfälligkeit. Die Märkte werden sich ja irgendwann wieder erholen.« Ich fragte mich, ob Verantwortungsbewusstsein in seinem Wortschatz überhaupt vorkam. Während die UBS und weitere große Geldhäuser rund um den Globus dabei waren, in ihren Büchern Milliardenwerte zu korrigieren, glaubten deutsche Banker noch, mit ein wenig Bilanzkosmetik durchzukommen. Als hätten die deutschen Banken einen besonders guten Draht zu den Wirtschaftsprüfern. Wollen die einfach so weitermachen, wunderte ich mich. Das einzige, was ihre Strategie ausmachte, war der unbeirrbare Glaube an die Wiederkehr der Blasenpreise ungeachtet der Tatsache, dass die Kurse für verbriefte Hypotheken kontinuierlich und deutlich sinken. Ich erlebte die klassische Selbsttäuschung eines Spekulanten – kein Einzelfall leider, in Deutschland eher ein Massenphänomen. »Wo lassen Sie träumen?«, provozierte ich mein Gegenüber in der leisen Hoffnung, dass der Mann bluffte. Aber seine weiteren Äußerungen signalisierten mir, dass er die Lage wirklich unkritisch beurteilte, furchtlos und unbekümmert. Und so war es denn Zeit zu gehen. Der Pressesprecher begleitete [>16] mich zum Lift. Sehr freundlich, aber er hielt mich wohl für einen Apokalyptiker. Inzwischen ist diese Landesbank ein Trümmerhaufen: faktisch pleite, künstlich mit Milliardeninfusionen aus der Staatskasse am Leben gehalten, ihre Zukunft völlig ungewiss. Ein neuer Konzernchef verkündete den Abbau von tausenden Arbeitsplätzen.
        Auf meinen Recherche-Reisen durch Deutschland begegnete ich in den Monaten darauf Dutzenden Managern deutscher Groß- und Landesbanken. Ich besuchte sie in ihren postmodernen Glaspalästen, traf sie beim Dinner an Bankiersveranstaltungen, in nüchternen Konferenzräumen und gediegenen Kaminzimmern und führte zahlreiche Telefongespräche. Sie lästerten gerne über die Wall-Street-Banken, wunderten sich über die drastischen Abschreibungen der Schweizer UBS und erklärten mit dem Ausdruck unumstößlicher Gewissheit, dass ihnen ganz sicher nicht passieren würde, was den Amerikanern und Briten widerfuhr. Mit ihren verbrieften Hypothekenpaketen, in denen nur beste Qualität stecke, alles von Ratingagenturen mit Triple-A bewertet und immer nur die hochwertigsten Tranchen im Portfolio, könne nichts schiefgehen. Außerdem würde die »Kreditkrise« nicht ewig dauern, und die Lage sich bald wieder erholen. Dann sei am Markt wieder mit den alten Preisen zu rechnen. Sie kamen mir so naiv vor wie Obsthändler, die auf dem Marktplatz ihre Kunden mit vertrauenswürdiger Miene ansprechen, um darüber hinwegzutäuschen, dass unter der obersten Lage mit makellosen Früchten ein gutes Drittel faul ist. Die Bankenvorstände fanden bald ihre Nachahmer in der Politik. Denn ihre Rettungsschirme«, die sie über die maroden Geldhäuser spannten, waren ebenso mit erheblichen Kostenrisiken verbunden. Nun schlüpften auch die Finanzminister in die Rolle der Obsthändler mit Körben voller fauler Früchte unter der obersten Lage."

    Ergebnisse.

    Bewertung: Ein interessantes, informatives und mutiges Buch, das sich auch der Frage widmet, weshalb gerade die deutschen Banker von den finanzkriminellen Machenschaften der USA sich am meisten und stärksten leimen und aufs Kreuz legen ließen. Die deutschen Banker waren offensichtlich mit einer besonderen Inkompetenz, um nicht zu sagen Dummheit ausgestattet. Das Buch stellt die richtigen Fragen, beschreibt und belegt das deutsche Bankerversagen sehr gut. Klärt es aber auch, weshalb unsere finanzpolitischen Eliten so jämmerlich versagt haben? In wesentlichen Teilen ja, wenn z.B. schön dokumentiert wird ("Die Lehmann-Lüge", S. 31ff), dass das ganze Ausmaß der abenteuerlichen Bankenbilanzen bereits 2003 zu einem geheimen Krisentreffen mit Bundeskanzler Schröder geführt hatte und die unheilvolle Rolle der - insbesondere auch rot-grüner - (Deregulierungs) Politik herausgearbeitet wird.
        Die tieferen Ursachen der Wachstums-, Konsum- und Schuldenfalle mit der Konditionierung des homo oeconomicus werden leider nicht erkannt und ausführlich kritsch thematisiert. Die zutiefst verrückte Idee des angelsächsischen und USA-Kapitalismus - gefördert durch vermeintliche Elite-Universitäten - besteht ja darin, dass  Wachstum, Konsum und die Schuldentollwut keine Grenzen haben und beliebig expandierbar sind. Man will nicht wahrhaben, dass ein solider und stabiler Wohlstand nicht dauerhaft auf Pump und Blasen gegründet sein kann und dass solides und nachhaltiges, generationengerechtes Wirtschaften und Haushalten langfristig immer bedeuten muss, dass man nicht mehr ausgeben kann als man einnimmt, dass man in guten Zeiten zurücklegen muss, um in schlechten Zeiten darauf zurückgreifen zu können.
        Eine Inkonsequenz des Buches muss aber neben all seinen Vorzügen abschließend kritisiert werden. Der Autor argumentiert auch mit Bewertungen der Ratingagenturen, so z.B. S. 281 gegen die Landesbanken, und das sollte er nicht tun, weil es falsch ist. Denn auch die Ratingagenturen gehören wesentlich mit zum Imkompetenz- und finanzkriminellen Geflecht der internationalen Finanzkrise. Die kritischen Medien sollten konsequent sein und jedes Rating dieser finanzökonomischen Hochstaplerindustrie in Frage stellen. Bewertungen von Ratingagenturen sind lediglich politisch und nicht selten als indirekt gekauft einzuschätzen.



    Links (Auswahl: beachte); Doku Finanzkrise 3-10, 2-10, 1-10, 4-09, 3-09, Grundlagen: 2007-09.
    Informationen über Bücher, Bibliotheken, bibliographische Quellen.
    Literatur (Auswahl) > Literaturliste Finanzen,
    Informationen über Bücher, Bibliotheken, bibliographische Quellen.



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten
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    Bewertung. Bewertungen sind immer subjektiv, daher sind wir in unseren Buchpräsentationen bemüht, möglichst viel durch die AutorInnen selbst sagen zu lassen. Die Kombination Inhaltsverzeichnis und Zusammenfassungen sollte jede kundige oder auch interessierte LeserIn in die Lage versetzen selbst festzustellen, ob sie dieses oder jenes genauer wissen will.  Die BuchpräsentatorIn steht gewöhnlich in keiner Geschäftsbeziehung zu Verlag oder den AutorInnen; falls doch wird dies ausdrücklich vermerkt. Die IP-GIPT ist nicht kommerziell ausgerichtet, verlangt und erhält für Buchpräsentationen auch kein Honorar. Meist dürften aber die BuchpräsentatorInnen ein kostenfreies sog. Rezensionsexemplar erhalten. Die IP-GIPT gewinnt durch gute Buchpräsentationen an inhaltlicher Bedeutung und Aufmerksamkeit und für die PräsentatorInnen sind solche Präsentationen auch eine Art Fortbildung - so gesehen haben natürlich alle etwas davon, am meisten, wie wir hoffen Interessenten- und LeserInnen.  Beispiele für Bewertungen: [1,2,3,]
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    Anm. Vorgesehene. Wir präsentieren auch Bücher aus eigenem Bestand, weil wir sie selbst erworben haben oder Verlage sie aus verschiedenen Gründen nicht (mehr) zur Verfügung stellen wollen oder können.
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    Autor. Leo Müller. Leo Müller, Autor des Wirtschaftsmagazins Bilanz, ist Experte für Finanzkriminalität. Bereits beim Stern, bei Cash, Capital und der Financial Times Deutschland hat er zahlreiche Wirtschaftsskandale enthüllt. Müller schrieb Tatort Zürich, er ist Dozent am Studiengang Economic Crime Investigation der Hochschule Luzern und lebt mit seiner Familie bei Zürich.



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    tt.mm.jj


    Querverweise
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Buchpräsentation: Bankräuber. Wie krominelle Manager und unfähige Politiker uns in den Ruin treiben. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/lit/sonstige/bankrae.htm
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