Psychiatrische Diagnostik im Vorfeld der Schuldfähigkeitsbeurteilung - Rösler & Hengesch 1992
Hilfsseite zum Katalog der potentiellen
forensischen Gutachtenfehler (MethF)
Methoden- und Methodenproblembewusstsein
in der - forensischen - Psychiatrie
Zu:
Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl
F. Mollath
mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
von Rudolf Sponsel, Erlangen
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Legende Signierungen
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Gesamtwertung angemessene Darstellung
der psychiatrischen Methodenproblematik Signierung 0
Die Arbeit untersucht die Möglichkeit, mit Hilfe psychologischer
und syndromaler Diagnostik, relevante Merkmale für die Schuldfähigkeitsbeurteilung
zu finden. Nach der Beschreibung der Untersuchung S.105 wurden 10 Jahre
mit 1500 Fällen ausgewertet. S. 108 unterscheidet Empfehlungen nach
drei Fallgruppen: nicht schuldfähig, vermindert schuldfähig,
schuldfähig. In ihrem Fazit kommen sie zu dem Ergebnis, S. 161, dass
die "Messung der Schuldfähigkeit" (oder ihrer Entsprechung) "unsinnig"
ist, obwohl sie signifikante Unterschiede bei den Gruppen finden. Methoden
werden an mehreren Stellen thematisiert und implizit auch problematisiert.
Teil I Psychiatrische Untersuchungen M. Rösler
9
1 Einleitung 11
2 Schuldfähigkeit als zentrale Frage der forensischen Psychiatrie
17
3 Die systematische Erfassung von Defiziten als Hilfsmittel der Beurteilung
25
4 Aktuelle psychiatrische Diagnostik in der forensischen Praxis
29
5 Die psychiatrische Diagnose 31
5.1 Persönlichkeitsstörungen 34
5.2 Psychische Störungen durch psychotrope Substanzen
40
5.3 Psychosexuelle Störungen 45
5.4 Belastungsreaktionen 49
5.5 Was geschah mit den Neurosen? 53
5.6 Kleptomanie - Pathologisches Spielen - Pyromanie (Impulskontrollstörungen)
57
6 Die Erfassung des psychopathologischen Befundes (AMDP und PSKB)
63
7 Behinderungen und defizitäre, negative Symptome (AMDP)
83
8 Ausblick und Zusammenfassung 95
Teil 2 Testpsychologische Untersuchungen G.
Hengesch 101
1 Einleitung 103
2 Die Untersuchung 105
2.1 Intelligenz 110
2.2 Soziale Intelligenz 114
2.3 Das Hintergrund-Interferenz-Verfahren (HIV)
117
2.4 Der Zahlen-Verbindungs-Test (ZVT) 119
2.5 Die LING-Skala 122
2.6 Der Fragebogen zu Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen (FKK)
126
2.7 Die Dz-Skala aus dem Minnesota Multiphasic Personality Inventory
(MMPI) 129
2.8 Das Rigiditätskonzept 132
2.9 Das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R)
134
2.10 Der Picture-Frustration Test (PFT) 137
2.11 Der Rorschach-Test 144
3 Die Schuldfähigkeit im Querschnitt durch die Testverfahren
147
3.1 Die uneingeschränkte Schuldfähigkeit 147
3.2 Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB)
148
3.3 Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) 150
4 Die Testverfahren 153
5 Fazit 161
Teil 3 Anhang 165
Dokumentation 167
Zusammenstellung der forensischen Syndrome 171
T-Wertnormen 173
Spezialdatei Prognose 174
Literaturverzeichnis 175
Sachregister 183
S. 20f: "Es wäre dem Bestreben nach methodischer Vereinheitlichung
der psychiatrischen Sachverständigentätigkeit sicherlich dienlich,
wenn akzep-[>21]tiert werden könnte, daß es in der forensischen
Praxis nicht darauf ankommt, ob im heutigen Strafrecht die Freiheitshypothese
(BGHSt 2, 194 f) dominiert, oder andere Legitimationen bemüht werden.
Die erforderliche psychiatrische Untersuchungsmethodik ist bei den
zweck- und normorientierten Modellen keine andere als bei indeterministischen
Konzepten. Für den Psychiater steht die Frage der Willensfreiheit/Willensunfreiheit
nicht zur Diskussion. Er hat lediglich vorauszusetzen, daß der gesunde
Erwachsene der schuldfähige Normalfall des Strafrechts ist (Lenckner
1972, Blau 1989). Es ist deswegen nicht seine Aufgabe, im konkreten Fall
Willensfreiheit oder Schuldfähigkeit zu beweisen. Es kommt auf die
Falsifikation oder Negation der Regelvoraussetzung - Schuldfähigkeit
- an, indem die Auswirkungen einer seelischen Krankheit auf das seelische
Gefüge deutlich gemacht werden (Luthe 1977, 1985, Witter 1983, 1987b).
In diesem methodischen Ansatz erblickt Schüler-Springorum (1984)
eine Rückzugsposition, was zweifellos richtig ist, wenn man empirische
Aussagen ausschließlich im Sinne der Verifikation gelten lassen will...."
Die These "Für den Psychiater steht die
Frage der Willensfreiheit/Willensunfreiheit nicht zur Diskussion."
stimmt so nicht. Der Sachverständige, der eine Schuldfähigkeitsuntersuchung
annimmt und untersucht, muss Wahlmöglichkeiten und damit eine gewisse
Freiheit voraussetzen, sonst kann er gleich sagen, dass er entweder nichts
sagen kann oder dass alles determiniert sei und niemandem vernünftig
etwas vorgeworfen werden kann.
S. 21: "... Damit ist der Angriffspunkt der Falsifikationsmethode
von der Sache her bestimmt. Durch die Feststellung von Behinderungen und
Defiziten und die Erörterung ihrer Auswirkungen auf üblicherweise
gegebene Fähigkeiten kann Schuldfähigkeit relativiert oder falsifiziert
werden."
Das ist gänzlich falsch, weil Schuldfähigkeit
ein Rechtsbegriff ist. Es können allenfalls die psychopathologischen
Entsprechungen "relativiert" oder "falsifiziert" werden, falls der Psychiater
das kann, woran gezweifelt werden darf. ..."
S. 22: "Die Überlegungen zur Frage einer angemessenen psychiatrischen Untersuchungsmethode zum Thema der Schuldfähigkeit führen demnach immer wieder zu dem Resultat, daß unabhängig von den Positionen, die in bezug auf die theoretische Legitimation des Strafrechts denkbar erscheinen, ein zweispuriges Vorgehen angemessen ist. Gemeint ist einerseits eine sichere, intersubjektiv gültige und verschiedene Ausprägungsgrade der Phänomene erfassende Diagnostik und andererseits eine Betrachtung des Stellenwertes der verschiedenen Einzelparameter für die seelische Organisation, die das Ausmaß der zerstörerischen Wirkung der Erkrankung festlegt."
S. 23a: "... und ihre Untersuchungsmethode konsequent verfolgen,
..."
S. 23b: "... für den forensischen Psychiater, der nach einer geeigneten
Methode sucht, seine ..."
S. 161 "Fazit
An dieser Stelle drängen sich einige Gedanken zum Wesen dessen,
was wir messen und erfassen wollen oder können, auf. Stellt man den
Anspruch, ein Testinstrument zur Erfassung der Schuldfähigkeit in
die Hand zu bekommen, so sind die Ergebnisse, die wir mit den gängigen
Verfahren gemacht haben, geradezu niederschmetternd. Bei den verschiedenen
Verfahren
sind wir oft sehr nahe an dem besagten Phänomen, doch es gleitet uns
sozusagen ständig durch die Maschen des Instruments. Daß dies
nicht anders sein kann, liegt auf der Hand, wenn man sich vergegenwärtigt,
daß psychologische Tests darauf angelegt sind, eine quantitative
Messung zu vollziehen, indem sie die Position eines Individuums auf einem
Kontinuum der positiven und negativen Auslenkungen einer normalpsychologischen
Dimension feststellen. Sie orientieren sich immer an einer Realität
und sind zum Scheitern verurteilt, wenn es um die Feststellung eines krankhaften
Zustands geht, d.h. wenn der Bruch mit dieser Realität dokumentiert
werden soll. Um einen Testbogen ausfüllen zu können, muß
man die Fähigkeit besitzen, den Sinn der Fragen richtig zu erfassen.
... ... Die Art dieser Wahrnehmung kann nur auf einer Metaebene erhoben
werden, es muß eine Aussage über die psychische Struktur und
ihre besondere Art wahrnehmungsmäßiger Verarbeitung getroffen
werden. Dafür bedarf es einer formalen und nicht einer inhaltlichen
Methode.
Aus diesen prinzipiellen Erwägungen heraus ist die 'Messung' der Schuldfähigkeit
geradezu unsinnig."
Der Anhang enthält eine Übersicht der Dokumentation verschiedener
Syndrome:
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Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. |