Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=11.06.2014 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung  12.06.14
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
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    Anfang_Geistesverirrungen Pinel 1801_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten, und hier speziell zum Thema:

    Philosophisch-Medicinische Abhandlung über Geistesverirrungen
    oder Manie - Pinel 1801

    Hilfsseite zum Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler (MethF)
    Methoden- und Methodenproblembewusstsein in der - forensischen - Psychiatrie
    Zu:
    Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
    Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath
    mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    _
    Methodisch vorgehen heißt, Schritt für Schritt, von Anfang bis Ende, Wege und Mittel zum (Erkenntnis-) Ziel angeben 


    Zusammenfassung Geistesverirrungen Pinel 1801

    Legende Signierungen
     
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    Gesamtwertung angemessene Darstellung der psychiatrischen Methodenproblematik Signierung

    Nach den Psychiatriehistorikern gebührt den Franzosen, namentlich Pinel und Esquirol, das hohe Verdienst, die wissenschaftliche Psychiatrie durch die beiden grundlegenden methodologischen Orientierungen der genauen, strengen und vorurteilslosen Beobachtung und Beschreibung zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeführt zu haben. Aber auch durch seine humanistisch-aufklärerische Haltung wurde Pinel zu Recht weltberühmt.


    Gemälde von Charles-Louis Mullet (um 1840-50) Pinel befreit psychisch Kranke 1793 von ihren Ketten. Sekundär-Bildquelle Wikipedia.

    Genaue, strenge und vorurteilslose Beobachtung und Beschreibung
    Der "methodische strenge Gang" nach dem Vorbild der Naturwissenschaft zeigt bereits in der Einleitung (IV) die Grundorientierung Pinels. VII ergänzt die "strengste beschreibende Methode" nach dem Vorbild des Hippokrates. XVI erwähnt den Stahl und Boerhave zugeschriebenen "strengen Gang des Beobachtungsgeistes".  XXXV erkennt die Notwendigkeit der Unterscheidungen nach Art der Erkrankung und der Umstände. In XLIX wird Pinels operationale Grundeinstellung deutlich. Er schließt die Einleitung: "... Dies sind die Maasregeln, die ich genommen habe, um den Thatsachen, die ich sammelte, und aus denen ich in der Folge ein regelmässiges und methodisches Ganze zu machen suchte, die grösste Genauigkeit zu verschaffen. ..." S. 2 formuliert die Grundorientierung:
     

    "... Und mussten diese so verschiedenen Symptome, alle unter dem allgemeinen Nahmen Wahnsinn begriffen, nicht mit aller Sorgfalt studirt werden? und erforderten sie nicht eine grosse Mannigfaltigkeit von Maassregeln, um eine bleibende Ordnung in den Irrenhäusern zu erhalten, und um Arzneymittel und das Verhalten vorzuschreiben? Diese Schwierigkeit wäre um vieles vermindert worden, wenn die beobachteten Fälle hätten stuffenweise nach einer methodischen Ordnung classificirt werden können; aber die willkührlichen und unvollständigen Abtheilungen des Sauvages und Cullen waren eher dazu geeignet, mich irre zu führen, als die Arbeit zu vereinfachen, und der Versuch, den ich damit machte, bewies bald ihre Unzulänglichkeit. Ich wählte mir also diejenige Methode zum Wegweiser, welche in allen Theilen der Naturgeschichte mit Nutzen angewendet wird, nämlich den Anfang damit zu machen, dass man jeden Gegenstand nach und nach mit Aufmerksamkeit und in keiner andern Hinsicht beobachtet, als um Materialien für die Zukunft, zu sammeln, und zu suchen jede Täuschung, jede vorgefasste und aufs Wort für wahr angenommene Meynung zu vermeiden. ..."

    Spezielle von Pinel im einzelnen benannte Methoden

    • Methode der Classification (S.1)
    • Methode vorurteilsfreier Beobachtung und Beschreibung [deskriptive Methode, Phänomenologie] S.2
    • Beschreibende Methode S. 3, 8
    • Methodische Einteilung S. 6
    • Ergebnisse der Methode wo sie glückte und fehlschlug wichtig S. 50
    • Kritik der nicht fassbaren "Methode" der Empiriker in England S. 51
    • Sättigungs-[Methode] S. 73
    • Wahrscheinlichkeit einer Methode S. 82
    • Falsche Krankenbehandlung führt zur Unheilbarkeit S. 86
    • Analytische Methode (Condillac) S. 87
    • Wartende Methode S. 91, 244, 272, 280 > Anmerkung: Die von Pinel sogenannte wartende Methode (methode exspectante) ist offensichtlich eine Vorgängerversion von Bleulers Oudenus-Therapie.
    • Entgegengesetzte Methode der Gewalt S. 98, 441.
    • Kritik an ungenau ausgewiesener Methode S. 121a
    • Beispiel Leichenöffnungsmethode S. 121b
    • Gewöhnliche [zeitentsprechend übliche] Methode S. 182
    • Vorteil einer methodischen Einteilung S. 189
    • Methodische Aufteilung (Verteilung) der Kranken S. 190
    • Die Vorteile der methodischen Einteilung den Local-Einrichtungen einleuchtend machen S. 245
    • Methodische Behandlung S. 261
    • Verweigerung einer ordentlichen und methodischen Behandlung S. 285a
    • Methode von Locher (Wien) verdient bekannt gemacht zu werden S. 285b
    • Wirksamkeitsbestimmung (hier Opium) durch Befolgung einer genauen Methode S. 288
    • Methodische Mahnung Vorsicht, Einschränkung, Behutsamkeit bei schwerrsten und gefährlichen Fällen S. 293f
    • Angepasste Methode [=die Methode an den Fall und seine Umstände anpassen] S. 294f
    • Allgemeine Methode [hier, Dr. Willis, über keine verfügen] S. 368
    • Angewandte Methode [hier Ablenkung] S. 398
    • Methode mit abhelfbaren Unbequemlichkeiten S. 403 [hier: horizontale Lage]
    • Dr Fowlen [Ackerbau und Prügel] Methode S. 407a
    • Ähnliche aber viel sanftere Methode [Arbeitstherapie] S. 407b
    • Schwächende Methode [etwas wegnehmen] S. 425f, 439, 444ab
    • Sektions-Methode [Lit-Hinweis] S. 430
    • Methodische [Fehler] S. 434a
    • Neue Methode von Kämpf S. 434b
    • Stärkende Methode [etwas hinzufügen] S. 443


    Anmerkung: der wahre Weg der Untersuchung S. 244 (Ferriar in England, Locher in Deutschland)



    Wort im Titel (wTit)
    Signierung 0: Das Wort Methode kommt im Titel nicht vor, obwohl das ganze Buch vom Thema "Methode"



    Wort im Inhaltsverzeichnis (IV)
    Signierung 1: Pinel hat am Ende ein sogenanntes "Register" (S. 446-458), das man sowohl als Inhaltsverzeichnis als auch als Sachregister auffassen kann.



    Wort im Sachregister (SR)
    Signierung 1:  Pinel hat am Ende ein sogenanntes "Register" (S. 446-458), das man sowohl als Inhaltsverzeichnis als auch als Sachregister auffassen kann. Obwohl das Buch das Thema "Methode" vielfach theamtisiert, kommt es im Register nur einmal vor:
     
      S. 453:
      "I. Vortheil einer methodischen Eintheilung und Absonderung der verschiedenen Arten der Verrückten in den Irrenhäüsern.  189"




    Wort im Text (wT)
    Signierung 1:  Die wichtigste Textstelle, in der das wissenschaftliche Programm Pinels, nämlich die naturwissenschaftlichen Methoden Beobachtung und Beschreibung als Grundlage der Psychopathologie zu fordern, findet sich S. 2f.

    Fundstellen  im fortlaufenden Text:
     

      II Vorrede des Übersetzers Wagner:
      "... Zuflucht zur wartenden Methode ..."

      Einleitung

      IV:
      "... Das Beyspiel und die Irrthümer vergangener Zeiten, der falsche Weg, den man eingeschlagen hatte, und der methodische und strenge Gang, der in allen Theilen der Naturwissenschaft befolgt wurde, nöthigte nun die Aerzte, den Faden der Beobachtung, den sie seit so vielen Jahrhunderten hatten fallen lassen, wieder aufzunehmen. ..."

      VII:
      "...; aber er [Hippokrates] habe ein allgemeines Beispiel der strengsten beschreibenden Methode; und Männer, die dieselbe zu schätzen wissen, nehmen sie zum Muster bey ihren ersten Entwürfen der Geschichte und der Behandlung des Wahnsinns. ..."

      XVI:
      ... unbekannte Methode ein ... [Stahl und Boerhave "einen strengen Gang des Beobachtungsgeistes"]

      XXXV f:
      "Ferriar hat sich einen andern Zweck bey seinen besondern Arbeiten über Manie vorgesetzt; er hat verschiedene innere Arzneymittel eines nach dem andern versucht, und deren Gebrauch gleichsam nur empirisch bestimmt, ohne die Arten der Manie; und die Umstände zu unterscheiden, nach deren Verschiedenheit auch die Wahl und Anwendung der Mittel abgeändert werden muss. Seine Methode hatte mit jener von Locher *), Arzte zu Wien, viel Uebereinstimmendes; der ganze Unterschied beruht [>XXXVI] nur auf der Auswahl, Natur, und in der Ordnung bey der Anwendung der Arzneymittel."

      XLVIII:
      "... Die Methode, die man in allen Theilen der Naturwissenschaft befolgt, diente mir dabey zum Leitfaden, und ich hielt mich an äussere Kennzeichen und an physische Veränderungen, die den Funktionen des Verstandes oder des Willens (functions affectives) entsprechen könn- [>XLIX] ten.  So entstand denn die Schilderung der Gesichtszüge, Mienen, Bewegungen, die den nahen Ausbruch des Anfalls von Manie verkündigen. ..."

      XLIX:
      "... Dies sind die Maasregeln, die ich genommen habe, um den Thatsachen, die ich sammelte, und aus denen ich in der Folge ein regelmässiges und methodisches Ganze zu machen suchte, die grösste Genauigkeit zu verschaffen. ..."
       

      Hauptbuch

      S. 1:  "Soll uns der auffallende Fortgang, den der Beobachtungsgeist; die aphoristische Sprache, und die Methode der Classification, der Naturgeschichte verschafft haben, nicht zum Muster und zum Wegweiser der Arzneywissenschaft dienen? und zeigt nicht jeder zu untersuchende Gegenstand die Nothwendigkeit desselben? ..."

      S. 2f:
      "... Und mussten diese so verschiedenen Symptome, alle unter dem allgemeinen Nahmen Wahnsinn begriffen, nicht mit aller Sorgfalt studirt werden? und erforderten sie nicht eine grosse Mannigfaltigkeit von Maassregeln, um eine bleibende Ordnung in den Irrenhäusern zu erhalten, und um Arzneymittel und das Verhalten vorzuschreiben? Diese Schwierigkeit wäre um vieles vermindert worden, wenn die beobachteten Fälle hätten stuffenweise nach einer methodischen Ordnung classificirt werden können; aber die willkührlichen und unvollständigen Abtheilungen des Sauvages und Cullen waren eher dazu geeignet, mich irre zu führen, als die Arbeit zu vereinfachen, und der Versuch, den ich damit machte, bewies bald ihre Unzulänglichkeit. Ich wählte mir also diejenige Methode zum Wegweiser, welche in allen Theilen der Naturgeschichte mit Nutzen angewendet wird, nämlich den Anfang damit zu machen, dass man jeden Gegenstand nach und nach mit Aufmerksamkeit und in keiner andern Hinsicht beobachtet, als um Materialien für die Zukunft, zu sammeln, und zu suchen jede Täuschung, jede vorgefasste und aufs Wort für wahr angenommene Meynung zu vermeiden. ..."

      S. 3:
      "... und die andern gemachten Beobachtungen in Rücksicht auf die sich bei ihnen nach Verschiedenheit der Jahrszeiten ereignenden Veränderungen geführt, wobey ich mich genau an die beschreibende Methode hielt, ohne mich jedoch auf irgend eine ausschliessende Ansicht einzuschränken, oder mich einer systematischen Ordnung zu unterwerfen. ..."
          Anmerkung: Das klingt schon sehr stark nach phänomenologischer Methode  (im Brentano'schen Sinne].

      S. 6:
      "... Auch hat diese methodische Eintheilung noch einen andern, sehr wichtigen Nutzen, nämlich um eine feste Ordnung bey der Bedienung in den Hospitälern einzuführen, und zur Herstellung der Kranken dadurch mitzuwirken, indem diese letztern in abgesonderte und isolirte Gruppen eingetheilt werden müssen, um eine den Reconvalescenten schädliche, und so zu sagen, durch den Anblick der Aeusserungen des Deliriums und der Ausschweifungen ansteckende Gemeinschaft zu verhindern. ..."

      S. 8f :
      " ... Die besondern Geschichten, welche man in der Samm[>9]lung von Beobachtungen findet, sind nichts als isolirte Thatsachen, bey denen die ächte beschreibende Methode vernachlässiget wurde, und ihre Verfasser haben dabey kaum andere Absicht gehabt, als gewisse Arzneymittel a) geltend zu machen, als wenn die Behandlung von jeder Krankheit ohne genaue Kenntniss der Symptome und ihres Ganges nicht eben so gefährlich, als täuschend wäre."

      S. 50:
      "... Dies sind, so zu sagen, unfruchtbare Wahrheiten, wenn man nicht durch genaue Beobachtungen, die Umstände des Orts, der Zeit, den Charakter des Wahnsinnigen, die besondere Natur seiner Verirrungen, die verschiedenen Verletzungen seiner moralischen Fähigkeiten, bestimmt; und wenn man nicht auf diese Art eine vernünftige Anwendung allgemeiner Grundsätze festsetzt, indem man mit gleicher Aufrichtigkeit die Beyspiele, wo die Methode glückte, wie auch jene wo sie fehlschlug, aufzählt. Denn warum sollte man nicht bekennen,  dass man bey dem gegenwärtigen Zustand unserer Kenntnisse gewisse Schwierigkeiten noch nicht hat überwinden können?"
          Anmerkung: Bemerkenswert die Forderung, die Begrenztheit der Erkenntnisse einzugestehen.

      S. 51:
      "Geschieht es aus einem ausschliesslichen Nationalstolz, und um ihr Uebergewicht über andere Völker zu zeigen, dass die Engländer sich mit einer besonderern Geschicklichkeit prahlen, die Manie durch Hülfe moralischer Mittel zu heilen, und dass sie zugleich die Feinheit dieser Kunst mit einem undurchdringlichen Schleyer verhüllen? Oder im Gegentheile, ist nicht dasjenige, was man wohl auch für blosse Wirkung verfeinerter Politik halten könnte, bloss ein Resultat der Umstände; und soll man die Methode, welche die Empiriker in England befolgen, von jener, welche in diesem Lande von den Schulärzten angenommen wurde, unterscheiden? Welche Antwort man auch auf diese Frage geben mag, so versichere, ich, dass ohngeachtet meiner fünfzehnjährigen unausgesetzten Nachforschungen um einige Spuren dieser Methode in den Berichten der Reisenden, in den Nachrichten, die man über ihre Hospitäler für Wahnsinnige liefert, in den Notizen, die man in ihren privat öder öffentlichen Anstalten, in den Journalen, und in den Werken ihrer Aerzte über den Wahnsinn giebt, zu entdecken, ich gar keine bestimmte Beobachtung finde, die dazu geeignet wäre, über dieses Englische Geheimniss einiges Licht zu geben, obgleich alles ihre Geschicklichkeit in der Behandlung dieser Krankheit bestättiget. ..."

      S. 73:
      "... Wie konnte man ihn anders aus diesen Ideen herausreiffen, wenn nicht durch das Misslingen seiner vielen Anstrengungen, und durch eine Art von Sättigung. ..."
          Anmerkung: Hier benutzt Pinel zwar nicht das Wort "Methode", aber sättigen ist natürlich eine Methode.

      S. 82:
      "... Eine Thatsache, wovon ich Zeuge war, macht das Gelingen dieser Methode wahrscheinlich."

      S.  86:
      "Unter solchen Umständen hat man vor Zeiten eine einfache, aber dazu ganz geeignete Methode die Kranken unheilbar zu machen befolgt; und diese bestund darinn, dass man den Wahnsinnigen in den Hintergrund seiner Kammer als ein unbändiges Wesen verbannte, ihn mit Ketten belastete, oder mit äusserster Härte behandelte, als wenn da nichts mehr zu thun wäre, als die Gesellschaft von ihm zu befreyen, und das natürliche Ende eines so schrecklichen Daseyns abzuwarten. Aber diese für einen sorglosen Aufseher so bequeme Behandlung, die zugleich kalte Barbarey und Unwissenheit athmet, muss jetzt dem öffentlichen Fluch mit andern Vorurtheilen welche zur Geissel und Schande des menschlichen Geschlechts existirten, preisgegeben werden. Es sollte bey allen wohl eingerichteten Hospitälern ein unverletzlich Gesetz seyn, den Wahnsinnigen alle Freyheiten, und in so grosser Ausdehnung zu gestatten, als es nur die Klugheit erlaubt; den Grad des Zwangs seinen mehr oder minder heftigen Ausbrüchen anzupassen; jede Misshandlung, jede Gewalttätigkeit von Seite der Dienstleute streng zu verbieten; in der Ausübung der Pflichten zur rechten Zeit Gelindigkeit oder Strenge, ein nachgiebiges Benehmen oder den Ton des Ansehens und eines unveränderlichen Willens anzunehmen. ..."

      S. 87:
      "Condillac konnte durch seinen Scharfsinn, und die analytische Methode, die er auf die Entwickelung einiger moralischer Eigenschaften: als der Unruhe, des Begehrens, der Leidenschaften, welche er als angenehme oder unangenehme Gefühle betrachtet, Bewunderung erregen. ..."

      S. 91:
      "... Die Erfahrung lehrt aber auch, dass man in vielen Fällen eine sichere und dauerhafte Heilung bloss durch die wartende Methode (methode expectante (11)) erhalten kann; indem man den Wahnsinnigen seiner stürmischen Aufbrausung überlässt, nur einen solchen Grad von Gewalt anwendet, den seine eigene und anderer persönliche Sich""erheit erfordert, welches durch blosse Zwangweste oder Camisol erhalten werden kann; sich ferner hütet, ihn durch übel angebrachte Härte oder Schmähreden zu erbittern, von ihm alle reele Ursachen der Unzufriedenheit und des Zorns sowohl in Rücksicht auf die Bedienung, als auch in Rücksicht auf die Nahrung entfernet, alle geraden Verweigerungen, und alle ungestümmen Antworten, wenn sie zur Unzeit in Freyheit gesetzt zu werden verlangen, vermeidet, es vielmehr unter anscheinenden Vorwänden aufschiebt; endlich indem man in dem Innern des Hospitals die strengste Polizey unterhält, und vornehmlich die Zwischenzeit der Ruhe dazu benutzt, die Wahnsinnigen zu ernsthaften Beschäftigungen oder mühsamen Arbeiten anzuhalten. ..."

      S. 98:
      "... In andern Fällen, wo man ihm ganz nahe beykommen kann, wirft man ihm eine Art von Schürze übers Gesicht, in Form einer Binde, indessen sich andere seiner Gliedmassen bemächtigen. Durch diese unschädlichen Mittel bändiget man die Wahnsinnigen, ohne sie zu schlagen oder zu verwunden. Der Vorgänger des jetzigen Aufsehers hat eine dieser ganz entgegengesetzte Methode befolgt, indem die Bändigung der Wahnsinnigen ganz der Brutalität der Dienst[>99]leute überlassen war; sie suchten überhaupt den Wahnsinnigen auf den Boden niederzuwerfen, und dann setzte einer von ihnen mit Gewalt das Knie auf den untern Theil seiner Brust an, so dass er oft diesen Theil zerquetschte. ..."

      S. 121a:
      "... Man siehet aber wohl, wie schwankend und unbestimmt seine Beobachtungen sind, da der Verfasser keine genaue Methode angewendet hat, um die Ausmessungen der Hirnschaale anzugeben, und dass er folglich ausser Stande war, sie mit Genauigkeit unter einander zu vergleichen. ..."

      S. 121b:
      "Es wird hinreichen, wenn ich die Methode anzeige, die ich bey den vielfachen in den Hospitälern vorgenommenen Leichenöffnungen befolgt habe."

      S. 182:
      "... Ich habe ähnliche Fälle im ersten Abschnitt über den periodischen Wahnsinn angeführt; aber es ist von Wichtigkeit einen der Fälle nach allen Umständen kennen zu lernen. Ein junger Soldat von zwey und zwanzig Jahren gerieth durch den Donner des schweren Geschützes in einem blutigen Gefecht, an dem er gleich nach seiner Ankunft bey der Armee Antheil nahm, in Schrecken; seine Vernunft gerieth in Verwirrung, und man behandelte ihn anderswo nach der gewöhnlichen Methode mit Aderlässen, gemeinen Bädem und Tropfbädern. ..."

      S. 189:
      "... I.   Vortheil einer methodischen Eintheilung und Absonderung der verschiedenen Arten der Verrückten in den Irrenhäusern."

      S. 190:
      "... Eine methodische Vertheilung der Wahnsinnigen im Irrenhause in verschiedene Quartiere (IV. Abschnitt) macht, dass man in einem Augenblick die nöthigen Massregeln in Ansehung der Nahrung, der Reinlichkeit, des moralischen und physischen Regims ergreifen, die Bedürfnisse für jede Art der Wahnsinnigen schon im voraus berechnen und voraussehen, die verschiedenen Verletzungen des Verstandes nach ihren unterscheidenden Characteren auffassen, die beobachteten Fälle mit andern ähnlichen vergleichen, oder vielmehr in gründliche Resultate der Erfahrung verwandeln kann; aus der nämlichen Quelle muss der beobachtende Arzt auch die wesentlichen Regeln der Behandlung schöpfen, und die Beurtheilung der verschiedenen Arten des Wahnsinns kennen lernen, die leichter oder schwerer der Zeit und dem Regim weichen, wie auch jene, welche der Heilung die grössten Hindernisse entgegensetzen, oder die man für unheilbar ansehen kann; endlich jene, welche dringend den Gebrauch gewisser Arzneyen von Seite jedes vernünftigen und aufgeklärten Arztes, der weder ihre Wirkungen übertreibt, noch ihren Nutzen verkennt, erfodern."

      S. 244f:
      "... Der Gang, den ich befolge, dehnt noch weit mehr das Gebiet dieser Wissenschaft aus, und zeigt, wie sehr das Verschreiben der Arzneymittel eingeschränkt seyn muss, indem oft die wartende Methode (methode expectante) durch moralisches und physisches Regim unterstützt, hinreichen kann, in andern Fällen aber das Uebel allen Mitteln trotzt. Dies ist nun das Geschäft, das ich mir bey dem gegenwärtigen Zustande unserer Kenntnisse zu vollführen vorgenommen habe: nämlich der Geschichte der Geistesverirrungen die grösste Wichtigkeit beylegen, einen genauen Unterschied zwischen ihren verschiedenen Arten festsetzen, um nicht unnütze Versuche zu machen, oder aufs Gerathewohl die Behandlung zu leiten; die Leitung und die innere Polizey in den Pensionsanstalten und Irrenhäusern auf bestimmte Regeln zurückführen; indem es fast unmöglich ist, die Wahnsinnigen mit gutem Erfolg in dem Schoosse ihrer Familien zu behandeln. ..."

      S. 245:
      "... Die Nothwendigkeit der Local - Einrichtungen in Beziehung auf die methodische Eintheilung dieser Kranken in verschiedene Arten einleuchtend machen; den ersten Platz der einsichtsvollen und menschenfreundlichen Fürsorge der Oberaufsicht und der strengsten Aufrechthaltung der Ordnung im Dienste einräumen; die einfachsten Mittel, welche die Erfahrung bestättigt zu haben scheint, die Vorsichtsmaassregeln, die Epoche der Krankheit, die Arten des Wahnsinns, die einen glücklichen Erfolg versprechen, angeben; und endlich den Gebrauch sehr wirksamer Mittel, deren Anwendung unter andern Umständen überflüssig, schädlich, oder allzu dreist wäre, für äusserste und bis jetzt für unheilbar gehaltene Fälle aufsparen lehren."

      S. 261:
      "Ich konnte bis jetzt nur unvollkommene Versuche mit Opium und Castoreum machen; um sie vollständiger anstellen zu können, warte ich auf die Einführung einer methodischen Behandlung in den Hospitälern."

      S. 272:
      "... Nichts wäre einfacher, als die Aufsicht über dieselben, den einsichtsvollsten und menschenfreundlichsten Männern anzuvertrauen, um daselbst eine strenge Polizey zu erhalten, und dadurch dem Arzte das Studium, und die Kenntniss des Wahnsinns, die Unterscheidung seiner verschiedenen Arten, und die Bestimmung derjenigen darunter zu erleichtern, die entweder bey der wartenden Methode geheilt werden können, oder die wegen gefährlicher Symptome, die sie begleiten, die mannigfaltigsten und wirksamsten Heilmittel erfordern. ..."

      S. 280:
      "... Auf der andern Seite sollte man sich desselben während des Verlaufs der periodischen Anfälle nicht enthalten, da es erwiesen ist, dass die blosse wartende Methode oft hinreicht (I. Abschnitt) eine vollkommene und dauerhafte Heilung zu bewerkstelligen; und im Gegentheil die Aderlässe den Wahnsinn in Unsinnigkeit und Blödsinn verwandeln kann; auch durch nichts die Grenze bestimmt wird, an welcher man, damit sie nicht schädlich werde, inne halten soll. ..."

      S. 285a:
      "... Diese Wahnsinnigen sind im Allgemeinen so argwöhnisch und so unbiegsam, dass ich nicht einmal auf den Krankenzimmern irgend einen davon dahin bringen konnte, sich einer ordentlichen und methodischen Behandlung zu unterwerfen. Welche Versuche wären nun in Ansehung der Ausleerungsmittel zu machen, um die hartnäckigsten Arten des Wahnsinns, als die anhaltende und complicirte Manie zu heilen!"

      S. 285b:
      "XVI.  Die Resultate der in Ansehung des Gebrauchs der antispasmodischen Mittel gemachten Erfahrungen.
          Die Methode, die Locher, Arzt eines Irrenhauses in Wien in Oesterreich befolgt hat, verdient wegen der Versuche, die er mit manchen Arzneymitteln gemacht hat, und wegen des wesentlichen Unterschiedes zwischen seiner und der mir eigenen Methode, bekannt gemacht zu werden. ..."

      S. 288:
      "... Nur bey der Befolgung einer solchen Methode kann man mit mehr Genauigkeit auch die Wirksamkeit des Opiums bey der Heilung des Wahnsinns bestimmen. ..."

      S. 293f:
      "... Aber man begreift, mit welcher Vorsicht und mit welcher Einschränkung und Behutsamkeit eine solche Methode angewendet werden müsse; und dass man sich derselben nur in [>294] den schwersten und gefährlichsten Fällen, als in den heftigen Ausbrüchen der regulären periodischen Manie, in einem anhaltenden veralteten, oder in einem mit Fallsucht verknüpften Wahnsinn, Arten der Geistesverirrung, welche beynahe immer unheilbar, und oft an sich schon tödtlich sind, bedienen soll. ..."

      S. 294f:
      "Sowohl die ältern, als auch die neuern Aerzte haben eingesehen, dass sich der Wahnsinn manchmal durch Adergeschwülste (varices), durch den Haemorrhoidalfluss, durch Dyssenterie, durch einen von sich selbst erfolgenden Durchfall, oder durch ein intermittirendes Fieber endiget. Allein diese günstigen Ausgänge, sie mögen langsam und stuffenweise, oder mit einer plötzlichen und unerwarteten Explosion geschehen, sind keineswegs die Frucht einer sitzenden und unthätigen Lebensart, oder einer traurigen und stillen Niedergeschlagenheit; sie erfolgen bey einer dem Character, der Constitution des Kranken, der besondern Art des Wahnsinns, und seiner längern oder kürzern Dauer weise angepassten Methode. Daraus erhellet der mächtige Einfluss der körperlichen Uebung, der Musik a), der Lecture, der Verän[>296]derung des Aufenthalts, und der Reisen; ..."

      S. 368:
      "... Er [Dr. Willis] beobachtet lange Zeit seine Kranken, bevor er die Behandlung, die sich für jeden schickt, beginnt; und obgleich er keine allgemeine Methode hat, so macht er doch gewöhnlich damit den Anfang, dass er den natürlichen Zustand aller Lebensfunctionen, die immer bey den Wahnsinnigen auf eine oder die andere Art gestört sind, herzustellen sucht. ..."

      S. 398:
      "... Man wird nach der Uebersicht, die ich von den Moralischen der Verrückten gegeben habe, leicht den Zweck der zu ihrer Heilung angewandten Methode begreifen. Sie haben in ihrem scharfsinnigen Versuch bemerkt, dass, indem man bey den Kranken die Empfindung der Furcht und der Nothwendigkeit erweckt man ihn nöthige seine Aufmerksamkeit auf äussere Gegenstände zu richten, und sie von jenen ausschweifenden Ideen, die sein Gemüth beherrschen, abzulenken. ..."

      S. 403:
      "Diese Methode hat einige Unbequemlichkeiten, denen leicht abzuhelfen wäre. Man hat bisweilen beobachtet, dass sich der Zustand des Kranken verschlimmert, wenn er sich in einer horizontalen Lage befindet. ..."

      S. 407a:
      "Der Doct. Fowlen sagte mir, dass ihm mit Hülfe dieser Methode, und einiger pharmaceutischer Mittel gelungen sey, eine kleine Anzahl von Verrückten, die seiner Obsorge anvertrauet waren, ihren Familien gesund wieder zu geben"

      S. 407b:
      "... Seine Methode bestand bloss darin, dass er die Kranken zum Ackerbau verwendete. Einige dienten ihm als Domestiken auf dem Lande, andere als Lasttiere. Er spannte sie vor die Egge, und vor den Pflug ein; nachdem er sie zu einem vollkommenen Gehorsam durch eine Tracht Schläge, mit denen er sie bey der ersten Widerspenstigkeit bediente, gebracht hatte. Ich weiss es von Hörensagen, dass eine ähnliche, aber weit sanftere Methode mit vielem Glück von mehreren geschickten Aerzten dieses Landes befolgt wird. ..."

      S. 425f:
      "..., durch [>426] Stärke der Lebensfunctionen, Röthe des Gesichts, durch funkelnde, lebhafte Augen, oft erhöhete Muskelkraft, (obgleich bisweilen auch eine scheinbare Schwäche vorkommt, die sich auf die schwächende Methode verliert) durch angenehme Wärme des Körpers; von Seiten des Geistes, durch starke und lebhafte Leidenschaften, durch eine gewisse Keckheit, und einen gewissen Muth an. ..."

      S. 430:
      "Ephemer. Nat. curios. Dec. II, anni V, obs. 140. — Lusitanus de copiosae venae sectionis methodo. Venet. 1642. Haller medic. Biblioth. p. II. p. 682."

      S. 434a:
      "... Es würde demnach derjenige, der ohne auf den Unrath in den ersten Wegen zu sehen, die Natur mit reitzenden und stärkenden Mitteln bestürmen wollte, eben so fehlen, als jener, der immer Unreinigkeiten, schwarze Galle, versessenes Koth in den ersten Wegen wittern, stets nur auflösende und abführende Arzneyen reichen, und auf diese Weise die allgemeine Schwäche methodisch vermehren würde a). ..."

      S. 434b:
      "Kämpfs Abhandlung von einer neuen Methode, die hartnäckigsten Krankheiten, die ihren Sitz im Unterleibe haben &c. gründlich zu heilen, 9te Ausg. S.407 - 467."

      S. 439:
      "... - Bey Seelenkranken mit fester Leibesconstitution, bey denen der Puls voll und stark ist, wo auf den Kranken starke Reitze eingewirkt [>440] haben, mit einem Worte, wo eine wahre Diathesis sthenica statt findet, wende man den Umständen gemäss die schwächende Methode an. Vor allen entferne man die gewohnten allzustarken Reitze; man lasse dem Kranken keine zu nahrhafte Speisen, keine erhitzenden Getränke reichen; man sorge für die gehörige Oeffnung des Leibes; halte den Patienten kühl, lege ihn in ein dunkles Zimmer; entferne alle Gegenstände, die seine Imagination entflammen könnten, z. B. Gemählde, alles Geräusch u. s. w. a); man lasse daher auch nicht viele Menschen zu ihm; ..."

      S. 441:
      "In Gemüthskrankheiten wo die Schwäche des ganzen Systems zum Grunde liegt, wo alle Functionen langsam, träge vor sich gehen; wo der Puls schwach, matt, der Körper abgezehrt, das Gesicht blass, das Auge matt ist, wo schwächende Ursachen vorhergegangen sind, wird eine jener entgegengesetzte Methode erfordert. ..."

      S. 443:
      "... - Die nach Nervenfiebern entstandenen Gemüthsstörungen weichen ebenfalls der stärkenden Methode, — und die schwächenden Mittel vermehren sie gewöhnlich; so dass sie oft blosse erweichende Klystiere, auf die ein häufiger Stuhl erfolgt, verschlimmern."

      S. 444a:
      "... - Man lasse den Reconvalescenten in einer trockenen, mässig warmen Luft lustwandeln, beschäftige ihn, in so weit es die Umstände erlauben, mit der Gärtnerey, Feldarbeit, Musik, u. s. w. und warne ihn vor allen dem, was den Körper schwächen, und folglich die Rückfälle veranlassen könnte — wo im Gegentheil eine sthenische Diathesis zum Grunde lag, und die schwächende Methode mit Nutzen in der Krankheit angewendet wurde, da muss das Verhalten auch in der Reconvalescenz darnach eingerichtet werden. ..."

      S. 444b:
      "... - Man gebe also solchen Reconvalescenten (man müsste denn die schwächende Methode zu weit getrieben haben,) keine allzunahrhafte Speisen, keine erhitzende Getränke, keine reitzende und stärkende Arzneymittel. - Man ermahne sie alle heftige Leidenschaften, jeden den Organismus überhaupt, besonders aber das Gehirn heftig afficirenden Reitz zu fliehen, bis man nicht die Erregbarkeit, und die gesammten Lebensfunctionen auf den vorigen gesunden Normalzustand zurückgebracht hat. ..."




    Wort "Probleme" im Zusammenhang mit "Method" (wP)
    Signierung 0:  Obwohl das Wort Probleme mindestens drei [IX, 74, 239] mal vorkommt und vielfach Probleme erörtert  werden, wird es nicht unmittelbar bei "Methode" genannt.



    Methodenbegriff dieser Studie (MB)
    Signierung 1: Pinel weist immer wieder auf die Genauig und Strenge der Beobachtung und Beschreibung hin. Bei seiner Kritik der Methode englischer Empiriker wird deutlich, dass er vermisst, wie genau nun die englischer Empiriker vorgehen. An anderen Stellen wird der Weg klar aufgeteigt (wartende Methode, schwächende Methoide, stärkende Methode, entgegengesetzte Methode) und im Fallbeispiel des berühmten - und geheilten - Uhrmachers von Paris wird das Vorgehen detalliert geschildert.



    Erörterung von Methodenproblemen (eMP)
    Signierung 1: Methodische Probleme werden an vielen Stellen erörtert, hier ein paar Stichproben:
     
      S. IX:
      "Man wundert sich, dass so einleuchtende, und in der Anwendung so fruchtbare Grundsätze, während einer Reihe von Jahrhunderten, keine weitere Entwickelung erhalten haben, besonders in dem Clima von Griechenland und Italien, wo der Wahnsinn so häufig ist, und unter so vielerley Gestalten zum Vorschein kommt. Aber die Auflösung dieses Problems \g ist sehr leicht, und ergiebt sich aus einer kurzen Reflexion über den allgemeinen Gang des menschlichen Geistes ..."

      S. 239:
      "XXI. Eine mechanische Beschäftigung soll ein Grundgesetz eines jeden Irrenhauses seyn
              Es ist kein erst aufzulösendes Problem \g, vielmehr ist es das bewährteste und einstimmige Resultat der Erfahrung, dass in allen öffentlichen Azylen, wie in Gefängnissen und Hospitälern, das sicherste und vielleicht das einzige Mittel, die Gesundheit, gute Sitten, gute Ordnung zu erhalten, das sehr streng befolgende Gesetz einer mechanischen Beschäftigung sey. Diese Wahrheit ist vorzüglich auf die Irrenhäuser anwendbar; und ich bin fest überzeugt, dass keine Anstalt dieser Art von Dauer, und von einer an haltenden Nützlichkeit seyn kann, wenn sie nicht auf dieser Grundlage ruhet. Die wenigsten Wahnsinnigen, nicht einmal im Zustande der Raserey, sollten von aller Beschäftigung entfernt werden, wie ich mich hievon ganz besonders überzeugt habe. ..."

      S. 74 Exkurs und Anmerkung - Der Uhrmacher mit dem falschen Kopf
      Perpetuum mobile Problem eines berühmten Uhrmachers von Paris, der meinte, er sei geköpft worden und habe danach einen falschen Kopf aufgesetzt bekommen, betrifft nicht das Thema "Methode". Der Fall und seine Heilung durch eine kognitive Therapie [direkt dahin] watzlawickscher Schlitzohrigkeit ist aber nicht nur aus methodischen Gründen sehr interessant zu lesen.

      "XI. Ein glücklich, angewandtes Mittel bey der Heilung eines Wahnsinnigen.
      Einer der berühmtesten Uhrmacher in Paris setzte sich die Chimäre von einem perpetuum mobile in den Kopf, und arbeitete daran, um es zu Stande zu bringen, mit unermüdeter Anstrengung. Es entstund daraus bey ihm Schlaflosigkeit, zunehmende Spannung der Einbildungs[>72]kraft, und bald darauf durch die Mitwirkung wiederhohlten Schreckens, den die Stürme der Revolution verursachten, auch ein wahrer Wahnsinn. Die Verwirrung seiner Vernunft zeichnete sich durch einen besondern Umstand aus. Er glaubte nämlich, dass sein Kopf auf dem Blutgerüste gefallen sey, dass man ihn mit den Köpfen vieler anderen Schlachtopfer untereinander warf, und dass die Richter aus einer späteren Reue über ihr grausames Urtheil befohlen hätten, diese Köpfe hervorzusuchen, um jeden derselben mit seinem Rumpfe zu verbinden; aber man habe aus Versehen den Kopf eines seiner Unglücksgefährten auf seine Schultern gesetzt. Die herrschende Idee von dieser Verwechselung seines Kopfes beschäftigte ihn Tag und Nacht, und bewog seine Anverwandten ihn der Cur der Wahnsinnigen im Hotel - Dieu zu unterwerfen. Er war in der Folge in das Irrenhaus von Bicêtre gebracht. Nichts glich damahls seiner Thorheit, und den lärmenden Ausbrüchen seines so jovialischen Humors; er sang, schrie, tanzte, und da ihn sein Wahnsinn zu keiner gewaltthätigen Handlung verleitete: so liess man ihn frey im Hospital herumirren, um diese tumultuarische Aufbrausung gleichsam auszuschnauben. „Sehet meine Zähne ? wiederhohlte er beständig, die meinigen waren sehr schön, und diese da sind faul, mein Mund war gesund, und dieser da ist unrein. Welcher Unterschied zwischen diesen Haaren, und jenen, die ich vor der Auswechselung meines Kopfes trug!" Die heftigste Wuth folgte endlich auf diese delirirende Lustigkeit. Er wurde in seiner Kammer eng eingesperrt, es erfolgten heftige Aufwallungen, und es fand sich ein Zerstörungstrieb bey ihm ein, der ihn antrieb alles in Stücke zu reissen. Gegen den Winter hin haben sich die Aufwallungen gelegt, und obgleich seine Ideen immer ausschweifend blieben, so war er doch nicht mehr gefährlich, und man liess ihn daher frey im Innern des Hospitals. Die Vorstellungen von dem perpetuum mobile erneuerte sich mitten zwischen diesen unsinnigen Ausschweifungen. Er zeichnete beständig mit der Kreide auf den Wänden und Thüren die Risse des dazu tauglichen Mechanismus. Wie konnte man ihn anders aus diesen Ideen herausreissen, wenn nicht durch das Misslingen seiner vielen Anstrengungen, und durch eine Art von Sättigung. Man foderte seine Anverwandten auf ihm einige Uhrmacher-Werkzeuge nebst Materialien zur Verarbeitung zu schicken, als Kupfer- und Stahlplatten, Uhrräder &c. Der Oberaufseher des Hospitals that noch mehr; er erlaubte ihm in seinem Vorzimmer eine Art von Werkstätte zu errichten, um dort nach Bequemlichkeit arbeiten zu können. Er verdoppelte nun seinen Eifer, nahm alle seine Aufmerksamkeit so zusammen, dass er oft selbst auf das Essen vergass. Nach einer Arbeit von ohngefähr einem Monate, die er unausgesetzt trieb, und die einen bessern Erfolg verdient hätte, glaubte unser Künstler einen falschen Weg eingeschlagen zu haben, er zerlegte seine Maschine in Stücke, und fieng seine Arbeit nach einem andern Plan von neuem an. Er arbeitete noch fünfzehn Tage mit einer unablässigen Verwendung; legte dann alle Stücke zusammen,  und glaubte darin die vollkommene Zusammenstimmung zu sehen. Da sich daraus eine fortdauernde Bewegung ergab, war er um so mehr überzeugt, dass sie sich auch von selbst reproduciren würde. Hierauf erfolgte eine außerordentliche Freude und eine Art von Triumph. Er lief mit großer Schnelligkeit in das Innere des Hospitals, schrie wie ein zweyter Archimed: „Siehe nun das berühmte Problem, woran die geschicktesten Männer scheiterten, endlich aufgelösst!" Aber ein Zufall brachte ihn in der Mitte seiner Triumphe aus der Fassung. Das Räderwerk stockte, und das vorgegebene perpetuum mobile war nur einige Minuten im Gange. Beschämung folgte auf die Trunkenheit der Freude; aber um seiner Eigenliebe ein demüthigendes Geständniss zu ersparen, erklärte er, er könnte zwar leicht das Hinderniss heben , aber dass er demohngeachtet des Versuchs müde, sich mit nichts andern, als mit der Uhrmacherkunst beschäftigen wol[>75]le. Es blieb noch eine närrische Idee zu bekämpfen und zu zerstören übrig, nämlich die vorgegebene Auswechselung seines Kopfs, die sich sonst in der Mitte seiner Arbeiten von neuem äusserte. Feiner Scherz, ohne dass er was darauf antworten könnte, schien am bessten geeignet zu seyn ihn zu Rechte zu bringen. Man hat einem andern sehr lustigen Reconvalescenten, und voll guter Laune die Rolle, die er zu spielen hatte, voraus angewiesen, und man verschaffte ihm einen langem Umgang mit dem Künstler. Er führte geschickt das Gespräch auf das berühmte Wunderwerk des heiligen Dionisius, der unterwegs seinen Kopf in Händen trug, und ihn unaufhörlich küsste. Der Uhrmacher vertheidigte mit Feuer die Möglichkeit dieser Begebenheit, und suchte sie durch sein eigenes Beyspiel zu bestättigen. Sein Mitsprecher brach in ein grosses Gelächter aus, und antwortete ihm in einem spottenden Ton: „Du Narr, womit konnte der heilige Dionisius seinen eigenen Kopf küssen, etwa mit seiner Ferse?" Diese unerwartete Antwort, auf die sich nichts erwiedern liess, erschütterte den Wahnsinnigen sehr stark; er zog sich ganz beschämt zurück, unter lautem Gelächter, das man über ihn aufschlug, und er sprach nie in der Folge von der Austauschung seines Kopfes. Ernsthafte Beschäftigung mit der Urmacherey, einige Monate anhaltend fortgesetzt, befestigte seine [>76] Vernunft. Er war seiner Familie zurückgegeben, und seit mehr als fünf Jahren übt er seine Kunst aus, ohne einen Rückfall erlitten zu haben."
       




    Sonstiges (Son)
    Zur Beachtung: Das Buch wurde hier nur und ausschließlich unter dem Gesichtspunkt Methoden, Methodenbewusstsein, Methodenproblembewusstsein analysiert und beurteilt. Damit ist natürlich in keiner Weise etwas über seine möglichen sonstigen zahlreichen Qualitäten ausgesagt. Bei manchen Sachverhalten wird man natürlich die Zeit (1799) berücksichtigen.





    Literatur(Auswahl)
    • Pinel, P. (1801) Philosophisch-Medicinische Abhandlung über Geistesverirrungen oder Manie. Wien: Schaumburg.




    Links (Auswahl: beachte)
    • Methodik der Methodenuntersuchung zur - forensischen - Psychiatrie.
      • Ziel der Arbeit.
      • Problembewusstsein.
      • Problembewältigungsmethoden.
      • Methodenbegriff dieser Studie.
      • Angewandte Methode.
      • Hintergrund.
      • Probleme der von mir angewandten Methode.
      • Zeitraum Wie weit muss man nun mit der Methodenanalyse in den Werken zurückgehen?
      • Signierungs-Methode.
      • Anmerkung.
      • Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie.
      • Geschichte der Psychologie.
      • erklären und verstehen.
      • Gründe und Ursachen.
      • Realität des Psychischen und die Theorie der zwei Welten.
      • Operationalisierung, Geschichte des Operationalisierungsbegriffs.
      • Norm, Wert, Abweichung (Deviation) * "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt".
      • Krankheitsbegriff * Bio-Psycho-Soziales Krankheitsmodell * Ursachenproblem.
    • Potentielle Fehler in forensisch psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.
      • Potentielle Methoden-Fehler.
    • Überblick Forensische Psychologie.
    • Überblick Beweis und beweisen  in Wissenschaft und Leben.
      • Beweis und beweisen in Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie.




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten: > Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
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    Methodisch vorgehen heißt, Schritt für Schritt, von Anfang bis Ende, Wege und Mittel zum (Erkenntnis-) Ziel angeben 


    Querverweise
    Standort: Geistesverirrungen Pinel 1801.
    *
    Methodik der Methodenuntersuchung zur - forensischen - Psychiatrie.
    Potentielle Fehler in forensisch psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.
    Potentielle Methoden-Fehler in psychopathologischen Gutachten.
    Überblick Forensische Psychologie.
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    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Philosophisch-Medicinische Abhandlung über Geistesverirrungen oder Manie - Pinel 1801. Hilfsseite zum Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler (MethF). Methoden- und Methodenproblembewusstsein in der - forensischen - Psychiatrie. Zu: Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath  mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler. Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/Methode/1801Pine.htm
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