Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPT DAS=06.08.2001 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 8.9.8
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20     D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Politische Psychologie, Bereich Drittes Reich, und hier speziell zum Thema:

    Die Motive Hitlers und der Nationalsozialisten zum Völkermord an den Juden

    Politisch-Psychologische Kritik der zentralen Motiv-These Goldhagens
    Querverweis: Was wusste das deutsche Volk?

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Goldhagen, Daniel Jonah (dt. 3.A. 1996, engl. 1996). Kapitel 16: Der eliminatorische Antisemitismus: Das Motiv für den Völkermord. In: Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust, 487-531. Berlin: Siedler (Bertelsmann).

    Zentrale These Zitat S. 487
    "Daß die Täter den Massenmord billigten und bereitwillig daran teilnahmen, steht fest. Daß ihre Zustimmung im wesentlichen von dem Bild bestimmt war, das sie von den Juden hatten, kann man ebenfalls mit Gewißheit sagen, denn es läßt sich kein anderer plausibler Grund für ihr Handeln nennen. Wären sie nicht Antisemiten, und zwar Antisemiten einer ganz bestimmten Ausprägung gewesen, dann hätten sie sich nicht an der Vernichtung beteiligt, und Hitlers Feldzug gegen die Juden hätte sich völlig anders entwickelt. Der Antisemitismus der Täter und damit das Motiv, das sie zum Morden trieb, entsprang einzig und allein ihrer Weltanschauung. Diese ist keine zusätzliche, sondern eine unabhängige Variable, die sich ihrerseits auf keinen anderen Faktor zurückführen läßt."

    Bereits dieser kurze Eingangs-Absatz enthält eine ganze Reihe sehr problematischer Hypothesen, nämlich:

    (1) im wesentlichen ...
    "Daß die Täter den Massenmord billigten und bereitwillig daran teilnahmen, steht fest. Daß ihre Zustimmung im wesentlichen von dem Bild bestimmt war, das sie von den Juden hatten, kann man ebenfalls mit Gewißheit sagen, ... "

    Das Bild von den Juden war sicherlich ein wesentlicher Faktor, er reicht aber nicht hin, um die besessene Mordwut allein oder in der Hauptsache zu erklären. Es ist mir auch rätselhaft, wie ein gebildeter Historiker sich zu einer solch kühnen und geradezu abwegigen Behauptung versteigen kann wie:

    (2) " ... kann man ebenfalls mit Gewißheit sagen, ... "

    Gewißheit ist kein wissenschaftliches Kriterium, sondern im Grunde eine erlebnispsychologische Kategorie aus dem Reich des Glaubens (nicht nur religiöser Art) und der Überzeugung. "Man" kann mit Gewißheit sagen? Goldhagen erlebt Gewißheit ist wohl die richtige Kennzeichnung.

    (3)  ... denn es läßt sich kein anderer plausibler Grund für ihr Handeln nennen.

    Das ist kein Argument: man - hier Goldhagen - findet keine Erklärung, also muß es das nächstliegende, scheinbar offenkundige sein. Entscheidend und vorgelagert muß wenigstens das Mordmotiv sein, denn Antisemitismus kann weder die Mordwut erklären noch legitimieren. Aber selbst das Mordmotiv langt noch nicht aus, um die faktische Völkermordwut an den Juden, den Sintis und Romas und anderen Minderheiten zu erklären. Diese systematisch geplante Mordorgie bedurfte einer besondere motivierenden Begünstigung, die sich nicht aus dem Antisemitismus ergibt und auch gar nicht ergeben kann. Tatsächlich bedurfte es einer:
     
    Legitimation des Mordens1):
    Diese bestand in Hitlers sozialdarwinistischer Ethik2): Nur die Starken3), die rücksichts- und skrupellos Tüchtigen, die sich durchsetzen können, haben ein Lebensrecht: Der Starke bezwingt den Schwachen und darf ihn auch töten, denn der Starke definiert, was gut, richtig und recht ist.

    Hieraus ergibt sich zwingend das Bedürfnis nach einer praxisrelevanten Theorie, wie die Selektion (Rassenhygiene) und Förderung (Erziehung; Lohn & Strafe) der Starken betrieben werden kann und wie "schwache Elemente ausgemerzt" werden können. Der Stärkste ist nun der "Führer", der eine Hierarchie seines "Gefolges" bestimmt. Da es keine Moral außer dem Recht des Stärkeren gibt, ergeben sich hieraus spezifische Führungsprobleme4). 

    (4)  "Der Antisemitismus der Täter und damit das Motiv, das sie zum Morden trieb, entsprang einzig und allein ihrer Weltanschauung. Diese ist keine zusätzliche, sondern eine unabhängige Variable, die sich ihrerseits auf keinen anderen Faktor zurückführen läßt."

    Es ist zwar richtig, daß das Motiv zum Morden einzig der Weltanschauung entsprang. Es ist aber ganz sicher falsch, hierfür in erster Linie den Antisemitismus verantwortlich machen zu wollen, als ob die Weltanschauung der Nationalsozialisten einzig und allein aus Antisemitismus bestanden hätte. Und noch falscher ist es, wenn Goldhagen völlig unbelegt behauptet, daß sich eine "Weltanschauung auf keinen anderen  Faktor zurückführen läßt.". Das würde ja bedeuten, daß die Entwicklungs-, Sozial- und (differentielle) Persönlichkeitspsychologie nicht in der Lage wäre, individuelle weltanschauliche Entwicklungen zu erfassen und zu erklären.

        Exkurs: Hitler und seine Fanatiker wurden im übrigen 1941 implizit sehr gut von der Wehrmachtspsychologie beschrieben. Aufgrund von Hitlers Biographie kann es keinen Zweifel geben, daß er schizoide5), anti-soziale und paranoide Merkmale zeigte. Mit dem Schizoiden hatte er das Autonome und Eigene, mit dem Anti-Sozialen das Gewissenlose (Recht des Stärkeren) und mit dem Paranoiden das Mißtrauisch-Sensitive neben der Fähigkeit zur Wahnbildung. Bei der breiteren Gefolgschaft spielte sicher die zwanghafte Seite der deutschen Mehrheit, das Autoritätshörige (Milgram-Experiment), aber auch die ganz allgemeine Bereitschaft fast aller Menschen zur Unterwerfung und Anpassung, wenn eigene Vorteile, die Unversehrtheit oder gar das eigene Leben bedroht sind eine wichtige Rolle. Hinzu kommen dann noch die Abwehrmechanismen - die Unrecht in Recht zu wandeln vermögen - und die allgemeine sozialpsychologische Bereitschaft, Sündenböcke und Feindbilder zu suchen. Hier hat vor allem der Anti-Semitismus seine Wurzel. Wobei der bloße und nicht weiter differenzierte Antisemitismus nicht die Völkermordwut und den Holocaust erklären kann6).



    Literaturhinweis eines Holocaustopfers und Wissenschaftlers (17.5.3)
    Percy Gurwitz (1998). Die Deutschen, die Juden und die Nazis. Versuch einer Widerlegung D.J. Goldhagens. Wladimir: Verlag der Pädagogischen Universität Wladimir. ISBN: 5-87846-189-7
     

     
     
     

     

    Der Autor über sich: "Als deutschsprachiger Jude 1919 in Riga geboren, kann ich nach der Ermordung meiner gesamten Familie, eigener Ghetto- und Lagerhaft mit Fug und Recht als ein Opfer des Naziterrors gelten, gleichzeitig aber auch als ein direkter Nutznießer des Anderen Deutschlands, dessen Repräsentanten - deutsche Hitlergegner aus den Reihen der Wehrmacht und des Deutschen Roten Kreuzes mir und nicht wenigen meinesgleichen im nazibesetzten Lettland das Leben gerettet haben. 
    Während der Hitlerherrschaft im Baltikum (Juli 1941 bis Anfang 
    1945) bin ich in tagtäglichem Umgang mit Hunderten von Deutschen zu 
    einem klaren Bild über ihre wahre Haltung zu Antisemitismus und 
    Holocaust gelangt, was dann in den Nachkriegsjahrzehnten durch die 
    Ergebnisse spezieller Forschungen ein Bestätigung gefunden hat. Da 
    die Ausführungen Daniel J.Goldhagens in krassem Widerspruch zu den 
    von mir gewonnenen Erkenntnissen stehen, halte ich es für meine 
    Pflicht, als Zeitzeuge und Forscher meine Stimme gegen Goldhagens 
    Ansichten zu erheben, und beschwöre die Wahrheit meines 
    nachstehenden Zeugnisses für Deutschland bei dem Andenken meiner 
    von den Nazis ermordeten Eltern..." (S. 6)

    Leseprobe aus dem ersten Abschnitt, in dem sich der Autor auf Hitler als "Fachmann", wie die Deutschen über die Judenvernichtung dachten, beruft:

    "So eine von D.J.Goldhagen "den Deutschen" zugeschriebene Einstellung zum Judenproblem wird von keinem geringeren Fachmann als von Adolf Hitler glattweg abgestritten.

    In einem authentisch belegten Tischgespräch vom 10.September 1941 (!) sagt der Führer anläßlich der Umsiedlung von Deutschen aus dem Polnischen Korridor in den Jahren 1918-1920 folgendes:
     
    "In welch einem Maße feinfühlig wir Deutschen sind, läßt sich schon daraus ersehen, daß für uns die Befreiung unseres Landes von 600 000 Juden die Höhe der Grausamkeit ist, während wir die Aussiedlung unserer Brüder [aus Ostpreußen P.G.] ruhig hingenommen haben". (Aufzeichnung Nr. 7:8-IO.IX.1941).

    Einige Monate nach der Wannseekonferenz vom 20.01.1942, auf der die vollständige fabriksmäßige Ausrottung der Juden Europas erörtert worden war, äußert sich Hitler im selben Sinne. Im Tischgespräch vom 15.05.1942 sagt er wörtlich:
     
    "Und über das Schicksal derselben Juden, die uns damals [1918 -P.G] den Dolchstoß in den Rücken verabfolgt haben, stöhnt und vergießt jetzt Tränen unser gesamtes Bürgertum." (Aufzeichnung Nr. 118,15.05.1942).

    Dabei ist unter "Bürgertum" im Sinne Hitlers keinesfalls der dritte Stand, oder gar die Bourgeoisie als Klasse zu verstehen. Zahllose seiner Ausfälle bei Tisch lassen keine Zweifel darüber aufkommen, daß er mit 'Bürgertum' die Millionen "unpolitisierten", nicht zur "Bewegung" gehörenden Deutschen im Auge hat, wenn er, das Thema "Juden" in diesem Tischgespräch (NB: 15.Mai 1942 !) abrundend, voller Entrüstung ausruft:
     
    "Und wenn nun der Staat beschließt, ein volksfeindliches Element unschädlich zu machen oder zu vernichten, fängt das ganze Bürgertum aus vollem Halse zu schreien an, daß das ein Staat von Gewalt und Terror sei..."

    Man sieht, wie heftig die Standpunkte aufeinanderprallen, so daß es doch den Versuch lohnen dürfte zu untersuchen, wer mit seiner Meinung über die Einstellung der damaligen Deutschen zur Judenverfolgung im Recht ist - Goldhagen oder Adolf Hitler. Hitler hat sich ja nicht leichtfertig so geäußert, war er doch selber an dem direkten Gegenteil interessiert, sondern aufgrund von Informationen, die ihm von einer hunderttausendköpfigen Armee von Zuträgern beschafft wurden, und das zugetragene Material war wohl derart erdrückend, daß bei ihm, sozusagen, wes das Herz voll war, des der Mund überging."



    1) Legitimation des Mordens: In sog. zivilisierten Staaten werden nicht selten folgende Morde als erlaubtes oder gar erwünschtes Töten durch entsprechende Gesetze legalisiert: (1) Todesstrafen, (2) Töten im Krieg ("Kommissarbefehl" als direkter Mordbefehl), (3) Abtreibungen (als Abtöten wahrscheinlichen Lebens). Das legalisierte Töten sog. "lebensunwerten Lebens" (Hoche & Binding 1920) ist in vielen Ländern und Kulturen in mannigfachen Verkleidungen oder auch direkt erörtert und praktiziert worden, z. B. das Ermorden von Sklaven in der abendländischen 'Hochkultur', die manchmal gar nicht als Menschen definiert wurden. Das allgemein anerkannte Recht des Tötens bei Selbstverteidigung ist hier natürlich nicht berührt. Gegen unerlaubtes Töten haben die meisten Menschen einen Widerstand, der sich aus der ihnen anerzogenen Ethik und Moral ergibt. Dieser Widerstand kann in vielfältiger Weise durch "Legitimation" herabgesetzt und sogar gänzlich ausgeschaltet werden, etwa durch eine naturrechtlich- sozialdarwinistische Rechtsüberzeugung. Daß die Vernichtungsanstalten im Osten gebaut und die Vernichtungen selbst nicht öffentlich gemacht wurden beweist m. E., daß Hitler und seine Mordkumpane Widerstand fürchteten, wie im übrigen auch durch die Wirksamkeit der Proteste Bischof Galens gegen die Ermordung sog. "lebensunwerten Lebens" zeigen. Das wiederum belegt auch, daß nicht jeder gleichermaßen als Vollstrecker geeignet war. Eine entsprechende Ideologie und Überzeugung erleichtert Töten und Morden immer, wie der Lauf der Weltgeschichte und die Religionskriegsorgien eindrucksvoll beweisen. Dazu gehört aber immer eine Legitimation ("Lizenz") zum Töten und Morden. Üblicherweise wird hierzu das "Recht", genauer das "Recht des Stärkeren" (Sieger- und Machtjustiz) bemüht: Politik ist die Kunst, seine Ziele durchzusetzen; die Mittel spielen hierbei nur eine Nebenrolle. Siehe: Psychologie des Tötens * Völkermord
    2) Sozialdarwinistische Ethik: Wir alle wissen zwar, daß es philosophisch gesehen, keinen Schluß vom Sein aufs Sollen gibt, daß Ethik und Moral metaphysisch-weltanschauliche Entscheidungen sind, die sich letztlich nicht anders begründen lassen als durch den Willen derer, die sie tragen und durchsetzen. Die Interpretation der Weltgeschichte, wonach sich die skrupellosen Starken -  z. B. Alexander, Cäsar, Napoleon, Stalin, Franco, Hitler, Sadam Hussein, aber auch scheinbar demokratische Regierungen wie z. B. die USA, wenn es um "ihre" Interessen geht (Chile, Vietnam, Nahostkrieg) durchsetzen, ist weitgehend richtig. Helga Grebing (1961, S. 9) schreibt in ihrem Buch "Der Nationalsozialismus. Ursprung und Wesen": "In seinem 1859 erschienen Hauptwerk 'Über die Entstehung der Arten durch die natürliche Zuchtwahl' (engl. 'On the Origin of Species by means of Natural Selection') hatte Charles Robert Darwin die Auslese durch den 'Kampf ums Dasein', durch die 'natürliche Zuchtwahl' als das tragende Prinzip des Lebens erklärt. Nur die lebenstüchtigen Lebenswesen überstehen diesen Kampf und können sich fortpflanzen und höher entwickeln, da die durch den 'Kampf ums Dasein' herausgesiebten Merkmale vererbbar sein können, während andererseits die rücksichtslose Ausmerzung aller minderwertigen Lebewesen durch die Natur ebenfalls der Erhaltung der Art beziehungsweise der Rasse dient. Darwin wollte seine Theorie streng in den Grenzen seiner Wissenschaft halten; denn er erkannte den Unterschied zwischen dem Geschehen in der Natur und dem von sittlichen, dem Naturgeschehen unzugänglichen Prinzipien mitgestalteten Menschenleben. Sein Ideal war nicht der biologisch fähigste, sondern der sittlich hochstehende Mensch." Die Übertragung der biologischen Erkenntnisse Darwins auf das Sozialleben führt zum Begriff der Sozialdarwinisten. Diese Ideen waren bald in ganz Europa verbreitet (z. B. Gobineau in Frankreich).
    3) Stark: Das ist hier nicht vulgär biologisch zu verstehen. Stark bedeutet in diesem Kontext jede Form der Durchsetzungsfähigkeit des eigenen Willens mit allen Mitteln, nicht nur durch offene körperliche Überlegenheit, sondern auch durch List, Tücke, Verschlagenheit, Verdrehung, Anpassung, Scheinheiligkeit, Lüge, Täuschung, Propaganda, also sämtlichen "Tugenden" der traditionellen Mafia-Ethik. Es ist klar, daß zur Durchsetzung des eigenen Willens spezielle Ethiken und Skrupel sehr hinderlich sind. Im Kampf gegen das Böse und Verbrecherische in der Welt wird es daher sehr darauf kommen: Wie schlecht müssen und dürfen die Guten sein, um das Gute gut genug durchsetzen zu können? Die Guten befinden sich damit immer in einem Dilemma, wenn nicht gar in einer Aporie (unlösbares Problem). Praktisch zeigt sich dieses Dilemma in jedem Krimi, in dem die Kripo als Repräsentant des Guten, sich oft selbst krimineller Methoden bedient, um das Böse zu besiegen.
    4) Führungsprobleme unter dem Primat keine Moral außer dem Recht des Stärkeren: hier konnte nur ein gut ausgebildeter Instinkt und ein hochsensibles Mißtrauen (para-paranoide Haltung) neben guter Menschenkenntnis helfen. Hitler war sicher sozialpsychologisch auf instinktive Weise sehr intelligent und wußte, daß sich einerseits viele Menschen in der damaligen Zeit nach Stärke und Führung sehnten und andererseits der Mensch, je mehr er zu verlieren hat, um seine Lebensqualität und Unversehrtheit zu erhalten, zur Anpassung und Unterwerfung bereit ist. Mit dem Ermächtigungsgesetz (24.3.1933) war es denn auch vorbei, was viele damals nicht warhnehmen oder wahrhaben konnten, u. a. auch nicht die Gewerkschaften und deutsche Sozialdemokratie, obschon sie wenigstens dagegen stimmten. Nicht einmal drei Monate später, am 22.6.1933, wurde die SPD verboten. Querverweis: Drittes Reich Tagebuch im Zeitraffer.
    5) Hitlers Persönlichkeitsmerkmale: Zum Schizoiden: Charles de Jaeger schreibt in seinem Buch "Das Führermuseum" (1988): "Der junge Hitler war ein Einzelgänger und Muttersöhnchen. Er hatte keine Lust auf Kaffeehausbesuche, verachtete den Sport, für den sich seine Altersgenossen begeisterten, und verabscheute Beamte (sein Vater hatte die Beamtenlaufbahn für ihn vorgesehen). Spazierengehen war seine Hauptbeschäftigung. Später, als 'Führer', bestand er, wann immer er nach Linz zurückkehrte, darauf, in der Nacht durch die Straßen zu gehen, scheinbar ohne Begleitung. Eine Österreicherin erzählte mir, als sie 1938 als junges Mädchen zeitig am Morgen mit ihrem Hund am Treppelweg entlang der Donau spazieren ging, habe sie eine einsame Gestalt in einem Mantel mit einem breitkrempigen Hut an ein Gitter gelehnt gesehen. Für einen Augenblick drehte sich der Mann ihr zu, und im Vorbeigehen habe sie Hitler erkannt. Er schien ohne jede Leibwache zu sein. 1906 verbrachte Hitler seine Zeit mit Wanderungen an der Donau und auf den Freinberg; er entwarf im Geist Gebäude und zeichnete ehrgeizig architektonische Entwürfe. Oben auf dem Freinberg gab es eine Bank, von der aus man die Stadt überblicken konnte. Dort saß er gerne und zeichnete oder las. Die Abende verbrachte er gerne im Theater, besonders wenn Wagner-Opern auf dem Spielplan standen. Er hatte keine Freunde und keinen Kontakt zu früheren Klassenkollegen." (Seite 14-15). Das Anti-Soziale ergibt sich durch die Geschichte. Das Paranoide ist gut belegt durch die tiefe Skepis bis Abneigung  gegen alle Formen von Rationalität und Intellektualismus, wie sie sich u.a. auch aus der Romantik, Wagner, Nietzsche, Spengler, Klages (Der Geist als Widersacher der Seele) und den Hang zum Mythischen ergab. Anmerkung: Die Genannten können  natürlich nichts für Hitlers Auslegung. Vorsicht empfiehlt sich im übrigen bei psychoanalytischen Deutungen (Zur Kritik); die sind meistens mehr phantasievoll als wissenschaftlich fundiert, z. B: "Hitler hat ganz offensichtlich ein unabweisbares Verlangen nach Unterwerfung unter die Mutter ... Sein ebenso unabweisbares Verlangen nach Macht aber richtet sich gegen den Vater, der dem Kind die Mutter streitig macht. Seine Affekte gegen ihn überträgt er auf die herrschende Klasse und vor allem auf die Juden" (Greben a.a.O. S. 40, Rezeption Erikson, Fromm, Daim).
    6) Antisemitische Hauptformen nach der Intensität: 1) Antisemitismus als kognitives Vorurteil und affektive Antipathie. 2) Antisemitismus als Haß mit der Bereitschaft zu schaden oder schadenfroh und mißgünstig gutzuheißen oder zu dulden und 3) Antisemitismus als aktiv destruktiv-aggressive Handlungsverwirklichung (die Mordbereiten). In der Geschichte wird Antisemitismus auch durch seine Herkunft und Äußerungsform differenziert: (a) religiöser, (b) politischer, (c) sozialer und (d) rassisch-völkischer (Grebing a.a.O.S. 12, die u. a. S. 13 ausführt: "Auch den geistig führenden Antisemiten in Deutschland, wie etwa Heinrich von Treitschke und Paul de Lagarde, war die Rassenfeindschaft gegen die Juden fremd. Treitschke empfahl, die Judenfrage durch Blutmischung zu lösen: 'Sie sollen Deutsche werden und sich schlicht und recht als Deutsche fühlen - unbeschadet ihres Glaubens und ihrer heiligen Erinnerungen, die uns allen ehrwürdig sind."). Eine differenzierte internationale Entwicklungsgeschichte aus jüdischer Sicht findet man in der "Enzyklopädie des Holocaust" und im "Jüdischen Lexikon" (1927).


    Querverweise
    Standort: Kritik Goldhagens.
    *
    Was wußte das deutsche Volk? * Bemerkungen zur Frage der deutschen Kollektivschuld
    FAQ Israel, Juden, Holocaust, Antisemitismus und Deutschland - Benennung und Darstellung tabuisierender Dogmen, Fragen und Probleme im deutsch-jüdischen Verhältnis.
     Überblick 3. Reich, Faschismus, Diktatoren und Tyrannen. Geschichte, Aufarbeitung, Auseinandersetzung und Abgrenzung.
    Überblick Programm Politische Psychologie in der IP-GIPT


    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Die Motive Hitlers und der Nationalsozialisten zum Völkermord an den Juden.
    Politisch- Psychologische Kritik der zentralen These Goldhagens.  IP-GIPT Erlangen: https://www.sgipt.org/politpsy/3reich/goldh.htm
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    Änderungen
    08.09.08    Korrekturen, Link Milgram-Experiment.
    08.12.03    Link Zur Frage der deutschen Kollektivschuld