Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPT DAS=31.08.2006 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 2.9.6
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen * Mail:_sekretariat@sgipt.org__ Zitierung  &  Copyright

    Anfang_Selbstmanagement - ressourcenorientiert_ÜberblickRel. Aktuelles _Rel. Beständiges _Titelblatt _Konzept _Archiv _Region  _Service-iec-verlag __ Wichtige Hinweise zu Links und  Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Bücher, Literatur und Links zu den verschiedensten Themen, hier die Buchpräsentation:

    Selbstmanagement - ressourcenorientiert

    Buchpräsentation von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Bibliographie * Verlagsinfo * Inhaltsverzeichnis * Leseprobe* RS: Zusammenfassung * Bewertung * Links * Literatur * Querverweise *
    Ressourcenaktivierung nach Grawe (1998) *  Ausführungen zu Begriff und Therapiegeschichte der Ressourcenaktivierung.

    Bibliographie: Storch, Maja & Krause, Frank (2005). Selbstmanagement - ressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM). 3., korr. Aufl. 2005. 256 S., 12 Abb., 3 Tab., Kt. ISBN: 3-456-84172-8. EURO 19.95 / CHF 34.90. Erschienen 16-08-2005. Huber. [Verlags-Info] [Download Arbeitsblätter]

    Verlagsinfo: "Konsequent an persönlichen Ressourcen orientiert, kann Selbstmanagement ausgesprochen lustvoll sein. Das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) ist eine vielfach erprobte Methode zur gezielten Entwicklung von Handlungspotenzialen. An Grundlagen interessierte Fachleute und Laien finden im einleitenden Theorieteil eine Fülle aktueller neurowissenschaftlicher und psychologischer Befunde zum Thema Persönlichkeitsentwicklung und Selbststeuerung. Sie bilden das Fundament für das ZRM-Training und gewährleisten ein systematisches und jederzeit begründetes Vorgehen. «Selbstkonsequenz», «Somatische Marker» oder «Rubikon-Prozess» benennen Themen, die auch für sich gelesen zu faszinieren vermögen.
    Praktikerinnen und Praktikern bietet das Buch im Trainingsteil ein sorgfältig ausgearbeitetes und wissenschaftlich fundiertes Werkzeug für die erfolgreiche Durchführung von Trainingsseminaren. Der Trainingsablauf wird Schritt für Schritt beschrieben. Impulsreferate, Arbeitsmaterialien für die Trainingsteilnehmer sowie die Anweisungen für die Arbeit in Kleingruppen sind nachvollziehbar dokumentiert. Diese können als Kopiervorlagen benutzt werden und stehen in aktueller Version als Download unter https://verlag.hanshuber.com/zrm zur Verfügung.
        «Souveräne AutorInnen, ein nützliches und einladendes Buch und eine respektvolle Perspektive auf Ressourcen. Sehr zu empfehlen!» (systhema)
        Die dritte Auflage wurde von den Autoren korrigiert und ergänzt."



    Inhaltsverzeichnis

    Einleitung     11
    Für wen dieses Buch geschrieben wurde     11
    Warum wir das Zürcher Ressourcen Modell entwickelt haben     13

      Integrationsabsichten     13
      Ressourcenorientierung     16
      Transfereffizienz      19
    Wie dieses Buch benutzt werden kann     22

    Teil 1: Theorie

    1.1     Die Sichtweise der Neurowissenschaften     25
    1.1.1  Das Gehirn ist ein selbstorganisierender Erfahrungsspeicher     25
    1.1.2  Wie Erfahrungen im Gehirn gespeichert werden     29
    1.1.3  Gedächtnis beruht auf neuronalen Netzen     32
    1.1.4  Neuronale Netze gestalten psychisches Geschehen     35
    1.1.5  Das Gedächtnis hat ein emotionales Bewertungssystem     38
    1.1.6  Das emotionale Bewertungssystem und die somatischen Marker     42
    1.1.7  Wer entscheidet - Gefühl oder Verstand?     48
    1.1.8  Psychische Entwicklung aus neurowissenschaftlicher Sicht     52

    1.2      Der Rubikon-Prozess     57
    1.2.1   Das Bedürfnis     60
    1.2.2   Das Motiv     62
    1.2.3   Der Übergang über den Rubikon     64
    1.2.4   Die Intention     65
    1.2.5   Die präaktionale Vorbereitung     67
    1.2.6   Die Handlung     71

    1.3       Die Phasen des Züricher Ressourcen Modells     75
    1.3.1    Phase l: Das Thema     77
    1.3.2    Phase 2: Vom Thema zum Ziel     84
    1.3.2.1    Die Ausgangslage zu Beginn der Phase 2     84
    1.3.2.2    Die drei Kernkriterien für ein handlungswirksames Ziel      86
    1.3.3    Phase 3: Vom Ziel zum Ressourcenpool     100
    1.3.3.1    Ressource 1: Das handlungswirksam formulierte Ziel     102
    1.3.3.2    Ressource 2: Erinnerungshilfen     105
    1.3.3.3    Ressource 3: Der Körper     109
    1.3.4    Phase 4: Die Ressourcen gezielt einsetzen     122
    1.3.5    Phase 5: Integration und Transfer     128
    1.3.5.1    Der Identitätsaspekt     130
    1.3.5.2    Der Umweltaspekt     132

    Teil 2: Trainingsmanual

    Einleitung     137
    Der Nutzen für TrainerInnen     137
    Der Nutzen für TrainingsteilnehmerInnen     137
    Tipps zum Gebrauch des Manuals     138
    Aufbau des Trainings     139

      Trainingsübersicht - Advance Organizer     139
      Transfersicherung     139
    Der Trainingsrahmen     139
      Durchführungsmodi und Zeitbedarf     139
      Teilnehmerzahl und Teilnehmervoraussetzungen     140
      Bedarf an Räumen, Material, Medien     140
    Didaktische Empfehlungen     141
      Wieviel Theorie braucht es?     141
      Arbeiten und Kommunizieren nach dem «Hebammen-Prinzip»     142
      Die Gruppe gezielt als Ressource nutzen     143
      Einen privaten und einen öffentlichen Kursbereich vorsehen     143
      Visualisierung und Teilnehmerunterlagen     145
      Förderung von Eigenwahrnehmung - ein paralleler Lehrplan     146


    2.1        Trainingsphase 1: Mein aktuelles Thema klären     149
    2.1.1     Der Einstieg     149
    2. l. l. l     Informationen zum Training     149
    2.1.1.2    Entspannt starten     149
    2. l. l.3     Über Bilder einander kennenlernen     151
    2.1.2     Mein aktuelles Thema klären     152
    2.1.2.1    Warum wir mit Bildern und «somatischen Markern» arbeiten - Impuls     153
    2.1.2.2    Die Ressourcen der Gruppe nutzen im «Ideenkorb»     154
    2.1.2.3    Öffentlichkeit herstellen     155

    2.2       Trainingsphase 2: Vom Thema zu meinem Ziel     159
    2.2.1    Ziele handlungswirksam formulieren!     159
    2.2.1.1    Drei Kernkriterien der Handlungswirksamkeit - Impuls     159
    2.2.1.2    Die Gruppenarbeit vorbereiten     162
    2.2.1.3    Das handlungswirksame Ziel in Gruppen erarbeiten     164
    2.2.1.4    Öffentlichkeit herstellen und Kriterienerfüllung sichern     164
    2.2.1.5    Das Ziel systemisch optimieren     165

    2.3        Trainingsphase 3: Vom Ziel zu meinem Ressourcenpool     167
    2.3.0     «Ressourcen» und «Ressourcenpool» - Impuls     167
    2.3.1     Ressourcenaufbau 1: Das «handlungswirksam formulierte Ziel» -
                        ein zentrales Element im Ressourcenpool     168
    2.3.2     Ressourcenaufbau 2: Erinnerungshilfen und Auslöser entwickeln     169
    2.3.2.1     Neuronale Plastizität oder «Vom Trampelpfad zur Autobahn» - Impuls     169
    2.3.2.2     Die Umsetzung im Training     170
    2.3.2.3     Öffentlichkeit herstellen und Austauschen     171
    2.3.3     Ressourcenaufbau 3: «Das Ziel in den Körper bringen»     171
    2.3.3.1    Das Handlungsmodell im ZRM - Impuls     171
    2.3.3.2    Den Ressourcenaufbau mental bahnen     173
    2.3.3.3    Die zieladäquate Körperverfassung real entwickeln     175
    2.3.3.4    Die Ergebnisse einprägsam festhalten     176
    2.3.3.5    Öffentlichkeit herstellen und Austauschen     177
    2.3.4     Den Ressourcenpool aktualisieren     177

    2.4        Trainingsphase 4: Mit meinen Ressourcen zielgerichtet handeln     179
    2.4.1     Die ZRM-Strategie zur Realisierung von Zielen - Impuls     179
    2.4.2     Planung des Ressourceneinsatzes für vorhersehbare Situationen (Situationstyp 1)     180
    2.4.2.1    Auswahl einer geeigneten Situation und Festlegen konkreter Ausführungsmaßnahmen     180
    2.4.2.2    Öffentlichkeit herstellen und Planungen austauschen     181
    2.4.3     Planung des Ressourceneinsatzes für unvorhersehbare Situationen (Situationstyp 2)     182
    2.4.3.1    Ausgangslage, «Grenzerfahrung», Konsequenzen - Impuls     182
    2.4.3.2    Unerwünschte Belastungs-Routinen, Vorläufersignale, Stopp-Befehle - Impuls     185
    2.4.3.3    Analyse, Vorsatzbildung und Austausch     189
    2.4.3.4    Den Ressourcenpool aktualisieren    190

    2.5         Trainingsphase 5: Integration, Transfer und Abschluss     193
    2.5.1      Den Trainingsprozess reflektieren, integrieren, symbolisieren     193
    2.5.2      Den Transfer sichern, die Trainingsgruppe als Ressource nutzen     194
    2.5.2. l       Transfereffizienz: Ein Qualitätsmerkmal des ZRM - Impuls     195
    2.5.2.2       Soziale Ressourcen - Kooperation vereinbaren in Tandems und Netzwerken     197
    2.5.2.3       Der Ressourcenpool - Endstand     197
    2.5.3      Ausblick und Abschluss     197

    ZRM-Forschung     201
    Prozessorientierte Untersuchung von Persönlichkeitsentwicklung
    mittels Zeitreihen (von Ferdinand Keller und Maja Storch)     201
    Literatur zum Kapitel «ZRM-Forschung»     212

    Nachwort     215
    Warum wir mit dem Zürcher Ressourcen Modell zufrieden sind     215

    Was uns noch am Herzen liegt     217

    Anhang     219

    Einladung zum Kopieren und Kooperieren     220
    Arbeitsblätter für die Teilnehmenden - Kopiervorlagen     221

    ZRM-Aus- und Weiterbildung     238

    Literatur     239

    Verzeichnisse der Abbildungen und Flipchartblätter     248

    Register     250
     



    Leseprobe:

    "1.3.2.2 Die drei Kernkriterien für ein handlungswirksames Ziel
    Egal, in welcher Form, ob Typ l, 2 oder 3, zu Beginn der Phase 2 des ZRM sind bewusst gewordene Motive vorhanden, die auf ihrem Weg zur Handlung jetzt den nächsten Reifungsschritt durchlaufen müssen, die Überquerung des Rubikon und damit die Herausbildung einer Intention. Im ZRM-Training geschieht dies, indem das Thema der Teilnehmenden zunächst anhand dreier Kernkriterien bearbeitet wird. Statt des Begriffs «Intention» wird im Training der Begriff «handlungswirksames Ziel» benutzt.

        Die drei Kernkriterien eines handlungswirksamen Zieles sind:
     

    • Die Teilnehmenden müssen ein Annäherungsziel formulieren.
    • Die Realisierbarkeit dieses Annäherungszieles muss zu 100 Prozent unter ihrer eigenen Kontrolle liegen.
    • Das Ziel muss durch einen deutlich beobachtbaren positiven somatischen Marker gekennzeichnet sein. Der Anschaulichkeit wegen  nennen  wir dieses  Phänomen im  ZRM-Training das «glückselige Grinsen».


    In der akademischen Psychologie gibt es eine lange Tradition, die sich mit Zielen und deren Auswirkungen auf Handlungsergebnisse [<86] befasst. Es liegt auch eine Fülle von gut abgesicherten Ergebnissen dazu vor, wie verschiedene Arten von Zielen mit psychischem Wohlbefinden in Zusammenhang stehen und wie Ziele beschaffen sein müssen, damit eine hohe Motivation gewährleistet ist, dieselben auch umzusetzen (für ausführliche Überblicksartikel siehe Brunstein & Maier, 1996, Emmons, 1996b oder Gollwitzer & Moskowitz, 1996). Die drei Kernkriterien des ZRM zur Erarbeitung eines handlungswirksamen Zieles orientieren sich an diesen Ergebnissen der «goal-psychology». Im folgenden Text werden die einzelnen Kernkriterien und ihre theoretischen Grundlagen nacheinander besprochen.

    Annäherungsziel statt Vermeidungsziel
    Ein- und derselbe gute Vorsatz kann auf zwei verschiedene Arten sprachlich ausgedrückt werden. Wenn ein Mensch z. B. erkannt hat, dass es für ihn wichtig ist, dem Thema «Regeneration, Ruhe und Erholung» in seinem Leben mehr Raum zu geben, dann kann dieser Mensch diese Einsicht unterschiedlich in Worte fassen. Er könnte sagen: «Ich gönne mir Ruhe» oder er könnte sagen: «Ich lasse mich weniger hetzen.» Beiden sprachlichen Varianten liegt dasselbe Thema zugrunde. Darum, so könnte man meinen, ist es letztlich gleichgültig, wie dieses Thema sprachlich formuliert wird. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung zeigen jedoch, dass die Art und Weise der Formulierung von Zielen äußerst konsequenzenreich sein kann. Ziele, in denen das Thema so formuliert ist, dass der Zustand, der erreicht werden soll, darin enthalten ist, werden Annäherungsziele genannt («Ich gönne mir Ruhe»). Ziele, die sprachlich den Zustand beschreiben, der vermieden werden soll, heißen Vermeidungsziele («Ich lasse mich weniger hetzen»). Menschen, die ihre Themen als Vermeidungsziele formulieren, zeigen weniger gute Stimmung, erhöhte Angst, reduzierte Lebenszufriedenheit und sogar eine schwächere Gesundheit (Gollwitzer & Moskowitz, 1996, S. 367). Elliot und Sheldon (1997) fanden heraus, dass Menschen mit Vermeidungszielen sich weniger kompetent fühlen, wenn es darum geht, ihre Ziele in Handlung umzusetzen. Die Beeinträchtigung des Kompetenzerlebens, die mit Vermeidungszielen einhergeht, so Elliot und Sheldon, hat auch negative Auswirkungen auf die zielrelevanten Leistungen und auf das psychische Wohlbefinden. Aufgrund ihrer Untersuchungen warnen sie sogar vor den negativen Wirkungen von Vermeidungszielen: «The adoption of avoidance
    goals must be considered a psychological vulnerability in that it [<87] places one at risk for a host of negative experience and outcomes (ebd., S. 182).
        Wie kommt es, dass Vermeidungsziele solch nachhaltig schädliche Wirkung entfalten können? Der Neurowissenschaftler Damasio geht davon aus, dass es «Vorstellungsbilder» sind, welche «die Grundlage geistiger Funktionen bilden» (1994, S. 130). Auch eine Absicht oder ein Ziel wird im Gehirn als Vorstellungsbild repräsentiert. Hierzu gibt es eine überzeugende psychologische Theorie von Wegner (1994), er nennt sie die «Theorie der ironischen Prozesse von mentaler Kontrolle». Ironische Prozesse von mentaler Kontrolle hat Wegner immer dann festgestellt, wenn Menschen sich vorgenommen haben, eine bestimmte Sache nicht zu tun. Zum Beispiel beim Gang zum Podium, wo die einführende Rede zu halten ist, sicher nicht zu. stolpern. Aus leidvoller Erfahrung wissen die meisten Menschen, dass oftmals genau dann, wenn man sich fest vorgenommen hat, etwas nicht zu tun, das Nicht-Gewollte mit höchster Präzision und Zuverlässigkeit eintritt. Wegner führt diesen Sachverhalt darauf zurück, dass, um das Nicht-Gewollte zu vermeiden, zunächst mentale Vorstellungsbilder von dem Nicht-Gewollten erzeugt werden müssen, damit das, was vermieden werden soll, mental repräsentiert ist, um es dann, in einem zweiten Schritt, zu vermeiden, in der Sprache der Neurowissenschaften würde man davon sprechen, dass das neuronale Netz des unerwünschten Zustandes durch ein Vermeidungsziel aktiviert wird. Damit steigt aber ironischerweise die Wahrscheinlichkeit, dass gerade das Nicht-Gewollte handlungsrelevant wird, besonders in Situationen von hoher Komplexität, wenn nicht die volle Aufrnerksamkeitskapazität dafür zur Verfügung steht, das unerwünschte Ziel zu vermeiden.
        Mit diesen theoretischen Überlegungen lässt sich erklären, warum Menschen mit Vermeidungszielen im zielrealisierenden Handeln nicht so gut abschneiden wie Menschen mit Annäherungszielen. Ein Annäherungsziel wählt den «direkten» Weg, es erzeugt das Vorstellungsbild von dem Zustand, der angestrebt wird. Das entsprechende neuronale Netz wird aktiviert, und damit erhöht sich die Auftretenswahrscheinlichkeit des erwünschten Verhaltens. Die Hypnotherapie verfährt schon immer nach diesem Prinzip, denn es wird sehr sorgfältig darauf geachtet, dass nur diejenigen Inhalte als Suggestion formuliert werden, deren Eintreten auch hervorgerufen werden soll. «Sie brauchen nicht mehr an Belastendes zu denken» wäre in diesem Sinne eine falsche hypnotherapeutische Suggestion. Um den gewünschten Effekt der Beruhigung zu erreichen, wäre eine [<88] Formulierung angebracht wie zum Beispiel: «Vielleicht können Sie schon spüren, wir sich die Ruhe mehr und mehr in ihrem Körper ausbreitet.»
        Auch die negativen Auswirkungen von Vermeidungszielen auf das subjektive Wohlbefinden lassen sich erklären. Zum einen führen Vermeidungsziele aufgrund der bereits erwähnten ironischen Prozesse tatsächlich zu mehr Misserfolgen, gemessen am Ausgangsthema, für dessen Umsetzung in Handlung sie eigentlich sorgen sollen. Dies hat natürlich Auswirkungen auf das Kompetenz- und Kontrollerleben. Beeinträchtigungen im Kompetenz- und Kontrollerleben wiederum haben negative Auswirkungen auf das subjektive Wohlbefinden. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass Vermeidungsziele den Rubikon überhaupt nachhaltig passieren können, denn dazu gehört laut Rubikon-Modell eine starke positive Emotion. Kuhl (2001) geht davon aus, dass bei Vermeidungszielen die zu dem entsprechenden Vorstellungsbild gehörige negative Emotion  «antizipatorisch aktiviert» wird (S. 754). Damit sinkt die Chance, dass ein Vermeidungsziel jemals mit soviel Enthusiasmus verfolgt wird wie ein Annäherungsziel, dessen Vorstellungsbild eine positive Emotion erzeugt. Der Effekt eines Vermeidungszieles ist daher oft ein dauerhaftes «schlechtes Gewissen», das man sich erspart hätte, wenn man sich dieses Ziel überhaupt gar nicht gesetzt hätte. In vielen Fällen kann man diesen Effekt bei den «Neujahrsvorsätzen» beobachten. Menschen mit einem ausgeprägten Gespür für ihr psychisches Wohlbefinden haben irgendwann ganz damit aufgehört, solche Vorsätze überhaupt zu fassen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie zusätzlich zur Nichterreichung ihres Zieles auch noch den Ballast eines schlechten Gewissens mit sich herumschleppen müssen."


    RS: Zusammenfassung ZMR
    Es handelt sich um ein auch in Psychotherapien einsetzbares Trainings-Modul mit dem Ziel der Ressourcenaktivierung. Es wurde für Gruppen (Empfehlung 12 pro TrainerIn) mit Plenums- und Kleingruppenarbeit  - für ca. 35 h im Block oder verteilt - mit ausgearbeitetem und erprobtem Trainingsmaterial (freier Download des Materials) konzipiert, wobei es jederfrau erlaubt ist, die Konzeption nach eigener Auffassung einzusetzen. Das Trainingsmodul besteht aus 5 Einheiten: 1. Thema: Bewußt machen und klären der teilweise verdeckten Wünsche und Bedürfnisse. 2. Ein Ziel (Ziele?) handlungswirksam auswählen. 3. Ressourcen aktivieren. 4. Handeln. 5. Bewerten und verallgemeinern des Moduls. Der Theorieteil berücksichtigt die aktuellen Trends der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart.

    Bewertung: wertvoll, wichtig, nützlich, hilfreich.
    Die Grundidee der Ressourcenaktivierung, ein schon immer sehr wichtiges - wenn auch nicht ausdrücklich aufbereitetes  - Thema in der integrativen, klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie, Humanistischen und in der allgemeinen Psychotherapie von Grawe. Diesem Thema eine Monographie zu widmen ist sicher sehr zu begrüßen. Allerdings scheint der Aufwand mit 35 Stunden in der Gruppe noch ziemlich hoch; er liegt damit zwischen einer Kurz- und kleinen Langzeittherapie (25 h - 45 h). Übertragen und angewandt auf Einzeltherapie oder Beratung sollten 5 h, also eine Stunde für eine der fünf Trainingseinheiten, für ein wichtigeres Thema ausreichen (im Mittel bei grundsätzlich geeigneten KandidatInnen). Aus verhaltenstherapeutischer und systemischer Sicht ist die handfeste praktische Orientierung ("handlungswirksame Ziele") zu begrüßen; Gestalt, Psychodrama und Körpertherapie dürfte erfreuen, dass auf Ausdruck und Darstellung auch im Körperlichen Wert gelegt wird. Und auch die Tiefenpsychologen kommen auf ihre Kosten, indem den vielfach unbewussten Prozessen entsprechende Akzeptanz und Aufmerksamkeit gewidmet wird (Thema, Wünsche und Bedürfnisse aufdecken). So gesehen liegt in der Tat ein echtes integratives Konzept und nicht nur ein Etikettenschwindel - wie wir ihn so häufig in den etablierten Therapieschulen antreffen - vor. Sehr schön wurde auch die Bedeutung der Annäherungsziele ausgearbeitet und begründet.
        Das Buch hat erfreulicherweise ein Sachregister (vermißt: Spielregeln in der Gruppe; Zeitaufwand).
        Das Autokorrelationskonzept war mir nicht nachvollziehbar und eher verwirrend. Ein einfacher, robuster Versuchsplan Anfangswerte - Endwerte - Nachuntersuchung t1 - Nachuntersuchung t2, ... wäre bei entsprechenden Werten sicher überzeugender.
        Möglicherweise wäre beim Download der Arbeitsblätter ein Hinweis sinnvoll, dass für das Arbeiten mit den Arbeitsblättern die Kenntnis des Buches empfohlen wird.



    Links (Auswahl: beachte)
    • Huber. [Verlags-Info] [Download Arbeitsblätter]
    • Homepage des Autors Dr. Frank Krause [Q]
    • Homepage der Autorin Maja Storch [Q]
    • Rezension Prof. Dr. Lilo Schmitz (Düsseldorf) [Q]: "Zielgruppen und Fazit: In ihrem Buch ist es Storch und Krause gelungen, ihr Modell ebenso aufwändig theoretisch zu begründen wie praktisch zu erläutern und vorzustellen. Damit ist dieses Buch sowohl für PraktikerInnen wie TheoretikerInnen der Psychotherapie und Beratung interessant. Beide Zielgruppen finden hier ein schönes Beispiel für neue integrative Erweiterungen der Verhaltenstherapie, PraktikerInnen zusätzlich hilfreiche Anregungen für Gruppen- und Einzelarbeit. Für Studierende möchte ich das Buch im Hinblick auf die theoretischen Kapitel erst ab Hauptstudium empfehlen."
    • Rezension Wolfgang Loth (Bergisch Gladbach) [Q]: "Selbstverständlich ist es wohl nicht, ein Buch vorzufinden, das hält, was es (im Titel) verspricht. Ein Buch, dessen AutorInnen die Gratwanderung gelingt, sowohl neuere Grundlagentexte und Forschungsergebnisse zu berücksichtigen, als auch konsequent auf den Nutzen für die Praxis zu achten. Diese Gratwanderung gelingt Storch und Krause beispielhaft. ... "
    • Homepage Dr. Schmelzer (Mitautor Selbstmanagementtherapie).
    • Schloos, Ulrich (2005). Der Kreislauf des Erfolgs. Materialien zum Selbstmanagement für Lernende. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (Bonn)
    • Bonn: DIE. E-Dokument URL https://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-2000/schloos00_01.pdf
    • Wünsche, Manfred & Reinecker, Hans (2006). Selbstmanagement in der Erziehung. Ein Training mit Eltern. Göttingen: Hogrefe. [ISBN 3-8017-1908-1]
    • E-Dokument URL https://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?id=2685900&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm
    • https://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=52386




    Literatur (Auswahl)
    • Gassmann D, Grawe K: General Change Mechanisms: The Relation Between Problem Activation and Resource Activation in Successful and Unsuccessful Therapeutic Interactions. Clin. Psychol. Psychother. 2006; 1/2: 1–11. [Info]
    • Grawe, K.; Donati, R.; Bernauer, F. (1994). Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession. Göttingen: Hogrefe.
    • Grawe, Klaus (1998). Psychologische Therapie. Göttingen: Hogrefe.
    • Kanfer, Frederick H.; Reinecker, Hans & Schmelzer, Dieter (1991). Selbstmanagement-Therapie. Ein Lehrbuch für die klinische Praxis. Berlin: Springer. [ISBN 3-540-52066-X, ISBN 0-387-52066-X]
    • Kehr, Hugo Martin (2004). Motivation und Volition. Funktionsanalysen, Feldstudien mit Führungskräften und Entwicklung eines Selbstmanagement-Trainings (SMT). Göttingen: Hogrefe. [ISBN 3-8017-1821-2]
    • Meissner, Angelina (2000). Selbstmanagement. Verhaltenscheck, Motivationstipps, Wege zur Selbstbestimmung. München: GWI, Ges. für Wirtschaftsinformation. [ISBN 3-8276-8776-4]
    • Petermann, Franz (1998). Compliance und Selbstmanagement. Göttingen: Hogrefe. [ISBN 3-8017-1184-6]
    • Rahm, D.; Otte, H.; Bosse, S.; Ruhe-Hollenbach, H. (2. A. 1993). Einführung in die Integrative Therapie.  Paderborn: Junfermann.
    • Reinecker, Hans (1996). Kanfer, Frederick H. Verhaltenstherapie, Selbstregulation, Selbstmanagement. Frederick H. Kanfer zum 70. Geburtstag. Göttingen: Hogrefe. [ISBN 3-8017-0696-6]
    • Sponsel, R. (1995a). Handbuch Integrativer Psychologischer Psychotherapie. Zur Theorie und Praxis der schulen- und methodenübergreifenden Psychotherapie. Ein Beitrag zur Entmythologisierung der Psychotherapieschulen. Mit einem 74-teiligen Reader zur Psychotherapie, ihrer Geschichte, Forschung und Methodologie und 43 Fallbeispielen zur Demonstration der allgemeinen psychologischen Heilmittellehre. Wissenschaftlicher Anhang ca. 300 Seiten mit 5 Registern. Erlangen: IEC-Verlag.
    • Storch, Maja & Riedener, Astrid (2005). Titel Ich pack's! - Selbstmanagement für Jugendliche. Ein Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell. Bern: Huber. [ISBN 3-456-84128-0]
    • Wörz, Thomas &  Theiner, Egon (1999). Erfolg durch Selbstmanagement in Leistungssport und Berufsleben. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. [ISBN 3-525-49001-1]




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten
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    Bewertung. Bewertungen sind immer subjektiv, daher sind wir in unseren Buchpräsentationen bemüht, möglichst viel durch die AutorInnen selbst sagen zu lassen. Die Kombination Inhaltsverzeichnis und Zusammenfassungen sollte jede kundige oder auch interessierte LeserIn in die Lage versetzen selbst festzustellen, ob sie dieses oder jenes genauer wissen will.  Die BuchpräsentatorIn steht gewöhnlich in keiner Geschäftsbeziehung zu Verlag oder den AutorInnen; falls doch wird dies ausdrücklich vermerkt. Die IP-GIPT ist nicht kommerziell ausgerichtet, verlangt und erhält für Buchpräsentationen auch kein Honorar. Meist dürften aber die BuchpräsentatorInnen ein kostenfreies sog. Rezensionsexemplar erhalten. Die IP-GIPT gewinnt durch gute Buchpräsentationen an inhaltlicher Bedeutung und Aufmerksamkeit und für die PräsentatorInnen sind solche Präsentationen auch eine Art Fortbildung - so gesehen haben natürlich alle etwas davon, am meisten, wie wir hoffen Interessenten- und LeserInnen.  Beispiele für Bewertungen: [1,2,3,]
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    Anm. Vorgesehene. Wir präsentieren auch Bücher aus eigenem Bestand, weil wir sie selbst erworben haben oder Verlage sie aus verschiedenen Gründen nicht (mehr) zur Verfügung stellen wollen oder können.
    ___
    Gassmann-Grawe-Studie. [Quelle Deutsches Ärzteblatt PP] MS. Therapieerfolg: Strategie und Zeitpunkt entscheidend. PP 5, Ausgabe August 2006, Seite 369. Referiert: "Die eingesetzte Strategie kann entscheidenden Einfluss auf den Erfolg einer Psychotherapie haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Videomitschnitte von 120 Sitzungen aus 30 ambulanten Psychotherapien ausgewertet hat. Die Therapien wurden nach den „Guidelines of consistency theoretical psychotherapy“ von 22 Psychologen durchgeführt, der Therapieerfolg gemessen und die Sitzungen analysiert. Neun Patienten hatten durch die Therapie sehr gute, elf mäßige und zehn kaum Fortschritte erzielt. Anhand der 120 Sitzungen, die minutenweise mithilfe der „Consistency Theory Micro-process Analysis (CMP)“ ausgewertet wurden, konnte Gassmann feststellen, dass sich erfolgreiche von nicht-erfolgreichen Therapien in der Wahl der Strategie unterscheiden. In erfolglosen Therapien konfrontierten die Therapeuten die Patienten mit ihren Problemen („problem activation“), reduzierten aber nicht deren emotionale Belastung. Die Therapeuten verstanden es auch nicht, den Fokus auf die Ressourcen der Patienten zu richten („resource activation“), sondern verharrten bei den Problemen. In erfolgreichen Therapien konfrontierten die Therapeuten ihre Patienten ebenfalls mit deren Problemen, hielten die Patienten aber auf einem emotionalen Level, der die Auseinandersetzung mit den Problemen erträglich machte. Anschließend konzentrierten sich die Therapeuten auf die Ressourcen der Patienten. Auch der Zeitpunkt spielte eine Rolle. „Während erfolglose Therapeuten die Ressourcen viel zu spät zu aktivieren versuchten, begannen die erfolgreichen Therapeuten damit bereits in der ersten Sitzung“, berichtet Gassmann. ms"
        Originalstudie: Gassmann D, Grawe K: General Change Mechanisms: The Relation Between Problem Activation and Resource Activation in Successful and Unsuccessful Therapeutic Interactions. Clin. Psychol. Psychother. 2006; 1/2: 1–11.
    Dr. Daniel Gassmann, Universität Bern, Psychotherapeutische Praxisstelle, Mittelstraße 42, CH-3012 Bern, E-Mail: daniel.gassmann@ptp.unibe.ch.

    Ressourcenaktivierung. Grawe (1998, S. 96f): "Gezielte Ressourcenaktivierung setzt die Einnahme einer Ressourcenperspektive voraus. Es kommt einem Gemeinplatz nahe zu sagen, man könne alles von einer positiven und von einer negativen Seite aus betrachten, aus einer Ressourcenperspektive und aus einer Problemperspektive. Aber für die Psychotherapie hat dieser Satz einen durchaus nicht selbstverständlichen Gehalt. Dort wird nämlich traditionell fast alles aus einer Problemperspektive betrachtet. Für das Verständnis der Problematik eines Patienten ist die Einnahme einer Problemperspektive natürlich, notwendig und angemessen. Wenn man jedoch glaubt, man könne mit derselben Perspektive auch die Veränderung von Problemen konzipieren, befindet man sich auf dem Holzweg. Für die Herbeiführung von Veränderungen kann ein Überwiegen der Problemperspektive wie ein Bleiklotz am Bein wirken. Woher sollen Kraft und Mittel für die Veränderung kommen, wenn nicht aus dem, was der Patient und seine Lebenssituation bereits an Intentionen und Möglichkeiten mitbringen bzw. enthalten? Wenn man Veränderung aus einer Problemperspektive heraus betreiben will, geht man von einem grundlegenden Irrtum aus, nämlich dem, dass der Therapeut es ist, der den Patienten ändert. In Wirklichkeit ändert sich aber in einer erfolgreichen Therapie der Patient in Interaktion mit einem Anstösse gebenden und unterstützenden Therapeuten. Dass sich der Patient für seine Veränderung selbst verantwortlich fühlt, ist nach einer Vielzahl empirischer Befunde eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Therapieergebnis (Orlinsky, Grawe & Parks, 1994; Schulte, 1996).
        Wenn man die Situation eines Patienten aus der Problemperspektive betrachtet, indem man identifiziert und analysiert, was er alles nicht kann, wozu er nicht bereit ist, wovor er Angst hat, was er vermeidet, was ihm alles nicht gelungen ist, welche Möglichkeiten er nicht entwickelt hat, was in seinem Leben nicht gut lief, welchen Einschränkungen er unterliegt, womit er unzufrieden ist, was soll dann der Motor und das Vehikel der Veränderung sein? Aus dieser Perspektive trägt das gegenwärtige Erleben und Verhalten des Patienten ja gerade zur Aufrechterhaltung seiner Probleme bei. Wie soll dasselbe Verhalten zu einer Besserung führen? Das erscheint unlogisch. Wenn es sich aber erst ändern muss, ehe es zu einer Besserung kommen kann, wer soll diese Veränderung bewirken, der Therapeut? Wie soll der Therapeut bewirken, dass sich der Patient nicht mehr so problematisch verhält? Wo soll er ansetzen? Soll er dem Patienten vielleicht einfach sagen, er solle sich nicht mehr so, sondern anders verhalten? Das haben ihm sicher andere auch schon geraten.
        Aber selbst wenn der Therapeut mit solchen simplen Anweisungen den Patienten dazu bringen könnte, sein Verhalten zu verändern: Woran liegt das? Wir müssten zumindest annehmen, dass der Patient bereit ist, vom Therapeuten Ratschläge oder Anweisungen anzunehmen und ihnen zu folgen. Es muss also ausserhalb dessen, was wir aus der Problemperspektive gesehen haben, noch etwas auf seiten des Patienten geben, das wichtig für die Veränderung ist, etwas, das nicht problerna-[<96]tisch ist, sondern zumindest für die Veränderung als etwas Positives, als Ressource angesehen werden kann.
        Im Leben jedes Menschen gibt es viel mehr als nur eine Eigenart wie die Bereitschaft, Ratschlägen zu folgen, das als positive Ressource angesehen werden kann. Es ist nur eine Frage der Blickweise. Wir können bei der Betrachtung der Lebenssituation eines Menschen, auch eines Patienten, unsere Aufmerksamkeit gezielt darauf richten, was er alles an positiven Möglichkeiten hat, was er schon erreicht hat, was bei ihm gut funktioniert, welche Stärken er hat, was ihn interessiert, wozu er motiviert ist, was er gerne von sich aus macht und mag, welche Personen bereit sind, sich für ihn zu engagieren, welche liebenswerten Seiten er hat, auf welche Erfahrungen er zurückgreifen kann, was er schon alles durchgestanden und überwunden hat usw. Viele dieser Ressourcen können zugleich potentielle Ressourcen für den Veränderungsprozess darstellen.
        Der Therapeut kann diesen Ressourcen im Gespräch und Umgang mit dem Patienten ausdrückliche Aufmerksamkeit schenken, indem er sie anspricht, dem Patienten Gelegenheit gibt, sich von dieser Seite darzustellen und sie für therapeutische Zwecke ins Spiel bringt. Dies wird den Effekt haben, dass der Patient sich nicht auf seine problematischen Seiten reduziert, sondern auch in seinen anderen, positiveren Seiten wahrgenommen und gespiegelt sieht. Er wird sich dadurch in seinem Selbst aufgewertet fühlen, denn er kann in der Therapie einige seiner Identitätsziele verwirklichen. Dies wirkt seiner Mutlosigkeit und Demoralisierung entgegen. Er fühlt sich besser, ohne schon selbst etwas für seine Veränderung getan zu haben und fühlt sich vom Therapeuten in einer Weise verstanden, die ihn nicht als minderwertig dastehen lässt. Beides verbessert die Bedingungen für die weitere Therapie. Zusammen mit der Induktion von Besserungserwartungen sind diese Art der expliziten Bezugnahme auf und prozessuale Aktivierung der positiven Ressourcen sehr geeignet, einen positiven Rückkopplungsprozess in Gang zu bringen und zu fördern, wie ich ihn vorhin bei meinem Versuch, die Wirkungsweise der Erwartungsinduktion zu erklären, beschrieben habe.
        Die Ressourcen des Patienten können aber noch in spezifischerer Weise für die Zwecke der Therapie aktiviert und nutzbar gemacht werden. Sie können entweder der Wünschbarkeits- oder der Realisierbarkeitskomponente des Handlungsphasenmodells von Heckhausen zugeordnet werden.
        Bestehende Intentionen des Patienten können genutzt werden, um die Wünschbarkeit solcher Verhaltensweisen zu steigern, die für bestimmte therapeutische Schritte erforderlich sind. Der Therapeut muss sich immer bewusst sein, dass diese Schritte nur dann mit der gewünschten Volitionsstärke ausgeführt werden werden, wenn sie für den Patienten die Realisierung einer eigenen Absicht darstellen, wenn sie also im Dienste bestehender und genügend starker Intentionen erfolgen. Aus der Tatsache, dass sich der Patient in Therapie begeben hat, darf man nicht schon schliessen, dass er für alle Schritte, die er machen müsste, um an ein erstrebenswertes Therapieziel zu gelangen, eine genügend starke Intention mitbringt. Oft muss eine Verbindung zwischen solchen neuen Schritten und bestehenden Inten-[<97]tionen erst in der Therapie herausgearbeitet werden. Wenn für den Patienten nicht ersichtlich ist, im Dienste welcher Intentionen er einen vom Therapeuten für notwendig erachteten Schritt machen soll, wird aus diesem Schritt aller Voraussicht nach nichts werden. Deswegen ist die Aktivierung von Intentionen, die für die durchzuführenden Schritte förderlich sind, eine wichtige Aufgabe des Therapeuten. Er darf diese Intentionen jedenfalls nicht einfach voraussetzen, sondern muss versuchen, sie zu aktivieren, zu stärken und zu fördern.
        Die Wünschbarkeit therapieförderlichen Verhaltens kann auch dadurch erhöht werden, dass Intentionen, die dazu in Konkurrenz stehen, abgeschwächt werden. Sie haben vorhin mit dem Konzept der komplementären Beziehungsgestaltung ein Beispiel dafür gegeben. Die komplementäre Beziehungsgestaltung desaktiviert Intentionen, die die Therapie behindern würden, und versucht solche Intentionen anzusprechen und zu fördern, die für die Therapieziele günstig sind. Zu den Intentionen, die als Ressourcen genutzt werden können, würden auch Wünsche des Patienten gehören, dem Therapeuten etwas zuliebe zu tun, vor ihm nicht schlecht dazustehen. Sogar gegenteilige Intentionen wie etwa der Wunsch, dem Therapeuten zu beweisen, dass er nicht recht hat, können als Ressourcen für die Initiierung von Veränderungen angesehen werden. Durch paradoxe Instruktionen können solche Intentionen für die Herbeiführung des Gegenteils dessen genutzt werden, was der Therapeut dem Patienten verschreibt oder voraussagt.
    Andere Ressourcen sind der Realisierbarkeitskomponente zuzuordnen. Dazu gehören einerseits die Fähigkeiten und Gewohnheiten des Patienten. Das therapeutische Vorgehen sollte so gestaltet werden, dass der Patient mit seinen Fähigkeiten und gewohnten Vorgehensweisen zum Zuge kommt. Weitere Ressourcen wären z. B. therapiekonforme Erwartungen des Patienten, die Möglichkeiten, die seine Lebenssituation bietet, Unterstützungsmöglichkeiten durch nahe Bezugspersonen usw. Auch ein glaubwürdiger, kompetent wirkender Therapeut erhöht für den Patienten die wahrgenommene Realisierbarkeit der für die Erreichung der Therapieziele vorgesehenen Schritte. Die Therapiebeziehung zu einer Ressource für den Patienten zu machen, ist eine der vornehmsten Aufgaben eines Therapeuten. Eine gute Therapiebeziehung wirkt sich auf die motivationale Komponente und auf die Realisierbarkeitskomponente für therapiezielbezogenes Verhalten ganz allgemein aus und stellt eine der wichtigsten Formen der Mobilisierung der auf seiten des Patienten vorhandenen Ressourcen dar.
        Ressourcenaktivierung kann inhaltlich und prozessual erfolgen. Inhaltlich, indem motivationale oder Realisierungsressourcen direkt angesprochen werden. Dies ist in aller Regel aufwertend für den Patienten und hat über die Steigerung des Selbstwertgefühls die allgemeinen positiven Auswirkungen, auf die ich vorhin eingegangen bin. Noch wichtiger ist aber die prozessuale Ressourcenaktivierung, die Möglichkeit, dass der Patient sich in der Therapie im Sinne seiner positiven Intentionen und Möglichkeiten verhalten und mit ihnen an seine Probleme herangehen kann. [<98]
        Die Problemperspektive bestimmt das Was der Veränderung, die Ressourcenperspektive bestimmt das Wie. Wenn der Therapeut sich überlegt, was beim Patienten zu verändern ist, nimmt er die Problemperspektive ein. Wenn er jedoch überlegt, auf welche Weise er mit dem Patienten zusammen an dessen Probleme herangehen will, dann sollte er dies in erster Linie von den vom Patienten mitgebrachten Ressourcen abhängig machen, dann ist die Ressourcenperspektive ergiebiger. „Problemperspektive für die inhaltliche Therapieplanung (was soll geändert werden?), Ressourcenperspektive für die prozessuale Therapieplanung (wie kann es am besten geändert werden?}", so könnte man diese Überlegungen zu einer kompakten Faustregel zusammenfassen.
    Nachdem die Ressourcenperspektive für das Wie der Veränderung so wichtig ist, muss man sich fragen, wieso dieser Perspektive in der Psychotherapie bisher so geringe Beachtung geschenkt wurde. Mir sind eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden der Problemanalyse bekannt, aber keine einzige Methode der Ressourcenanalyse. In den meisten Therapieausbildungen sucht man vergeblich nach entsprechenden Ausbildungsbestandteilen. Woher rührt die Vernachlässigung dieser für die Therapieplanung und den Therapieerfolg so wichtigen Perspektive? Der Grund dafür liegt meiner Ansicht nach darin, dass in einer methodenorientierten Psychotherapie, wie sie bisher vorgeherrscht hat, das Wie der Veränderung ja schon durch die Methode festgelegt war. Wo aber die Antwort schon feststeht, muss keine Frage gestellt werden. Ich nehme an, dass Therapeuten so lange nicht die Frage nach den Ressourcen des Patienten systematisch gestellt haben, weil sie dann logischerweise ihr Vorgehen von den Antworten auf diese Frage hätten abhängig machen müssen. Dies hätte aber die Aufgabe des im Vorhinein festgelegten Vorgehens bedeutet. Ich sehe in der empirisch sehr gut untermauerten Wichtigkeit der Ressourcenaktivierung für das Therapieergebnis deshalb ein starkes Argument für eine indikationsorientierte allgemeine Psychotherapie. Das Wie der Veränderung muss von den Gegebenheiten auf Seiten des Patienten bestimmt werden und nicht von Vorannahmen und Vorlieben des Therapeuten."
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    Ressourcenanalyse (keine). Diese These Grawes stimmt so nicht. Kanfer, Reinecker & Schmelzer (im Sachregister wird "Ressourcen" 29 mal aufgeführt), bei denen ich selber mehrere Seminare besuchte, haben dem Thema immer besondere Bedeutung beigemessen. Außerdem kann man schon die verallgemeinerte Idee Hugo Münsterbergs der Antagonistenbahnung (1913/20) in diesem Lichte sehen: Man kann nämlich das Negative und Problematische zurückdrängen, indem man das Positive und Konstruktive stärkt und in den Mittelpunkt rückt. Große Bedeutung nahmen die protektiven Faktoren auch bei Frank (1961f) ein, praktisch die gesamte Heilmittelklasse 3 (Gewährung von Erfolgserlebnissen, Bewußtsein von Lebenstüchtigkeit fördern, Zwischenmenschliche Kompetenz anheben, Einsicht gewinnen als Erfolgserlebnis). Auch die integrative Therapie Petzolds in der Umsetzung Rahm et al. (1993) hat ausdrücklich ein Schwerpunktmodul zur Ressourcenorientierung, sogar ein Jahr früher als Grawe (1994).


    Sponsel (1995, S. 402) hat den Ausdruck Ressourcenaktivierung von Grawe et al. (1994) übernommen, aber auch schon auf die Vorläufer hingewiesen:

      "Ressourcenaktivierung: Bedeutsame psychotherapeutische Perspektive, die auf das Gelungene, Konstruktive, die positiven Fähigkeiten und Möglichkeiten der PatientIn abhebt. GRAWE 1995 differenziert den dreidimensionalen Psychotherapieraum seiner Forschungsgruppe von 1994 in einen vierdimensionalen, indem er die Beziehungsdimension splittet in die zwei Unterdimensionen in R. und Problemaktualisierung > Kap. 5.6.1.1. Nach unserer Auffassung gehört der Begriff eher in die Kategorie Bewältigen. Schon früh vorweggenommen durch das Prinzip der Antagonistenbahnung (Hugo MÜNSTERBERG 1913, > Reader). Von Günther AMMON (1979, 1982, Hg.) in seiner dynamischen Psychiatrie auch sehr betont (1979, S. 5). Die Ressourcenaktivierung spielt in der IPPT [RS: GIPT] die ihr gebührende wichtige Rolle."
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    Rubikon. Metapher in der Willenspsychologie, dass eine Entscheidung und ein Handlungsentschluss erfolgt ist. Die Metapher geht auf Cäsar zurück, der vor der Überschreitung des Flusses Rubikon [W] vor Rom gesagt haben soll: Der Würfel ist gefallen.

    S. 59: Abbildung 5: Der Rubikon-Prozess.

    Historische Anmerkung: Nachdem der Wille jahrzehntelang in der Psychologie verpönt war, gab es 1987 eine neue Hinwendung zum Willen mit dem Buch: Heckhausen, H.; Gollwitzer, P. M. & Weinert, F. E. (1987, Hg.). Jenseits des Rubikon: Der Wille in den Humanwissenschaften. Berlin: Springer.
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    Volition. Wille.  > Zur Unterscheidung von Wunsch und Wille. ("MAZOKA"). Der Wille in der IP-GIPT: 1,2,3, HM_Lenken.
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    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    02.09.06    Ergänzung Gassmann-Grawe-Studie [Lit]  [Info].


    Querverweise
    Standort: Selbstmanagement - ressourcenorientiert.
    Allgemeines und integratives praktisches Psychotherapiekonzept (TOP 10).
    Buch-Präsentationen, Literaturhinweise und Literaturlisten in der IP-GIPT. Überblick und Dokumentation.
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    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    Selbstmanagement site:www.sgipt.org. 
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    Information für Dienstleistungs-Interessierte.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Buchpräsentation: Selbstmanagement - ressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) mit Anmerkungen zur  Ressourcenaktivierung nach Grawe (1998) und  Ausführungen zu Begriff und Therapiegeschichte der Ressourcenaktivierung. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/lit/huber/smro.htm
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    korrigiert irs 31.08.06