Hugo Münsterbergs eklektisch-integrativer Rahmen 1913, die Antagonistenbahnung und einige andere psychologische Heilmittel
1.7.1863 Danzig bis 16.12.1916 Cambridge (Mass.)
Schüler Wilhelm Wundts, Arzt, Psychologe, Philosoph
Mitgeteilt von Rudolf Sponsel, Erlangen
Übersicht Heilmittellehre und Heilmittel-Monographien * Literaturhinweis * Symbolik Heilmittelgraphik
Aus: MÜNSTERBERG, H. (1913, 2.A. 1920) Psychotherapie. In: Grundzüge
der Psychotechnik. Leipzig: Barth. Aus: S. 329 - 341.
"Das Zentrum der therapeutischen Psychotechnik liegt natürlich dort, wo seelische Prozesse selbst benutzt werden, um den krankhaften Vorgang zu überwinden. Nur hier haben wir es mit der eigentlichen Psychotherapie zu tun. Daß diese seelischen Vorgänge gleichzeitig ihre physischen Begleitprozesse haben, erscheint unter diesem Gesichtswinkel so nebensächlich, wie es im sozialen Leben gleichgültig ist, daß das Gespräch mit dem Nachbar physiologische Grundlagen hat." (S. 329).
Eklektisch-integrativer Psychotherapieansatz und psychologische Heilmittel bei Münsterberg
"... Ich habe in der Tat planmäßig in ähnlichen Fällen die verschiedensten psychotherapeutischen Methoden verwendet und ihre Wirksamkeit verfolgt." (S. 330)
Heilmittelkennzeichnungen J und Hervorhebungen von Sponsel
"... Die J positive, J harmonische Ausgestaltung des J Außen- und J Innenlebens, die J Herstellung Jfreundlicher Umgebung, der Aufbau einer Jgeregelten Lebensarbeit, die JFestigungJmoralischer und Jreligiöser Gefühle, die Jsoziale Eingliederung, die JErweckungJhoffnungsvoller Stimmungen und vor allem das JGefühl, daß JandereJaufrichtig an dem Leidenden JAnteil nehmen, gehört zu dieser Gruppe allgemeiner psychotherapeutischer Beeinflussungen. Es ist klar, daß alles das in Jkleinen Übergangsschritten zu den psychologischen Einzelmethoden der Krankenbehandlung hinüberführt.
Zu diesen gehört nun als die Methode, die dem gewöhnlichen Gespräch am nächsten steht, in erster Linie die JEinwirkung durch eine Jvernünftige Aufklärung. ... " (S. 331)
Das Prinzip der JAntogonistenbahnung als Heilmittel
"Ein psychophysisch besonders interessantes Verfahren, das ich häufig mit bestem Erfolg angewandt, besteht darin, eine störende Vorstellung oder einen lästigen Impuls dadurch zu unterdrücken, daß die zunächst ohnmächtige Gegenvorstellung durch künstliche Öffnung ihrer motorischen Entladungsbahnen verstärkt wird." (S. 334)
"... Der Impuls, den Arm zu beugen, öffnet nicht nur die Bahn für die Beugemuskeln, sondern schließt zugleich die Bahn für die Streckmuskeln, ... . So gliedern sich alle Funktionen durch die Gegensätzlichkeit der Reaktion. ... Auf diesem Wechselspiel der lebhaften Inhalte und der Hemmung aller Vorstellungen, die zu antagonistischen Reaktionen führen, beruht das eigentliche Wesen der Aufmerksamkeit." (S. 336)
"... Der Heiterkeit oder der Betrübnis, der
die Wege zur Muskeltätigkeit gesperrt sind, fehlen nicht nur die kinästhetischen
Empfindungen der Spannung oder Erschlaffung und alle sekundären Bestandteile,
sondern ihnen fehlt die zentrale Bedingung für die Lebhaftigkeit des
Gefühls. Werden nun diese Ausdrucksbewegungen einer Gemütslage
zielbewußt eingeübt und künstlich festgehalten, so wird
auch der Gefühlston ganz neue Verstärkung erhalten. Zwingen wir
uns, eine bittere Medizin mit Gesichtsbewegungen einzunehmen, die dem grinsenden
Ausdruck des Behagens und Wohl-
schmeckens entsprechen, so wird der unangenehme Geschmack nach einiger
Zeit angenehm." (S. 337)
Diese Grundidee die Gegenkräfte stärken finden sich 100 Jahre später wieder in der Zuwendung zur Ressourcenaktivierung: wird das Positive und Gesudne gestärkt, wird relativ hierzu das Negative und Kranke schwächer.
"In manchen leicht erkennbaren Fällen ist es wichtig, die Suggestion ohne jede Betonung, gewissermaßen als gleichgültigen Wink einwirken zu lassen, so, als wenn sie vielleicht dem Arzt ohne wirkliche Absicht entschlüpfte." (S. 339)
"... Die Quellen von Lourdes fließen überall, wo der Glaube lebendig ist, und er ist schließlich nirgends lebendiger als da, wo die Heilung von Leiden zuversichtlich versprochen wird und sei es auch im Sprechzimmer des ungebildetsten Quacksalbers und Gesundbeters." (S. 357)
Schüler Wilhelm Wundts, Arzt, Psychologe, Philosoph.
Studium in Leipzig. und Heidelberg. 1885 Dr. phil, in Leipzig. 1887 Dr.
med. in Heidelberg. Habilitation für Philosophie in Freiburg, 1892
wurde M. als Direktor des Psychologischen Laboratoriums an die Harvard
University berufen.
1896 Rückkehr nach Freiburg. Schon im folgenden
Jahr ging er wieder nach Amerika. und zwar jetzt nach Cambridge (Mass.).
Er war später auch noch als Austauschprofessor in Berlin tätig.
M. war einer der Begründer der angewandten Psychologie in Medizin
und Recht.
Roback (1970): „Münsterberg lehrte in Freiburg
im Breisgau, als William James, der jemand für die Leitung des Harvard-Laboratoirums
suchte, auf Münststerbergs 'Die Willenshandlung' stiess. Die
Arbeit kritisierte kühn die These Wundts, daß wir bei der Empfindung
von Anstrengung unserer Willen wahrnehmen, wobei Münsterberg stattdessen
behauptete, dass dieses Gefühl der Anstrengung von einer Uebermittlung
durch unsere Muskeln, Sehnen und Gelenke herrührt und nicht von dem
Impuls, der von dem Gehirn ausgeht. Hier war ein vielversprechender Verbündeter,
dachte James, denn er selbst war auch nicht mit Wundts Psychologie einverstanden."
Münsterberg starb mitten in einer Vorlesung
an Herzversagen zum Schrecken seiner StudentInnen.
Schriften (Auswahl)
1888: Die Willcnshandlung. Ein Beitrag zur physiologischcn Psychologie.
Freiburg: Mohr.
1890: Beiträge zur cxpcrimentellcn Psychologie. Neue Grundlegung
der Psychophysik. Freiburg.
1890: Die Association sucessiver Vorstellungen. In: Z. Psychol. Physiol.
Sinnesorg, 1,2.
1891: Ueber Aufgaben und Methoden der Psychologie. Leipzig: Abel.
1891: Zur Individualpsychologie. In: Zbl. Nervenheilkd. Psychiat. n.
F. 2, Jg. 14, 196-198
1892: Studien zur Associotionslehre. In: Beitr. z. exp. Psychol., H.
IV, 32 ff..
1890: Grundzüge der Psychologie. Leipzig: Barth.
1909: Psychotherapy.
1913: Grundzüge der Psychotechnik. Leipzig: Barth. (1920, 2.A.)
Artikel und Schriften von Hugo Münsterberg im Netz (Foreword (by Charles S. Whitman), Introduction, Illusions, The Memory of the Witness, The Detection of Crime, The Traces of Emotion, Untrue confessions, Suggestions in Court, Hypnotism and Crime, The Prevention of Crime).
Quellen: U.a. nach Alma Kreuter (1996, 2. Bd., S. 1002)
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Heilmittel Geschichte site:www.sgipt.org. |