Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=09.04.2005
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 31.01.20
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf
Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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Anfang_Kriminelle
Hochstapelei__Datenschutz_Überblick_Rel.
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Willkommen in unserer Internet-Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Differentielle Psychologie
der Persönlichkeit (Persönlichkeitspsychologie, Typen, Charaktere),
Bereich Abweichungen (Devianz) und hier speziell zum Thema aus unserer
Reihe:
Differentielle Psychologie, Psychodiagnostik,
Psychopathologie und Psychotherapie der Persönlichkeiten aus der Reihe
Hochstapelei - Psychologie und Psychopathologie der HochstaplerIn
Kriminelle Formen der Hochstapelei (Betrug, Schwindel,
Untreue)
_
von Rudolf Sponsel,
Erlangen
Überblick
Einführung
Zur Kriminologie des Betruges gehören die Statistiken ("Epidemiologie"),
die natürlich nur relativ zu einer Rechtsgrundlage
gelten und auch sonst bedeutsamen Einflüssen
unterliegen, so daß die Zahlen nicht ganz einfach zu interpretieren
sind; die Betrugsarten und die Betrugsweisen ("Maschen"; Tricks, modi operandi),
die Verfolgungsmethoden und Aufklärungsquoten - in kapitalistischen
Gesellschaften hoch bei den Kleinkriminellen mit geringem sozioökonomischen
Schaden und extrem gering bei den Wirtschaftskriminellen mit extrem hohem
sozioökonomischen Schaden. Und für die Vorbeugung sind natürlich
Theorien sehr wichtig, die diese Massenerscheinungen von Betrug erklären
können.
Hochstapelei ist nicht wenigen Fällen gar kein
Straftatbestand und kann daher von der offiziellen Kriminalstatistik gar
nicht erfasst werden. Es kommen also nur die Delikte im Zusammenhang mit
Hochstapelei in Frage, die von Recht und Gesetz
auch erfasst werden. Dies verschärft noch einmal die Frage nach der
genauen Definition
von hochstapeln, um wenigstens grobe Schätzungen vornehmen zu können.
Statistik
des Betrugs 1970 bis 2003 - Eine Service Leistung der IP-GIPT
Daten nach Schwind
(2000, § 2, Rn 19, S. 23) unter Berufung auf Kerner [(1996).
Die Kriminalität macht keine Sprünge]
für 1970 und 1980, ab 1990 nach Angaben des Bundeskriminalamtes.
bkF := Zahl der bekannt gewordenen Fälle pro 100.000 Einwohner. Zur
Vergleichbarkeit Bundesrepublik (ohne die "neuen" Bundesländer)
und Deutschland (mit den "neuen" Bundesländern) wurden die Häufigkeitszahlen
pro 100.000 für die Jahre 1970, 1980, 1990, 1991 und 1992 mit 800
= (80 Millionen / 100.000) multipliziert, diese Werte sind also geschätzt,
aber interpretierbar. Ostberlin wurde für die Jahre 1990 und 1991
nicht herausgerechnet und ist damit in der Schätzung zwei Mal enthalten,
überhöht die Schätzung für diese Jahre also ein bißchen.
h := Häufigkeit. |
Jahr
|
h / 100.000
|
absolut
geschätzt
|
% zum Vorjahr
|
W-Rate n.d.
ZinseszinsM
|
BIP-Ver- gleich in Mrd
|
BIP Wachs- tumsrate ZZM
|
1970
|
278
|
222.400
|
Anfang
|
Anfang
|
352
|
Anfang
|
|
|
|
1970-1980:
|
|
|
|
1980
|
401
|
320.800
|
44,24
|
3,66 %
|
|
|
|
|
|
1980-1990:
|
|
|
1970-1990:
|
1990
|
581
|
464.800
|
44,89
|
3,69 %
|
1274,9
|
6,43
|
1991
|
572
|
457.600
|
-1,55
|
|
|
|
1992
|
620
|
496.000
|
8,39
|
|
|
|
1993
|
653
|
528.410
|
6,53
|
|
|
|
1994
|
722
|
587.423
|
11,17
|
|
|
|
1995
|
764
|
623.182
|
6,09
|
|
|
|
1996
|
793
|
648.650
|
4,09
|
|
|
|
1997
|
818
|
670.845
|
3,42
|
|
|
1970-1998
|
1998
|
860
|
705.529
|
5,17
|
4,12 %
|
1929,4
|
6,08
|
1999
|
874,4
|
717.333
|
1,67
|
|
|
|
2000
|
938,8
|
771.367
|
7,53
|
|
|
|
2001
|
964,5
|
793.403
|
2,86
|
|
|
|
2002
|
956,1
|
788.208
|
-0,65
|
|
|
1970-2003:
|
2003
|
1.061,40
|
876.032
|
11,14
|
4,154 %
|
2128,2
|
3,6
|
2004
|
|
|
|
|
|
|
2005
|
|
|
|
|
|
|
Lesebeispiele Betrugsstatistik:
Im Jahre 1970 kamen auf 100.000 Bürger h= 278 Betrugsfälle. Zur
Vergleichbarkeit hochgerechnet auf 80 Millionen Deutsche ergibt das eine
Schätzung von 222.400 = 278 * 800. Von 1970 bis 1980 erhöhen
sich die Betrugsfälle um 44,24%, das ergibt ein arithmetisches Mittel
pro Jahr von 4,42%. Die Wachstumsrate
nach dem Zinses-Zins-Modell beträgt für die Zeit 1970 bis 1990
pro Jahr 3,69%. Diese gefährliche Wachstumsrate sinkt nicht nur nicht
oder bleibt wenigstens gleich, sie steigt vielmehr. Das heißt, das
Wachstum
des Betruges
beschleunigt sich. 1998 ist die Wachstumsrate
bei 4,12% und 2003 ergibt sich eine Rate von 4,154% (das ist so, als ob
Sie jedes Jahr mehr Zinsen für Ihren Kredit zahlen müßten).
Hochgerechnet auf das Jahr 2020 wäre nach diesen Schätzungen
bereits das 7,653fache zu erwarten, also 7,653 * 222.400 = 1,7 Millionen
Betrugsfälle (ohne Dunkelfeld). Während die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
gemessen in Mrd. Euro des BIP 1990 dank der früheren Wirtschaftskraft
nach dem
Wachstums-Zinseszins-Modell
pro Jahr noch 6,43 % betrug, fällt es im Jahr 2003 um beinahe die
Hälfte auf 3,6% ab. Der Zusammenhang ist einfach: Während sich
das Wachstum der Wirtschaftskraft entschleunigt (verlangsamt), beschleunigt
sich das Wachstum der bekanntgewordenen Betrugsfälle.
Kriminalitätsstatistiken
Bundeskriminalamt (1997,
98,
99,
2000,
01,
02,
03,
)
Zeitreihen
1987-2003 * Historische
Entwicklung der Straftatenschlüssel (Bund;
Stand 1.1.3) * Hinweise
zu den Daten *
Zur Entwicklungsgeschichte
der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) *
Einflussfaktoren nach dem
BKA:
"Folgende mögliche Einflussfaktoren können sich auf die Entwicklung
der Zahlen in der Polizeilichen Kriminalstatistik auswirken:
-
Änderung des Strafrechts z.B. OrgKG 1992, Verbrechensbekämpfungsgesetz
1994, 6. Strafrechtsreformgesetz 1998
-
Anzeigeverhalten (z.B. Versicherungsaspekt)
-
Polizeiliche Kontrolle
-
Statistische Erfassungregeln einschl. der Erfassung komplexer Ermittlungsvorgänge
mit zahlreichen Einzelfällen (Serien)
-
Echte Kriminalitätsänderung"
_
Erster
Periodischer Sicherheitsbericht BKA (S.
126) zur Vermögenskriminalität
"2.3.6 Vermögenskriminalität
2.3.6.1 Betrugsdelikte
Zur Vermögenskriminalität gehören insbesondere Betrugstatbestände
sowie Veruntreuung und Unterschlagung. Konkursstraftaten sowie einige Betrugsvarianten
werden in diesem Bericht im Kapitel Wirtschaftskriminalität erörtert.
Die kriminologische Beschreibung stößt
auf eigentümliche Probleme. Zwar wäre es leicht, die Häufigkeit
einzelner Tatvarianten anzugeben. Deren Zahl steht aber in einem charakteristischen
Missverhältnis zum verursachten Schaden. Jedes fünfte Betrugsdelikt
war eine Leistungserschleichung. Der durch diese 146.264 Fälle verursachte
Schaden wird mit 7,8 Mio. DM angegeben; das sind 0,002% des durch Betrug
insgesamt verursachten Schadens. Demgegenüber verursachten die mit
9.041 doch vergleichsweise wenigen Fälle von Anlagebetrug (0,01%)
einen Schaden von 661,6 Mio. DM (entspricht 13,8% des registrierten Gesamtschadens
bei Betrugsdelikten). Es ist deshalb nötig, Häufigkeit und Schadenssumme
zugleich im Blick zu behalten (vgl. Tab.2.3-2).
Die 717.333 Betrugsdelikte des Jahres 1999 haben
mit 4,8 Mrd. DM einen höheren Schaden verursacht als alle 3,1 Mio.
Diebstähle zusammen genommen (4,3 Mrd. DM). Schon daran wird das Gewicht
dieser Taten deutlich, auch wenn die Schadensangaben im Stadium der polizeilichen
Ermittlung insoweit Unsicherheiten aufweisen, als sie auf Schätzungen
des Vermögensverlustes seitens der Geschädigten beruhen. Hier
wird nur kursorisch auf einige Betrugskonstellationen eingegangen werden
können."
|
Erster
Periodischer Sicherheitsbericht BKA (S.
131) zur Wirtschaftskriminalität
"Kernpunkte
-
Wirtschaftskriminalität ist kein quantitatives, sondern ein qualitatives
Problem. Auf Wirtschaftskriminalität entfielen 1999 in der Bundesrepublik
Deutschland nicht mehr als 1,7% aller polizeilich bekannt gewordenen Straftaten.
-
Dieser vergleichsweise geringen Fallzahl steht jedoch eine "außerordentlich
hohe Qualität an Deliktpotential" gegenüber: Wenige Beschuldigte
schädigen viele Opfer und verursachen - im Vergleich zur "klassischen"
Vermögenskriminalität - relativ hohe Schäden. Noch gravierender
als die materiellen Schäden könnten freilich die immateriellen
Schäden sein, die in Ansteckungs-, Nachahmungs-, Sog-, Spiral- und
Fernwirkungen, in Kettenreaktionen sowie in gesundheitlichen Gefährdungen
und Schädigungen gesehen werden. Befürchtet wird darüber
hinaus ein Schwinden des Vertrauens in die Funktionsfähigkeit der
geltenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.
-
Wirtschaftskriminalität ist, im Unterschied zur "klassischen" Vermögenskriminalität,
zu einem erheblichen Teil Verbandskriminalität, d. h., dass es sich
weitaus häufiger als sonst um Delikte handelt, die unter dem Mantel
einer Einzelfirma oder einer handelsrechtlichen Gesellschaft - vornehmlich
einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), einer offenen
Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Kommanditgesellschaft (KG) - begangen
werden.
-
Bei den registrierten Delikten der Wirtschaftskriminalität handelt
es sich - ebenfalls im Unterschied zur "klassischen" Vermögenskriminalität
- weitgehend um sog. Überwachungs- und Kontrolldelikte. Damit ist
gemeint, dass ein Strafverfahren überwiegend nicht von einem betroffenen
Opfer, sei es einer Privatperson oder einer staatlichen Institution, eingeleitet
wird, sondern nur dann, wenn die Tat von den Strafverfolgungsorganen selbst
entdeckt und aufgeklärt wird. Dies beruht zum einen auf der besonderen
Opferstruktur bei Wirtschaftskriminalität: Der Anteil der Kollektivopfer
ist sehr viel höher als bei "klassischer" Vermögenskriminalität.
Dort aber, wo sich die Täter- Opfer- Beziehung "verflüchtigt",
bedarf es verstärkter Anstrengungen der Instanzen formeller Sozialkontrolle,
also insbesondere der Polizei, der Wirtschaftskontrolldienste usw., um
die fehlende Kontrolle durch die Opfer auszugleichen.
-
Die Erledigungspraxis der Staatsanwaltschaften in "besonderen Wirtschaftsstrafverfahren"
unterscheidet sich von der sonst vorherrschenden Erledigungspraxis: Die
Einstellungsraten wegen fehlenden Tatverdachts sind deutlich höher;
niedriger sind sowohl die Anklageraten als auch die Anteile der aus Opportunitätsgründen
eingestellten Verfahren. Die Komplexität der Verfahren, die Schwierigkeit
des Tatnachweises, die "Beschwerdemacht" des Beschuldigten, das sind einige
der Gründe, die dazu führen, dass es häufiger zu einer Verfahrenseinstellung
kommt als in Fällen der "klassischen" Eigentums- und Vermögenskriminalität
mit vergleichsweise wesentlich geringerem Schadensumfang.
-
Die Sanktionspraxis bei Wirtschaftskriminalität lässt sich für
die Mehrzahl aller Aburteilungen wegen nicht hinreichend differenzierter
statistischer Informationen nicht messen."
|
Geschlechtsdifferenzierung:
Frauen und Männer als Täter und Opfer der Hochstapelei
Nach der Kriminalstatistik erscheinen viel mehr Männer als Frauen
auffällig. Das gilt eindrucksmäßig auch für den Bereich
der Hochstapelei, die für sich betrachtet kein eigener Straftatbestand
ist. Das wirft grundsätzlich, aber auch speziell für den Bereich
der Hochstapelei das Problem auf: neigen Männer mehr zu abweichendem
oder kriminellem Verhalten als Frauen? Gilt das allgemein oder deliktspezifisch?
Warum?
Um diesen Fragen solide und empirisch fundiert auf
die Spur zu kommen, muss man Hochstapler-Einzelschicksale von Frauen und
Männern sehr gründlich und sorgfältig analysieren. Dies
führt im günstigen Fall zu Hypothesen, wie die Hochstaplerpersönlichkeit
entsteht, sich entwickelt, entfaltet und schließlich manifestiert.
Sodann muss man Kontrollpersönlichkeiten mit Merkmalen, die den Hypothesen
der Hintergrundbedingungen bei den HochstaplerInnen entsprechen,
suchen und untersuchen, um herauszufinden, weshalb diese einen anderen
Lebensweg verwirklicht haben.
Links (Auswahl:
beachte)
_
Glossar, Anmerkungen
und Endnoten
___
Wachstums-Rate Zinseszinsmodell
nach der Formel Endwert = Anfangswert * ez * n.
Hier für das Wachstum der Betrugsfälle absolut (geschätzt)
für n = 1990-1970 = 20. Rechnung: z = [ln(E/A)]/n, also z.B.
für die absoluten Schulden: z = [ln(464.800/222.400)] / 20 = ln(2,089928)
/ 20 = (0,7371296 / 20 = 0,036856482 = 3,69 %.
Probe: [Anfangswert] * e^(z*n):
222.400 * e^( 0,036856482 * 20) = 222.400 * 2,089928058
= 464.800 [Endwert]
___
Querverweise
Standort Kriminelle Formen der Hochstapelei.
*
Überblicks- und Verteilerseite: Hochstapelei
- Psychologie und Psychopathologie der HochstaplerIn.
Übersicht Differentielle
Psychologie der Persönlichkeit in der Allgemeinen und Integrativen
Psychodiagnostik, Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie.
Norm, Wert, Abweichung (Deviation),
Krank (Krankheit), Diagnose. "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört",
"Krank", "Verrückt".
Was-Ist-Fragen in der Diagnostik.
WIF-Fallstricke, Tücken und Probleme.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, R. (DAS). Kriminelle
Formen der Hochstapelei (Betrug, Schwindel, Untreue). Hochstapelei
- Psychologie und Psychopathologie der HochstaplerIn. Aus der Reihe Differentielle
Psychologie der Persönlichkeit in der Allgemeinen und Integrativen
Psychodiagnostik, Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie, hier
speziell der Devianz (abweichendes Verhalten). IP-GIPT. Erlangen:
https://www.sgipt.org/gipt/diffpsy/devianz/hochstap/krim_hs.htm
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es um (längere) Zitate aus ... geht, sind die Rechte bei/m
... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.
Ende Kriminelle
Hochstapelei _Datenschutz_Überblick_Rel.
Aktuelles_ Rel.
Beständiges_ Titelblatt_
Konzept_
Archiv_
Region__Service-iec-verlag__Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen_
korrigiert: irs 09.04.05
Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
19.07.10 Überblick.
Anmerkung Einführung. Anlage Geschlechtsproblem.