nach einem Fallbericht von Paul Dubois (1848 - 1918) um 1900
"Vor einigen Jahren berief mich ein Kollege zu einer Dame von sechsunddreissig Jahren, welche seit mehreren Jahren an sehr schweren gastro-intestinalen Störungen litt: gänzliche Appetitlosigkeit, belegte Zunge, Magenschmerzen, Aufstossen mit Brechreiz, Erbrechen, hartnäckige, mit profusen Diarrhoen abwechselnde Stuhlverstopfung. Außerdem wurde die Kranke von heftigen Kopfschmerzen und von Schlaflosigkeit geplagt; sie war ängstlich und niedergeschlagen, in der Schilderung ihrer Leiden zur Übertreibung geneigt. ... Die Kranke war ohne den geringsten Erfolg mittelst ... behandelt worden.
Mir fiel im Gegenteil der psychische Zustand der Kranken auf. Sie hatte den für die Hysterie so charakteristischen, unsteten und zugleich ängstlichen Blick. Ohne die Verdauungsstörungen zu übergehen, legte sie das Hauptgewicht auf die fürchterlichen anhaltenden Kopfschmerzen und auf die Präkordialangst. Trotz der ungenügenden Ernährung hatte sie eine gewisse Körperfülle behalten, sie war auch nicht anämisch; dessen ungeachtet bestand seit sieben Monaten Amennorrhoe. Alle diese nervösen Erscheinungen waren gleich im Anfang ihrer unglücklichen Ehe aufgetreten, welche nach einem jahrelangen Martyrium endlich getrennt wurde. Der Arzt, welcher die Kranke zuletzt behandelte, teilte meine Auffassung, daß es sich um eine nervöse Dyspepsie {R. S.: Verdauungs-, Magen-, Darmstörungen; heute ICD-10 F45.31} in Verbindung mit einem Zustande Hystero-melancholie handle, und er erblickte in den unglücklichen ehelichen Verhältnissen das wichtigste ätiologische Moment." (a. a. O., S. 433 f).
DUBOIS berichtet nun weiter, daß nach zunächst erfolgloser ambulanter Behandlung die stationäre nach 5 Wochen gut anschlug bis es zu einer Krise in der Patientin Psychotherapeut Beziehung kam, deren Ursprung ihm verborgen blieb und es kam zum Behandlungsabbruch.
"... Da teilte mir ein Jahr später jener Kollege, der mir den Fall
zugewiesen hatte, die überraschende Nachricht mit, die Kranke sei
ganz plötzlich, von einem Tag auf den andern, vollständig geheilt
worden, und zwar einzig und allein unter dem Einfluß einer gänzlichen
Sinnesänderung. Die bis dahin in Glaubenssachen ziemlich laue
Kranke war einer religiösen Sekte beigetreten, und wie auf einen Schlag
waren die Störungen verschwunden. Auf die Frage meines Kollegen:
Und Sie können jetzt alles, selbst die schwer verdaulichen Speisen
vertragen? hatte sie mit einem seligen Lächeln(F1)
geantwortet: Jawohl, die Speisen sind uns zu unserm Besten geschenkt,
sie können uns nicht schaden!" (S. 435)
GIPT-Diskussion: Der Fall ist mehrfach bemerkenswert:
(1) Er dokumentiert die schlagartige, plötzliche Heilung(F2).
(2) Er dokumentiert die Heilung infolge eines plötzlichen J(F3)Sinneswandels
und J
Sinnfindung und damit wahrscheinlich
JEmotionale_Erfüllung.
(3) Er dokumentiert einen engen Zusammenhang zwischen somatischen Beschwerden
und kognitiven Prozessen, er dokumentiert also psychogen bedingte Psychosomatik.
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