Begriffsanalyse plausibel, Plausibilität, Plausibilitätskriterien in der Soziologie
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
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Plausibilität.
Empirische Studie zu Begriff und Verständnis
von Plausibilität.
Haupt- und Verteilerseite
Begriffsanalysen * Methodik
der Begriffsanalysen nach Wittgenstein *
Gebrauchsbeispiele in der Soziologie
Zusammenfassung Max Weber
Max Weber betrachtet plausibel anscheinend als verständlichen,
nicht erklärungs- und begründungspflichtigen Grundbegriff. Das
belegen alle 15 Textfundstellen. Er betont den Anschein [MW01, MW4, MW07]
von plausibel und stellt es damit wirklich [MW12] gegenüber. Weber
vertritt eine quantitative Auffassung von plausibel [MW02, MW09, MW10,
MW13]. Es werden Kandidaten für Kriterien genannt: MW04: Nichtwiderspruch
gegen Erfahrungregeln, möglich, Berechenbarkeit, ähnliche
Verhältnisse. In MW12 geht es um Versteh- und Erklärbarkeit.
Glaublich wird in MW08 mit plausibel in einem Kontext verwendet und in
MW06 wird plausibel recht unwahrscheinlich gegenübergestellt. Und
in MW11 wird einigermaßen wahrscheinlich im Zusammenhang mit plausibel
verwendet. In MW15 hält er entgegengesetzte Konstruktionen für
gleich plausibel.
[MW02] "In diesem Falle dürfte die Freilassung
meist dem Zwecke einer gültigen Eheschließung gedient haben
und also durch Loskauf des Eheanwärters bewirkt sein. Im übrigen
finden sich inschriftlich besonders viele Freigelassenen, welche Haussklaven
waren und also ihre Freilassung persönlicher Gunst verdankten. Ob
für die Gesamtheit diese Zahlen nicht sehr täuschen, ist doch
äußerst fraglich, da naturgemäß gerade für diese
Kategorie die Chance der inschriftlichen Erwähnung besonders groß
war. Es ist dagegen
recht plausibel, wenn wir
mit Calderini die Zahl der Freilassungen aus dieser Schicht in Zeiten des
politisch-ökonomischen Niedergangs anschwellen und in wirtschaftlich
günstigen Zeiten abschwellen sehen: die Einschränkung der Gewinnchancen
veranlaßte die Herren, den Haushalt einzuschränken und zugleich
das Risiko der schlechten Zeit auf den Sklaven abzuwälzen, der sich
ja nun selbst erhalten und seine Pflichtigkeiten an den Herrn bestreiten
mußte. Die Agrarschriftsteller erwähnen Freilassung als Prämie
für gute Wirtschaftsdienste."
[Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Max Weber: Gesammelte Werke,
S. 3908
(vgl. Weber-WuG, S. 807) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW02: recht plausibel spricht
für eine quantitative Auffassung der Plausibilität. Plausibel
wird anscheinend als verständlicher, nicht erklärungs- und begründungspflichtiger
Grundbegriff betrachtet.
[MW03] "An diese Auseinandersetzung schließt
er eine Belehrung über die Eigenart der ethischen, ästhetischen
und Geschmacksurteile und kommt dann nochmals auf das Problem der Verantwortlichkeit
zurück: »Deshalb ist auch damit, daß man von einem Menschen
sagt: er sei durch die Verhältnisse da und dazu gekommen, noch nichts
getan, das gibt nur dem Verstande den Anhaltspunkt, sich die Entwicklung
des sittlichen Zustandes des Betreffenden plausibel
zu machen – ..."
[Marianne Weber: Häusliches Leben und persönliche Entwicklung.
Max Weber: Gesammelte Werke, S. 306
(vgl. Weber-Lebensbild, S. 167) (c) Mohr Siebeck http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW03: plausibel als verstehbar machen.
Eine Begriffsklärung erfolgt nicht, auch kein Verweis auf eine solche.
Plausibel wird anscheinend als verständlicher, nicht erklärungs-
und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW04] "Daß in einer sehr großen Zahl
von Würfen sich – »Richtigkeit« des Würfels vorausgesetzt
– die nach oben fallenden Zahlen annähernd gleich auf alle sechs Flächen
verteilen, erscheint uns »plausibel«,
wir »begreifen« diese empirisch feststellbare Geltung des »Gesetzes
der großen Zahlen« dergestalt, daß das Gegenteil: – dauernde
Begünstigung gewisser einzelner Zahlen trotz immer weiterer Fortsetzung
des Würfelns, – uns die Frage nach dem Grunde, dem dieser Unterschied
zuzurechnen sein könnte, aufdrängen würde. Aber das Charakteristische
ist offenbar die wesentlich »negative« Art, in der hier unser
kausales Bedürfnis abgespeist wird, verglichen mit der »Deutung«
statistischer Zahlen, welche z.B. die Einwirkung bestimmter ökonomischer
Veränderungen etwa auf die Heiratsfrequenz wiedergeben und welche
durch unsere eigene, von der Alltagserfahrung geschulte, Phantasie zu einer
wirklich positiv kausalen Deutung aus »Motiven« heraus wird.
Und während auf dem Gebiet des »Undeutbaren« der individuelle
Einzelvorgang: – der einzelne Wurf mit dem Würfel, die Splitterung
des abstürzenden Felsens – durchaus irrational in dem Sinn blieb,
daß wir uns mit dem Feststehen der nomologischen Möglichkeit:
– Nichtwiderspruch gegen Erfahrungsregeln –
begnügen mußten und erst die Vielheit der Einzelfälle unter
bestimmten Voraussetzungen darüber hinaus zu »Wahrscheinlichkeitsurteilen«
zu führen vermochte, – gilt uns z.B. das Verhalten Friedrichs II.
im Jahre 1756, in einer einzelnen höchst individuellen Situation also,
nicht nur als nomologisch »möglich«, wie jene Felssplitterung,
sondern als »teleologisch« rational, nicht in dem Sinn, daß
wir in kausaler Zurechnung zu einem Notwendigkeitsurteil gelangen könnten,
wohl aber dergestalt, daß wir den Vorgang als »adäquat
verursacht«, – d.h. als, bei Voraussetzung bestimmter Absichten und
(richtiger oder fälschlicher) Einsichten des Königs und eines
dadurch bestimmten rationalen Handelns, »zureichend« motiviert
finden. Die »Deutbarkeit« ergibt hier ein Plus von »Berechenbarkeit«,
verglichen mit den nicht »deutbaren« Naturvorgängen. Sie
steht, rein auf den Modus der Befriedigung des Kausalitätsbedürfnisses
hin angesehen, den Fällen der »großen Zahlen« gleich.
Und selbst wenn die »rationale« Deutbarkeit aus Absichten und
Einsichten mangelt, also z.B. »irrationale« Affekte hineinspielen,
bleibt das Verhältnis wenigstens möglicherweise noch ein ähnliches,
da wir auch sie, bei Kenntnis des »Charakters«, als in ihrer
Wirkung »verständliche« Faktoren in die Zurechnung einzustellen
vermögen."
[Max Weber: Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen
Nationalökonomie. Max Weber: Gesammelte Werke, S. 4207 (vgl. Weber-WL,
S. 68-69) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm ]
Kommentar-MW04: erscheint uns plausibel.
Im Text wird ein Nichtwiderspruch gegen Erfahrungregeln, möglich,
Berechenbarkeit und ähnliche Verhältnisse erwähnt.
Eine Begriffsklärung erfolgt nicht, auch kein Verweis auf eine solche.
Plausibel wird anscheinend als verständlicher, nicht erklärungs-
und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW05] "Man fragt sich vergebens, womit Stammler
diese Argumentation, die im Ergebnis ja dem Geschichtsmaterialismus, wie
man sieht, schlechthin alles gibt, was er braucht – und noch weit mehr
– plausibel machen will."
[Max Weber: R. Stammlers »Ueberwindung« der materialistischen
Geschichtsauffassung. Max Weber: Gesammelte Werke, S. 4719 (vgl. Weber-WL,
S. 315) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm ]
Kommentar-MW05: Womit plausibel machen? Plausibel
wird anscheinend als verständlicher, nicht erklärungs- und begründungspflichtiger
Grundbegriff betrachtet.
[MW06] "Beides ist wohl sicher aus der pharaonischen
Verwaltungstechnik übernommen. Im übrigen herrscht über
die Kategorie des Königslandes noch ungeschlichteter Streit, ob z.B.
die [griechisch] kanalisiertes Geestland und die [griechisch] Ueberschwemmungsland
sei – plausibel – oder vielmehr: die letztere
Sumpfland, die erstere entwässertes Land – recht unwahrscheinlich!
– usw."
[Max Weber: Agrarverhältnisse im Altertum. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 8499
(vgl. Weber-SWG, S. 173) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW06: Plausibel recht unwahrscheinlich
gegenübergestellt. Plausibel wird anscheinend als verständlicher,
nicht erklärungs- und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW07] "Es scheint plausibel
und
ist auch gelegentlich beobachtet worden, daß der Arbeitswechsel rein
als solcher, also in solchen Fällen, wo ökonomische Chancen und
Annehmlichkeit bzw. Unannehmlichkeit der Arbeit nicht das entscheidende
Wort sprechen, ihnen als erwünscht gilt. Ebenso sicher aber sind andere
Fälle beglaubigt, in welchen er von ihnen nicht, und zwar auch dann
nicht gewünscht wurde, wenn ihnen die volle Garantie dafür gegeben
war, daß er ihnen keinerlei ökonomischen Nachteil bringen könne;
daß hierbei nicht ausschließlich zufällige Umstände
oder allgemeine innere Gebundenheit an die Tradition im Spiele war, scheint
dadurch wahrscheinlich gemacht, daß zuweilen jenes Widerstreben sich
selbst bei solchen Arbeitern fand, die einen Wechsel des Betriebes und
Ortes ihrer Beschäftigung mit Leichtigkeit, ja selbst mit Vorliebe
vollzogen, sofern sie nur auswärts in eine gleichartige Arbeitsstellung
einrücken konnten. Ob hier der Begriff der in ihrer Bedeutung für
die Arbeitskurve anscheinend auch experimentalpsychologisch meßbaren
»Gewöhnung« und »Eingestelltheit« auf die
konkrete Arbeitsleistung für eine Erklärung brauchbar wäre,
ist nicht a priori zu entscheiden."
[Max Weber: Methodologische Einleitung für die Erhebungen des
Vereins für Sozialpolitik über Auslese und Anpassung (Berufswahlen
und Berufsschicksal) der Arbeiterschaft der geschlossenen Großindustrie.
Max Weber: Gesammelte Werke, S. 10891 (vgl. Weber-SSP, S. 24-25) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW07: scheint plausibel.
Plausibel wird anscheinend als verständlicher, nicht erklärungs-
und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW08] "Jedenfalls ist die Bedeutung dieser individuellen Differenzen
wohl verschieden je nach der Art der Leistung und des Rhythmus. Es scheint
durchaus glaublich, daß es zahlreiche einfache Leistungen und zu
ihnen gehörige Rhythmen: z.B. Marschrhythmen u. dgl. gibt, an welche
sich die große Mehrzahl der Menschen leicht anpaßt. Dagegen
ist andererseits auch die Behauptung plausibel,
daß bei differenzierten und komplizierten Arbeiten der einzelne auf
verschiedene Rhythmen sehr verschieden reagiert."
[Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 10979
(vgl. Weber-SSP, S. 74) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW08: Glaublich und plausibel in einem
Kontext verwendet. Auch Alternativen plausibel. Plausibel wird anscheinend
als verständlicher, nicht erklärungs- und begründungspflichtiger
Grundbegriff betrachtet.
[MW09] "Einigermaßen plausibel ist
es, wenn einerseits die Bergwerke mit ihrer höchst anstrengenden,
auf Inanspruchnahme bestimmter Muskelgruppen beschränkten Arbeit unter
sehr ungünstigen Bedingungen, andererseits die Baugeschäfte (starker
Alkoholgenuß der Arbeiter während der Tagesarbeit) besonders
häufig die ersten Frühstunden der Arbeit als die Zeit höchster
Leistung angeben."
[Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 11089
(vgl. Weber-SSP, S. 137) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW09: Einigermaßen plausibel spricht
für eine quantitative Auffassung. Plausibel wird anscheinend als verständlicher,
nicht erklärungs- und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW10] "Daß ihrer Anlage nach spezifisch geweckte und gewandte,
ihrer Rentabilität als »Produktionsmittel« sich bewußte
Arbeiter Gewerkschaftler und, unter modernen Verhältnissen, der Mehrheit
nach Sozialdemokraten werden, ist sehr plausibel,
während es der sehr genauen Analyse bedürfte, ob sozialistische
Erziehung oder spätere Einführung in die Gedankenwelt des Sozialismus,
der ein Religionssurrogat, wennschon auf Grundlage einer polar entgegengesetzten
Gesinnung, sein will, etwa auch schlummernde Qualitäten, die der Arbeitsleistung
zugute kommen, zu wecken geeignet sein könnte."
[Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 11132
(vgl. Weber-SSP, S. 162-163) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW10: Sehr plausibel spricht für
eine quantitative Auffassung. Plausibel wird anscheinend als verständlicher,
nicht erklärungs- und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW11] "Neben der Entwicklung der Höhe der Leistung muß
nun für die Frage, ob und inwieweit »psychophysische«
(Uebungs-)Einflüsse feststellbar sind, die Stärke der Schwankungen
im Verlauf des »Sicheinarbeitens« in eine neue Sorte (oder
neue Kette der gleichen Sorte) Interesse bieten. Sie könnten eine
Art von Probe darauf darstellen, ob das über die Uebungseinflüsse
vorstehend (wenn auch unter allem Vorbehalt) für einigermaßen
wahrscheinlich Erklärte wirklich als plausibel
hingenommen werden darf. Nach psychophysischen Erfahrungen müßte
die Amplitude dieser Schwankungen mit zunehmender Uebung die Tendenz haben,
abzunehmen, die Arbeit »stetiger« werden."
[Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 11180
(vgl. Weber-SSP, S. 200) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW11: einigermaßen wahrscheinlich
im Zusammenhang mit wirklich plausibel. Plausibel wird anscheinend als
verständlicher, nicht erklärungs- und begründungspflichtiger
Grundbegriff betrachtet.
[MW12] "Allein auch die Art der Gewebe, welche herzustellen waren,
stellten bei den Arbeitern des hier herangezogenen Betriebes noch, dem
Uebergangscharakter entsprechend, eine solche Mannigfaltigkeit der heterogensten
Kombinationen dar, daß man zwar – wie einige Beispiele zeigten –
recht wohl die Gründe der Schwankungen innerhalb der Leistung jedes
Arbeiters von Sorte zu Sorte plausibel machen
kann, daß man aber ernstliche Bedenken tragen wird, die Leistungen
der verschiedenen Arbeiter untereinander nach einem für jeden einzelnen
zu errechnenden Durchschnitt zu vergleichen und darnach ihre generelle
Leistungsfähigkeit, auf die es bei dem Vergleich nach Herkunft usw.
schließlich ankommt, ziffernmäßig feststellen zu wollen."
[Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 11235
(vgl. Weber-SSP, S. 235) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW12: Gründe für Schwankungen
der Leistungen eines Arbeiters plausibel machen. Im Sinne von versteh-
und erklärbar machen. Plausibel wird anscheinend als verständlicher,
nicht erklärungs- und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW13] "Daß erworbene krankhafte »Nervosität«
und überhaupt Nervenqualitäten der Mutter in der Schwangerschaftszeit
das Nervensystem des Kindes tief beeinflussen können, ist an
sich sehr plausibel."
[Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Max Weber: Gesammelte
Werke, S. 11260
(vgl. Weber-SSP, S. 251) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW13: an sich sehr plausibel. Plausibel
und die Differenzierungen "an sich" und das quantitative Moment "sehr"
werden anscheinend als verständliche, nicht erklärungs-
und begründungspflichtige Grundbegriffe betrachtet.
[MW14] "Man kann getrost sagen, jedes bestehende Fideikommiß ist
normalerweise ein Zentrum der Bodenakkumulation: die »Psychologie«
(wie man heute zu sagen pflegt) des Fideikommißbesitzers macht es
auch durchaus plausibel, daß sein Streben
nun einmal in der Richtung auf Land und immer mehr Land ausgerichtet ist."
[Max Weber: Agrarstatistische und sozialpolitische Betrachtungen zur
Fideikommißfrage in Preußen. Max Weber: Gesammelte Werke, S.
11500 (vgl. Weber-SSP, S. 366) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm
]
Kommentar-MW14: Streben nach mehr und mehr Land
durchaus plausibel. Plausibel wird anscheinend als verständlicher,
nicht erklärungs- und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
[MW15] "Der Untergang des römischen Reiches ist Gegenstand
vieler rassetheoretischen Deutungsversuche geworden, für welche es
charakteristisch ist, daß die gerade entgegengesetzten Konstruktionen
alle gleich plausibel sind."
[Max Weber: Diskussionsreden auf dem zweiten Deutschen Soziologentag
in Berlin 1912. Max Weber: Gesammelte Werke, S. 11826 (vgl. Weber-SSP,
S. 489) http://www.digitale-bibliothek.de/band58.htm ]
Kommentar-MW15: Entgegengesetzte Konstruktionen
gleich plausibel. Plausibel wird anscheinend als verständlicher, nicht
erklärungs- und begründungspflichtiger Grundbegriff betrachtet.
Der Glaube an die Wahrheit von Bullshit Aussagen
Stefan Pfattheicher und Simon Schindler, die Autoren der Studie, messen
die Gutgläubigkeit von Menschen anhand von Bullshit Aussagen. Und
ja, der Leser (oder die Leserin) liest hier richtig, Bullshit wird in dieser
Studie als wissenschaftlicher Begriff eingeführt. Er beschreibt eine
Aussage, der es an Inhalt, Logik und Wahrheit im naturwissenschaftlichen
Sinne fehlt. Für wie plausibel ein Teilnehmer der Studie eine Bullshit
Aussage hält, wird anhand der „Bullshit Receptivity Scale (BSR)“ gemessen.
Diese Skala beinhaltet Aussagen, die grammatikalisch und sprachlich einwandfrei
sind, und die auf den ersten Blick eine Bedeutung haben, beim zweiten Blick
aber jeglichen Inhalt und Logik vermissen lassen. Beispiele für solche
Bullshit Aussagen sind „Die Zukunft erklärt irrationale Fakten“, „Gute
Gesundheit vermittelt Wirklichkeit zu subtiler Kreativität“ oder „Ganzheit
beruhigt unendliche Phänomene“. Totaler Nonsens also. (Die gesamte
Liste der Bullshit Aussagen findet ihr hier, wer selber Bullshit Aussagen
kreieren will, wird auf dieser Seite hier fündig)
Die Ergebnisse
Die Wahrscheinlichkeit, Bullshit Aussagen für plausibel zu halten,
ist demnach eng korreliert mit der Einschätzung, konservativ zu sein,
bzw. korreliert mit hohen Beliebtheitswerten für republikanische Präsidentschaftskandidaten.
Am engsten ist diese Korrelation (wie die unten stehende Grafik zeigt)
bei den Anhängern von Ted Cruz, während sie bei den Anhängern
von Bernie Sanders am geringsten ist. Das bedeutet im Klartext, dass Anhänger
von Ted Cruz am ehesten Aussagen für wahr und plausibel halten, die
eigentlich völlig ohne Bedeutung und Wahrheitsgehalt sind. Eine weitere
Interpretationsmöglichkeit ist, dass Menschen, die sich selbst als
konservativ bezeichnen eher Bullshit Aussagen glauben schenken als Menschen,
die sich als liberal bezeichnen.
Fake News und Verschwörungstheorien
Ein Konservativer oder eine Konservative ist daher mit größerer
Wahrscheinlichkeit auch dazu bereit, Fake News Glauben zu schenken als
ein Liberaler oder eine Liberale. Fake News haben in etwa denselben Aufbau
wie herkömmliche Nachrichten, ihnen fehlt aber jeglicher Wahrheitsgehalt,
ab und an fehlen ihnen auch jedwede Grundzüge von Logik oder Plausibilität.
Für Verschwörungstheorien gilt dasselbe. Manche davon sehen zwar
auf den ersten Blick plausibel und logisch aus, hinterfragt man sie allerdings
und beschäftigt sich kritisch mit der Problematik, kommt man oft zum
Schluss, dass diese „Theorien“ absoluter Nonsens ohne Realitätsgehalt
sind. Und genau diese Motivation, Aussagen kritisch zu hinterfragen und
ihre Plausibilität zu überprüfen, geht offenbar vielen konservativen
und auch rechtsgerichteten Menschen ab.
Quelle (Abruf 15.01.22): https://maxaurel.wordpress.com/2016/12/11/konservative-glauben-eher-an-bullshit-und-fake-news/
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z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Wissenschaft site: www.sgipt.org. |
korrigiert: irs 14.11.2021 Rechtschreibprüfung und gelesen