Begriffsanalyse möglich
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
Zusammenfassung - Abstract - Summary
Möglich ist ein wichtiger wissenschaftstheoretischer Begriff.
Sachverhalte, die sein oder nicht sein können, kann man mögliche
Sachverhalte nennen. Unterscheidet man ein mehr oder minder, so kann man
möglich mit wahrscheinlich oder Wahrscheinlichkeitsgraden quantifizieren.
Möglich bedeutet im allgemeinen kurz und bündig: etwas kann wirklich
werden, die Existenz ist nicht ausgeschlossen oder unmöglich. Die
Welt
des Möglichen oder der Möglichkeiten kann als eigene
Welt aufgefasst werden. Darunter kann man alles zählen, das zum Zeitpunkt
einer Betrachtung nicht vorhanden ist, aber zu einem anderen Zeitpunkt
vorhanden sein kann. Im Psychologischen gehören die Fähigkeiten
dazu, die bei Bedarf genutzt werden können. In der Wissenschaftstheorie
spricht man auch von Dispositionen. Aber auch das Erleben mit seinen vielfältigen
Möglichkeiten von Aktualisierungen liefert ein weites Feld von Möglichkeiten,
so kann das Bewusstsein etwa ein- oder ausgeschaltet sein. Ein weites Feld
betrifft auch Zukunftsfragen und die Prognosen: Gibt es einen Klimawandel?
Wird der Klimawandel gestoppt werden können? Wie kann er gestoppt
werden? Wie lange wird die Menschheit überleben? Auch viele Es-gibt-Fragen
gehören zur Welt des Möglichen / Unmöglichen: Gibt es außerirdische
Lebewesen? Gibt es Lebkuchen in fernen Sternsystemen? Gibt es Gott?
Gibt es Hoffnung? Gibt es Heilung oder ist Heilung möglich?
Eine erste Pilot-Studie
zum Sprachgebrauch von möglich lieferte interessante
Ergebnisse, wobei möglich von 8 den dritthöchsten
Realisierungsgrad bei einer Stichprobe von 29 TeilnehmerInnen, die, von
37, den entsprechenden Teil des Fragebogens bearbeiteten, erzielte.
Wissenschaftstheoretisch und psychologisch gilt:
Möglich wird gelernt, indem die Erfahrung gemacht wird, dass Sachverhalte
mal bestehen und mal nicht bestehen. Das ist die Elementarerfahrung, die
man mit ist und ist nicht charakterisieren
kann. Das Fenster kann auf oder es kann zu sein. Würfelt man, so gibt
es beim Standardwürfel 6 Möglichkeiten, wobei man im Allgemeinen
nicht vorhersagen kann, welche der Möglichkeit beim anstehenden Wurf
realisiert wird. Fragt man sich, wie es einem gerade ergeht, so gibt es
je nach Erlebensdifferenzierungsfähigkeit n Möglichkeiten. Schwierig
kann es mit Möglichkeitsdiagnosen werden, wenn Möglichkeiten
an Bedingungen geknüpft sind, was in den meisten Fälle so sein
dürfte. Und noch schwieriger kann es werden, wenn es um Sachverhalte
geht, die bislang noch nie eingetreten waren, aber in der Zukunft vielleicht
eintreten können, ein großes Thema in der science fiction Literatur.
Ist es möglich, dass die durchschnittliche Lebensdauer der Menschen
auf 200 Jahre ansteigt. Ist es möglich, die Klimakatastrophe noch
aufzuhalten? Ist es möglich, die Menschenrechte überall auf Erden
durchzusetzen? Ist es möglich, dass es ein Weiterleben nach dem Tode
gibt (eine in sich schon widersprüchliche Frage)?
Aus der empirischen Sprachstudie-01
Der Begriff möglich wurde bei 10 zu bewertenden Sachverhalten wie
folgt gebraucht:
Möglichkeit in Eislers Wörterbuch
der philosophischen Begriffe
Anmerkung: die Bestimmungen sind, wie so oft in der Philosophie,
wissenschaftlich weitgehend unbrauchbar und enthalten viel - wenn auch
natürlich denkbaren - Unsinn.
[679] Möglichkeit (dynamis, possibilitas, potentia) ist: 1) die Denkbarkeit einer Sache, das Gedacht-werden-können den Denkgesetzen gemäß, die Widerspruchslosigkeit (formal-logische Möglichkeit), 2) das Seinkönnen einer Sache, eines Geschehens, einer Relation, die objective Denkbarkeit, gemäß den Gesetzen der Erfahrung, der erfahrbaren Wirklichkeit (materiale oder reale Möglichkeit), 3) die Potenz, das Vermögen (s. d.). Die logische (und die reale) Möglichkeit ist keine Eigenschaft der Dinge, sondern nur ein Ausdruck für eine Beziehung zwischen dem Denken und dessen Objecten, für die Erwartung eines Tatbestandes auf Grund der bisherigen Erkenntnis. Unmöglich ist, was entweder den Denkgesetzen oder der wissenschaftlich verarbeiteten Erfahrung widerspricht.
Der Megariker DIODOR behauptet, alles Mögliche sei auch wirklich und notwendig (s. Kyrieuon). Eisi de tines hoi phasin, hoion hoi Megarikoi, hotan energê monon dynasthai, hotan de mê energê ou dynasthai, hoion ton mê oikodomounta ou dynasthai oikodomein, alla ton oikodomounta, hotan oikodomê (Aristot., Met. IX 3, 1046b 29 squ.). »Placet autem Diodoro id solum fieri posse, quod aut verum sit aut verum futurum sit... Nihil fieri, quod non necesse fuerit« (Cicer., De fato 17). Den Begriff der real-metaphysischen Möglichkeit (Potenz, (s. d.)) prägt ARISTOTELES aus. Das Mögliche, dynamei on (die Materie, (s. d.)), ist das, was für sich noch nicht ist, wohl aber durch die Form (s. d.) realisiert wird, es ist also die dynamis reale Seins-Möglichkeit, nicht nur Denkbarkeit (De interpret. 12). Die Erde z.B. ist dynamei, Mensch (Met. IX 7, 1049 a 1); esti de dynaton touto, hô ean hyparxê hê energeia hou legetai echein tên dinamin, ouden estai adynaton (Met. IX 3, 1047 a 24; V, 12); adynamia d' esti sterêsis dynameôs kai tês toiautês archês (Met. V 12, 1019b 16). Die Ansicht des[679] Diodor wird von CHRYSIPP bestritten. Nach PLOTIN besteht die dynamis in einer Art hypokeimenon für Affectionen, Gestalten, Formen, die aufzunehmen sind (Enn. II, 5, 1: vgl. II, 5, 5).
Nach ABAELARD ist nur das möglich, was Gott wirklich geschaffen hat. Nach THOMAS sind »possibilia«, »quae contingunt esse et non esse« (9 met. 3); »dicitur possibile, quod potest esse et non esse« (Contr. gent. III, 86). Es gibt, »possibilitas absoluta« und »ex suppositione« (vgl. Vermögen). DUNS SCOTUS bestimmt: »Possibile logicum est modus compositionis formatae ab intellectu, illius quidem cuius termini non includunt contradictionem,... sed possibile reale est, quod accipitur ab aliqua potentia in re sicut a potentia inhaerente alicui vel terminata ad illud sicut ad terminum« (Sent. I, d. 2, qu. 7). – MIRAELIUS definiert: »Possibile (igitur) est, quod non involvit repugnuatiam« (Lex. philos. p. 871).
HOBBES erklärt den Unterschied zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit für einen bloß relativen (De corp. C. 10, 1; 4; 6). SPINOZA definiert: »Res possibilis itaque dicitur, cum eius causam efficientem quidem intelligimus, attamen, an causa determinata sit, ignoramus« (Cogit. met. I, 3). »Res singulares voco possibiles, quatenus, dum ad causas, ex quibus produci debent, attendimus, nescimus, an ipsae determinatae sint ad easdem producendum« (Eth. IV, def. IV). »Res aliqua impossibilis dicitur, nimirum quia vel ipsius essentia seu definitio contradictionem involvit, vel quia nulla causa externa datur ad talem rem producendam determinata« (Eth. I, prop. XXXIII, schol.). »Quicquid concipimus in Dei potestate esse, id necessario est« (Eth. I, prop. XXXV). LEIBNIZ hingegen neigt der (scholastischen) Ansicht zu, in der göttlichen Vernunft seien unendlich viele Möglichkeiten, von denen nur ein Teil, das miteinander Verträgliche (»le compossible«) und Beste, verwirklicht werde (Princ. de la nat. 10; Theod. I B, § 225). – »Tout ce qui n'implique point de contradiction, est possible« (Theod. I B, § 224). TSCHIRNHAUSEN bestimmt: »Possibile est, quod concipi potest« (Med. ment. I, 1). CHR. WOLF definiert: »Possibile est, quod nullam contradictionem involvit« (Ontolog. § 85). »Impossibile dicitur, quicquid contradictionem involvit« (l.c. § 79). Möglich ist, »was nichts Widersprechendes in sich enthält« (Vern. Ged. I, § 12). Metaphysisch möglich ist etwas, »weil es von dem göttlichen Verstande vorgestellet wird« (l.c. § 975). Bestimmungen des Möglichen gibt 11:. S. REIMARUS (Vernunftlehre § 98 ff.). CRUSIUS erklärt als möglich »was gedacht wird, aber noch nicht existieret, oder von dessen Existenz wir noch abstrahieren« (Vernunftwahrh. § 56). Nach PLATNER ist möglich, »was als Begriff frei ist von Widerspruch« (Philos. Aphor. I, § 819; vgl. Log. u. Met. S. 89, 92).
KANT rechnet den Begriff der Möglichkeit zu den modalen Kategorien
(s. d.). »Was mit den formalen Bedingungen der Erfahrung (der Anschauung
und den Begriffen nach) übereinkommt, ist möglich« (Krit.
d. r. Vern. S. 202). »Daß der Begriff vor der Wahrnehmung vorhergeht,
bedeutet dessen bloße Möglichkeit« (l.c. S. 207). »Der
Begriff ist allemal möglich, wenn er sich nicht widerspricht. Das
ist das logische Merkmal der Möglichkeit, und dadurch wird sein Gegenstand
vom nihil negativum unterschieden. Allein er kann nichtsdestoweniger ein
leerer Begriff sein, wenn die objective Realität der Synthesis, dadurch
der Begriff erzeugt wird, nicht besonders dargetan wird, welches aber jederzeit,...
auf Principien möglicher Erfahrung und nicht auf dem Grundsatze der
Analysis (dem Satze des Widerspruchs) beruht. Das ist eine Warnung,[680]
von der Möglichkeit der Begriffe (logische) nicht sofort auf die Möglichkeit
der Dinge (reale) zu schließen« (l.c. S. 471). »Alles,
was in sich selbst widersprechend ist, ist innerlich unmöglich«
(WW. II, 121). Die »Möglichkeit der Erkenntnis« zu begründen,
ist Aufgabe der Vernunftkritik (s. Kritik). FRIES bemerkt: »Wenn
wir... die Gesetze für eine Begebenheit im allgemeinen (durch Denken),
nicht aber die näheren Umstände des einzelnen Falles (durch Anschauung)
kennen und nun diesen nicht genau genug bekannten Fall nur mit der allgemeinen
Regel vergleichen, so nennen wir die Bestimmung desselben eine bloße
Möglichkeit« (Syst. d. Log. S. 160). Nach BOUTERWEK ist das
Mögliche (logisch) »das vernünftigerweise Denkbare«
(Lehrb. d. philos. Wissensch. I, 114). Die metaphysische Wirklichkeit bezieht
sich auf die Causalität, auf das »Können« (l.c. S.
115 f.). J. G. FICHTE betont: »Ich kann etwas Mögliches setzen,
lediglich im Gegensatze mit einem mir schon bekannten Wirklichen. Alle
bloße Möglichkeit gründet sich auf die Abstraction von
der bekannten Wirklichkeit. Alles Bewußtsein geht sonach aus von
einem Wirklichen« (Syst. d. Sittenl. S. 290). J. J. WAGNER erklärt:
»Nur das Mögliche kann wirklich werden, aber alles Mögliche
muß wirklich werden«, mit Einschränkung auf die im Schoße
des Möglichen entstandenen Gegensätze und deren gelungene Vermittlung
(Organ. d. menschl. Erk. S. 102). HEGEL bestimmt die Möglichkeit als
»die leere Abstraction der Reflexion-in-sich«, die »bloße
Form der Identität-mit-sich« (Encykl. § 143), als ein äußeres
»Moment« (s. d.) der Wirklichkeit (l.c. § 145). Es gibt
»formelle« und »reale« Möglichkeit (WW. IV,
203, 208; vgl. SCHELLING, WW. II 2, 526). CHR. KRAUSE betont: »Im
Ewigen... ist kein Gegensatz des Notwendigen, Wirklichen und Möglichen,
welcher nur im Zeitlichen und in seinem Verhältnisse zum Ewigen sich
findet. Denn das Zeitliche ist wirklich, sofern es überhaupt in bestimmter
Zeit; möglich, sofern es in bestimmter Zeit zufolge bestimmter ursachlicher
Bedingungen; notwendig endlich, sofern diese ursachlichen Bedingungen eins
sind mit dem ewigen Urwesentlichen des lebenden Wesen« (Urb. d. Menschh.3,
S. 330). HILLEBRAND erklärt: »Vor der metaphysischen Anschauung
der Dinge ist... das Mögliche, als solches, auch das Wirkliche«
und Notwendige. »Insofern jedoch der unendliche Inhalt des Daseins
dem Gedanken nicht unmittelbar und absolut offenbar wird, können diejenigen
Momente, welche nicht sofort notwendig gedacht werden, sondern sich im
allgemeinen erst nur denken lassen, ohne daß ihre concrete Bestimmtheit
noch zum Bewußtsein gekommen ist, unter die Kategorie der Möglichkeit
fallen« (Philo(s. d.) Geist. I, 36). Nach TRENDELENBURG beruht die
Möglichkeit auf einem »Vorgreifen des Gedankens« und auf
einer Ergänzung der vorhandenen Bedingungen durch die gedachten (Log.
Unters. II2, 167). W. ROSENKRANTZ bestimmt: »Logisch möglich
ist alles Denkbare, was sich nicht widerspricht, physisch möglich
dagegen nur dasjenige, zu dessen Wirklichkeit die Bedingungen außer
dem Denken gegeben sind« (Wissensch. d. Wiss. I, 134). Möglichkeit
ist eine Kategorie (l.c. II, 224 ff.), eine Nebenkategorie von ()rund und
Folge (l.c. S. 232), eine Kategorie nur des endlichen Denkens (l.c. S.
234). Der Unterschied von Möglichkeit und Wirklichkeit besteht nur
in der Beziehung des Denkens auf die äußere Natur, nicht im
Denken oder in der Natur allein (l.c. S. 231). Nach CHALYBAEUS ist die
Möglichkeit weder nur subjectiv, noch ontologisch, sondern ein Verhältnis
beider Seinsweisen. Das Mögliche ist »das Wißbare oder
Erkennbare« (Wissenschaftslehre S. 233, 237; vgl. BRANISS, Syst.
d. Met. S. 282 f.). Nach PLANCK: sagt[681] »Möglichkeit«
aus, »daß jedes Object bedingt sei durch die Zusammenstimmung
mit dem Vorausgehenden in ihm, so daß auch das im freien Vorstellen
Vorausgesetzte zugelassen sein muß« (Testam. ein. Deutsch.
H. 320). E. v. HARTMANN unterscheidet »logische (passive)«
und »dynamische (active)« Möglichkeit. »Die erstere
bedarf eines Anstoßes, um sich zu entfalten, eines Gegenstandes,
um sich auf ihn anzuwenden, eines Gegensatzes, um mit logischer Betätigung
zu reagieren; die letztere dagegen reagiert von selbst ohne jeden außer
ihr belegenen Anstoß« (Kategorienlehre S. 357). G. SPICKER
definiert: »Logisch möglich ist alles, was sich selbst nicht
widerspricht; metaphysisch möglich, was in dem letzten Grund potentiell
vorhanden ist« (Vers. ein. neuen Gottesbegr. S. 162). Nach HAGEMANN
ist das Mögliche »das Denkbare oder Widerspruchslose«.
»Die Abwesenheit des Widerspruchs macht die innere oder absolute
Möglichkeit aus.« Das Vorhandensein eines Grundes oder einer
Ursache, welche das an sich Mögliche zu verwirklichen vermag, macht
die äußere oder relative Möglichkeit aus. »Das absolut
Mögliche oder das Denkbare macht das metaphysisch Mögliche aus,
und dieses umfaßt den Kreis dessen, was durch Gott, die unendliche
Ursache, verwirklicht werden kann. Das relativ Mögliche teilt man
ein in das physisch und das moralisch Mögliche. Ersteres ist dasjenige,
was durch die Kräfte der Natur verwirklicht werden, letzteres dasjenige,
was nach dem. regelmäßigen Laufe der Weltereignisse geschehen
kann« (Met 2, S. 14 f.). Nach G. H. LEWES ist Möglichkeit »the
ideal admission as present of absent factors: it states what would be the
fact, if the requisite factor were present« (Probl. of Life and Mind
I, 397). Nach FR. SCHULTZE ist für uns möglich »das Erfahrbare,
d.h. alles, was den Bedingungen der menschlichen Erfahrungsfähigkeit
nicht widerspricht« (Philo(s. d.) Naturwissensch II, 345 f.). Unmöglich
für uns ist alles Außerräumliche, Außerzeitliche,
Außerursächliche, Außerempfindliche (l.c. S. 346). Nach
SIGWART ist logisch möglich, »was weder zu bejahen noch zu verneinen
notwendig« (Log. I2, 231 ff., 244, 265 ff.). SCHUPPE erklärt:
»Möglichkeit (Können) hat nur den Sinn eines bestimmten
Verhältnisses unter genannten Qualitäten als solchen, daß
a allerdings weder gerade c noch d noch e fordert und auch keines durch
sich selbst ausschließt, aber daß es doch um seiner Natur willen
durchaus eines von ihnen fordert, daß sowohl c als auch d als auch
e ein a fordern, in seiner Anwesenheit also eine Bedingung ihres Erscheinens
haben« (Log. S. 67). »Behauptung von Möglichkeit meint
also ein gesetzliches Verhältnis unter Qualitäten, nicht die
Existenz einer Bedingung« (l.c. S. 68). Das »Mögliche«
bezeichnet nur bestimmte Relationen innerhalb des Notwendigen (l.c. S.
133; vgl. Erk. Log. X; Grdz. d. Eth. S. 63 ff.). Nach SCHUBERT-SOLDERN
ist reine Möglichkeit dies, »da, erfahrungsgemäß,
nichts hindert, irgend eine Tatsache oder einen Complex von Daten mit andern
Daten verbunden zu erwarten, ohne deswegen aber auch einen Grund für
positive Erwartung dieser Verknüpfung angeben zu können«
(Gr. ein. Erk. S. 231 f.). Nach J. V. KRIES bedeutet in vielen Fällen
die Möglichkeit eines Ereignisses nur dessen Ungewißheit. Objectiv
möglich aber ist das Eintreten eines Ereignisses unter gewissen ungenau
bestimmten Umständen, »wenn Bestimmungen dieser Umstände
denkbar sind, welche gemäß den factisch geltenden Gesetzen des
Geschehens das Ereignis verwirklichen würden« (Vierteljahrsschr.
f. wiss. Philos. 12. Bd., S. 180 f.). Nach B. ERDMANN ist Möglichkeit
»lediglich eine Bestimmung des Gedachtwerdens« (Log. I, 382).
Nach HÖFLER negieren wir durch die Behauptung der Möglichkeit
»das Bestehen einer [682] Unverträglichkeits-Relation«
(Grundl. d. Log. S. 76). R. AVENARIUS erklärt: »Verlegt sich
das Können auf das, denkbare Künftige selbst, so erscheint dieses
nicht mehr als etwas, das gedacht werden kann, sondern als etwas, welches
sein kann, und d.h. in der Modification des Möglichen« (Krit.
d. r. Erfahr. II, 121). Nach G. SIMMEL ist »Möglichkeit«
»die gedankenmäßige Anticipation einer künftigen
Entwicklung« (Einl. in d. Mor. II, 220); sie drückt »die
Unvollständigkeit der Einsicht in die Gründe der Wirklichkeit«
aus, mit der sie sachlich zusammenfällt (l.c. I, 38). Vgl. Modalität,
Notwendigkeit, Vermögen."
Quelle: Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe,
Band 1. Berlin 1904, S. 679-683.
Permalink: https://www.zeno.org/nid/20001795511
Möglich ist, was wirklich sein kann.
Versteht man aber ›existieren‹ im Sinn von ›etwas Wirkliches sein‹
(und nicht bloß im Sinne von ›überhaupt etwas sein‹), dann ist
alles, was existiert, möglich; denn alles, was existiert – d. h. nun:
etwas Wirkliches ist –, kann offensichtlich etwas Wirkliches sein, ist
also möglich (wäre es nicht möglich, so könnte es nicht
etwas Wirkliches sein, wäre also gewiss nichts Wirkliches, existierte
also nicht). Der Sachverhalt, dass 2 plus 2 gleich 5 ist, und die Eigenschaft,
ein rundes Quadrat zu sein, sind bei dieser zweiten Deutung von ›existieren‹
keine Gegenbeispiele zu ›Alles, was existiert, ist möglich‹; denn
obwohl sie durchaus überhaupt etwas sind, so sind sie doch nichts
Wirkliches; sie existieren also in diesem (letzteren) Sinne nicht.
Quelle S. 531: Meixner, Uwe (2020) 65.1 Möglichkeit
und Existenz in (531-538) Urbich, Jan & Zimmer, Jörg (2020, Hrsg)
Handbuch der Ontologie.
Zeitreisen sind möglich
"Raum und Zeit : Sind Zeitreisen möglich?
" ..." [faz 09.04.2010]
"Warum uns mit dem Alter Wörter schlechter einfallen
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korrigiert: Rechtschreibprüfung 03.07.2021