Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=23.12.2022 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 14.08.23
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis bei Philipp Lersch

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zum Geleit:
    _

    "... Nun müssen diejenigen, 
    welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, 
    etwas voneinander verstehen; 
    denn wie könnte denn,
    wenn dies nicht stattfindet,
    ein gegenseitiger Gedankenaustausch (...)
    möglich sein? 
    Es muß also jedes Wort (...) bekannt sein
    und etwas, und zwar eins
    und nicht mehreres, bezeichnen;
    hat es mehrere Bedeutungen, 
    so muß man erklären, 
    in welcher von diesen man das Wort gebraucht. ..."

    Aus: Aristoteles (384-322) Metaphysik. 11. Buch, 5 Kap., S. 244 
    (Rowohlts Klassiker 1966)

    Leider verstehen viele Philosophen, Juristen, Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaftler auch nach 2300 Jahren Aristoteles immer noch nicht, wie Wissenschaft elementar funktionieren muss: Wer wichtige Begriffe gebraucht, muss sie beim ersten Gebrauch (Grundregeln Begriffe) klar und verständlich erklären und vor allem auch referenzieren  können, sonst bleibt alles Schwall und Rauch (sch^3-Syndrom). Wer über irgendeinen Sachverhalt etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, wie er diesen Sachverhalt begrifflich fasst, auch wenn dies manchmal nicht einfach ist. Wer also über Gewissheit etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, was er unter "Gewissheit" verstehen will. Das ist zwar nicht einfach, aber wenn die Philosophie eine Wissenschaft wäre und und die PhilosophInnen Aristoteles ernst nehmen würden, dann hätten sie das in ihrer 2300jährigen Geschichte längst zustande bringen müssen. Im übrigen sind informative Prädikationen mit Beispielen und Gegenbeispielen immer möglich, wenn keine vollständige oder richtige Definition gelingt (Beispiel Gewissheit  und  Evidenz). Begriffsbasis  Damit werden all die Begriffe bezeichnet, die zum Verständnis oder zur Erklärung eines Begriffes wichtig sind. Bloße Nennungen oder Erwähnungen sind keine Lösung, sondern eröffnen lediglich Begriffsverschiebebahnhöfe. Die Erklärung der Begriffsbasis soll einerseits das Anfangs- problem  praktisch-pragmatisch und andererseits das  Begriffsverschiebebahnhofsproblem  lösen.


    Inhaltsübersicht
    Lersch Aufbau der Person
      Zum Geleit.
      Editorial.
      Zusammenfassung-Lersch-Aufbau der Person.
          Fazit:
          Schichtentheorie.
          Erlebens- und Erlebnisbegriff.
          Sachregistereinträge Erleben und Erlebnis.
      Einige wichtigere Fundstellen im Kontext:
          11ff: "b) DER FUNKTIONSKREIS DES LA11e1ERLEBENS
           91: "d) DAS LA91e1ERLEBEN DES LEBENSGRUNDES
           113: "d) Der LA113E1Erlebnisdrang
      Literatur * Links * Coyright & Zitierung * Querverweise * Änderungen.
      Glossar, Anmerkungen und Endnoten: endothym * Endothymer Grund * Lebensgrund * Leib-Seele-Einheit * Nazi, Wikipedia Fehlleistung * Schichtentheorie * Seele und Welt * Wissenschaftliche Mängel der PsychologInnen *




    Editorial: Lersch war - auch ohne Parteimitgliedschaft - ein übler Nazi  und keineswegs nur ein Mitläufer, wie die Spruchkammer falsch bewertete, aber er war auch ein beachtlicher Psychologe (Mit-Herausgeber des Handbuchs der Psychologie), wie seine Werke und insbesondere der Aufbau der Person - trotz grundsätzlicher wissenschaftlicher Mängel, die er mit den meisten PsychologInnen teilt  - zeigen.


    Zusammenfassung-Lersch-Aufbau:
    Erleben und Erlebnis sind zentrale und grundlegende Begriffe bei Lersch, wie schon die 110  Sachregisterverweise  zum Erleben und die 80 zum Erlebnis zeigen:

    Fazit: Lersch unterscheidet ohne genaue Erklärung und Spezifizierung:

    • "Der endothyme Grund ist also eine tiefste und innerste Sphäre des LA93e1Erlebens"
    • "Die Rede vom Funktionskreis des LA15e6Erlebens kennzeichnet einen Prozeß, einen Ablauf."
    • Die drei Hauptmerkmale des Erleben sind (weitgehend allgemein-abstrakt):
      • Erleben der Umwelt: "Jedenfalls ist das Vernehmen, die Begegnung mit der Welt, das Weltinnewerden einer der Angelpunkte des LA12e4Erlebens überhaupt."
      • Erleben eines Dranges: "Dranghafte Regungen sind es also, die wir dem Bemerken, dem Weltinnewerden als zweites Grundmerkmal des LA13e3Erlebens anzureihen haben. "
      • "Im Angemutetwerden [>15] ist also ein drittes Glied jenes ganzheitlichen Vorgangs anzuerkennen, den LA15e1Erleben bezeichnen."
      Diese Ausführungen geben keine klare Definitionen von Erleben und Erlebnis, die Begriffsbasis ruht auf Treibsand und Nebel, z.B. der Begriff "angemutet sein". Mit solchen schwammigen und unklaren Begriffen lässt sich keine vernünftige Wissenschaft und Psychologie betreiben (>Zum Geleit).
    • Die unklare und schwammige Terminologie wird in den späteren Kapiteln, z.B. "3. Abschnitt Der Außenbereich des Erleben" auch nicht besser.
    • Viele Meinungen und Behauptungen (sogar Gesetze: "Gesetz des integrativen Zusammenhangs", "Gesetz der Kommunikation"), keine Belege, keine Anwendungsbeispiele.


    Seine Auffassung von Erleben und Erlebnis ist eingebettet in seine Schichtenpsychologie der Person, auf die ich daher zunächst eingehe:

    Schichtentheorie

      "Unter Lebensgrund verstehen wir das Insgesamt der organischen Zustände und Vorgänge, die »ich in unserem Leibe abspielen. Er ist also noch gar keine psychische, sondern - ontisch betrachtet - eine vorpsychische, dem LA80e1Erleben vorgeordnete Wirklichkeit. Wir wissen aber, daß das, was wir LA80e2„Erleben“  nennen, die notwendigen, wenn auch nicht ausschließlichen Bedingungen seiner Möglichkeit in gewissen Vorgängen des organischen Leibgeschehens hat"

      "Wenn wir nun vom Lebensgrund aus im Sinne des Schichtenaufbaus weitergehen zu der gesamten auf ihm aufruhenden Welt des LA92e1Erlebens, den mannigfaltigen und wechselnden seelischen Vorgängen, Inhalten und Zuständen, von denen wir aus der unmittelbaren Erfahrung wissen, dann betreten wir zunächst den schon genannten Bereich der endothymen LA92E1Erlebnisse, der Stimmungen und Gefühle, der Affekte und Gemütsbewegungen, der Triebe und Strebungen. ...
      ... Die endothymen Gehalte unseres LA93e1Erlebens stellen somit nach dem Zeugnis der Selbstbesinnung eine besondere Schicht dar, die wir als den endothymen Grund bezeichnen. Wenn damit ein neuer Begriff eingeführt wird, so geschieht dies nicht aus einer launischen Vorliebe für die Verdunkelung einfacher Sachverhalte durch ein Fremdwort, sondern aus einer sachlichen Notwendigkeit. Denn sowohl die deutschen Wörter „Gefühl“ und „Gemüt“ als auch die wissenschaftlichen Begriffe „emotional [>93] und „affektiv“ reichen nicht aus, die ganze Mannigfaltigkeit dessen zu erfassen, was - wie wir sehen werden - mit der Rede vom endothymen Grund gemeint ist.
      Der endothyme Grund ist also eine tiefste und innerste Sphäre des LA93e1Erlebens, sofern wir es phänomenologisch betrachten. Im Gesamtaufbau der menschlichen Person ist ihm der Lebensgrund vorgeordnet, auf dem ja alles LA92e2Erleben aufruht."


    Am Schichtentheoriekonzept ist im Grundsatz nichts auszusetzen, wobei aber die fehlenden wissenschaftliche Begründungen, Belege und Beweise zu bemängeln sind, woran auch die gesamte alte wie neue Psychologie krankt. Lersch gibt keine Beispiele und bleibt sehr allgemein-abstrakt, z.B. bei den "endothymen Erlebnissen", das ist keine gute wissenschaftliche Praxis. Er hat damit auch keinen "neuen Begriff" eingeführt, wie er meint, sondern nur ein neues Wort (>Zum Geleit).

    Erlebensbegriff
    S.11 taucht der Begriff des Erlebens erstmal im Titel auf: 11ff: "b) DER FUNKTIONSKREIS DES LA11e1ERLEBENS.... "
        "Der Tatbestand des Seelischen ist erst dort gegeben, wo in lebendigen Gebilden das Leben gleichsam von innen erhellt wird durch das, was wir mit einem möglichst neutralen und allgemeinen Begriff umschreiben wollen, nämlich demjenigen des LA12e1Erlebens, Wie es notwendig war, die Grundmerkmale des Lebens aufzuzeigen, so ist jetzt die Frage zu beantworten, was denn gegeben sein muß, damit der Tatbestand des LA12e2Erlebens zustande kommt."

      Kommentar11: Erleben wird hier zwar erwähnt, aber nicht definiert, erklärt oder näher beschrieben, auch nicht durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis. "von innen erhellt" gehört mehr zur Dichtung als zur Wissenschaft.


    Erleben der Umwelt: "Hier ist nun zuerst zu sagen, daß LA12e3Erleben überall dort vorliegt, wo die Kommunikation des Lebewesens mit der Umwelt von einem Bemerken, einem Vernehmen, einem Innewerden begleitet ist. Dieses Bemerken ist nicht zu verstehen in dem eingeschränkten rationalistischen Sinne des Erkennens von Gegenständen, sondern in einem viel allgemeineren Sinne, nämlich als Innewerden von Ausschnitten der umgebenden Welt im Sinne bestimmter, wenn auch noch so diffuser Bedeutungskomplexe."

      Kommentar12bemerken: Erleben wird auf die  Begriffsverschiebebahnhöfe  "bemerken, vernehmen, innewerden" verschoben.


    S.13 führt er den Begriff "Wachheit des Bemerkens" ohne nähere Erklärungen ein. Völlig unvermittelt postuliert er auch ein "Gesetz der Kommunikation", das im sonst gründlichen Sachregister nicht erwähnt wird. Das zeigt einen sehr leichtfertigen Umgang mit dem Prinzip Wissenschaft.

    Sachregister:  110 Erleben, 80 Erlebnis.
    Einträge [f:=2, ff=3 gewertet, S:= Summe fortlaufend aufsummiert zur Zählerleichterung ]

        Erleben  15 ff, 302, 547, 549 ff  [8, S=8]

      Aktualitätsstufen des -s .. 530 ff  [3, S=11]
      Ansprechbarkeit des -s 257 ff, 259, 273, 445  [6, S=17]
      ästhetisches 109  [1, S=18]
      Aufbau des -s 77 ff  [3, S=21]
      Außenbereich des -s 302 ff, 313, 411, 438 ff  [8, S=29]
      biologische Thematik des -s .. .. 31  [1, S=30]
      Funktionskreis des -s 11 ff, 17 ff, 34, 79, 180, 261, 262, 302 ff, 313, 406f, 413, 427, 441 ff  [22, S=52]
      Geistige Thematik des -s .... 32  [1, S=53]
      Innenbereich des -s ,. .. 303 ff, 313  [4, S=57]
      Kernbereich des -s 535 [1, S=58]
      künstlerisches .. 236, 237 f, 241, 258 Leben und -   . 15 f, 549 ff  [10 S=68]
      Nach-  220 f  [2, S=70]
      Randzone des -s  535  [1, S=71]
      reflektiertes      .. -. 532  [1, S=72]
      religiöses 239 f, 241, 242, 298, 301, 397, 568   [8, S=80]
      schlichtes .. 530 f, 533, 540 ff, 545  [8, S=88]
      sprachfähiges   380, 381 ff  [4, S=92]
      Tatbestand des -s  12 f  [2, S=94]
      Tiefe des -s 258 ff, 357, 445, 506
      Traum-   476 ff, 495  [10, S=104]
      Wachheit des -s   16  [1, S=105]
      Zeitlichkeit des -s .. 26 ff, 302, 353  [5, S=110]


        Erlebnis (-se]  80 Einträge [f:=2, ff=3 gewertet]

      Aha-  425 [1, S=1 ]
      Anmutungs- .. .. 181f, 183f, 186   [4, S=5]
      Antriebs - s. Antriebserlebnisse 93 ff, 393, 428, 429, 441 [7, S=12]
        Arten der -102 ff  [3, S=15]
           - des individuellen Selbstseins 103, 117 ff, 170  [5, S=20]
           Mannigfaltigkeit der - 171 ff  [3, S=23]
           Spezifizierung und Bedeutung der - 96 ff, 102 ff  [4, S=27]
           s. auch Strebungen [kein Erleben/Erlebnis zugeordnet]
           - des Über-sich-hinaus-seins 104 f, 143 ff, 170 [6, S=33]
            Wesen und Bedeutung der - 94 ff  [3, S=36] ]
      Begriff des -s   113, 254 [2, S=38; 113 254 beschränkt sich auf Gefühle]
      -begriffe   36 [1, S=39]
      Bekanntheits - 355 [1, S=40]
      -bereich   254, 444 [2, S=42]
      -drang s. Drang
        Drangerlebnis 113 ff, 161, 256, 518  [6, S=48]
      endothymes 429, 430, 438, 441, 472 f, 486 f  [8, S=56]
      - fähigkeit  178, 254 ff, 257  [5, S=61]
      Gefühls-   260, 507  [2, S=63]
      -impotenz .. .. 290, 506, 518, 521  [4, S=67]
      Klassifikation der - 33 f  [2, S=69]
      -nachbild   60  [1, S=70]
      Minderwertigkeits- .. .. 213, 291  [2, S=72]
      - des Scheiterns 251  [1, S=73]
      Systematik der -  33 f  [2, S=75]
      - unfähigkeit .. .. 179, 255 ff, 518  [5, S=80]


    Ende der Zusammenfassung



    Einige wichtige Fundstellen im Kontext

    11ff: "b) DER FUNKTIONSKREIS DES LA11e1ERLEBENS
    Die Besinnung auf die besonderen Merkmale des Lebens war notwendig, weil das, was wir aus der unmittelbaren Erfahrung als seelische Vorgänge und Zustände kennen, immer nur bei Lebewesen zu finden ist, das Leben also das umgreifende Ganze darstellt, in das die psychischen Vorgänge und Zustände [>12] nicht ausschließlich daraus verständlich zu machen ist, daß alle beseelten Wesen, insonderheit auch der Mensch, den Gesetzen des Lebens unterstehen. Trotzdem ist, jedenfalls empirisch genommen, das Psychische nicht identisch mit dem Leben. Wenn auch alles Beseelte lebendig ist, so ist noch keineswegs alles Lebendige beseelt. Der Tatbestand des Seelischen ist erst dort gegeben, wo in lebendigen Gebilden das Leben gleichsam von innen erhellt wird durch das, was wir mit einem möglichst neutralen und allgemeinen Begriff umschreiben wollen, nämlich demjenigen des LA12e1Erlebens, Wie es notwendig war, die Grundmerkmale des Lebens aufzuzeigen, so ist jetzt die Frage zu beantworten, was denn gegeben sein muß, damit der Tatbestand des LA12e2Erlebens zustande kommt.
    Hier ist nun zuerst zu sagen, daß LA12e3Erleben überall dort vorliegt, wo die Kommunikation des Lebewesens mit der Umwelt von einem Bemerken, einem Vernehmen, einem Innewerden begleitet ist. Dieses Bemerken ist nicht zu verstehen in dem eingeschränkten rationalistischen Sinne des Erkennens von Gegenständen, sondern in einem viel allgemeineren Sinne, nämlich als Innewerden von Ausschnitten der umgebenden Welt im Sinne bestimmter, wenn auch noch so diffuser Bedeutungskomplexe. So vernimmt das weibliche Tier den Lockruf des männlichen, das dürstende Tier bemerkt das Wasser. Für jedes beseelte Lebewesen gibt es Ausschnitte der umgebenden Welt, deren es inne wird, in elementarster Form als Nahrung und Beute, als Bedrohung und Gefahr. Auf den verschiedenen Entwicklungsstufen seelischen Lebens bzw. in den verschiedenen Schichten des entwickelten Seelenlebens vollzieht sich das Bemerken als Innewerden bildhafter Eindrücke, als bewußte Wahrnehmung und als denkendes Erfassen. Jedenfalls ist das Vernehmen, die Begegnung mit der Welt, das Weltinnewerden einer der Angelpunkte des LA12e4Erlebens überhaupt. Es dient der Orientierung in der Umwelt, mit der das Lebewesen durch das Gesetz der Kommunikation verbunden ist. So sieht auch Rothacker „eine elementare Tatsache des Seelischen“ darin, „daß alle beseelten Lebewesen mit Hilfe bestimmter psychischer Prozesse mit ihrer Umgebung Kontakt gewinnen, daß sie in LA12e5erlebende und praktische Kommunikation und in Wechselverkehr mit ihr treten, daß sie auf ein Außen sich beziehen, auf ein anderes sich hin wenden, irgend einem anderen und äußeren zugewandt und auf dieses bezogen sind und so zu mehr oder weniger primitiven Formen des Habens von gegenständlichen LA12E1Erlebnissen, des Wissens von etwas, des Gewahrens von etwas, der Kenntnisnahme gelangen, d. h. daß sie perzeptive Prozesse vollziehen“.1)
        Die Erfahrung zeigt nun, daß das, was der beseelte Lebensträger bemerkt, keine automatenhafte, passiv-spiegelbildliche Wiedergabe der Welt ist, sondern eine Auslese aus der tatsächlichen objektiven Reizfülle. Der Biologe v. Uexküll unterscheidet deshalb zwischen Umgebung und Umwelt. Umgebung nennt er das Insgesamt dessen, was im Sinne der Naturwissenschaft an [>13] objektiven Gegenständen und Vorgängen im Lebensraum des Individuums vorhanden ist, unter Umwelt dagegen versteht er das, was von dieser Außenwelt im LA13e1Erleben des Individuums durch Vermittlung seiner Auffassungs-Organe in die Wachheit des Bemerkens gehoben wird. „Ein Seeigel z. B. hat Lichtempfindliche Organe; er sitzt in seinem Loch im Felsen. Auf jeden Schatten, der darauf fällt, reagiert er als Feind, dem er seine Stacheln entgegestreckt." [FN1)] Seine Umwelt ist also vorwiegend eine Welt von Schatten und Nichtschatten. Für die Stubenfliege dagegen ist die Umwelt aufgebaut aus Bewegung und Nichtbewegung. „So ist also die Umwelt eines beseelten Organismus, die ihm zugehört, die ihm erschlossen ist ... seine Eigenwelt, und eine andere hat er nicht.“ [FN2)]

      Kommentar13-1: Woher will Lersch das wissen? > Nagel: Wie ist es eine Fledermaus zu sein?
        In der Tatsache derartig spezifischer Umwelten kommt zum Ausdruck, daß das Insgesamt des innerweltlich Bemerkten immer bedingt ist durch die Bedürfnisse, mit denen das Lebewesen nach dem Gesetz der Kommunikation an die Umwelt gebunden ist, um zur Entfaltung seiner Möglichkeiten zu gelangen und die Erhaltung seines Daseins zu sichern. Diese dem Bauplan des Lebewesens entspringenden Bedürfnisse sind es, die gewisse Ausschnitte der Umwelt in die Wachheit des Bemerkens heben. Alles andere bleibt abgeblendet, es ist für das Lebewesen nicht vorhanden, es gehört nicht zu seiner Umwelt.
        Die Bedürfnisse, durch die der beseelte Lebensträger an die Welt gebunden ist und diese in gewissen Ausschnitten in die Wachheit des Bemerkens gehoben wird, melden sich dem LA13e2Erleben in der Form des Dranges. Dranghafte Regungen sind es also, die wir dem Bemerken, dem Weltinnewerden als zweites Grundmerkmal des LA13e3Erlebens anzureihen haben. Der Drang erscheint auf den verschiedenen Entwicklungsstufen seelischen Lebens als Trieb, als Begierde oder als Strebung. Jeder Drang hat ein Thema des Bedürfens - gleichviel, ob  es sich um rein vitale, seelische oder geistige Bedürfnisse handelt. Die Thematik der Bedürfnisse charakterisiert die verschiedenen Daseinsstufen, die das seelische Leben
      Kommentar13-2: Was soll das sein: "Daseinsstufen"? Der Ausdruck wird im Sachregister auch nicht ausgewiesen.


    durchläuft. Aber immer sind die Bedürfnisse wirksam als ein Fragen und Suchen, das sich wie mit tastenden Fühlern schon vor allem Bemerken in die Umwelt hinein erstreckt. Das Bemerken aber ist die Antwort, die die in jedem Trieb und jeder Strebung mitschwingende, natürlich vorsprachliche, unformulierte und meist auch vorbewußte Frage in der Welt findet. Der Drang des Suchens liegt also dem Weltinnewerden zugrunde, er fundiert es, er ist es, der das Bemerken steuert.
        Mit der Ausgliederung der Vorgänge des Welt innewerdens, und der dranghaften Regungen des Suchens ist ein zweipoliges Grundschema aufgewiesen, innerhalb dessen sich das seelische Leben vollzieht. Der eine Pol ist der gegenständliche Horizont einer Umwelt, an die der beseelte Lebensträger nach dem Gesetz der Kommunikation gebunden ist, der andere Pol eine ungegenständliche Lebensmitte, aus der heraus sich die Erlebnisse des Dranges in die Umwelt hinein erstrecken." [>14]

      Kommentar13-3: "ungegenständliche Lebensmitte" Was soll das denn sein? "Lebensmitte" wird auch nicht im Sachregister geführt.
        Nun endet aber das LA14e1Erleben nicht im Weltinnewerden, sondern es kehrt wieder zur Lebensmitte zurück. Das, was im Horizont der Umwelt aus der Thematik der Bedürfnisse in die Wachheit des Bemerkens gehoben wird, ist für dasLA14e2Erleben immer getönt als Wert oder Unwert, es ist behaftet mit dem Charakter der Bedeutsamkeit, es hat für das LA14e3Erleben eine Valenz. Wenn dagegen eingewendet wird, daß wir doch vieles bemerken, was uns gleichgültig ist, so ist darauf zu antworten, daß allerdings die Gewohnheit den Charakter der Bedeutsamkeit des innerweltlich Bemerkten immer mehr zum Verblassen bringt. Aber das erste Entdecken, das dem wiederholten, gleichgültig gewordenen Bemerken vorausgeht, ist immer mit Bedeutsamkeit erfüllt, und sei es

    auch nur im Sinne des Interessanten und Wissenswerten. Ein Blick auf die Leidenschaft, mit dem das Kind seine Entdeckungen in der Umwelt macht an Dingen, die für den Erwachsenen durch die Gewohnheit weitgehend ins Gleichgültige und Bedeutungslose verblaßt sind, genügt, um sich davon zu überzeugen, daß alles innerweltlich Bemerkte ursprünglich mit dem Charakter der Bedeutsamkeit behaftet ist. LA14e4Erlebt aber wird die Bedeutsamkeit immer in der Innerlichkeit der Lebensmitte als ein angemutet werden. So sind die LA14E1Erlebnisse der Bedeutsamkeit in den seelischen Vollzügen des Angemutetwerdens die Rückmeldungen über das im Horizont der Umwelt Bemerkte an die Lebensmitte, von der die dem Bemerken zugrundeliegenden dynamischen Regungen des fragenden Suchens ausgegangen sind. Im Angemutetwerden [>15] ist also ein drittes Glied jenes ganzheitlichen Vorgangs anzuerkennen, den LA15e1Erleben bezeichnen.
        Mit den Vollzügen des Angemutetwerdens ist nun unlösbar ein letztes des LA15e2Erlebens gekoppelt: das wirkende Verhalten zu der im Bemerken erschlossenen Welt. In ihm entwirft sich der beseelte Lebensträger ein zweites Mal auf den Horizont der Welt, wie er es zum ersten Mal im fragenden Suchen der Triebe und Strebungen getan hat. Kommen diese aus einer Spannung von Bedürfnissen, so zielt das wirkende Verhalten darauf ab, diese Spannung zur Lösung zu bringen. So bemerkt das hungrige Tier die Nahrung als eine Profilierung  dessen, was es sucht, im Reizfeld seiner Umwelt. Zugleich wird es von dem Bemerkten angemutet im Sinne einer LA15e3erlebten Bedeutung, woraus das wirkende Verhalten, das Schnappen nach der Nahrung und ihr Verschlingen resultieren.
        «Wie schon aus der gegebenen Darstellung hervorgeht, stehen die seelischen Vollzüge des Dranges, des Weltinnewerdens, des Angemutetwerdens und des wirkenden Verhaltens nicht isoliert nebeneinander, sondern sie durchdringen einander und machen in ihrem Zusammenwirken ein Ganzes aus, das wir als Funktionskreis des LA15e4Erlebens bezeichnen. Sein hier entworfener Grundriß ist lediglich ein Elementarschema des seelischen Lebens (vgl. Abb. 1), an dem jedoch klar zu erkennen ist, wie das LA15e5Erleben umspannt wird von zwei dynamischen Ästen, dem dranghaften Suchen und dem wirkenden Verhalten, die beide auf die Welt gerichtet sind und die Urbeziehung zwischen Seele und Welt unverkennbar zum Ausdruck bringen.
        Die Rede vom Funktionskreis des LA15e6Erlebens kennzeichnet einen Prozeß, einen Ablauf.  Streben, Bemerken, Angemutetwerden und wirkendes Verhalten sind seelische Vorgänge, die sich zwischen den Polen des beseelten Lebensträgers und der Welt vollziehen. Das damit gegebene Modell des LA15e7Erlebens ist aber erst dann vollständig, wenn erkannt wird, daß der ganzheitliche Prozeß des seelischen Kreislaufes eingebettet ist in etwas, das selbst nicht mehr Prozeß ist, in eine dem LA15e8Erleben mitgegebene Gesamtbefindlichkeit des Zumute- seins, der seelischen Gestimmtheit. Diese Gestimmtheit, die je und je das LA15e9Erleben begleitet und recht eigentlich trägt, ist der relativ stationäre diffuse Hintergrund, von dem sich die Vollzüge des Strebens, des Bemerkens, des Angemutet werdens und des wirkenden Verhaltens abheben. Sie ist die Weise, der die Ganzheit des in Teilinhalten und Teilvollzügen ausgefächerten LA15e10Erlebens erfahren wird.

    Lebensgrund
    80: "Unter Lebensgrund verstehen wir das Insgesamt der organischen Zustände und Vorgänge, die »ich in unserem Leibe abspielen. Er ist also noch gar keine psychische, sondern - ontisch betrachtet - eine vorpsychische, dem LA80e1Erleben vorgeordnete Wirklichkeit. Wir wissen aber, daß das, was wir LA80e2„Erleben“  nennen, die notwendigen, wenn auch nicht ausschließlichen Bedingungen seiner Möglichkeit in gewissen Vorgängen des organischen Leibgeschehens hat."

    91: "d) DAS LA91e1ERLEBEN DES LEBENSGRUNDES
    Wenn nun in der dargestellten Weise das seelische LA91e2Erleben auf dem Grund des leiblichen Organgeschehens aufruht, so kommt uns dies nur unter bestimmten Bedingungen und niemals in seinem vollen Umfang „zum Bewußtsein1*. Vor allem besteht hier ein Unterschied zwischen der vitalen und der kortikalen Person. Die leiblichen Vorgänge und Zustände der Vitalperson werden in ihrer Leiblichkeit von uns in höherem Grad LA91e3erlebt als diejenigen der Kortikalperson; so in den leiblichen Gefühlen (Vitalgefühlen) der Frische und Mattigkeit, des Behagens und des Unbehagens, des Schmerzes bei Verletzungen und Krankheit, als Hunger, Durst und Sättigung, als geschlechtliche Wollust, als Gefühl der Gesundheit und Krankheit. In all diesen LA91E1Erlebnissen ist der Zusammenhang unseres LA91e4Erlebens mit der Leiblichkeit des Lebensgrundes unmittelbar gegeben, wenn auch oft nur in einem dumpfen Innesein und meist nur dann, wenn die Zustände und Vorgänge unserer leiblichen Organe außerhalb eines normalen Gleichgewichts liegen. Vor allem Störungen dieses Gleichgewichts machen sich seelisch in bestimmten Vitalgefühlen bemerkbar.
        Auch in den höheren Gefühlen ist unserem LA91e5Erleben der psychosomatische Zusammenhang mitgegeben. In der Trauer LA91e6erleben wir die Mattigkeit und Schwere der Glieder, in der Freude ein sich Weiten der Brust, in der Furcht das Zittern der Glieder, in der Angst eine Beengtheit der Brust und des Herzens.
        Im Unterschied nun zu den leiblichen Vorgängen und Zuständen des vegetativen Nervensystems zeigen sich diejenigen des Kortikalsystems unserem LA91e7Erleben in viel geringerem Grade unmittelbar als solche der organischen Leiblichkeit, des Lebensgrundes an. Beim Ablauf unserer Vorstellungen und Gedanken merken wir nichts von der Leiblichkeit der sie begleitenden gehirnphysiologischen Vorgänge. Erst dann, wenn wir unser Gehirn über ein gewisses Maß beanspruchen, „brummt uns der Schädel“ oder es stellen sich Kopfschmerzen ein. Tatsächlich aber reichen die Zusammenhänge zwischen seelischen Vorgängen und Kortikalsystem viel weiter als wir dessen unmittelbar innewerden. Es wird später ausführlich davon die Rede sein, daß wir uns auch die Wirksamkeit des Gedächtnisses nur vorstellen können als Umstimmungen des Lebensgrundes. Wenn das Gedächtnis in Form von Lebensgewohnheiten, Erfahrungen und erworbenem Wissen zum Gesamtzustand [>92] dessen gehört, was wir jeweils sind, wenn im Gedächtnis unsere ganze Vergangenheit dem Lebensgrund „eingeinnert“ ist und von hier aus unser aktuelles LA92e1Erleben mitbestimmt, so zeigt sich gerade hieran, in welchem Umfange unser LA92e2Erleben auf dem Lebensgrund aufruht. Dasselbe gilt für alle Anlagen seelischen Seins, mit denen das menschliche Individuum von der Natur ausgestattet ist, Sie werden als Erbe der menschlichen Gattung, der Rasse, des Stammes und der Familie im Lebensgrund, biologisch gesprochen in der physischen Repräsentation der Gene weiter gegeben, um sich im Lauf der Entwicklung als seelisches Sein bestimmter Art zu entfalten.
        So zeigt sich denn, daß unter den mannigfaltigen seelischen Vorgängen und Zuständen, die wir im Begriff des LA92e3Erlebens zusammenfassen, das Leben in einem breiten Strom dahingeht und das Erleben gleichsam auf dem Rücken trägt. Der volle Umfang dessen, was im Lebensgrund vor sich geht, entzieht sich sowohl unserem unmittelbaren LA92e4Erleben als auch unserer mittelbaren wissenschaftlichen Erkenntnis. Denn wir müssen uns - wie schon gesagt - hüten zu glauben, in den anatomisch-physiologischen Bestimmungen schon die Lebensprozesse und Lebenszustände in ihrem eigentlichen Sein erfaßt zu haben. Und auch das, was von den Vorgängen des Lebensgrundes in die Wachheit des LA92e5Erlebens tritt, ist nicht die ganze Fülle dessen, was sich im Lebensgrund vollzieht, sondern immer nur ein Ausschnitt, vergleichbar den beleuchteten Wellenkämmen eines bewegten Meeres. Der Lebensgrund bleibt immer in Tätigkeit, solange der Organismus lebt. Er ist die Basis, auf der auch das LA92e6Erleben aufruht. Ohne die Grundlage des organischen Lebens wäre ein LA92e7Erleben nicht möglich. Wohl aber kann der Lebensgrund existieren, ohne in die Wachheit des LA92e8Erlebens zu treten, wie es im traumlosen Tiefschlaf der Fall ist. So haben wir denn Anlaß, den Lebensgrund als unterste Schicht im Aufbau der Person anzusetzen.

    Endothymer Grund
    92: "Wenn wir nun vom Lebensgrund aus im Sinne des Schichtenaufbaus weitergehen zu der gesamten auf ihm aufruhenden Welt des LA92e1Erlebens, den mannigfaltigen und wechselnden seelischen Vorgängen, Inhalten und Zuständen, von denen wir aus der unmittelbaren Erfahrung wissen, dann betreten wir zunächst den schon genannten Bereich der endothymen LA92E1Erlebnisse, der Stimmungen und Gefühle, der Affekte und Gemütsbewegungen, der Triebe und Strebungen. Sie alle haben das Merkmal der intimen Innerlichkeit; sie sind uns gegeben als ein Innen, als Gehalte eines inhaltlich qualifizierten, zuständlich getönten Kerns, als Erfahrungen eines intimen Bei-sich seins und Aus-sich seins der Seele. Sie haben außerdem vom bewußten Ich her gesehen, das imstande ist, die Vorgänge des Denkens und des zielgerichteten Wollens von [>93] sich aus in Gang zu bringen und zu steuern - den Charakter der Untergründigkeit. Sie tauchen auf aus einem Bereich, der für das bewußte Ich nicht mehr überschaubar und kontrollierbar ist. Sie sind uns gegeben als jeweils besondere Art unseres eigensten seelischen Seins, mit dem wir aus dem rational nicht mehr bestimmbaren Grund des Lebens ins Licht des bewußten persönlichen Daseins hineinragen.
        Die endothymen Gehalte unseres LA93e1Erlebens stellen somit nach dem Zeugnis der Selbstbesinnung eine besondere Schicht dar, die wir als den endothymen Grund bezeichnen. Wenn damit ein neuer Begriff eingeführt wird, so geschieht dies nicht aus einer launischen Vorliebe für die Verdunkelung einfacher Sachverhalte durch ein Fremdwort, sondern aus einer sachlichen Notwendigkeit. Denn sowohl die deutschen Wörter „Gefühl“ und „Gemüt“ als auch die wissenschaftlichen Begriffe „emotional [>93] und „affektiv“ reichen nicht aus, die ganze Mannigfaltigkeit dessen zu erfassen, was - wie wir sehen werden - mit der Rede vom endothymen Grund gemeint ist.
    Der endothyme Grund ist also eine tiefste und innerste Sphäre des LA93e1Erlebens, sofern wir es phänomenologisch betrachten. Im Gesamtaufbau der menschlichen Person ist ihm der Lebensgrund vorgeordnet, auf dem ja alles LA92e2Erleben aufruht."

    113: "d) Der LA113E1Erlebnisdrang
    Der im Menschen wirksame Drang des Lebens, seiner selbst in erlebten Innenzuständen innezuwerden, hat - neben dem Genußstreben und der Libido - noch eine dritte Variante. In derselben Entwicklungsphase, in der die Libido die Form des geschlechtsreifen Sexus annimmt, entfaltet das eine besondere Wirksamkeit, was wir am besten als „LA113E2Erlebnisdrang“ bezeichnen. Der Begriff „LA113E3Erlebnis" verliert hier seine allgemeine Bedeutung. Er ist nicht mehr die Bezeichnung für seelische Inhalte und Vorgänge schlechthin wie in der Rede vom Funktionskreis des LA113e1Erlebens, sondern er figuriert hier als Titel für jene seelischen Inhalte und Vorgänge, die gemeint sind, wenn wir im vorwissenschaftlichen Sprachgebrauch davon reden, es sei uns etwas zum „LA113E4Erlebnis“ geworden. Ziel dieses LA113E5Erlebnisdranges ist es, des lebendigen Daseins im LA113e2Erleben von endothymen Innenzuständen gleichviel welcher Art inne zu werden. Dem LA113E6Erlebnisdrang geht es um das LA113e3Erleben endothymer Innenzustände um ihres sensiblen, erregenden Gehaltes willen. Die Art der Zuständlichkeit, die dabei erstrebt wird, ist dem LA113E7Erlebnisdrang gleichgültig. Ihm bietet die Sensation der Ekstase, des dionysischen Rausches ebenso Erfüllung wie die Sensation des Abenteuers und der Gefahr, ja die Sensation des Schrecklichen und Grauenvollen. Auch der Schmerz kann im LA113E8Erlebnisdrang noch als Sensation genossen werden. So spricht Fr. Schlegel in der „Lucinde“ von den „Vermischungen und Verschlingungen von Freude und Schmerz, aus denen die Wurzel des Lebens und die Blüte der Empfindung hervorgeht, die geistige Wollust und die sinnliche Seligkeit".
        Dieser LA113E9Erlebnisdrang erfüllt sich immer in der Berührung mit der Welt. Dennoch ist er keine Strebung des Über-sich-hinaus-seins. Denn seine Intention geht nicht auf Sinnwerte, auf Inhalte der Welt als in sich bedeutsame Wertsachverhalte und Wertwesenheiten, in denen der Mensch den Horizont [>114]seines Daseins findet, sondern auf Lebenswerte, auf Sensationen, auf den Genuß der Zustände, die durch die Berührung mit der Welt ausgelöst werden und in denen das Dasein sich als subjektive Funktionalität des LA114e1Erlebens wirklich weiß. Das LA114e2Erleben wird hier zum Selbstzweck und Selbstwert. Der LA114E1Erlebnisdrang ist auch kein Tätigkeitsdrang, wenngleich er sich - etwa im Drang zum Abenteuer - mit Tätigkeit verbindet. Er ist - auf sein eigentliches Ziel hin betrachtet - keine expansiv-zentrifugale Bewegung, sondern ein intensiv-zentripetaler Vorgang, kein Ausatmen und Sichauswirken des sich selbst erlebenden Lebens, sondern ein Einatmen und Auf-sich-wirkenlassen. Er zielt ab auf das Innewerden wechselnder intensiver Innenzustände gleichviel welcher Qualität, um in ihnen das Pathos der Lebendigkeit zu erfahren.
        Als seelischer Grundtrieb erweist sich der LA114E2Erlebnisdrang, wie schon gesagt, besonders deutlich im Sturm und Drang der Pubertät. Unter den mannigfachen seelischen Wandlungen, die sich beim Übertritt aus der Kindheit in die Zeit der Reife vollziehen, hebt sich ein leidenschaftlicher LA114E3Erlebnisdrang heraus, was entwicklungspsychologisch damit zusammenhängt, daß der junge Mensch alle Höhen und Tiefen des LA114e3Erlebens durchmessen will, um seinen innersten Kern, die eigentlichen Möglichkeiten seines Seinsgrundes zu finden. Ein charakteristisches Beispiel hierfür ist die von Nohl mitgeteilte Äußerung eines pubertierenden Knaben, der schreibt, er sehne sich „Tag und Nacht danach, ein tief fühlender und denkender Mensch zu werden“ und er „möchte spüren, wie die Gehirnblöcke aneinander krachen und splittern und“ seine „Seele sich aufbäumt und fast zerreißt unter den Eindrücken des Schmerzes und der Freude, während in Wahrheit fast alles, ohne großen Eindruck zu machen, an“ ihm „vorübergeht und es so zahm bei" ihm „zugeht, wie wenn“ er „innerlich an Ketten gebunden wäre, die keine Bewegung zulassen“FN114-1)
        Noch einmal im Verlauf des Lebens, dann nämlich, wenn seine Kurve den Kulminationspunkt überschritten hat und sich der Schwelle des Alters zuneigt, kann der LA114E4Erlebnisdrang eine gesteigerte Kraft entfalten. Ein Beispiel für viele mag die Gestalt der Leila in Galsworthy’s Roman „Ein Heiliger" sein. In dem Bewußtsein, nur mehr eine knapp bemessene Zeit der Möglichkeiten als Frau vor sich zu haben, will sie in einer verspäteten Liebe noch einmal LA114e4erleben, daß sie lebt, und sie will es mit allen Ansprüchen, die eben ein gesteigerter LA114E5Erlebnisdrang in sich trägt.
        Wenn der LA114E6Erlebnisdrang in solcher Weise gerade in verschiedenen Entwicklungsphasen als seelisches Urphänomen in Erscheinung tritt, so ist andrerseits nicht zu übersehen, daß das Maß seiner Wirksamkeit von Mensch zu Mensch sehr verschieden sein kann. Es gibt Naturen, bei denen der LA114E7Erlebnisdrang nur in einem verschwindenden Minimum vorhanden ist. Vor allem gilt dies für den Arbeitsmenschen, den Menschen des Leistungsstrebens, wie überhaupt alle Strebungen des Über-sich-hinaus-seins eine besondere [>115] Wirksamkeit des LA115E1Erlebnisdranges nicht zulassen. Andrerseits gibt es Naturen, für die gerade der LA115E2Erlebnisdrang - gesteigert zum LA115E3Erlebnishunger und zur LA115E4Erlebnisneugier, zur Sensationssucht und Sensationslüsternheit - kennzeichnend ist als das Grundmotiv ihrer Lebensführung und ihres In-der-Welt-seins. Es sind Menschen, für die der Gehalt ihres Lebens sich darin erschöpft, auf der Klaviatur des LA115e1Erlebens in tausend Variationen zu spielen. Es kommt ihnen gar nicht an auf objektive Wertgehalte, die wir im LA115e2Erleben erfahren, sondern auf den rein subjektiven impressionistischen Genuß der Zustandswerte und das in ihnen gelegene Pathos der Lebendigkeit. Die Daseinsformel solcher Menschen der LA115E5Erlebnissucht gibt Byron in den zugleich als Selbstbekenntnis gemeinten Sätzen: „Empfinden“ - gemeint ist das Innewerden endothymer Zuständlichkeiten- „ist der große Sinn unseres Lebens zu fühlen, daß wir leben, selbst in der Pein. Es ist die nagende Leere*), die uns zu Spiel, zu Kriegen und Reisen treibt, zu maßlosen, LA115e3tieferlebten Unternehmungen aller Art, deren größter Reiz die Erregung ist, die unmittelbar aus der Erfüllung quillt.“FN115-1)
        Übrigens kommt die LA115E6Erlebnissucht in zwei grundsätzlich verschiedenen Formen vor und zwar je nach dem Grade der Lebenskraft, mit dem sie sich verbindet. Sie tritt auf sowohl als Äußerung einer elementaren ursprünglichen Vitalität, wie wir sie bei lebensunmittelbaren Naturen finden, als auch bei Menschen brüchig gewordener Lebenskraft. So sieht Nietzsche in der „wollüstigen Ausbeutung des Augenblickes, mit hysterischen Krämpfen und Neigungen zum Furchtbaren“ und im „Bedürfnis nach Reizmitteln“ typische Zeichen der Dekadenz.FN115-2) Es ist bekannt, welche Rolle Narkotika wie Morphium, Opium, Haschisch und Kokain als Stimulanzen im Dienste eines solchen dekadenten Erlebnis- und Reizhungers spielen. Für Menschen des gesteigerten Erlebnisdranges bei brüchig gewordener Lebenskraft ist jenes Abwechslungs- und Umstellungsbedürfnis charakteristisch, für das Kierkegaard die Technik der Wechsel wirtschaft empfiehlt. Da jeder durch die Welt vermittelte Eindruck in seinem zuständlichen Reizwert um so eher erlahmt, je geringer die LA115E7Erlebnisfähigkeit und LA115E8Erlebnistiefe sind, zeigt der Mensch jener dekadenten LA115E9Erlebnissucht einen Mangel an Bodenständigkeit, eine Jagd nach Reizen und Sensationen, die aber wie in ein Faß ohne Boden fallen. So wird sein Dasein allenfalls zu einem Feuerwerk von Impressionen, zu einer Aneinanderreihung von Aphorismen des LA115e3Erlebens, es fehlt ihm an Kontinuität und Ganzheit. Weil er überall und immer das farbige Spiel von Innenzuständen sucht, diese aber allzubald ermatten, hängt auch über ihm - wie über dem Genußmenschen - dauernd das Damoklesschwert der Langeweile. Und so wird es schließlich für ihn zur Aufgabe des Lebens, sich die Langeweile vom Halse zu halten. Das Leben dieser Menschen bewegt sich im Pendelschlag zwischen Zuständen der Sensation und solchen der Langeweile."

    FN114-1) Zit. H. Nohl, Charakter und Schicksal.
    FN115-1) Zitat bei André Maurois, Byron (deutsche Übersetzung Piper, München, 1930), S. 167. -
    FN115-2) Nietzsches Werke, Kröners Taschenausgabe, Band 11, S. 86."
     

    303ff: "3. ABSCHNITT
    DER AUSSENBEREICH DES ERLEBENS

    Zwei Gesichtspunkte waren es, von denen seinerzeit gesagt wurde, sie hätten uns bei der Darstellung des seelischen Lebens zu leiten: derjenige der horizontalen Verflochtenheit und integrativen Ganzheit von Seele und Welt, deren Grundgefüge im Modell des seelischen Funktionskreises gegeben ist, und zum anderen derjenige der vertikalen Ganzheit des Aufbaus der unterscheidbaren seelischen Vollzüge und Zustände.

      Kommentar303-1: "horizontalen Verflochtenheit und integrativen Ganzheit von Seele und Welt", nicht erklärt und schwer verständlich.
        Dabei erhielt der Gesichtspunkt des Aufbaus einen natürlichen Vorrang durch die Tatsache, daß das LA303e1Erleben als Gegenstand der Psychologie selbst wiederum aufruht auf dem Grund des bewußtlos-unbewußten Lebens. Sofern das seelische Leben in der Ganzheit seiner Zusammenhänge zur Sicht gebracht werden soll, mußte unsere Darstellung mit der Erörterung des Lebensgrundes beginnen und damit der Gesichtspunkt des Aufbaus an den Anfang gestellt werden.
      Kommentar303-2: Was soll das sein: "bewußtlos-unbewußten Lebens"? Und wie soll auf dieser Basis erleben entstehen?


        Über dem Lebensgrund als dem Insgesamt der organischen Vorgänge und Zustande, die sich in unserem Leibe abspielen, entfaltet sich dann das Vielerlei des LA303e2Erlebens, innerhalb dessen wir wiederum eine besondere Tiefenschicht unter dem Titel des endothymen Grundes abgehoben haben. Dabei fanden zwei Glieder des seelischen Funktionskreises ihre Erörterung: die Strebungen und die Gefühlsregungen, die ihrerseits - wie überhaupt der gesamte Kreislauf des LA303e3Erlebens - in die stationären Gestimmtheiten des endothymen Grundes eingebettet sind.
     
     

        Strebungen und Gefühlsregungen gehören nun nicht nur - vertikal gesehen - einer Tiefenschicht des LA303e4Erlebens an, sondern sie sind immer auch - wie gebührend zur Geltung kam - horizontal auf die Welt bezogen. Damit rückt für unsere Darstellung die Welt als Horizont des LA303e5Erlebens und so auch als Ort des Bemerkens und des wirkenden Verhaltens in den Blick (vgl. Abb. 3 S. 78). Wir führen deshalb die horizontale Betrachtung des seelischen Lebens zu Ende und erörtern die noch verbleibenden Glieder des seelischen Funktionskreises, eben die Vorgänge des Weltinnewerdens und des wirkenden Verhaltens.
    Von dieser am horizontalen Modell des seelischen Funktionskreises orientierten Betrachtung werden wir dann von selbst wieder zur vertikalen im Sinne des Aufbaus zurückgelenkt. Denn es wird sich zeigen, daß zwar gemäß dem Gesetz des integrativen Zusammenhangs - die LA303E1Antriebserlebnisse und die Gefühlsregungen als Glieder des horizontal verlaufenden seelischen Funktionskreises in die Vorgänge des Weltinnewerdens und des wirken den Verhaltens integrativ verflochten sind, daß aber andrerseits beim  Menschen - im Unterschied vom Tier - Weltinnewerden und wirkendes Verhalten nicht ausschließlich von den LA303E2Antriebs- und LA303E3Anmutungserlebnissen  bestimmt werden, sondern daß an ihnen auch die Vorgänge des Denkens und des bewußten Wollens ordnend und steuernd beteiligt sind. Damit tritt eine gegenüber der Tiefenschicht des endothymen Grundes höhere Schicht des seelischen Lebens, von uns als personeller Oberbau bezeichnet, in Sicht, so daß die Betrachtung des Weltinnewerdens und des wirkenden Verhaltens als Gliedern des seelischen Funktionskreises wieder zurückführt zum vertikalen Gesichtspunkt des Aufbaus, mit dem wir unsere Darstellung begonnen haben. - So viel zur Orientierung über den folgenden Gang unserer Erörterungen.
        LA303e6Innenbereich und LA303e7Außenbereich des Erlebens. - Führen wir nun unsere Betrachtung des seelischen Lebens zunächst in der horizontalen Ebene des seelischen Funktionskreises fort und vergleichen wir die schon erörterten Strebungen und Gefühlsregungen mit den jetzt zu besprechenden Vorgängen des Weltinnewerdens und des wirkenden Verhaltens, dann zeigt sich ein nicht unwesentlicher Unterschied. Strebungen und Gefühlsregungen stellen - nunmehr betrachtet unter dem horizontalen Gesichtspunkt der kommunikativen Einheit von Seele und Welt - gleichsam einen LA303e8Innenbereich des Erlebens dar. Das gleiche gilt für die stationären Gestimmtheiten. Es wurde schon seinerzeit gesagt, die LA303E4Erlebnisse des endothymen Grundes seien uns gegeben als ein Innen, als Gehalte eines inhaltlich qualifizierten, zuständlich getönten subjektiven Kerns. Sie akzentuieren eine intime Mitte des LA303e9Erlebens. Damit verglichen, verlaufen Weltinnewerden und wirkendes Verhalten an der Peripherie eines um diese Mitte gelagerten Horizontes, sie stellen den Außenbereich des LA303e10Erlebensdar. Im Weltinnewerden kommt dieser Horizont zur gegenständlichen Gegebenheit, das wirkende Verhalten findet in ihm das Feld seines Vollzugs. Reduziert man, wie es gewöhnlich geschieht, den Kreislauf des seelischen Geschehens auf die Verflochtenheit der sensorischen und der motorischen Vorgänge, also auf das Zusammenwirken von Bemerken und Verhalten, dann sind die Gefühlsregungen als die erlebte Innerlichkeit der sensorischen, die Triebe und Strebungen als die erlebte Innerlichkeit der motorischen Prozesse zu verstehen. Wenn also Strebungen und Gefühlsregungen unter dem Gesichtspunkt des Aufbaus als LA303E5Erlebnisse der Tiefe des endothymen Grundes zu verstehen sind, dann präsentieren sie sich in der hori-[>304]zontalen Ebene des seelischen Funktionskreises als LA303E6Erlebnisse eines Innenbereiches, der sich vom Außenbereich der seelischen Vorgänge des Weltinnewerdens und des wirkenden Verhaltens abhebt.
        Mit der Unterscheidung von LA304e1Innen- und LA304e2Außenbereich des Erlebens ist der Gesichtspunkt der Einheit von Seele und Welt keineswegs preisgegeben. Die Trennung ist relativ, lediglich im Sinne der Akzentuierung zu verstehen. Denn endothymes LA304e3Erleben ist ohne den Horizont der Welt ebensowenig möglich wie ein seelisches Leben ausschließlich im Außenbereich der Welt, ebensowenig also, wie sich Weltinnewerden und wirkendes Verhalten ohne endothymes LA304e4Erleben, ohne Strebungen, Gefühlsregungen und stationäre Gestimmtheiten vollziehen. Die Strebungen sind auf die Welt gerichtet, in den Gefühlsregungen ist es immer die Welt, die mit einem gegenständlichen Quale unmittelbar zur endothymen Innerlichkeit wird, die stationären Gestimmtheiten finden in der Begegnung mit der Welt ihre Spiegelung.
        Damit dies aber geschehen kann, ist es nötig, daß die Welt überhaupt in den gegenständlichen Horizont des LA304e5Erlebens tritt. Bei der Betrachtung der Strebungen, der Gefühlsregungen und der stationären Gestimmtheiten, besonders der zuletzt erörterten des Weltgefühls, wurde die Welt und ihre Erschlossenheit für das LA304e6Erleben als gegeben vorausgesetzt. Es ist nunmehr an der Zeit, auch diese Welt als Außenbereich des Erlebens in den Kreis der Betrachtung zu ziehen und zu fragen, durch welche seelischen Vorgänge sie überhaupt zum Horizont des LA304e7Erlebens wird und was sie für das Ganze dieses LA304e8Erlebens bedeutet."
     
     



    Literatur (Auswahl)
    Lersch, Philipp (1956) Der Aufbau der Person (1951), 7. A. München: Barth.



    Links (Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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        Einträge im Glossar:
      endothym * Endothymer Grund * Lebensgrund * Leib-Seele-Einheit * Nazi, Wikipedia Fehlleistung * Schichtentheorie (Dorsch;Arnold/Eysenck/Meili) * Wissenschaftliche Mängel der Psychologie *
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    endothym
    • Der Duden (Abruf 22.12.22): "die Schicht des Psychischen betreffend, die das Unbewusste, die Affekte, die Gefühle umfasst."
    • Dorsch  (Abruf 22.12.22): "endothymer Grund [engl. endothymic ground; gr. ... (endon) innen, ... ( thymos) Gefühl], [EM, PER], veraltetes Konzept; nach der Theorie von Lersch (Lersch, Philipp) die unterste tragende Schicht (unter dem «personellen Oberbau») der seelischen Vorgänge und Zustände (Affekt, Gemütsbewegungen, Gefühl, Stimmung, Leidenschaften, Trieb, Begierden, Strebungen). Schichttheorie, Schichtenlehre."
    __
    Gesetz des integrativen Zusammenhangs
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    Gesetz der Kommunikation
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    Leib-Seele-Einheit
    84: "b) DIE LEIB-SEELE-EINHEIT
    Wenn sich nun eindeutig ein Zusammenhang zwischen dem Lebensgrund als dem Insgesamt aller organisch-leiblichen Vorgänge und Zustände einerseits und den seelischen Vorgängen und Zuständen andrerseits erweisen läßt, so wäre es völlig irrig, wollte man das Seelische als Wirkung des leiblichen Lebensgrundes auffassen und damit alle seelischen Vorgänge und Zustände auf physiologische Ursachen zurück führen. Dadurch würde das Seelische zum Epiphänomen und zu einer Wirklichkeit zweiten Grades gemacht und in [>85] schlechthinnige Abhängigkeit vom Leiblichen gesetzt. Daß eine derart einseitige Abhängigkeit keineswegs besteht, sondern daß umgekehrt - wenn wir schon in der Kategorie von Ursache und Wirkung denken wollen - eine Wirkung auch vom Seelischen auf das Leibliche ausgeht, zeigt die Erfahrung, „daß Organfunktionsabläufe unter psychischen und besonders affektiven Einwirkungen wesentlich verändert werden können“.1)
        „Schon die tägliche Erfahrung zeigt, daß Schmerz, Angst und Wut“ - auch Ärger - „auf den Magen wirken und den Appetit herabsetzen.“2) Es ist ferner nachgewiesen, daß bei Vorhalten von Nahrung und Wasser bei hungrigen und durstigen Tieren die Darmperistaltik angeregt wird.3) Bei seelisch ausgelösten Affekten verändern sich die Herzgröße, die Speichelsekretion, die Magensekretion und die Magentätigkeit. Wittkower hat den gallenfördernden Effekt der meisten Gemütsbewegungen nachgewiesen, wobei der Zorn allerdings eine Sonderstellung einnimmt insoferne, als für seine Dauer der Gallenfluß ganz oder fast ganz auf gehoben ist. „In einer Reihe sinnreicher Untersuchungen hat Cannon nachgewiesen, daß bei Angst, Wut und Schmerz erhöhte Absonderungen des in der Nebenniere erzeugten Andrenalins in die Blutbahn erfolgt und dieses Andrenalin die Bewegungen und Sekretionen im Magen-Darm-Kanal herabsetzt."1) Auch die Leukozytenzahl des Blutes verändert sich bei Affekten. „Unter dem Einfluß von Gemütsbewegungen steigt der Blutjodgehalt an. Es werden Jodwerte erreicht, wie sie sonst nur bei der Basedowschen Krankheit bekannt sind. Nach Abklingen des Affektes sinkt der Jodwert individuell variant allmählich zur Norm ab.“6) - Wenn all dies noch im Bereich des Normalen liegt, so zeigen auch die Ausnahmefälle hysterischer Organstörungen und Organveränderungen (hysterische Lähmung, hysterische Schwangerschaft), wie sehr der psychosomatische Zusammenhang auch vom Seelischen zum Leiblichen hin verläuft.
    Hierher gehören schließlich auch die Erfahrungen der psychosomatischen Medizin, die sich heute als besondere ärztliche Richtung herausgebildet hat; Als eines von vielen Beispielen seien die Zusammenhänge genannt, die man zwischen Ulcus (Magengeschwür) und emotionalen Faktoren festgestellt hat. F. Alexander hat es auf Grund seiner klinischen Untersuchungen und Erfahrungen in hohem Grade wahrscheinlich gemacht, daß das Ulcus der gleichsam symbolische Ausdruck einer seelischen Konfliktsituation ist. Und zwar handelt es sich um den Konflikt zwischen dem Wunsch, in der infantilen Situation des Geliebt- und Versorgtwerdens zu verbleiben und andrerseits der Forderung nach Leistung, Selbständigkeit und Unabhängigkeit, die das bewußte Ich an sich selbst stellt. In ihrem äußeren Verhalten zeigen viele Ulcuskranke eine übertrieben aggressive, ehrgeizige und unabhängige Haltung, die aber nichts anderes ist als eine Kompensation bzw. Überkompen-[>86]sation ihrer unbewußten Abhängigkeits- und Anlehnungsbedürfnisse. „In den Tiefen seiner Persönlichkeit trägt der Ulcuspatient ein unbewußtes Verlangen nach der behüteten Existenz des Kleinkindes. Er verbirgt diese Abhängigkeitshaltung jedoch sorgfältig vor sich, selbst und verdrängt sie, so daß sie keinen Ausweg im äußeren Verhalten finden kann. Das verdrängte Verlangen nach Geliebtwerden ist der unbewußte psychische Reiz, der direkt mit dem physiologischen Vorgang verknüpft ist, als dessen Endergebnis das Ulcus entsteht.“1) Die Tatsache, daß sich die genannte Konfliktsituation als Störung der Magenfunktion auswirkt, wird daraus erklärt, daß die Einnahme von Nahrung auf einer frühkindlichen Stufe, nämlich der von Freud so genannten oralen Phase, als Erfahrung zuteil werdender Liebe LA86e1erlebt wird und die Erwartung solcher Liebe einen Zustand dauernder Hypermotilität und Hypersekretion des Magens veranlaßt, die dann im Laufe der Zeit zu dem erwähnten Symptom führt. Wie weit diese Interpretation zu rechtfertigen ist, steht hier nicht zur Diskussion. Sicher jedoch zeigen die Erfahrungen der psychosomatischen Medizin, für die der Ulcuskranke lediglich als exemplarischer Fall genannt wurde, daß das organische Leibgeschehen ebenso vom psychischen Geschehen abhängig ist wie umgekehrt das Psychische vom organischen Leibgeschehen.
        Es ist nun die Frage, wie wir dieses doppelte Abhängigkeitsverhältnis bezeichnen sollen, und zwar genauer gesagt, ob wir es als ein Verhältnis von Ursache und Wirkung interpretieren dürfen. Diese Frage muß verneint werden. Denn das Verhältnis von Ursache und Wirkung kann nur dort statuiert werden, wo ein geschlossenes, selbständiges Seinsganzes zu einem anderen Seinsganzen in Beziehung tritt. Organischer Leib und seelisches Leben sind aber gar nicht zwei gegeneinander geschlossene Seinsganze, sondern machen selbst ein Seinsganzes aus und sind gegeneinander offen. Dies sollte ja dadurch zur Geltung gebracht werden, daß gesagt wurde, das Seelische sei eine Aktualitätsstufe, eine Dimension des Lebens, es sei das in die Wachheit des LA86e2Erlebens getretene Leben. Wenn wir uns immer wieder gedrängt fühlen, Leibliches und Seelisches in die Beziehung von Ursache und Wirkung zu setzen und damit ihre faktische Einheit zu verkennen, so beruht dies auf der Faszination durch eine Vorstellung, deren Wurzeln weit zurückreichen in die moderne Geistesgeschichte. Sie beruht auf der schon erwähnten (S. 25) von Descartes vollzogenen Aufteilung der Wirklichkeit in die beiden Substanzen der res cogitans und der res extensa - Und das ist nichts anderes, als die Welt des Seelisch-Immateriellen und der Sinnlich» Materiellen. Seither hat man sich im abendländischen Denken daran gewöhnt, Leibliches und Seelisches streng voneinander zu trennen und sie sich als zwei Bereiche der Wirklichkeit vorzustellen, die unabhängig, gleichsam. autark gegeneinander existieren. Denn der Begriff der Substanz bezeichnet ein Seiendes, das zu seinem Sein keines anderen Seienden bedarf.   ... ... ...
    *) F. Alexander, Psychosomatische Medizin. D. Über», d. amerik. Originalausg. 1951, S. 70 f.
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    Nazi
    Wikipedia (Abruf 22.12.22) hat hier schlimme Übel zusammengetragen:
      "Es dringt immer mehr in das Kulturbewußtsein der deutschen Gegenwart ein, daß der Prozeß der inneren Umgestaltung unseres Volkes in erster Linie eine Aufgabe der Jugenderziehung bedeutet. Als Leitbild dieser pädagogischen Neuorientierung läßt sich eine Auffassung vom deutschen Menschen erkennen, die – neben den inhaltlichen Merkmalen einer soldatisch-politischen Lebenshaltung – den allgemeinen Grundzug organischer Ganzheitlichkeit an sich trägt (Lersch 1934, S. 298).
    Ebenfalls 1934 schrieb Lersch, es gebe „geborene Herrenmenschen“ mit einem „Willen zur Macht“, einem „selbstverständlichen Herrschaftsanspruch“, deren Gegenteil der „dienende Charaktertyp“ sei, der durch Unterwürfigkeit seine „eigene Wertminderheit“ betone.[1] Lersch trat nie der NSDAP bei, trug nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten in Deutschland aber deren Ziele mit. 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler. Im Jahr 1937 übernahm er den neueingerichteten Lehrstuhl für Psychologie in Breslau. Zwei Jahre später wechselte er auf den Leipziger Lehrstuhl von Felix Krueger, dem Begründer der zweiten Leipziger Schule. 1938 veröffentlichte Lersch sein bekanntestes Werk Der Aufbau des Charakters (ab 1950 unter dem Titel Aufbau der Person), das bis 1970 in elf Auflagen erschien.
    Im Dezember des Jahres 1941 trat Lersch auf einer Veranstaltung der Universität Leipzig öffentlich für das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten ein. Die Rede war gegen den Münsteraner Kardinal von Galen gerichtet, der gegen die Euthanasie predigte. In seinem Vortrag konstatierte er zum Verhältnis von Erziehung und erbbiologischer Auslese:
      Wenn nun die tatsächliche Macht der Vererbung gezeigt hat, daß der hemmenden Einwirkung der Erziehung Grenzen gesetzt sind, so tritt dort, wo die Grenzen liegen, an die Stelle der Erziehung ein neues Recht, den Eintritt minderwertiger Anlagen – körperlicher Krankheiten, geistiger, seelischer, sittlicher, sozialer Minderwertigkeiten – in den Erbgang zu verhindern, also die Träger minderwertiger Erbanlagen von der Fortpflanzung auszuschließen (Lersch 1942, S. 38).
    Nicht zuletzt diese Rede führte in der Nachkriegszeit in Deutschland 1948 zu einem Spruchkammerverfahren gegen Lersch. Es endete mit seiner Einstufung als Mitläufer. Der Spruch ermöglichte ihm, die 1942 angetretene Psychologieprofessur an der Universität München bis 1966 ungehindert fortzusetzen. Sein Nachfolger auf dem Münchner Lehrstuhl wurde Kurt Müller. Von 1954 bis 1955 war Lersch Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Im Jahr 1941 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Seit 1942 war er korrespondierendes Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und seit 1944 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften."
        Anmerkung Dorsch (Abruf 22.12.22) berichtet hierzu genauer: "Im Entnazifizierungsverfahren wurde er zunächst als Mitläufer, aufgrund seines Einspruchs später jedoch als unbelastet eingestuft."
        Wikipedias hochgradig inkompetente und denunziative Fehlleistung in "Das psychologische Werk" (Abruf 22.12.2022) hat mit Neutralität und Sachkompetenz nicht das Geringste zu tun.
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    Schichtentheorie (Abruf 22.12.22)
    Dorsch: "[HIS, PER, PHI], die auf Plato [engl. Plato's tripartite soul], zurückgehende Vorstellung, dass das Seelische in übereinandergelagerte Schichten aufgegliedert sei, und die von Aristoteles vertretene Annahme, dass das gesamte Sein fünfschichtig sei (Materie, Dinge, Lebewesen, Seele und Geist), wurde in der Neuzeit unter mehreren Aspekten wieder aufgenommen. Aus phil. Sicht besteht nach der Ontologie von Nicolai Hartmann der Aufbau des Kosmos aus anorganischen, organischen und geistigen Schichten, wobei die jew. «niedrigere Schicht» die höhere zwar trägt, aber auch wechselseitige Abhängigkeiten angenommen werden (Kategorienlehre). Aus psychoanalytischer Sicht bilden Bewusstes, Vorbewusstes und Unbewusstes Schichten der Psyche (Persönlichkeitstheorien, psychoanalytische). In der dt.sprachigen Ps. waren Schichtentheorien von Lersch, Werner (1953) und Rothacker (1938) einflussreich, über die sich Eysenck (1959) kritisch äußerte. Seitdem hat es keine bekannteren Versuche mehr gegeben, eine umfassende Schichtentheorie für die Persönlichkeit zu formulieren, auch wenn der Schichten-Gedanke sich in Unterscheidungen wie z. B. Grundeigenschaft vs. Oberflächeneigenschaft bei Raymond Cattell, basic tendencies versus characteristic adaptations in der Fünf-Faktoren-Theorie von McCrae & Costa (2008) (Fünf-Faktoren-Modell; charakteristische Adaptationen (cA)) oder human nature, dispositional traits, characteristic adaptations von McAdams & Pals (2006) wiederfinden lässt."
    Arnold-Eysenck-Meili: "... Der gegenwärtige Stand [1972] der Schichtendiskussion in der  ->Persönlichkeitstheorie läßt sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
    • 1. Die Schichtentheorie ist eine genetische Theorie: die Schichten entwickeln sich auseinander.
    • 2. Es sind zwei grundverschiedene Begriffe von „Tiefe" in Gebrauch. Legitim ist nur der ältere, der Kernhaftigkeit meint.
    • 3. Bei gleicher Berücksichtigung beider Dimensionen der (z. T. fälschlich so genannten) Tiefe ergibt sich eine sozusagen zweidimensionale S., die Vertikale und Horizontale vereint.
    • 4. Eine bloß eindimensionale, „vertikale“ Schichteneinteilung (Aufschichtungstheorie) wird den entscheidendsten charakterologischen Tatsachen nicht gerecht.
    • 5. Im konventionellen Konzept der „Tiefenperson" werden Tatbestände der vertikalen und der horizontalen Schichtung ungeschieden vermengt.
    • 6. Auch mit dem Unbewußten ist die (angebliche) Tiefe einer Tiefen-, d. h. Primitivperson nicht identisch. Die Primitivschichten und ihre Leistungen können bewußt, die hohen wie auch die Kernschichten und deren Leistungen können unbewußt sein.
    • 7. Sogar in tiefer ->Hypnose, ebenso wie in tiefem Schlaf, ist die „kortikale Person“ am Werke.
    • 8. Es besteht Einigkeit darüber, daß der Begriff der „Schicht" nur ein Bild von beschränktem Gebrauchswert darstellt.
    Lit.: David, H. P. & H. v. Bracken (Eds.): Perspectives in personality theory. New York, 1957 (dt.: Perspektiven der Persönlichkeitstheorie. Bern, 1959); Kraus, F.: Allgemeine und spezielle Pathologie der Person, II. Leipzig, 1926; Lersch, P.: Aufbau des Charakters, Leipzig, 1938 (ab 1951: Aufbau der Person. München, 111970); Rothacker, E.: Die Schichten der Persönlichkeit. 1938; Bonn, 81969; Scheler, M.: Wesen und Formen der Sympathie, 1923; Ges. Werke, Bd. 7. Bern - München, 1973; Wellek, A.: Die Polarität im Aufbau des Charakters. Bern, 1950; 31966; ders.: Das Schichtenproblem in der Charakterologie. Stud.Gen. 1956, 9.      A. Wellek"
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    Seele und Welt
    24f: "Das seelische Leben als kommunikativer Prozeß. - Wenn wir in der Erinnerung an die Merkmale des Lebens weiterschreiten und uns noch einmal vergegenwärtigen, was über Kommunikation gesagt wurde, dann ist mit besonderem Nachdruck darauf hinzuweisen, daß auch dieses Lebensgesetz sich im [>25] seelischen Bereich wiederfindet. Wie der lebendige Organismus in, mit und aus seiner Umwelt lebt, so sind auch Seele und Welt kommunikativ aufeinander angewiesen, sie bilden ein Ganzes. Die Seele lebt und entfaltet sich
      Kommentar24f-1: " so sind auch Seele und Welt kommunikativ aufeinander angewiesen". Die Welt ist nicht auf den Menschen und seine Seele angewiesen. Das ist metaphysischer Mumpitz.


    immer nur in der Begegnung mit der Welt. Dieser Tatsache sucht das von uns aufgestellte Modell des seelischen Funktionskreises gerecht zu werden. Es läßt in seinen beiden auf die Welt gerichteten dynamischen Ästen die Verflochtenheit von Seele und Welt deutlich erkennen. Wenn die Antriebe des Suchens das seelische Leben in Gang bringen, diese Antriebe aber aus den Bedürfnissen kommen, die der beseelte Lebensträger an die Welt stellt, weil er nur durch die Welt zur Entfaltung und Gestaltung der in ihm angelegten Möglichkeiten gelangt, dann zeigt sich schon darin mit aller Eindeutigkeit, daß Seele und Welt aufeinander hingeordnet sind.

      Kommentar24f-2: " daß Seele und Welt aufeinander hingeordnet sind". Die Welt ist nicht auf den Menschen "hingeordnet"; die Welt interessiert sich nicht für den Menschen. Der metaphysische Mumpitz setzt sich fort.


    Auch das Erleben bewegt sich im Kreislauf der Kommunikation. - Freilich ist auch diese Tatsache in der Geschichte der Psychologie in verhängnisvoller Weise übersehen worden. Seit Descartes in seiner Metaphysik die Wirklichkeit auf teilte in die res cogitans, worunter nichts anderes als das erlebende Bewußtsein zu verstehen ist, und in die res extensa, die Außenwelt, und beide, erlebendes Bewußtsein und Außenwelt, für Substanzen erklärte, wobei Substanz ein selbständiges und unabhängig für sich Seiendes bedeutet, ist die neuzeitliche Psychologie beherrscht von dem Dogma der Binnenhaftigkeit des SeelischenFN25-1) Das heißt, die Wirklichkeit der Seele wird gedacht als abstraktes Bewußtsein, das außerhalb und neben der Welt liegt, mit der es lediglich durch kausale Einwirkung in Verbindung steht. Und

      Kommentar24f-3: In der Tat, die Seele ist im Menschen und spukt nicht in der Welt herum - wie es übrigens nach Descartes' Wahn der Unabhängigkeit von Körper und Geist, möglich wäre. Es fehlen im übrigen Belege.


    so ist es auch für die an den messenden Naturwissenschaften orientierte Psychologie eigentümlich, daß sie das seelische Leben soweit wie möglich auszulegen sucht als bedingt durch die Wirksamkeit physikalisch-chemischer Reize und die gesetzmäßige Funktion der Sinnesorgane. Eine solche Vorstellung zweier ontisch streng getrennter Bereiche der Seele und der Welt verfälscht die Wirklichkeit des seelischen Lebens von Grund auf. Sie verkennt, daß seelisches Leben als solches immer auf die Welt entworfen ist, daß

      Kommentar24f-4: Ich kenne niemand, der diesen Unsinn außer Descartes behauptet hat, auch hier fehlen wieder alle Belege.
    Seele und Welt eine zweipolige koexistentielle Einheit darstellen, in der die sogenannte Außenwelt und die seelische Innenwelt in ihrer Unterscheidbarkeit aufeinander zugeordnet sind und sich gegenseitig bedingen - vergleichsweise so, wie es beim positiven und negativen Pol eines Magneten der Fall ist. Seelisches Leben ist gleichsam das Gespräch, das zwischen dem individuellen Lebensträger und seiner Umwelt stattfindet, oder, wie es Novalis einmal ausgedrückt hat, seelisches Leben ist dort, wo sich Innenwelt und Außenwelt berühren. - Vor allem zeigt sich die kommunikative Zuordnung und der wechselseitige Bezug zwischen Seele und Welt im sozialpsychologischen Bereich. Gerade der Mensch lebt immer im Dialog mit seiner Mitwelt, und es ist eine theoretische Fiktion, wenn man glaubt, ihn psychologisch als isoliertes Einzelwesen betrachten zu können.
      Kommentar24f-5:  "sogenannte Außenwelt"? Was soll das denn sein? Wenn ein Mensch in sich geht, um seine Befindlichkeit oder Ziele zu erkunden, dann spricht er nicht mit der Umwelt, sondern allenfalls mit sich selbst. Wenn ich seine Merkfähigkeit testen will, dann spielt die Mitwelt allenfalls eine störende Rolle. Es wird bei sozialpsychologischen Fragestellungen die soziale um- und Mitwelt einzubeziehen sein, bei individuellen ab nicht. Diese Ausführungen sind viel zu allgemein-abstrakt und weitergehend unverständlich ("zweipolige koexistentielle Einheit") und für eine empirisch-wissenschaftliche Psychologie nicht zu gebrauchen.


    FN25-l) Ausführliches über das Dogma von der Binnenhaftigkeit des Seelischen bei Ph. Lersch, Seele und Welt, 1941."
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    Wissenschaftliche Mängel der PsychologInnen > Zum Geleit, > Wissenschaftliches Arbeiten.
    Ein Hauptmangel ist die Unwillig- oder Unfähigkeit die wichtigeren Begriffe und vor allem Grundbegriffe zu definieren oder operational prüf- und kontrollierbar zu charakterisieren und zu referenzieren. Oft wird nur allgemein-abstrakt gemeint.  Es wird nicht genau dokumentiert und belegt. Beweisen oder auch nur  Beweisskizzen gibt es so gut wie nie.
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    Querverweise
    Standort: Erleben und Erlebnis bei Philipp Lersch.
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    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse. * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis bei Philipp Lersch. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/Lersch.htm

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    korrigiert: 27.12.2022 irs Rechtschreibprüfung






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    27.12.2022    irs Rechtschreibprüfung
    20.12.2022