Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=27.07.2015 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: tt.mm.jj
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_ Zitierung  & .Copyright

    Anfang_Methodologische Probleme  Witter 1963_Datenschutz_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _  Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten, und hier speziell zum Thema:

    Methodologische Probleme der Psychiatrie - Witter 1963

    Hilfsseite zum Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler (MethF)
    Methoden- und Methodenproblembewusstsein in der - forensischen - Psychiatrie
    Zu:
    Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
    Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath
    mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.

    von Rudolf Sponsel, Erlangen
     _

    Methodisch vorgehen heißt, Schritt für Schritt, von Anfang bis Ende, Wege und Mittel zum (Erkenntnis-) Ziel angeben 


    Zusammenfassung Witter 1963

    Legende Signierungen
     
    GW
    wTit
    IV
    SR
    wT
    wP
    MB
    eMP
    Son
     1
    1
     1
    0 
    1 
    1 
    0 
     1
     Ja

    Gesamtwertung angemessene Darstellung der psychiatrischen Methodenproblematik Signierung 1

    Dier Aufsatz heißt nicht nur "Methododologische Probleme der Psychiatrie" sondern er behandelt sie auch, wenn auch nur ziemlich allgemein und abstrakt, manches sehr strittig bis falsch (493e, 494b, 494c, 495a).  Der Methodenbegriff Witters bleibt offen. Eine differenzierte Methodologie der Psychiatrie wird nicht geliefert. Aber er liefert ein Grundgerüst und einen Orientierungsrahmen. Wichtige Ziele werden benannt, aber nicht die Methoden, wie man Schritt für Schritt zu ihnen gelangt. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht mit der ganzen Arbeit Witters detalliert auseinandersetzen, aber schon mit einigen wichtigen Grundlagen, die er zu Beginn entwickelt. Methodisch wichtige Begriffe werden von mir fett-kursiv hervorgehoben.

        Einleitend (S. 491) werden zwei grundlegende allgemeine wissenschaftliche Methoden, die uns die Franzosen (Pinel, Esquriol) zu Beginn des 18. Jhds. beschwert haben, genannt, nämlich Beobachtung und Beschreibung konkreter Einzelfälle.

    Methodologie der traditionellen Psychiatrie (492-499)
        Nach der Einleitung kommt (S. 492) der Abschnitt "Methodologie  der traditionellen Psychiatrie".  "Gegenstand der Psychiatrie  als Wissenschaft ist das seelisch Abnorme".
        S. 493a "Die wissenschaftliche Psychiatrie hingegen muß sich auf das wirklich Erfahrbare, in Begriffen Mitteilbare und in allgemeinverbindlichen Regeln Faßbare beschränken. Psychiatrie als Wissenschaft sucht die Erscheinensweisen des seelisch Abnormen — erstens zu beschreiben, zu ordnen und zu typisieren und — zweitens seine leiblichen und seelischen Ursachen oder Bedingungen zu klären."
        S. 493b "Beginnen wir mit dem Beschreiben, dann erkennen wir, daß uns das Seelische überhaupt und ebenso das seelisch Abnorme nur mittelbar durch seinen äußeren Ausdruck hindurch zugänglich ist. Das Seelische muß zunächst erschlossen und kann dann erst beschrieben werden, wobei Erschließen und Beschreiben ineinander übergehen."
        Hier kommt die Methode des Erschließens und die Handhabung des des Ineinanderübergehens hinzu. Nun entwickelt Witter einen psychiatrischen Konstruktivismus:
        S. 493c "Wir werden dabei innerhalb des Seelischen Unterteilungen treffen, aufgliedern, analysieren und können zum Beispiel die „Funktionen" des Denkens und Fuhlens oder die „Eigenschaften" der Intelligenz und Affektivität als Untersuchungsgegenstand aus dem psychischen Gesamt herauslösen, um in dieser Weise schließlich das Seelische irgendwie in den Griff zu bekomen."
        S. 493d "Wir sind uns dabei im klaren, daß die durch die Aufgliederung geschaffenen verdinglichten „Teile" der Seele nicht etwa deren Elemente oder Bausteine sind, sondern eben nur Kunstprodukte unserer Arbeitsmethode, aber unentbehrliche."
        S. 493e "Ob diese Kunstprodukte als Gedanken eines Zugrundeliegenden dem wirklichen „Realen" entsprechen oder möglichst nahe kommen, läßt sich gar nicht beantworten und eine solche Fragestellung ist deshalb von vorneherein verfehlt."
        Einspruch. Erstens ist diese Behauptung falsch, zweitens als Forderung unsinnig und inzwischen auch überholt, drittens steht diese Behauptung in Widerpspruch zum oben verlangten "wirklich Erfahrbaren"
        S. 493f  "Die Berechtigung unserer Arbeitsmethode ergibt sich allein aus ihrer Brauchbarkeit bei der Deutung begrenzter Bereiche. Mit der Erfassung vieler solcher partikularer Einblicke gewinnen wir schließlich die Möglichkeit, das Seelische in größere, mehr oder weniger systematische Ordnungen zu stellen, womit wir gleichzeitig allerdings eine simplifizierende Subsumtion der Erscheinungen unter einige Kategorien vornehmen."
        Die Brauchbarkeit ist ein wichtiges Kriterium. Doch mit welcher Methode stellen wir die Brauchbarkeit fest?
        S. 493g "Haben wir nun in der vorbeschriebenen Weise etwas darüber erfahren, was innerlich in dem Menschen vorgeht und nach analytischer und synthetischer Deskription des Seelischen den in seiner individuellen Einmaligkeit unerlaßbaren Einzelfall in eine allgemeingültige vereinfachende Systematik eingeordnet, dann gilt es, die" Ursachen oder Bedingungen für das seelisch Abnorme zu finden. Wir beschreiten dabei zwei verschiedene Wege, deren methodologische Klärung und Formulierung wir vor allem JASPERS verdanken: wir erklären Seelisches als durch Körperliches verursacht und wir verstehen Seelisches als aus Seelischem sinngesetzlich hervorgegangen."
        Hier  geht es um die wichtigen Findungsmethoden. Wie ist vorzugehen, um die Ursachen oder Bedinungen für das seelisch Abnorme zu finden? Zur Veranschaulichung bringt Witter zwei Beispiele:
        S. 493h "Dazu zwei kurze Beispiele: wir erklären die abnorme Aufgeregtheit eines Menschen z. B. mit den Folgen eines starken Kaffeegenusses oder einer Schilddrüsenüberfunktion und wir verstehen sie aus der Erwartungsspannung vor einem Examen. Wir erklären den Eifersuchtswahn bei chronischem Alkoholismus mit den toxischen Veränderungen des Gehirns und wir verstehen ihn aus der speziellen psychologischen Situation des impotent gewordenen Trinkers. Richten wir nun unsere ärztlichen Maßnahmen zur Behebung des unerwünschten seelischen Zustandcs auf die körperlichen Ursachen, dann betreiben wir die auch in den anderen [>494] medizinischen Disziplinen vorherrschende oder gar allein gültige Somatotherapie, richten wir sie auf das bedingende Seelische, dann betreiben wir Psychotherapie. In der psychiatrischen Praxis ist beides in der Regel ineinander verschränkt und es gibt nur eine Akzentuierung für das Vorherrschen der einen oder der anderen Methode. So können wir etwa die aus der Erwartungsspannung vor dem Examen verständliche Aufgeregtheit somatotherapeutisch mit Beruhigungstabletten und gleichzeitig psychotherapeutisch durch Zuspruch angehen."
        S. 494a "Mit dem leib-seelischen Erklären  bedienen wir uns einer wissenschaftlichen Methode, die Leibliches und Seelisches in einer Formel zusammenbringt". Hier wäre nicht nur zu erklären, was das sein soll, Leibliches und Seelisches in einer Formel zusammenbringen, sondern auch die oder Methode(n), wie man das macht?
        S. 494b "Ein solches Vorgehen erfordert irgendeine Stellungnahme zum Leib-Seele-Problem. Das metaphysische Problem wollen wir aber ausklammern und alle erkenntnistheoretischen Überlegungen beiseite lassend, erörtern wir die empirisch aus der Gleichzeitigkeit ermittelte Entsprechung oder Zuordnung der leiblichen Vorgänge und seelischen Phänomene einfach als eine Wechselwirkung."
        Einspruch. "Irgendeine Stellungnahme", quasi aus formalen Gründen, braucht man sicher nicht. Eine solche Bagatellisierung passt nicht zu einer grundlegenden  methodologischen Arbeit. Und eine Wechselwirkungstheorie ist sicher alles andere als "einfach".
        S. 494c "Leibliche krankhafte Veränderungen zeigen mit einiger Regelmäßigkeit oder gar Gesetzmäßigkeit bestimmte offensichtlich zugehörige Veränderungen im Seelischen. Allerdings bezieht sich diese Regelhaftigkeit der Entsprechungen dann vorwiegend auf Veränderungen der Intensität und Form psychischer Abläufe, weniger oder gar nicht auf die psychischen Inhalte. Immerhin ist für uns kein Zweifel, daß wir hier körperliche Veränderungen als Ursache seelischer Erscheinungen ansprechen dürfen, auch wenn wir über die Zwischenglieder zwischen leiblicher Ursache und seelischei Wirkung nichts wissen. Der Grundannahme, daß psychisch Abnormes auf körperliche Krankheit zurückgeführt werden kann, dankt die Psychiatrie ihre Zugehörigkeit zur Medizin. Unabhängig von Wertungen jeglicher Art wird seelisch Abnormes unter dieser Bedingung als Krankheit im medizinischen Sinne erkannt."
        Einspruch. Zunächst sind Methoden anzugeben, wie Regelmäigkeit oder gar Gesetzmäßigkeitfestgestellt und von einander unterschieden werden können. Gleiches gilt für die Entsprechungen. Hier wären die Methoden zu nennen, warum und wann man das darf. Wenn Seelisches etwas andere ist als Körperliches, wie soll dann eine Wirkungen funktionen und wie stellt man das fest?
        S. 495a Das seelisch Abnorme zeige sich durch qualitative oder quantative Abweichung (S.495), wobei er sogleich einen Selbstwiderspruch aufbaut, wenn er sagt, dass es im Seelischen gar keine Quantität - die er metaphorisch verstanden wissen will - gäbe, was vollkommen falsch ist und zudem in Widerspruch zu dem (S. 493a) geforderten "wirklich Erfahrbaren" steht. "Dagegen ist auch nichts einzuwenden, solange wir uns der nur metaphorischen Gültigkeit des erreichten Wissens bewußt bleiben." Natürlich gibt es mehr oder weniger, starke, ja sogar extreme Ausprägungen z.B. bei den Affekten, man kann wacher oder müder sein, schneller oder langsamer denken. Im übrigen ist natürlich zu fordern, dass Witter erklärt, welche methodologische Bedeutung und wissenschaftliche Rechtfertigung seine Metaphern haben sollen. Sogar sein Depressionsbeispiel ist falsch, auch hier sind verschiedene Ausprägungsunterschiede (schwer, mittel, leichter) wichtig und üblich.

    Methodologische Kritik von Psychoanalyse und Anthropologie (499-502)
     

    Bemerkungen zur Gestaltanalyse (502-503)
     

    Über Entwicklungsmöglichkeiten der traditionellen Psychiatrie (503-505)
     

    Grundzüge einer dynamischen Syndromlehre (505-513)
     
     



    Wort im Titel (wTit)
    Signierung 1:



    Wort im Inhaltsverzeichnis (IV)
    Signierung 1: Der Aufsatz enthält ein vorangestelltes Inhaltsverzeichnis, aber nach der Einleitung Zwischenüberschriften der einzelnen Abschnitte:
     
    • Methodologie der traditionellen Psychiatrie (492-499)
    • Methodologische Kritik von Psychoanalyse und Anthropologie (499-502)
    • Bemerkungen zur Gestaltanalyse (502-503)
    • Über Entwicklungsmöglichkeiten der traditionellen Psychiatrie (503-505)
    • Grundzüge einer dynamischen Syndromlehre (505-513)


    Wort im Sachregister (SR)
    Signierung 0:



    Wort im Text (wT)
    Signierung 1:



    Wort "Probleme" im Zusammenhang mit "Method" (wP)
    Signierung 1:



    Methodenbegriff dieser Studie (MB)
    Signierung 0:



    Erörterung von Methodenproblemen (eMP)
    Signierung 1:



    Sonstiges (Son)




    Literatur
    • Witter, H. (1963) Methodologische Probleme der Psychiatrie, Fortschr. Neurol. Psychiat, 31, 491-514.



    • Methodik der Methodenuntersuchung zur - forensischen - Psychiatrie.
      • Ziel der Arbeit.
      • Problembewusstsein.
      • Problembewältigungsmethoden.
      • Methodenbegriff dieser Studie.
      • Angewandte Methode.
      • Hintergrund.
      • Probleme der von mir angewandten Methode.
      • Zeitraum Wie weit muss man nun mit der Methodenanalyse in den Werken zurückgehen?
      • Signierungs-Methode.
      • Anmerkung.
      • Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie.
      • Geschichte der Psychologie.
      • erklären und verstehen.
      • Gründe und Ursachen.
      • Realität des Psychischen und die Theorie der zwei Welten.
      • Operationalisierung, Geschichte des Operationalisierungsbegriffs.
      • Krankheitsbegriff * Bio-Psycho-Soziales Krankheitsmodell * Ursachenproblem.
    • Potentielle Fehler in forensisch psychopathologischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz.
      • Potentielle Methoden-Fehler.
    • Überblick Forensische Psychologie.
    • Überblick Beweis und beweisen  in Wissenschaft und Leben.
      • Beweis und beweisen in Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie.




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten: > Eigener wissenschaftlicher Standort.
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    _
    Methodisch vorgehen heißt, Schritt für Schritt, von Anfang bis Ende, Wege und Mittel zum (Erkenntnis-) Ziel angeben 


    Querverweise
    Standort: Detailanalyse Witter.
    *
    Überblick Forensische Psychologie.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Forensische Psychologie site:www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Rudolf Sponsel (DAS). Kritische Detailanalyse von Hermann Witters Methododologische Probleme der Psychiatrie. Hilfsseite zum Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler. Erlangen IP-GIPT: https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/Methode/1963Witter.htm
    Copyright & Nutzungsrechte
    Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht  inhaltlich verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten oder Rahmen ist nicht gestattet, Links und Zitate sind natürlich willkommen. Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden. Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus  ...  geht, sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.


     Ende_ Methodologische Probleme  Witter 1963_Datenschutz__Überblick_Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _ Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag_ Mail: sekretariat@sgipt.org_ __Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen


    korrigiert:



    Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt.
    tt.mm.jj