Erlebnisregister Psychologie
Polarnacht
Originalrecherche von Rudolf Sponsel,
Erlangen
Inhalt
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88: "„Stimmt genau!“ sagen sie lachend. Allzu groß
ist ihr Staunen nicht über meine Hellhörigkeit; sie haben Ähnliches
oft genug selbst erlebt."
89: "Wie verschieden sind die Erlebnisse
in der Arktis. Man kann morden und fressen, man kann rechnen und messen,
man kann verrückt werden in Einsamkeit und Grauen, man kann aber sicher
auch Verrückt werden vor Begeisterung über allzuviel Schönheit.
Sicherlich wird man aber niemals in der Arktis etwas anderes erleben
als das was man selbst in sie hineingetragen hat."
106: "Ich suche nach Vergleichen, um das verwirrend
Ungewohnte diesel Erlebnisses zu schildern.
Ich meine, die Kontraste der Wahrnehmung wirken auf unser Empfinden ähnlich,
als wenn zum Beispiel bei uns zu Lande im Theater zu einem Bühnenbild
von klassischer Ruhe eine tosende Symphonie von Berlioz gespielt würde,
oder wir sähen einen verklärt lächelnden Menschen morden,
alles morden, was in den Bereich seines Lächelns tritt. Die Polarnacht
zeigt die Welt in einem {>107[ Zusammenklang von Rhythmen, der für
uns Mitteleuropäer verwirrend ist."
110: "„Zwischen der Russebu und Villa Rave. Aber
ich hab’ mich ganz gut zurechtgefunden.“ Mehr Worte werden nicht verloren
über dieses Sturmerlebnis,
so was behalten die Jäger für sich. Und das ist viel leicht das
Großartige im Leben dieser Jäger, dieses nahe Beieinander
von Leben und Tod, dieses Beisichbehalten der größten Erlebnisse."
116: "Die Tage vergehen ohne Erleben,
ohne richtige Arbeit, ohne er lösenden Blick in die Wirklichkeit der
Welt. Nachts liegen wir, nicht müde und nicht wach, umgeben von der
ewigen Finsternis und tiefe: Stille.
Inmitten der grenzenlosen Totheit und Starre alles
Körperliche beginnt langsam der bewegte Sinn seine eigenen Wege zu
gehen Immer häufiger, immer greller, je länger die Winternacht
dauert, er scheint eine eigenartige Helle vor dem inneren Auge. Fernes
und docl so Bekanntes taucht auf. Es ist, als fühlte man hier in der
Ab geschiedenheit mit besonderer Klarheit die großen Gesetze der
Seele die himmelhohe Kluft zwischen menschlicher Anmaßung und de
ewigen Wahrheit. Es zeigt sich, daß alles aufgehoben ist hinter de
Zeit. Immer wieder kreist der gefesselte Sinn im Vergangenen, wi in einem
Bild ohne Raum, wie in einem Drama ohne Zeit."
145: "Ich lese in den Tagebüchern meines Mannes,
um mich vom Alleinsein abzulenken, und ich ahne das letzte Erlebnis
des Landes, das ich als schüchterne Hüterin einer Hütte
niemals ganz erfassen werde."
146: "Das Leben dieser Jäger ist eine Reihe
von Leistungen, die fast unmenschlich sind. Sehr selten nur erzählen
sie von ihren Erlebnissen.
Sie gehen nicht auf Ruhm aus, diese Menschen. Sie leben weitab vom
Getriebe der Welt. Sie leben fast alle ohne Heim und Familie. Eine unbändige
Liebe fesselt sie an das Land. Sie leben berauscht von dem Lebensatem dieser
wilden Natur, aus der zu ihnen die Gottheit spricht.
Ich lege die kleinen Büchlein weg, die so voll sind von unbändigem
Erleben
und immer neuer, unbändiger Kraft.
Ich schäme mich, daß ich zu feige bin, in das Land zu schauen,
in dem die anderen in Nacht und Sturm ihr Leben lang kämpfen.
Mit Aufwand aller Energie zwinge ich mich, ins Freie zu gehen. Das
Land liegt reglos da, totenstill im verträumten Kobaltblau der hellen
Nacht. Ein hellgelber Schein geht um die Erde. Ich sehe den Widerschein,
wenn die Sonne über den Atlantik, Amerika und den Stillen Ozean wandert.
Zehnter Tag meines Alleinseins. Ich hatte heute nacht einen furchtbaren
Traum. Obwohl man mir niemals etwas davon erzählt hat, so weiß
ich jetzt doch, wie der Strom unter dem Eis zieht. Ich sah das grüne
Wasser unter dem Eis und fühlte körperlich seine ziehende Gewalt.
Ich habe Sorge um meinen Mann."
189 Nachwort: "Vielleicht muß sie fühlbar
werden, diese letzte Verlassenheit, damit der Mensch zu Kreuze kriecht,
um dann das Eigentliche zu erleben."
Die Geschichte kurz und
bündig (wayback)
Wikipedia: Christiane
Ritter (1897-2000).
Lebensgeschichte (wayback)
Erleben der Polarnacht durch Christiane Ritter
"Nachwort
Seit dem Erscheinen meines Buches (1938) werde ich immer wieder gefragt,
und dies meist von Frauen: „Wie konnten Sie die Polarnacht durchstehen?“
Diese Frage ist berechtigt, aber nicht leicht zu beantworten. Ich habe
nämlich die Polarnacht fast nicht durchgestanden, nicht mit dem kleinen,
begrenzten Menschenverstand. Es gibt da Überraschungen in der Weltferne
und der langen Dunkelheit, denen man in solcher tiefgründigen Eindeutigkeit
sonst kaum begegnet. Unter anderem - wer weiß es, daß der Mensch
in der totalen Einsamkeit, wo die Anregung und der Widerhall durch den
Mitmenschen fehlt, schließlich an das Ende des eigenen Ichs gerät?
Wo beginnt der Mensch, wo hört er auf? Wo ist das Leben? Keine Antwort,
nichts. Mit Entsetzen ohnegleichen schaut er in seine eigene abgrundtiefe
Leere.
Vielleicht muß sie fühlbar werden, diese letzte Verlassenheit,
damit der Mensch zu Kreuze kriecht, um dann das Eigentliche
zu erleben.
Es war kein Zufall, daß sich der tobende Sturm nach langem Alleinsein,
nach einer Nacht der Verzweiflung, der Einsicht und Umkehr draußen
legte. Als ich morgens aus der Hütte trat, da lagen die vereisten
Gebirge und der Fjord in hellem Mondlicht in ergreifender Stille da. Alles
bis in die fernsten Fernen war durchdrungen von einer fühlbaren höheren
Gegenwart, in der es keine Furcht mehr gab. Von diesem Moment an war ich
befreit. Die fühlbare Gegenwart eines Höheren hat mich nie mehr
verlassen. Und sie war es, die mir die Ruhe und die Kraft gab, die Polarnacht
in ihren Höhen und Tiefen zu schauen.
Leoben, im März 1978"
Vergleichbare Literatur
"Christiane Ritters Buch Eine Frau erlebt die Polarnacht ist ein einzigartiges
Werk, das die Erfahrungen einer Frau während eines einjährigen
Aufenthalts in der rauen Arktis beschreibt. Es gibt jedoch andere Bücher,
die thematisch vergleichbar sind und sich mit der Polarnacht, dem Leben
in extremen Klimazonen oder mit Abenteuern in der Arktis beschäftigen."
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Existenzielle
Erfahrungen
"Für existenzielle Erfahrungen und Erkenntnisse, wie sie Christiane
Ritter in Eine Frau erlebt die Polarnacht beschreibt, gibt es mehrere Werke,
die ähnlich tiefgründig sind und von persönlichen Auseinandersetzungen
mit der Natur und der eigenen Existenz handeln. Fazit:
Für existenzielle Erfahrungen in der Wildnis oder Isolation sind
Werke wie Nan Shepherds Der lebende Berg und Erling Kagges Stille: Ein
Wegweiser besonders zu empfehlen. Für breitere philosophische und
weibliche Perspektiven könnten Anne Morrow Lindbergh oder Simone de
Beauvoir inspirieren."
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Existenzielles Erleben
"Existenzielles Erleben ist ein vielschichtiger Begriff, der sich mit
den grundlegenden, oft universellen Erfahrungen des Menschseins befasst.
Diese Erlebnisse können mit der Suche nach Sinn, dem Bewusstsein der
eigenen Sterblichkeit, Einsamkeit, Isolation, aber auch mit Momenten tief
empfundener Verbundenheit mit der Welt und einem Gefühl der Transzendenz
zusammenhängen. In der Literatur, insbesondere bei Werken wie Eine
Frau erlebt die Polarnacht, werden solche Erfahrungen häufig in einem
radikal anderen Kontext – etwa in der Natur oder in Extremsituationen –
geschildert, die alltägliche Ablenkungen ausschalten und den Blick
auf die Essenz des Lebens lenken. Hier sind einige zentrale Aspekte des
existenziellen Erlebens, wie sie in der Literatur, der Philosophie und
den Erfahrungsberichten von Extremsituationen erscheinen:
ChatGPT
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Inhaltsverzeichnis site:www.sgipt.org. |
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