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    Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT DAS=01.08.1998
    Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPT DAS=01.08.1998 Intertnet-Erstausgabe, letzte Änderung 11.7.7
    Impressum: Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
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    Allgemeine und Integrative Texte von
    Johann Christian Reil (1759-1813)
     Biographie
    Vater der Allgemeinen und Integrativen Psychiaterie und Psychotherapie

    TOP-10 Arbeitsprinzipien der GIPT
    Handlungsprinzipien:Intuition Heuristik FlexibilitätKontrolle  Außendarstellung GIPT

    Übersicht:

    • Zu Reils psychiatrisch-psychotherapeutischem Hauptwerk
    • Reils Heilmittel-Hauptsatz 1803
    • Moderne psychosomatische Auffassung der psychischen Kur bei Reil
    • Begriff des Unbewussten Reil bekannt
    • Prinzip der Konditionierung und assoziativen Verkettung bei Reil 1796
    • Empirisch-Kreatives Konzept zur Erforschung der psychischen Curmethode
    • Historische Ergänzung: Begriff der Psychiaterie 1808
    • Reil über die Organisation einer Heilanstalt und die Rolle der ÄrztIn und PsychologIn

    • und deren wichtige Haltung und Eigenschaften
    • Al Raschid's schoene Beischlaeferin: Historisches Fallbeispiel zum Heilmittel Scham-Ueberraschung-Zorn der Heilmittel-Klasse Erregung einer Leidenschaft

    • (einer heftigen Emotion oder Gemuetsbewegung)

    Die grundlegenden auch für die Psychotherapie bedeutungsvollen Ausführungen zur Heilmittellehre befinden sich in Reils psychiatrisch-psychotherapeutischem Hauptwerk, den Rhapsodieen:

     

     
     
     

     

       
      Reils Originalausgabe kostet derzeit  im Antiquariat zwischen vier- und fünftausend Mark. Eines der wenigen kostbaren Exemplare besitzt die Bibliothek der Psychiatrischen Universitätsklinik Erlangen. Hiervon wurde der "Schmutztitel", wie die Schriftsetzer sagen,  (siehe links) abgelichtet und ausgebessert. Einen relativ wohlfeilen Nachdruck kann man aber über das Verlagshaus Bonset in Amsterdam erwerben. 

      "Der Arzt und Psychologe sind die nächsten Kräfte, durch welche die Kur der Irrenden bewerkstelligt werden muß.  Sie sind beide Heilkünstler ... Auf Namen und Personen kömmt es hier nicht an. Genug daß die Irrenden zum Theil psychisch behandelt werden müssen, und daß dies nicht anders als von einem Menschen geschehen kann, der dazu die nöthigen psychologischen Kenntnisse hat ... Allein da beide Zweige der Arzneikunde, die psychische und pharmaceutische, von einem so ungeheuren Umfang sind, daß sie fast die Kräfte eines Menschen überschreiten; so halte ich es für gerathen, zwey Personen im Irrenhause zur Kur der Kranken unter den Namen des Arztes und des Psychologen anzusetzen." (S. 476f) 

      Hier eine vollständige PDF-Ausgabe.

     
    J. C. Reils 
    Heilmittel-Hauptsatz 1803 

    aus dem ersten systematischen Werk zur 
    Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie, den
    "Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen 
    Curmethode auf Geisteszerrüttungen" 
    Halle: Curt’sche Buchhandlung. 

     § 3 (S. 23f)

      „Heilmittel sind Dinge, durch deren Anwendung auf thierische Körper wir die Krankheiten derselben zu entfernen suchen. Es ist gleich viel, ob diese Dinge körperlicher oder unkörperlicher Natur, Substanzen der Erde, oder ätherische  Stoffe sind, die dem ganzen Weltall angehören, ob sie durch mechanische, chemische oder andere Kräfte wirken. Ihre Realität gründet sich also auf ein Verhältnis, das zwischen ihnen und dem Zweck Statt findet, den sie erreichen  sollen. Es giebt daher in der Welt, die als ein Mannichfaltiges nach den Gesetzen der Causalität existirt, keine Dinge, die ausschließlich zu dem Zweck vorhanden wären, Krankheiten zu heilen. Ihre Zweckmäßigkeit ist bedingt, und so mannichfaltig als die Gegenstände, auf welche sie angewandt werden.  Das nemliche Ding, welches der Arzt zur Heilung der Krankheiten gebraucht,  kann auch zu andern Zwecken, z. B. zur Zerstörung der Organisation angewendet werden, und ist alsdenn, in dieser andern Beziehung, ein Gift. Die Heilmittellehre hat also in der Reihe der Naturdinge kein bestimmtes Gebiet (dominium), das sie als Eigenthum beherrscht, sondern wählt aus dem Inbegriff aller solche aus, die  Behufs des Zwecks der Heilung auf den menschlichen Körper tauglich sind. Ihr ist in dem Gebiete derselben bloß ein Aufenthaltsort (domicilium) zugestanden, dessen Umfang nicht absolut begrenzt ist, sondern nach den Fortschritten der Kunst sich verändert, verengert, erweitert. Das nemliche Ding ist ein Nahrungsmittel, wenn es den Verlust an Substanz in einem gesunden Körper ersetzt; eine Arzney, wenn es die verlohrne Gesundheit wieder herstellt; und ein Gift, wenn es dieselbe zerstört. Dabey bleibt es an sich, immer das nemliche Ding. Daher muß jeder Versuch verunglücken, durch die Diätetik, Arzneimittellehre, Toxikologie u.s.w. bestimmte Scheidungslinien in dem Naturreich zu ziehen, und es gleichsam in besondere Provinzen abzutheilen.“ 

      siehe auch:  Die zwei Hauptsätze  Allgemeiner und Integrativer Heilmittellehre

    Kommentar

       

      Reil erkennt hier klar und präzise, daß jeder Sachverhalt eine Heilmittel-, Gift- oder eine neutrale Funktion annehmen kann. Daß dies auch noch von Situation zu Situation, von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann, ist später von Leopold Löwenfeld  (1897), von Dieter Wyss (1982) und von Sponsel (1995) zu einem idiographischen Heilmittel Relativitätsprinzip  verallgemeinert worden. 
      Als Konsequenz ergibt sich die Notwendigkeit, eine idiographische Wissenschaftstheorie zu entwickeln, wozu sich die Wissenschaft im Heilkundefeld bislang als wenig motiviert und nicht erfolgreich erweist. 
      Es sieht so aus, als müßte dies von PraxeologInnen entwickelt und geleistet werden. Die NomothetikerInnen sind mangels praktischer Erfahrung, Übung und Kennerschaft hierzu nicht in der Lage.


    Moderne psychosomatische Auffassung
      der psychischen Kur bei Reil

    "Psychische Curmethoden sind also methodische Anwendungen solcher Mittel auf den Menschen, welche zunaechst auf die Seele desselben und auf diese in der Absicht wirken, damit dadurch die Heilung einer Krankheit zustande kommen moege. Es ist daher in Ruecksicht ihres Begriffes gleichgueltig, ob sie eine Krankheit der Seele oder des Koerpers heilen; ob das erregte Spiel der Seelenkraefte, zum Behuf der Heilung, durch mitgetheilte Vorstellungen und Begriffe, oder durch koerperliche Mittel ... erregt worden ist."

    Quelle: Reil, Johann Christian (1803). Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerruettungen.Halle: Curtsche Buchhandlung, S. 27/28.


    Begriff des Unbewussten Reil bekannt

    "Einige Wahnsinnige, bemerkt H e l m o n t)*, waren sich, nach dem Anfall, der Symptome bewusst, die sie waehrend desselben erlitten hatten. Ihre Seele, sagten sie von sich aus, sey im Alltag desselben bey einem Begriff stehen geblieben, von dem es ihnen vorgekommen sey, als wenn sie ihn im Spiegel vor sich gesehen haetten . Doch sey es ihnen nicht klar gewesen, dass sie denselben gedacht haetten. Auch wuerden sie mehrere Tage lang gestanden seyn, ohne es zu wissen, wenn der Anfall sie im Stehen ueberfallen haette.

    )* demens idea; Opera p. 174"

    Quelle: Reil, Johann Christian (1803). Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerruettungen. Halle: Curtsche Buchhandlung, S. 127.
     


    Prinzip der Konditionierung und
       assoziativen Verkettung bei Reil 1796

    „§ 21
       Drittes Gesetz

    Wenn mehrere tierische Organe, die miteinander in Gemeinschaft stehen, in einer gewissen Ordnung, naemlich zu gleicher Zeit, oder in einer unmittelbaren Folge zusammenwirken; und diese vereinigten Wirkungen in derselben Ordnung oft wiederholt werden: so werden dadurch die Organe so miteinander verbunden, dass, wenn eins aus der verbundenen Menge durch eine zufaellige Ursache in Taetigkeit gesetzt wird, die andern eine Neigung haben wieder mitzuwirken. Ihre Taetigkeit begleitet oder folgt gerne auf die Taetigkeit des gereizten Organs. Uebrigens ist es einerlei, ob die Taetigkeiten durch Vorstellungen oder durch Bewegungen sichtbar werden, nur muessen die Organe, deren Taetigkeiten sich  gegenseitig erregen sollen, eine gewisse Gemeinschaft miteinander haben."

    Quelle: Johann Christian Reil (1796). Von der Lebenskraft. Archiv fuer die Physiologie. Erster Band. Halle: Curtsche Buchhandlung, S. 141. Hier Text nach: Nachdruck Klassiker der Medizin (1910).  Leipzig: Barth und unveraenderter Nachdruck Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik Leipzig 1968, Seite 81.


    Empirisch-Kreatives Konzept zur
    Erforschung der psychischen Curmethode

    „§ 17

      Vorlaeufig einige allgemeine Regeln, die auf die psychische Curmethode des Wahnsinns ueberhaupt Bezug haben.

      1) Ein zuverlaessiges Heilverfahren dieser Krankheit ist nach dem jetzigen Stand unseres Wissens nicht moeglich.
    Die Natur desselben und ihre Causalverhaeltnisse sind uns wenig bekannt und die Wirkungen der psychischen Mittel so relativ, dass wir auf nichts Bestimmtes rechnen koennen.

    Weder die Art der Erregung der Seele, wie sie unseren Absichten entspricht, noch die Staerke, Dauer und Ausbreitung derselben steht durch sie in unserer Gewalt.

    Wir muessen uns daher jetzt noch mit ganz allgemeinen Anweisungen begnuegen und auf das Talent des Kuenstlers rechnen, diese den concreten Faellen anzupassen.

    Daher sollte man vorerst gute Koepfe, die Genie, Scharfsinn, Erfindungsgeist und Philosophie haben, durch Uebung zu einer gelaeuterten Empirie ausbilden.

    Diese wuerden mit Behutsamkeit das Bekannte auf die vorkommenden Faelle anwenden, ihren Irrthum bald einsehen, dadurch zu entgegengesetzten Methoden geleitet werden und nach und nach von ihren gemachten Erfahrungen allgemeine Ideen absondern, die als kuenftiges Regulativ in der Behandlungsart der Irrenden dienen koennten."
     

    Quelle:  Reil, Johann Christian (1803). Rhapsodieen ueber die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerruettungen. Halle: Curtsche Buchhandlung, S.  218-219.


    Historische Ergänzung: Begriff der Psychiaterie 1808

    1808 schuf J. C. Reil in seiner Arbeit Ueber den Begriff der Medicin und ihre Verzweigungen den Begriff der Psychiaterie, der sich sehr schnell durchsetzte.

         

         
         
         

         

          Aus: Reil, J. C.; Hoffbauer, J. C. (1808, Hg.). Beyträge zur Beförderung einer Kurmethode auf  psychischem Wege. 1. Bd. Halle: Curt’sche Buchhandlung, Seite 161. 
    Zur Begriffsgeschichte des Wortes Psychiatrie siehe auch:
    Mechler, A. (1966). Das Wort „Psychiatrie“. Historische Anmerkungen. 
    Nervenarzt 34, 9,  405-406.


    Reil über die Organisation einer Heilanstalt
    und die Rolle der ÄrztIn und PsychologIn
    und deren wichtige Haltung und Eigenschaften

        "Die Heilanstalt fuer Irrende an sich ist ein todtes Ding. Durch Menschen muss sie gleichsam erst Leben und Federkraft bekommen. Wir geben ihr eine aeussere und innere Administration; jene besorgt die allgemeinsten und oekonomischen, diese ihre besonderen und technischen Geschaeffte.
            Die aeussere Administration uebergehe ich, und bemerke bloss, dass sie nicht allein, aus oeffentlichen Auctoritaeten bestehen sollte, die so leicht durch ihren Rang im Staat imponiren und von ihrer Macht Gebrauch machen, wo sie mit Gruenden nicht durchdringen koennen. Wenigstens sollten einige Privatpersonen zugezogen werden, die ohne Eigennutz, aus Patriotismus, fuer die buergerliche Societaet arbeiten und durch fremde Verhaeltnisse nicht von ihrer Pflicht abgezogen werden. Dann muss auch das Personal der inneren Administration in ihr Sitz und Stimme haben, damit jene nicht nicht Dinge beschliesse, die mit dem Zweck der Anstalt in Widerspruch stehn.

            Zur innern Administration zaehle ich die Oberaufseher, Arzt, Psychologen und die Dienstleute. ... ...
            Der Oberaufseher, Arzt und Psychologe muessen folgende allgemeine Eigenschaften, Talente, Kundes ihres Faches und guten Willen zur Ausuebung desselben haben. Sie muessen Beobachtungsgabe und Scharfblick besitzen, um ins Innerste der Herzen zu dringen und die verborgensten Triebfedern der Verkehrtheit auszuspaehn; Schnelligkeit im Auffassen der Gegenstaende, im Entschliessen und Improvisiren, um jedes momentane Ereigniss zu nuetzen;
    Muth, um die erschuetterndesten Scenen auszuhalten; Geduld und Beharrlichkeit, um die misslungnen Versuche solang zu wiederholen, bis sie zum Zweck fuehren. Der ganze Vorrath von Kenntnissen, von allgemeiner Menschenkenntnis, Philosophie, Psychologie und Arzneykunde stehe ihnen zu Gebot, der zur Ausuebung ihres Fachs erfordert wird. Dabey fehle es ihnen nicht an Uebung, ihre Kenntnisse auf concrete Faelle, Behufs des Zwecks der Heilung Irrender, anzuwenden. Ihr Charakter sey unbescholten, ihr Herz edel, Menschenliebe und Pflichtgefuehl leite jeden ihrer Schritte; fern sey aller Eigennutz, Liebe fuer die Kunst und Trieb, das vorgesteckte Ziel zu erreichen, belebe ihre Thaetigkeit. Sanftmuth und Ernst wechsele auf ihrem Gesicht, wie die Umstaende es wollen; ihr Herz sey so fern von
    kalter Barbarey als von ohnmaechtiger Gelindigkeit. Durch Ueberlegenheit ihrer Talente, Maessigung ihrer Leidenschaften und durch Wuerde in ihrem Betragen sollen sie sich die Liebe und  Achtung der Irrenden erwerben. Furcht, als Folge einer tyrannischen Behandlung, ist mit Hass und Verachtung gepaart. Meistens sind die Verrueckten noch klug genug, die Schwaeche und den Unverstand ihrer Vorgesetzten bemerken zu koennen.
    Ihre Rede sey kurz, buendig und lichtvoll. ... ...

        Der Arzt und Psychologe sind die naechsten Kraefte, durch welche die Kur der Irrenden bewerkstelligt werden muss. Sie sind beide Heilkuenstler, bloss verschieden durch die Mittel, welche sie anwenden, sofern jener durch pharmaceutische, dieser durch psychische Mittel wirkt. Sie stehn also in einem aehnlichen Verhaeltnis zu einander wie der Arzt zum Wundarzt. Auf Namen und Personen koemmt es hier nicht an. Genug dass die Irrenden zum Theil psychisch behandelt werden muessen, und dass dies nicht anders als von einem Menschen geschehen kann, der dazu die noethigen psychologischen Kenntnisse hat. Es ist gleichgueltig, ob diese Kenntnisse in zwey Personen oder gemeinschaftlich mit den aerztlichen in einer Person vereinigt sind, ob der Inhaber derselben Psychologe, Arzt oder Prediger heisse. Allein da beide Zweige der Arzneykunde, die psychische und pharmaceutische, von einem so ungeheuren Umfang sind, dass sie fasst die Kraefte eines Menschen ueberschreiten; so halte ich es fuer gerathen, zwey Personen im Irrenhause zur Kur der Kranken unter dem Namen des Arztes und des Psychologen anzusetzen. Der Arzt muss die pharmaceutische Arzneykunde in ihrem ganzen Umfang umfassen, mit der Physiologie des Koerpers durchaus bekannt seyn, die Krankheiten der Seele aus der Pathologie zu seinem Hauptfach gemacht haben, und dabey in der Psychologie nicht unerfahren seyn. Der Psychologe hingegen soll in der Philosophie ueberhaupt zu Hause seyn, die praktische Seelenlehre, auf Arzneykunde angewandt, das Studium der Seelenkrankheiten, die psychische Kurmethode zum Hauptgegenstand seines Wissens gemacht, und von der Medicin ueberhaupt wenigstens eine allgemeine Ansicht haben. Beide muessen beobachten und untersuchen, dieser die Urspruenge aus der Seele, jener die Ursachen im Koerper, den Plan zur Kur gemeinschaftlich entwerfen, und der Arzt dann die Heilung der koerperlichen Gebrechen, der Psychologe die Paedagogik der Seele uebernehmen. ..."

    Quelle: Reil, Johann Christian (1803). Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerruettungen. Halle: Curtsche Buchhandlung, S. 473-478.


    Al Raschid's schoene Beischlaeferin
    Historisches Fallbeispiel zum Heilmittel Scham-Ueberraschung-Zorn
    der Heilmittel-Klasse Erregung einer Leidenschaft
    (einer heftigen Emotion oder Gemuetsbewegung)

    „Diese Curmethode ist zwar als eigene Disciplin; in einem systematischen Zusammenhang und in Verbindung mit den ihr angehoerigen Wissenschaften nie bearbeitet ... Die Griechen und Roemer waren mit ihr nicht unbekannt. Davon ueberzeugen uns manche Stellen in den Schriften des Hippocrates, Celsus und C. Aurelianus.

    Auch die Araber bedienten sich ihrer zur Heilung der Krankheiten. Mit welchem Glueck?
    Das erhellt aus folgender Geschichte.

    A l - R a s c h i d ’s  schoene Beischlaeferin hatte sich in den Umarmungen ihres Gebieters mit so vieler Inbrunst gestreckt, dass einer ihrer Arme starr blieb.  Man versuchte alles zu ihrer Herstellung; Balsame von Gilead und Mekka flossen in Stroemen, Narden und Ambra dampften in dem Rauchfasse, aber umsonst.

    Es wurde also ein neuer Arzt, G a b r i e l, herbeigerufen. Dieser heilte die Kranke in einem Augenblick, durch einen psychologischen Versuch. Er stellte sich, als wollte er ihren Unterrock beruehren, und dies in Gegenwart von Zeugen. Schnell entbrannte Zorn in der Brust des schoenen Maedchens, ihr Krampf verschwand, und sie griff mit b e i d e n
    H a e n d e n  auf den verwegenen Frevler zu.

    Sie war geheilt, der Kaiser aller Glaeubigen gluecklich durch die Hoffnung neuer Umarmungen und der Arzt nicht minder durch 500,000  Thlr, die er fuer diese Cur geschenkt bekam.)*

    Gregor. Abul. Pharaji  Histor. orient. dynast. Oxoniae 1662."

    Quelle: Reil, Johann Christian (1803). Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerruettungen. Halle: Curtsche Buchhandlung, S. 28-29. 



    Querverweise: Integrative Psychologische Psychotherapie (GIPT) und Psychiatrie.
    TOP-10 Arbeitsprinzipien der GIPT  Handlungsprinzipien:Intuition HeuristikFlexibilitätKontrolle   Außendarstellung GIPT

    Zitierung
    Sponsel, R. (1998). Allgemeine und Integrative Texte von Johann Christian Reil (1759-1813).  Internet Publikation Allgemiene und Integrative Psychotherapie (IP GIPT ). Erlangen: https://www.sgipt.org/gesch/reilh1.htm
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