Der Glaube an Psi.
Die Psychologie paranormaler Überzeugungen.
präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen
Bibliographie * Verlagsinfo * Inhaltsverzeichnis * Leseproben: PSI - worum geht es da?, Haupt-Ergebnis: aus dem Nachwort * Bewertung * Links * Literatur * Querverweise *
Bibliographie:
Hergovich, Andreas (2005, 2.A.). Der Glaube an Psi. Die Psychologie
paranormaler Überzeugungen. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Dieter
Frey. Bern: Huber.
2., vollst. überarb. u. erg. Aufl. 2005. 290 S., 21 Abb., 14 Tab.,
Kt ISBN: 3-456-84190-6. EURO 29.95 / CHF 52.50. September 2005. "Kann
die Wissenschaft paranormale Phänomene nachweisen? Warum glauben so
viele Menschen an die Existenz des Paranormalen? Argumente von Parapsychologen,
Skeptikern und Trickkünstlern werden unvoreingenommen erörtert.
Verlagsinfo:
"Kann die Wissenschaft paranormale Phänomene nachweisen? Dies scheint
bis heute nicht der Fall zu sein. Warum glauben so viele Menschen dennoch
an die Existenz des Paranormalen, unabhängig davon, ob dafür
ein Nachweis erbracht werden kann? Der Autor informiert umfassend über
die historischen und aktuellen Forschungsbemühungen der Parapsychologie
sowie über die Ursachen für den individuellen Glauben an paranormale
Phänomene aus psychologischer Sicht. Es werden wissenschaftliche Überlegungen
und empirische Studien herangezogen. Argumente von Parapsychologen, Skeptikern
und Trickkünstlern werden unvoreingenommen erörtert. Daraus ist
eine hochinteressante Studie im Grenzgebiet zwischen Glauben und Wissen
entstanden. Das Buch enthält zahlreiche Abbildungen, Tabellen und
Fallbeispiele.
Für die zweite Auflage wurde das Buch vollständig überarbeitet
und ergänzt. "
1. EINLEITUNG 11
2. GESCHICHTE DER PARAPSYCHOLOGIE
23
2.1. Von den Anfängen bis zu den Hexenverfolgungen
23
2.2. Das Zeitalter des Spiritismus 33
2.3. Wissenschaftliche Parapsychologie bis zur Gegenwart
46
3. ERKLÄRUNGSANSÄTZE DES PARANORMALEN
73
3.1. Paraphysikalische Erklärungen
74
3.2. Dualistische Ansätze 88
3.3. Das Synchronizitätsprinzip
98
3.4. Sozialanthropologische Ansätze
105
4. PHILOSOPHISCHE PROBLEME 117
4.1. Mangelnde wissenschaftliche Gegenstandsbestimmung
117
4.2. Probleme der ontologischen Positionierung
120
4.3. Erkenntnistheoretische Voraussetzungen der Existenz von Psi
123
4.4. Paranormale Phänomene aus empiristischer Sicht
130
5. PROBLEME DES EMPIRISCHEN NACHWEISES VON PSI
135
5.1. Fehlen des überzeugenden Belegs
135
5.2. Prinzipielle statistische Probleme
141
5.3. Praktische Anwendbarkeit ist nicht gegeben
147
5.4. Verstoß gegen wissenschaftliche Fundamentalprinzipien
148
5.5. Konklusion 150
6. DETERMINANTEN
DES GLAUBENS AN PSI 153
6.1. Betrug in Zusammenhang mit Leichtgläubigkeit
153
6.2. Paranormale Phänomene und Gedächtnistäuschungen
193
6.3. Illusion von Kontrolle 198
6.4. Dispositionale Erklärungen
205
6.5. Lerntheoretische Erklärungen
227
6.6. Paranormale Phänomene als Chimäre des Zufalls
232
7. ZUR IRRATIONALITÄT PARANORMALER ÜBERZEUGUNGEN 251
8. NACHWORT 263
9. LITERATUR 267
PSI - Worum geht es da ?
PSI wird vom Autor im Titel metaphorisch und stellvertretend verwendet,
so dass als erste Leseprobe die Auskunft gewählt wird, worum es in
dem Buch geht:
"I. EINLEITUNG
Gegenstand dieses Buches ist der Glaube an paranormale Phänomene.
Bei paranormalen Phänomenen handelt es sich um Anomalien,
für die es bis jetzt keine wissenschaftlich akzeptierten Erklärungen
gibt, um „apparent anomalies of behavior and experience that exist apart
from currently known explanatory mechanisms that account for organism-environment
and organism-organism information and influence flow" (Parapsychological
Association, 1989, zit. nach Irwin, 1999, S. 1). Irwin (1999) betont,
dass diese Definition nicht notwendig die (ontologische) Existenz [RS:
> Welten] irgendeines paranormalen
Phänomens impliziert. Der Schwerpunkt der Definition liegt also auf
dem „scheinbar" (apparent). Solche Phänomene werden zumindest als
Anomalien erlebt, und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass zu
einem späteren Zeitpunkt konventionelle wissenschaftliche Erklärungen
gefunden werden können. Eine im Hinblick auf die zugrunde liegenden
Prozesse etwas neutralere (es wird kein Informationsfluss postuliert),
alternative Definition für diese Phänomene lautet: „Eine Übereinstimmung
(correspondance) von kognitiven oder psychophysiologischen Aktivitäten
eines Organismus mit Ereignissen in dessen Umgebung, die im Hinblick auf
allgemein akzeptierte Begrenzungsprinzipien der Natur (limiting principles
of nature) [...] anomal sind" (Palmer, 1990, S. 8).
Zum Bereich des Paranormalen zählen alternative
Gesundheitspraktiken (z.B. Homöopathie, die Methoden der Wunderheiler
oder Reiki) genauso wie Psi-Phänomene (Hellsehen, Levitation etc.).
Dazu gehören aber auch UFO-Sichtungen, Spuk-Phänomene, Nah-Tod-Erlebnisse
oder Okkultismus. Die meisten dieser Themenkreise werden durch die Disziplin
der Parapsychologie abgedeckt. Die Parapsychologie unserer Zeit versucht,
solche Phänomene wissenschaftlich zu untersuchen. In der Regel werden
aber nicht alle paranormalen Phänomene von Parapsychologen als Gegenstand
ihrer Forschungsbemühungen anerkannt. So zählt die Parapsychological
Association neben den Psi-Phänomenen (Telepathie, Hellsehen, Präkognition,
Psychokinese, s. u.) noch Nah-Tod-Erlebnisse, Reinkarnation, Spuk- und
Poltergeistphänomene zu ihrem Gegenstandsbereich, während Astrologie,
UFO-Forschung, Hexensuche und die Erforschung geheimnisvoller Lebewesen
wie Bigfoot oder Loch-Ness explizit ausgeschlossen werden (Online-Information
der Parapsychological Association, verfügbar unter https://www.parapsych.org//faq_filel.html#4am
1.7.2005).
Nach Irwin (1999) herrscht weitgehender Konsens
darüber, dass Psi-Phänomene und alle Phänomene, die mit
dem Weiterleben nach dem Tod zu tun ha-[<11]ben, jedenfalls Untersuchungsgegenstand
der Parapsychologie sind. Diese inhaltliche Einschränkung dient dazu,
sich vom populären Image einer Disziplin, die für jede obskure
Praktik (von Tarotkarten bis zur Kirlianphotographie, s. Zinser, 2004)
oder jedes seltsame Phänomen (von Entführungen durch „Aliens"
bis hin zum Bermudadreieck) zuständig ist, zu befreien. Studiert man
parapsychologische „Journals", so stößt man dennoch auf mancherlei
Skurrilität. Da gibt es Arbeiten zur Psi-Sensitivität
der Drosophila melanogaster (der Fruchtfliege, z.B. Lépes &
Argibay, 1994) wie zur paranormalen Wundheilung bei Mäusen (Grad,
Cadoret & Paul, 1963) oder zur Vorhersage des Sonnenzeichens einer
Person aufgrund des Farbpyramidentests (Timm & Niehenke, 1986). Es
wird darüber spekuliert, ob Hitler sensitive Fähigkeiten hatte
(Timm, 1985), ob das Monster von Loch Ness existiert (Bauer, 2002), ob
die vierte Dimension als paranormale Wirksphäre existiert (Renninger,
1977) oder ob sich Kunstwerke selbst organisieren können (z.B. wenn
ein Buch quasi automatisch, d.h. ohne bewusstes Zutun wie von Geisterhand
geschrieben wird, s. Gauger, 1983).
Die Gemeinsamkeit aller paranormalen Phänomene
besteht darin, dass die Erklärungen, die für sie gegeben werden,
mit den Theorien und Ergebnissen der etablierten Wissenschaft derzeit nicht
im Einklang stehen. Diese Phänomene existieren quasi neben („para"
ist die griechische Vorsilbe für „neben") den „normalen" Phänomenen
und Gegenständen der Wissenschaft, sie sind „beyond the range of phenomena
presently accepted by most scientists" (Radin, 1997, S. 18). Natürlich
gibt es einen fließenden Übergang zwischen „paranormalen" und
„normalen" Phänomenen. Sobald innerhalb der Wissenschaft ein gewisser
„common sense" über die Existenz behaupteter Phänomene vorliegt
oder sobald die Wissenschaft allgemein akzeptierte Erklärungen für
bestimmte Phänomene gefunden hat, können diese Phänomene
als „normal" bezeichnet werden. Die Wissenschaftsgeschichte kennt eine
Fülle von Entdeckungen oder Theorien, die anfangs heftig angefeindet
wurden und heute als bestätigt gelten (z.B. die Relativitätstheorie).
Auch wenn Parapsychologen sehr gerne solche Beispiele erwähnen, bedeutet
das keinesfalls, dass jedwede obskure Theorie nach ersten Anfeindungen
dann doch („wenn die Zeit reif ist") von der „scientific Community" akzeptiert
wird. Dafür gibt es ebenfalls genügend historische Beispiele
(z.B. die Od-Theorie des Chemikers Karl Freiherr von Reichenbachs, die
Theorie der N-Strahlen des Physikers René Blondlot oder die Orgon-Theorie
des Psychoanalytikers Wilhelm Reich). ... "
Das wesentliche und interessant formulierte Hauptergebnis der Studie habe ich nach der sympathischen Schlußeinleitung fett kursiv gesetzt:
"8. NACHWORT
Paranormale Phänomene faszinieren mich im Grunde seit meiner Kindheit.
Ich erinnere mich noch genau, welchen Eindruck es auf mich machte, als
ein anderes Kind mir zeigte, wie es seinen Daumen verschwinden lassen kann.
Ich war ca. 5 Jahre alt und unglaublich fasziniert. Ein ähnliches
Gefühl überkam mich einige Zeit später, als mir meine Mutter
während des Besuchs der Messe eröffnete, der Verzehr der Hostie
sollte ewiges Leben bringen. Sofort war ich hellauf begeistert ob der einfachen
Lösung und malte mir aus, wie fantastisch das wäre, ewig zu leben.
Allerdings wurde diese Begeisterung schnell durch einen vagen Hinweis auf
die allegorische Bedeutung des Hostienmahls gedämpft. Solche euphorischen
Gefühle der Faszination bzw. Begeisterung erlebte ich später
immer wieder in Zusammenhang mit der Vorführung von Zaubertricks.
Sie motivierten mich schließlich auch, selbst die Zauberkunst zu
erlernen. Hatte ich als Neunjähriger meinen ersten Zauberkasten sehr
bald beiseite gelegt, weil mich die Trickerklärungen enttäuschten
(und ich die Leute nicht recht „verzaubern" konnte), ging ich es zwanzig
Jahre später wesentlich ernsthafter und akribischer an. Auch wenn
es mir als Erwachsener durch ehrgeizigstes Üben gelang, die Technik
des Zauberns und wohl auch die Psychologie dahinter zu erlernen, in einem
Punkt ist das Resultat dasselbe geblieben: Die allzu menschliche faustische
Hoffnung, ein Wunder nicht nur erleben zu können, sondern gleichzeitig
auch zu verstehen und zu erzeugen, ist zur Illusion zerronnen. Sehe ich
jetzt der Vorführung eines Zauberkunststücks zu, flackert die
einstige Begeisterung höchstens als Strohfeuer auf. Selbst wenn ich
wegen mangelnder Konzentration nicht sehe, wie der Effekt erzielt wurde,
kenne ich in der Regel die angewandten Techniken und bin einigermaßen
gelangweilt. Der Preis für das Erlernen magischer Kunststücke
und für das Vermögen, anderen ein Wunder präsentieren zu
können, war der Verlust der eigenen naiven Begeisterungsfähigkeit.
Las ich als Jugendlicher von paranormalen Phänomenen
(Wunderheilern, Hellsehern oder UFOS), war mir immer ein Rätsel, warum
derartige Phänomene - deren Existenz vorausgesetzt - nicht das Thema
Nummer l in seriöseren Medien und der Wissenschaft waren. Die Antwort
lag für mich sehr bald in einer skeptischen Position. Die Wissenschaft
beschäftigte sich eben deshalb nicht mit paranormalen Phänomenen,
weil es sie in Wirklichkeit überhaupt nicht gibt. Diese Sichtweise
wurde durch ein erstes Studium der wissenschaftlichen Literatur erhärtet.
Anscheinend hielt kein vermeintlicher Nachweis eines paranormalen Phänomens
skeptischen Argumenten stand, Skeptiker konnten eine Fülle [<263]
von plausiblen Erklärungen für den Glauben an derartige Phänomene
anbieten. ..."
Das Nachwort schließt mit einem Zitatzitat: "Lasst uns unser Glück besorgen, in den Garten gehen, und arbeiten. (Kant, 1766/1994, S. 85, beschließt mit diesem Zitat aus Voltaires Candide seine Träume eines Geistersehers)." (S. 266)
Bewertung:
Interessant,
wichtig, anspruchsvoll.
Durch die extreme Entwicklung und Überfrachtung privater Medien
und Internet haben esoterische Themen seit Jahrzehnten eine anscheinend
ebenso anhaltende Hochkonjunktur. Schnell kann man über die Kanäle
überall dabei sein. Ein gigantisches Sammelsurium an esoterischen,
"spirituellen", okkulten und dubiosen
Angeboten funktioniert wie ein nicht minder gigantischer Patchworkbaukasten,
aus dem sich jeder seine individuelle Glaubenswelt synkretistisch [W]
so zusammenbasteln kann, wie es gerade beliebt. Glimmer, Geister und Geheimnis
bringen Quote, Absatz, Geld. Wie so viele Zeiten kann man auch unsere als
krisenhafte mit ebenso vielen metaphysischen wie rationalen Defiziten ansehen,
so dass die verschiedenen Faktoren nicht nur zusammenwirken, sondern sich
sogar verstärken. So gesehen wünscht man sich aus kritisch-skeptischer
Perspektive natürlich Bücher, die diesem Spuk entgegenzutreten
vermögen. Hierzu liefert Hergovichs Arbeit, wenn es auch kein Buch
fürs breite Publikum ist, sondern eher für Vermittler und Moderatoren
geeignet ist, einen interessanten, wichtigen und anspruchsvollen Beitrag.
Die Determinanten des Glaubens an Psi werden im Kapitel
6 ausführlich besprochen.
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
Buchpräsentation site:www.sgipt.org. |
korrigiert: irs 01.09.06