Erlebnisregister Psychotherapie
Kapitel 17-18 Dibs von
Virginia Mae Axline (1911-1988)
Begründerin der nicht-direktiven Spieltherapie
> Biographisches.
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_Bildnis
mit freundlicher Erlaubnis http://plunkettlakepress.com/va.html
_
Originalarbeit von Rudolf Sponsel,
Erlangen
Inhalt
Zusammenfassung 3. Gespräch mit der Mutter. Durchschlagender Erfolg.
Zusammenfassung Anzahl Erlebenselemente
140: 22 verbaler Erlebensausdruck
Mutter, 4 nonverbaler Erlebensausdruck Mutter, 6 Erlebensausdruck durch
Verhalten Mutter, 12 Erleben durch A.s Interpretation, 54 Mutter Dibs gegenüber,
3 Dibs seiner Mutter gegenüber, 14 Mutter Eindrücke von Dibs,
7 Dibs Können und Fähigkeiten, 18 Sonstiges, z.B. Mann, Eltern,
Großmutter. Methodische Anmerkung: Die Auswertung zeigt, dass der
methodische Ansatz Erlebenselemente in Therapieberichten zu erfassen funktioniert,
wenn auch, wie hier, Anpassungen und Erweiterungen sinnvoll und möglich
sind. Pro Seite wurde nicht gerechnet, weil das Gespräch
nicht in die Spielstundenstatistik eingeht.
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Erfassung
der Erlebenselemente 3. Gespräch mit der Mutter
A165f1 Dibs spontan ausgedrückte Zuneigung, A165d1 aus verkrampfter
Abwehr herausgerissen. 165a1 dankbar. 165e1 Dibs so verändert. 165e2
noch nie so frei seine Gefühle gezeigt 165a2 tief ergriffen. A165b1
Augen leuchteten 165g1 geht ihm so viel besser A165b2 kleines Lächeln.
165g2 ruhiger, glücklicher 165g3 Keine Wutanfälle mehr
165g4 Kaum noch Daumenlutschen 165g5 sieht uns offen an 165g6 antwortet
meistens Interesse am Familiengeschehen 165g7 spielt manchmal mit
seiner Schwester 165g8 zeigt mit etwas Zuneigung 165g9 kommt manchmal zu
mir 165g10 äußert sich 165g11 Plätzchen für
uns 165g12 spürt, dass er zur Familie gehört 165a3
Ich spüre selbst, dass er zu uns gehört 165a4 Weiß nicht,
was schief ging 165a5 Von Anfang an unsicher 165a6 Geschlagen und
bedroht vorgekommen 165a7 Dibs alles für mich zerstört 165a8
Brachte Ehe in Gefahr 165a9 Beendete meine Berufslaufbahn 165a10
Was habe ich getan? 165a11 Warum das alles? 165a12 Was tun,
um wieder Gleichgewicht herzustellen?
166a1 Warum, warum, warum? 166h1 Bestand im 1. Gespräch
darauf geistig zurückgeblieben, obwohl ich wusste stimmte nicht 166a2
zu zwingen versucht 66a3 ohne echten Kontakt 166h2 Kann schreiben
und lesen 166h3 führt Listen 166h4 Sammelbücher angelegt
166h5 Blumen gepresst 166h6 Zimmer voll mit Büchern, Bildern,
Lehrspiele, Spielsachen, naturwissenschaftliche Gegenstände, Plattenspieler,
riesige Plattensammlung, 166g1 liebt Musik, besonderes Klassiker, 166h7
kennt alle Stücke 166e1 Ihm viele Platten vorgespielt. 166a4
Nie gewusst, ob ich zu ihm durchdringe 166e2 Hunderte von Büchern
vorgelesen, 166f1 während er sich unter dem Tisch versteckte. 166e3
Ständig mit ihm gesprochen, 166e4 viel erklärt 166b1 seufzte.
166c1 schüttelte verzweifelt den Kopf. 166a5 Ich mußte
es mir beweisen 166a6 wußte nie was ankam
167e1 Sah wie er sich zuwandte A167 «Sie müssen
in Ihren Gefühlen Ihrem Sohn gegenüber sehr gestört und
hin und her gerissen gewesen sein», bemerkte ich. »Sie haben
ihn getestet, beobachtet, an ihm und sich selbst gezweifelt Sie haben gehofft
und die Hoffnung wieder verloren, kamen sich als Versager vor und wollten
es ihm gegenüber doch irgendwie gutmachen.» 167e2
«Ja, sagte sie. «Immer habe ich ihn getestet. 167e3 Immer habe
ich seine Fähigkeiten angezweifelt. 167e4 Immer versucht, ihm näherzukommen,
und dabei stets nur eine Mauer zwischen uns errichtet. 167e5 Ich glaube,
kein Kind wurde je so gequält, indem man ständig von ihm verlangte,
diesen oder jenen Test zu bestehen - immer, immer mußte er beweisen,
daß er begabt sei. 167e6 Er hatte keinen Frieden 167i1 Außer
wenn seine Großmutter zu Besuch kam. 167i2 Sie hatten ein gutes Verhältnis
zueinander. 167i3 Bei ihr entspannte er sich. 167i4 Er sprach nicht viel
mit ihr. 167i5 Aber sie nahm ihn so, wie er war, 167i6 und sie glaubte
immer an ihn. 168i7 Sie sagte mir immer, wenn ich ihn in Ruhe ließe,
würde er schon werden. 167e7 Aber das konnte ich nicht glauben. 167e8
Ausgleichsbedürfnis für das, was zu geben versäumt
167e9 Fühlte mich verantwortlich 167e10 Fühlte mich schuldig
167b1 Brach in Tränen aus 167e11 «Ich weiß
nicht, wie ich ihm das antun konnte., rief sie. 167e13 «Mein Verstand
muß mich verlassen haben. 167e14 Ich habe unter einem unwiderstehlichen
Zwang gehandelt 167e15 und vollkommen unvernünftig. 167e16 Ich hatte
sehr wohl den Beweis, den ich haben wollte, daß nämlich tief
unter diesem seltsamen Verhalten Gaben bei Dibs vorhanden waren. 167e17
Aber ich konnte es nicht ertragen, mir einzugestehen, daß ich an
seinen Problemen schuld sein könnte. 167e18 Ich konnte nicht zugeben,
daß ich ihn ablehnte. 167e19 Und jetzt kann ich es nur deshalb zugeben,
weil ich ihn nicht mehr [>168} ablehne.
168e1 Dibs ist mein Kind, und ich bin stolz
auf ihn. 168b1 Sie sah mich fragend an. A168e2 «Es war äußerst
schwierig für Sie, sich Ihre Gefühle einzugestehen. Aber jetzt
haben sich Ihre Gefühle geändert, Sie akzeptieren ihn, glauben
an ihn und sind stolz auf ihn? 168c1 Sie nickte heftig. 168c2
«Ich muß Ihnen zeigen, was er noch tun kann. 168e4 Er kann
lesen, schreiben, buchstabieren und beobachten. 168e5 Und seine Zeichnungen
sind ganz einzigartig. 168b3 Ich muß Ihnen ein paar zeigen.
A168e6 Ich betrachtete die Zeichnungen. Sie waren wirklich ungewöhnlich
für ein sechsjähriges Kind. 168b2 Dann sah sie mich mit beunruhigten
Augen an. 168e7 «Zu ungewöhnlich», sagte sie. 168e8
«Das ist es, was mir bei seiner seltsamen Begabung Sorge macht ich
habe mich mit dem Gedanken gequält, daß er schizophren sein
könnte. 168e9 Und wenn das der Fall wäre, was hätte seine
überdurchschnittliche und unnatürliche Begabung dann für
einen Wert? 168a1 Aber jetzt bin ich frei von dieser Furcht. 168e10 Er
fängt an, sich normaler zu verhalten.» A168e11 Dibs'
Mutter hatte Medizin studiert und wußte. daß ihre Diagnose
richtig sein konnte. Das anomale Verhalten, das sie ihm aufgedrängt
hatte, hatte ihn von seiner Familie und den Kindern und Erwachsenen, die
er in der Schule kennengelernt hatte, abgesondert. Wenn ein Kind gezwungen
wird, seine Fähigkeiten beweisen, ist das Ergebnis oft verheerend.
Ein Kind braucht Liebe, Anerkennung und Verständnis. Es geht zugrunde,
wenn ihm Ablehnung, Zweifel und nie endende Prüfungen begegnen.
169a1 «Vieles verwirrt mich immer noch. 169e1
«Wenn Dibs überdurchschnittlich begabt ist, sollte diese Begabung
nicht verschwendet werden. 169e2 Auf seine Leistungen kann man stolz sein.»
A169e3 «Diese Leistungen bedeuten Ihnen viel, obwohl seine Gesamtentwicklung
Sie immer noch etwas verwirrt, nicht wahr? [RS: suggestiv]
169e4 «Ja», erwiderte sie. «... Für ihn sowohl wie
für mich. 169g1 Mit 2 schon lesen gekonnt. 169e5 habe sie ihm
beigebracht 169e6 Sein Vater meinte, ich hätte den Verstand verloren
169e7 Aber ich wußte es A169e8 Wie lesen gelernt? 169e9
Methode erzählt 170e1 Bücher, Bilder,
Schallplatten, Plattenspieler bedienen, Titel lesen, kleine Geschichten
vorgelesen, 170e2 auch sein Vater manchmal vorgelesen 170e3
Sein Vater brachte Dinge mit nach Hause und erklärte sie Dibs ganz
genau. 170e4 Zahlen beigebracht. 170e5 murmelte viel vor sich hin, merkte,
170e6 daß er mit sich selbst sprach. 170e7 Nie richtiger Kontakt
zwischen uns. 170a1 Darum große Sorgen. 170c1 Sie verstummte. 170c2
Lange Zeit sah sie zum Fenster hinaus. A170c3 Ich schwieg. A170e8
Bei dem Bild, das sie von ihrem Leben mit Dibs gemalt hatte, durchlief
mich ein Schauer. Es war in der Tat ein Wunder, daß sich das Kind
seine innere Geschlossenheit und Empfänglichkeit bewahrt hatte. Bei
diesem ständigen Druck hätte sich jedes Kind zur Verteidigung
in sich zurückgezogen. Sie hatte sich selbst bewiesen, daß Dibs
den Aufgaben, die sie ihm stellte, gewachsen war. Aber sie hatte gespürt,
daß keine enge Beziehung zu ihrem Sohn bestand. Wenn man die Gaben
eines Kindes derartig ausbeutet, ohne gleichzeitig dafür zu sorgen,
daß sein Gefühlsleben ausgeglichen ist, so kann man das Kind
dabei zerstören. 170i1 Schwester Dorothy in Internatsschule
wegen mehr Konzentration auf Dibs 171e1 warum sind mir [<171] all diese
Leistungen so wichtig? 171e2 -Er war noch ein Baby, als ich ihn schon drängte,
mir zu beweisen, was er konnte. 171e3 Warum kann ich Dibs nicht einfach
ein Kind sein lassen? 171e4 Mein Kind! 171e5 Und mich für ihn freue
171f1 Warum lehnte Dibs mich ab? 171a1 Warum schrecke ich vor
meinen eigenen Gefühlen zurück? 171a2 Warum habe ich Angst, ein
Gefühlsmensch zu sein? 171e6 Warum habe ich mich an Dibs für
die gespannten Beziehungen zwischen mir und meinem Mann gerächt
170i1 glaubte, ich könnte einen so hochbegabten Mann in meiner Rolle
als Mutter nicht interessieren oder halten. 171i2 Mann nie Kinder
gewollt 171i3 Kämpften gegen alle Anzeichen unserer Fehler.
171i4 Schuld, Niederlage, Enttäuschung, Versagen, diese Gefühle
konnten wir nicht dulden. 171i5 Gaben Dibs die Schuld. 171e7 Armer kleiner
Dibs Alles, was zwischen uns schiefging, war seine Schuld. 171i6
Ich möchte wissen, ob wir das je gutmachen können.» A171e8
«Viele heftige, quälende Gefühle sind in diese Beziehung
verwickelt, sagte ich. «Einige haben Sie genannt. Sie haben über
Ihre Gefühle in der Vergangenheit gesprochen. Was fühlen Sie
jetzt? 171e9 Gefühle geändert. 171e10
Stolz auf Dibs. 171e11 Liebe ihn. 171e12 muss nicht mehr dauernd beweisen.
171e13 Auch Dibs geändert. 171i7 Auch Haltung und Gefühle
seines Vater geändert 171i8 hohe Mauern errichtet, ... wir alle 171i9
sie fallen und wir alle werden glücklicher sein A171i10 «Ja,
Haltungen und Gefühle ändern sich, sagte ich. Ich glaube, diese
Erfahrung haben Sie gemacht. 171i11 Ja, Gott sei Dank, ja.
A172d1 Weil sie nun akzeptiert wurde, wie sie war,
und sich als Mutter nicht mehr bedroht fühlte, war sie wahrscheinlich
fähig gewesen. [>172] sich ihre eigenen Gefühle wirklich bewußt
zu machen und zu echter Einsicht und zu Verständnis zu kommen.
Es geschieht so oft, daß ein Kind nicht zur Therapie
zugelassen wird, weil die Eltern nicht mitmachen wollen und sich weigern
Hilfe für sich selbst anzunehmen. Keiner weiß, wie viele Kinder
aus diesem Grunde abgewiesen werden. Oft ist es tatsächlich besser,
wenn die Eltern auch an den Therapiestunden teilnehmen und sich bemühen,
ihren Anteil an den problematischen Beziehungen herauszufinden. Aber ebenso
kommt es vor, daß die Eltern zwar ihre Zustimmung zur Therapie geben
und dann doch so widerstrebend sind, daß nur wenig erreicht wird.
Wenn sie zu einer solchen Erfahrung nicht bereit sind, können sie
selten Gewinn daraus schöpfen. Die Abwehr eines bedrohten Menschen
kann unüberwindlich sein. Es war ein Glück für Dibs, daß
seine Eltern sich doch so weit in ihr Kind einfühlen konnten, daß
auch sie sich änderten und mehr Verständnis und Achtung für
seine Entwicklung aufbrachten. Nicht nur Dibs fand sich allmählich
selbst, auch seine Eltern taten es."
Einordnung
der Erlebenselemente 3. Gespräch mit der Mutter
Pro Seite wurde nicht gerechnet, weil das Gespräch nicht in die
Spielstundenstatistik eingeht.
Auswertung 3. Gespräch mit der Mutter [44] | a) verbaler Erlebensaus- druck Mutter [22] | b) nonverbaler Erlebens-
ausdruck Mutter [4] |
c) Erlebensausdruck durch Verhalten Mutter [6] | d) Erleben durch A.s Interpretation [12] |
Nach nur 13 Spielstunden bahnt sich ein sensationeller
Therapieerfolg von Dibs und seiner Familie an.
Durchbruch und tiefgreifende Einsichten der Mutter und des Vaters auf der ganzen Linie. Dibs noch nie so glücklich, offen, frei und kommunikativ gesehen (S. 165). Methodische Anmerkung: Die Auswertung zeigt, dass der methodische Ansatz Erlebenselemente in Therapieberichten zu erfassen funktioniert, wenn auch wie hier Anpassungen und Erweiterungen sinnvoll und möglich sind. Zusammenfassung Anzahl Erlebenselemente = 140:
|
165a1 dankbar.
165a2 tief ergriffen. 165a4 Weiß nicht, was schief ging 165a5 Von Anfang an unsicher 165a6 Geschlagen und bedroht vorgekommen 165a7 Dibs alles für mich zerstört 165a8 Brachte Ehe in Gefahr 165a9 Beendete meine Berufslaufbahn 165a10 Was habe ich getan? 165a11 Warum das alles? [10] 165a12 Was tun, um wieder Gleichgewicht herzustellen? 166a1 Warum, warum, warum? 166a2 zu zwingen versucht 166a3 ohne echten Kontakt 166a4 Nie gewusst, ob ich zu ihm durchdringe 166a5 Ich mußte es mir beweisen 166a6 wußte nie was ankam 168a1 Aber jetzt bin ich frei von dieser Furcht. 169a1 «Vieles verwirrt mich immer noch. 170a1 Darum große Sorgen. [20] 171a1 Warum schrecke ich vor meinen eigenen Gefühlen zurück? 171a2 Warum habe ich Angst, ein Gefühlsmensch zu sein? [22] _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
A165b1 Augen leuchteten
A165b2 kleines Lächeln. 166b1 seufzte 168b1 Dann sah sie mich mit beunruhigten Augen an. _ Bemerkung: Teilweise ist die Unterscheidung zwischen b) und c) schwierig. _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
166c1 schüttelte verzweifelt den Kopf
168c1 Sie nickte heftig. 168c2 Ich muß Ihnen ein paar zeigen (zeigt Zeichnungen) 170c1 Sie verstummte. 170c2 Lange Zeit sah sie zum Fenster hinaus. A170c3 Ich schwieg _ Bemerkung: Teilweise ist die Unterscheidung zwischen b) und c) schwierig. _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
A165d1 aus verkrampfter Abwehr herausgerissen.
A172d1 Weil sie nun akzeptiert [1] wurde, wie sie war, und sich als Mutter nicht mehr bedroht [2] fühlte, war sie wahrscheinlich fähig gewesen. [>172] sich ihre eigenen Gefühle [3] wirklich bewußt zu machen und zu echter Einsicht [4] und zu Verständnis [5] zu kommen. Es geschieht so oft, daß ein Kind nicht zur Therapie zugelassen wird, weil die Eltern nicht mitmachen wollen und sich weigern Hilfe für sich selbst anzunehmen. Keiner weiß, wie viele Kinder aus diesem Grunde abgewie- sen werden. Oft ist es tat- sächlich besser, wenn die Eltern auch an den Therapie- stunden teilnehmen und sich bemühen, ihren Anteil an den problematischen Beziehun- gen herauszufinden. Aber ebenso kommt es vor, daß die Eltern zwar ihre Zustimmung zur Therapie geben und dann doch so widerstrebend sind, daß nur wenig erreicht wird. Wenn sie zu einer solchen Erfahrung nicht bereit sind, können sie selten Gewinn daraus schöpfen. Die Abwehr eines bedrohten Menschen kann unüberwindlich sein. Es war ein Glück für Dibs, daß seine Eltern sich doch so weit in ihr Kind einfühlen [6] konnten, daß auch sie sich änderten [7] und mehr Verständnis [8] und Achtung [9] für seine Entwicklung aufbrachten. Nicht nur Dibs fand sich allmählich selbst [10] , auch seine Eltern taten es." [11] |
e) Mutter Dibs gegenüber [54] | f) Dibs seiner Mutter gegenüber
[3] |
g) Mutter Ein- drücke von Dibs
[14] |
h) Dibs Können und Fähigkeiten
[7] |
i) Sonstiges, z.B.
Mann, Eltern, Großmutter [18] |
165e1 Dibs so verändert. 165e2 noch nie so frei
seine Gefühle gezeigt
166e1 Ihm viele Platten vorgespielt 166e2 Hunderte von Büchern vorgelesen, 166e3 Ständig mit ihm gesprochen, 166e4 viel erklärt 167e1 Sah wie er sich zuwandte A167 «Sie müssen in Ihren Gefühlen Ihrem Sohn gegenüber sehr gestört und hin und her gerissen gewesen sein», bemerkte ich. »Sie haben ihn getestet, beobachtet, an ihm und sich selbst gezweifelt Sie haben gehofft und die Hoffnung wieder verloren, kamen sich als Versager vor und wollten es ihm gegenüber doch irgendwie gutmachen.» 167e2 Ja, sagte sie. Immer habe ich ihn getestet. 167e3 Immer habe ich seine Fähigkeiten angezweifelt. 167e4 Immer versucht, ihm näherzukommen, und dabei stets nur eine Mauer zwischen uns errichtet. 167e5 Ich glaube, kein Kind wurde je so gequält, indem man ständig von ihm verlangte, diesen oder jenen Test zu bestehen - immer, immer mußte er beweisen, daß er begabt sei. 167e6 Er hatte keinen Frieden 167e7 Aber das konnte ich nicht glauben. 167e8 Ausgleichsbedürfnis für das was zu geben versäumt 167e9 Fühlte mich verantwortlich 167e10 Fühlte mich schuldig 167b1 Brach in Tränen aus 167e11 «Ich weiß nicht, wie ich ihm das antun konnte., rief sie. 167e13 «Mein Verstand muß mich verlassen haben. 167e14 Ich habe unter einem unwiderstehlichen Zwang gehandelt [10] 167e15 und vollkommen unvernünftig. 167e16 Ich hatte sehr wohl den Beweis, den ich haben wollte, daß nämlich tief unter diesem seltsamen Verhalten Gaben bei Dibs vorhanden waren. 167e17 Aber ich konnte es nicht ertragen, mir einzugestehen, daß ich an seinen Problemen schuld sein könnte. 167e18 Ich konnte nicht zugeben, daß ich ihn ablehnte. 167e19 Und jetzt kann ich es nur deshalb zugeben, weil ich ihn nicht mehr [>168} ablehne. 168e1 Dibs ist mein Kind, und ich bin stolz auf ihn. 168b1 Sie sah mich fragend an. A168e2 «Es war äußerst schwierig für Sie, sich Ihre Gefühle einzugestehen. Aber jetzt haben sich Ihre Gefühle geändert, Sie akzeptieren ihn, glauben an ihn und sind stolz auf ihn? 168e3 «Ich muß Ihnen zeigen, was er noch tun kann. 168e4 Er kann lesen, schreiben, buchstabieren und beobachten. 168e5 Und seine Zeichnungen sind ganz einzigartig. [20] A168e6 Ich betrachtete die Zeichnungen. Sie waren wirklich ungewöhnlich für ein sechsjähriges Kind. 168e7 «Zu ungewöhnlich», sagte sie. 168e8 «Das ist es, was mir bei seiner seltsamen Begabung Sorge macht. Ich habe mich mit dem Gedanken gequält, daß er schizophren sein könnte. 168e9 Und wenn das der Fall wäre, was hätte seine überdurchschnittliche und unnatürliche Begabung dann für einen Wert? 168e10 Er fängt an, sich normaler zu verhalten.» A168e11 Dibs' Mutter hatte Medizin studiert und wußte, daß ihre Diagnose richtig sein konnte. Das anomale Verhalten, das sie ihm aufgedrängt hatte, hatte ihn von seiner Familie und den Kindern und Erwachsenen, die er in der Schule kennengelernt hatte, abgesondert. Wenn ein Kind gezwungen wird, seine Fähigkeiten beweisen, ist das Ergebnis oft verheerend. Ein Kind braucht Liebe, Anerkennung und Verständnis. Es geht zugrunde, wenn ihm Ablehnung, Zweifel und nie endende Prüfungen begegnen. 169e1 «Wenn Dibs überdurchschnittlich begabt ist, sollte diese Begabung nicht verschwendet werden. 169e2 Auf seine Leistungen kann man stolz sein.» A169e3 «Diese Leistungen bedeuten Ihnen viel, obwohl seine Gesamtentwicklung Sie immer noch etwas verwirrt, nicht wahr? [RS: suggestiv] 169e4 «Ja», erwiderte sie. «... Für ihn sowohl wie für mich. [30] 169e5 habe sie ihm beigebracht 169e6 Sein Vater meinte, ich hätte den Verstand verloren 169e7 Aber ich wußte es [A169e8 Wie lesen gelernt? ] 169e9 Methode erzählt 170e1 Bücher, Bilder, Schallplatten, Plattenspieler bedienen, Titel lesen, kleine Geschichten vorgelesen, 170e2 auch sein Vater manchmal vorgelesen 170e3 Sein Vater brachte Dinge mit nach Hause und erklärte sie Dibs ganz genau. 170e4 Zahlen beigebracht. 170e5 murmelte viel vor sich hin, merkte, 170e6 daß er mit sich selbst sprach. 170e7 Nie richtiger Kontakt zwischen uns. [40] A170e8 Bei dem Bild, das sie von ihrem Leben mit Dibs gemalt hatte, durchlief mich ein Schauer. Es war in der Tat ein Wunder, daß sich das Kind seine innere Geschlossenheit und Empfänglichkeit bewahrt hatte. Bei diesem ständigen Druck hätte sich jedes Kind zur Verteidigung in sich zurückgezogen. Sie hatte sich selbst bewiesen, daß Dibs den Aufgaben, die sie ihm stellte, gewachsen war. Aber sie hatte gespürt, daß keine enge Beziehung zu ihrem Sohn bestand. Wenn man die Gaben eines Kindes derartig ausbeutet, ohne gleichzeitig dafür zu sorgen, daß sein Gefühlsleben ausgeglichen ist, so kann man das Kind dabei zerstören. 171e1 warum sind mir [<171] all diese Leistungen so wichtig? 171e2 -Er war noch ein Baby, als ich ihn schon drängte, mir zu beweisen, was er konnte. 171e3 Warum kann ich Dibs nicht einfach ein Kind sein lassen? 171e4 Mein Kind! 171e5 Und mich für ihn freue 171e6 Warum habe ich mich an Dibs für die gespannten Beziehungen zwischen mir und meinem Mann gerächt 171e7 Armer kleiner Dibs Alles, was zwischen uns schiefging, war seine Schuld. A171e8 «Viele heftige, quälende Gefühle sind in diese Beziehung verwickelt, sagte ich. «Einige haben Sie genannt. Sie haben über Ihre Gefühle in der Vergangenheit gesprochen. Was fühlen Sie jetzt? 171e9 Gefühle geändert. [50] 171e10 Stolz auf Dibs. 171e11 Liebe ihn. 171e12 muss nicht mehr dauernd beweisen. 171e13 Auch Dibs geändert. [54] |
A165f1 Dibs spontan ausgedrückte Zuneigung,
166f1 während er sich unter dem Tisch versteckte 171f1 Warum lehnte Dibs mich ab?
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165g1 geht ihm so viel besser
165g2 ruhiger, glücklicher 165g3 Keine Wutanfälle mehr 165g4 Kaum noch Daumenlutschen 165g5 sieht uns offen an 165g6 antwortet meistens Interesse am Familienge- schehen 165g7 spielt manchmal mit seiner Schwester 165g8 zeigt mit etwas Zuneigung 165g9 kommt manchmal zu mir 165g10 äußert sich [10] 165g11 Plätzchen für uns 165g12 spürt, dass er zur Familie gehört 165a3 Ich spüre selbst, dass er zu uns gehört
169g1 Mit 2 schon lesen gekonnt
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166h1 Bestand im 1. Gespräch darauf geistig zurückge-
blieben, obwohl ich wusste stimmte nicht
166h2 Kann schreiben und lesen 166h3 führt Listen 166h4 Sammel- bücher angelegt 166h5 Blumen gepresst 166h6 Zimmer voll mit Büchern, Bildern, Lehr- spiele, Spielsa- chen, naturwis- senschaftliche Gegenstände, Plattenspieler, riesige Platten- sammlung, 166h7 kennt alle Stücke _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
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Großmutter [7]
167i1 Außer wenn seine Großmutter zu Besuch kam. 167i2 Sie hatten ein gutes Verhältnis zueinander. 167i3 Bei ihr entspannte er sich. 167i4 Er sprach nicht viel mit ihr. 167i5 Aber sie nahm ihn so, wie er war, 167i6 und sie glaubte immer an ihn. 168i7 Sie sagte mir immer, wenn ich ihn in Ruhe ließe. würde er schon werden. 170i1 Schwester Dorothy in Internatsschule wegen mehr Konzentration auf Dibs [1] Mutter gegenüber ihrem Mann [2]
Eltern gegen Dibs
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Z18 Kapitel 173-179 Gespräch mit den
Lehrerinnen Miß Jane und Hedda. Erfolg durch die Lehrerinnen Miss
Jane und Hedda (im Folgenden abgekürzt mit MJH) bestätigt.
Das Gespräch zeigt, dass die Lehrerinnen einiges von Axlines Grundhaltung
übernommen haben und praktizieren. Dibs hat sich sehr zum Positiven
verändert, in inzwischen integriert; die Lehrerinnen sind sehr zufrieden
mit Dibs Entwicklung (173). Auch die Beziehung zwischen Dibs und seiner
Mutter hat sich sehr zum Positiven verändert. Dibs ist weiter auf
einem guten Weg zu sich selbst.
Zusammenfassung Anzahl Erlebenselemente
57: 12 verbales Erleben, 4 nonverbales Erleben, 14 Erleben
durch Verhalten, 9 Eindruck MJH über Dibs Befindlichkeit, 6 Erlebenausdruck
MJH gegenüber Dibs, 12 Erlebensentwicklung nach Produkten
seiner Fähigkeiten. Anmerkung: Zusätzlich, weil sehr wichtig,
wurden die therapeutische und pädagogische Haltungen erfasst, die
zwar Dibs Erleben sehr beeinflussen, aber nicht Ausdruck seines eigenen
Erlebens sind. Pro Seite wurde nicht gerechnet,
weil das Gespräch nicht in die Spielstundenstatistik eingeht.
Erfassung der Erlebenselemente mit der Lehrerin Miß Jane (MJ) und Miss Hedda
173 «Ich kann Ihnen Gutes berichten. Dibs hat
sich sehr verändert [c1], sagte sie. Es war eine allmähliche
Veränderung, aber wir sind sehr zufrieden [e1] mit ihm. Er antwortet
[a1] uns jetzt. Manchmal beginnt er sogar eine Unterhaltung von sich
aus [a2]. Er ist glücklich [d1] und ruhig [d2] und zeigt Interesse
[d3] an anderen Kindern. Er spricht sehr gut [a3]. nur wenn ihn etwas
bedrückt [d4], fällt er zurück in die Babysprache.
[a4]" a4 Neuestens spricht er von sich als „ich“. e2 Wir sind alle sehr
froh über diese Entwicklung. Er hatte sich langsam und zögerlich
von seiner selbstgewählten Isolation losgelöst [c2]. Keiner von
uns zweifelte daran, dass Dibs sich aller Umstände bewusst [d5] war,
die um ihn herum vor sich gingen. Beim Hocken an einem Tisch in der Nähe
einer Gruppe oder beim Sitzen mit dem Rücken zur Gruppe in [>] scheinbarer
Absonderung hat er gelauscht [c3] und gelernt [c4]. Er hatte sich schrittweise
der Gruppe genähert [c5]. Zunächst beantwortete [a5] er kurze
Fragen, die ihm gestellt wurden. Dann fing er an, dasselbe zu tun [c6]
wie die anderen Kinder.
174a1 grüßte 174a2 zog sorgfältig
Mantel aus 174a3 Mütze ab 174a4 Kleiderhaken 174d1 rückte näher
ran 174d2 keine Wutanfälle mehr 174b1 lächelt. Als er anfing,
ein Mitglied unserer Gruppe zu werden, kam er zuerst näher 174c1
zu mir heran, nahm meine Hand 174c2 und sprach 174a5 ganz kurz mit mir.
174c3 nach und nach Anweisungen befolgen, 174e1 Hedda lacht zu mitgebrachten
Zeichnungen (174f1 n. A. alle unter seinem Niveau), 174f2 Schreibbeispiele.
174g1 Mir großer Geschicklichkeit leiteten die Lehrerinnen
die Gruppe so, daß sich nicht plötzlich alle Aufmerksamkeit
auf Dibs richtete, wenn er sich an etwas beteiligte oder sprach.
Aber er hatte stets Gelegenheit. sich zu beteiligen. 174g2 Ich war
darauf bedacht, mich stets mit dem zufriedenzugeben, was er freiwillig
sagen wollte, ich drängte ihn nie. 174g3 Ich achtete darauf,
daß ich alles, was er tat und sagte, auf freundliche Art zur
Kenntnis nahm, damit er zu weiterem ermutigt wurde. 174f1 Typische
Zeichnungen eins 6jährigen unter Dibs Niveau;
175f1 Geschichte, die Dibs schrieb. 175f2 Und Dibs
beginnt jetzt, am Lesen teilzunehmen.» 175f3: Axline: Warum
setzte Dibs seine Fähigkeiten herab? War es ein Anzeichen dafür,
daß er sich einer Gruppe seines eigenen Alters anpaßte?
175e1 «Und er kann auch lesen», sagte Hedda begeistert.
176g1 Axline Reflexion: "Das entscheidende
in Dibs' Entwicklung war jetzt, daß er lernte, sich in die
Gemeinschaft einzufügen. über seine Begabung gab es keine Frage
— außer man wollte die Frage aufwerfen, ob hier eine Begabung
vernachlässigt wurde. Aber war es in diesem Stadium nicht wichtiger
für Dibs, sich selbst zu finden und sich der Gemeinschaft anzupassen,
als zu zeigen, daß er besser lesen. schreiben oder zeichnen
konnte als jedes andere Kind seiner Gruppe? Welchen Vorteil hat eine überragende
intellektuelle Leistung für einen Menschen, wenn sie nicht zu seinem
Besten und zum Besten anderer verwertet werden kann?" 176c1 Er liebt Musik»,
sagte Miß Jane. Er ist immer der Beste 176f1 in seiner Gruppe. Er
kennt alle 176f2 Lieder. Er ist auch in der rhythmischen Instrumentalgruppe.»
176f3 Sie sollten ihn tanzen sehen» 176f4, sagte Hedda. 176f5 Er
will ein Elefant sein oder ein Affe oder der Wind. 176f6 Er will diese
Rollen ganz allein spielen. Zuerst ist er tollpatschig 176c2, aber
wenn er erst einmal in der Sache drinnen ist, bewegt er sich mit Anmut
und Rhythmus 176b1. 176g1 Wir drängen ihn zu nichts. 176e1 Wir freuen
uns über jeden kleinen Fortschritt, 176d1 wir haben das Gefühl.
daß es ihm gefällt, Mitglied einer Gruppe zu sein. 176h1 Und
ich glaube, daß seine Mutter ihre Haltung ihm gegenüber
sehr stark geändert hat. Wem sie ihn bringt oder abholt, merkt
man, daß sie glücklicher und daß ihre Einstellung
zu ihm wohlwollender und freundlicher ist. Er nimmt ihre Hand und
geht selber mit ihr. 176g2 Ja, er ist ein sehr interessantes Kind»,
bemerkte ich. Er scheint mit aller Kraft' zu versuchen, ein Individuum
und ein Mitglied seiner Gruppe zu sein.»
177c1 Die größte Veränderung war
an seinem Geburtstag festzustellen. 177c2 Er sang: ,Happy birthday, lieber
Dibs, happy birthday für mich. Als der Kuchen dann zerschnitten war,
teilte er jedes einzelne Stück mit einem breiten Lächeln 177b1
aus. Er sagte immer wieder: 177a1 Das ist mein Geburtstag. Es ist
mein Geburtstag. Heute bin ich sechs Jahre alt» 177e1 Die Lehrerinnen
waren zufrieden mit Dibs. Ich auch. 177g1 Dibs mußte lernen, sich
selbst so zu akzeptieren, wie er war, und seine Gaben zu benutzen, nicht,
sie zu verleugnen. Im Gemeinschaftsleben und gefühlsmäßig
jedoch eröffneten sich für Dibs neue Horizonte. Sie waren wesentlich
für seine Gesamtentwicklung.
178g1 Es gibt Klassen für begabte Kinder, aber
Dibs war noch nicht reif genug, um dafür in Frage zu kommen —
und eine solche Erfahrung wäre auch nicht besonders gut für ihn
gewesen. Dibs war ganz damit beschäftigt, sich selbst zu finden. Es
war wichtig, daß man ihm erst dazu Zeit ließ und daß
man Vertrauen in die innere Kraft dieses Kindes setzte. Die Atmosphäre,
die ihn umgab, sollte entspannt, optimistisch und einfühlend sein.
178f1 Aufführung; Dibs, der Wind, erfindet spontan Melodie und Lied.
'Ich bin der Wind. Ich blase. Ich steige. Ich steige. Ich steige auf die
Berge und schiebe die Wolken. Ich beuge die Bäume und bewege
das Gras. Keiner kann den Wind halten. Ich bin der Wind, ein freundlicher
178a1 Wind, ein Wind, den man nicht sehen kann. Aber ich bin der [>179]
Wind., Er schien seine Zuhörer nicht zu bemerken 178b1 [totale
Hingabe an die Rolle].
179i1 Die Kinder waren überrascht und begeistert
— und wir mit ihnen. 179g1 Wir glaubten, daß Dibs sich nun endlich
selbst gefunden hätte und ein Mitglied der Gruppe geworden war.»
179g2 Dibs war bestimmt auf dem richtigen Weg, aber ich hätte nicht
zu sagen gewagt, daß er schon zu sich gefunden hatte. Er hatte
noch ein Stück zu gehen. Die Suche nach seinem Selbst war ein mühsames,
langwieriges Unterfangen, das ihm seine Gefühle, Einstellungen und
Beziehungen zu den Menschen seiner Umgebung ständig mehr bewußt
machte. Zweifellos waren viele Gefühle, die Dibs aus seiner Vergangenheit
mit sich trug, noch in ihm verschüttet. Ein paar davon hatte er ins
Spiel projiziert und sie so besser kennen, verstehen und beherrschen gelernt.
Ich hoffte, daß er während der Spieltherapie weitere Erfahrungen
haben würde, die ihm halfen, seine Gefühle so zu erkennen, daß
aller Haß und alle Furcht, die noch in ihm sein mochten, ans Tageslicht
gebracht und überwunden werden konnten.
Einordnung der Erlebenselemente mit der Lehrerin Miß Jane oder Miß Hedda (MJH)
Bei der Auswertung der Erlebenselemente zeigte sich, dass diese für
das Lehrerinnengespräch angepasst und erweitert werden mussten.
Auswertung Gespräch mit den Lehrerinnen Miss Jane und Miss Hedda | a) verbaler Erle- bensausdruck von Dibs nach MJH [12] | b) nonverbaler Erle- bensausdruck von Dibs nach MJH [4] | c) Erlebensausdruck durch Dibs Verhalten Dibs nach MJH [14] | d) Eindruck MJH über Dibs Befindlichkeit [9] |
Das Gespräch zeigt, dass die Lehrerinnen einiges
von Axlines Grundhaltung über- nommen haben und prak- tizieren. Dibs
hat sich sehr zum Positiven verändert, ist inzwischen integriert;
die Lehrerinnen sind sehr zufrieden mit Dibs Ent- wicklung (173). Auch
die Beziehung zwischen Dibs und seiner Mutter hat sich sehr zum Positiven
verändert. Dibs ist weiter auf einem guten Weg zu sich selbst.
Zusammenfassung Anzahl Erlebenselemente: 57
|
173a1 antwortet [a1] uns jetzt.
173a2 Manchmal beginnt er von sich aus 173a3 Er spricht sehr gut 173a4 Neuestens spricht er von sich als „ich“. 173a5 beantwortete 174a1 grüßte 174a2 zog sorgfältig Mantel aus 174a3 Mütze ab 174a4 Kleiderhaken 174a5 sprach ganz kurz mit mir. 177a1 Er sagte immer wieder: Das ist mein Geburtstag. Es ist mein Geburtstag. Heute bin ich sechs Jahre alt» 178a1 Ich bin der Wind, ein freundlicher Wind, ein Wind, den man nicht sehen kann. Aber ich bin der [>179] Wind. _ _ _ _ _ |
174b1 lächelt.
176b1 ... aber wenn er erst einmal in der Sache drinnen ist, bewegt er sich mit Anmut und Rhythmus. 177b1 Als der Kuchen dann zerschnitten war, teilte er jedes einzelne Stück mit einem breiten Lächeln aus. 178b1 Er schien seine Zuhörer nicht zu bemerken [totale Hingabe an die Rolle]. _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
173c1 sehr verändert
173c2 Er hatte sich langsam und zögerlich von seiner selbstgewählten Isolation losgelöst 173c3 gelauscht und 173c4 gelernt. 173c5 Gruppe genähert 173c6 dasselbe zu tun 174b1 Als er anfing, ein Mitglied unserer Gruppe zu werden, kam er zuerst näher 174c1 zu mir heran, 174c2 nahm meine Hand 174c3 nach und nach Anweisungen befolgen, 176c1 Er liebt Musik», sagte Miß Jane. 176c2 Zuerst ist er tollpatschig 177c1 Die größte Veränderung war an seinem Geburtstag festzustellen. 177c2 Er sang: ,Happy birthday, lieber Dibs, happy birthday für mich. ohne Zählung Als der Kuchen dann zerschnitten war, teilte er jedes einzelne Stück mit einem breiten Lächeln _
|
173d1 glücklich
173d2 ruhig 173d3 zeigt Interesse an anderen Kindern. 173d4 nur wenn ihn etwas bedrückt fällt er zurück in die Babysprache 173d5 Keiner von uns zweifelte daran, dass Dibs sich aller Umstände be- wusst war 174d1 rückte näher ran 174d2 keine Wutanfälle mehr 176d1 wir haben das Gefühl. daß es ihm gefällt, Mitglied einer Gruppe zu sein. _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
e) Erlebensaus- druck MJH ge- genüber Dibs [6] | f) Erlebensentwicklung nach seinen Fähigkeiten z.B. zeichnen, malen, lesen, schreiben, singen, musizie- ren, bewegen, Sport, Spiel, Theater [12] | g) pädagogische / therapeutische Einstellung, Haltung, Handlung, Reaktion [10] | h) Dibs Eltern
[1] |
i) Sonstiges
[1] |
173e1 wir sind sehr zufrieden
173e2 Wir sind alle sehr froh über diese Entwicklung. 174e1 Hedda lacht zu mitgebrachten Zeichnungen 175e1 «Und er kann auch lesen», sagte Hedda begeistert. 176e1 Wir freuen uns über jeden kleinen Fortschritt, 177e1 Die Lehrerinnen waren zufrieden mit Dibs. Ich auch. _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
174f1 n. A. Zeichnungen unter seinem Niveau),
174f2 Schreibbeispiele. 175f1 Geschichte, die Dibs schrieb. 175f2 Und Dibs beginnt jetzt, am Lesen teilzuneh- men.» 175f3: Axline: Warum setzte Dibs seine Fähigkeiten her- ab? War es ein Anzeichen dafür, daß er sich einer Gruppe seines eigenen Alters anpaßte? 176f1 Er ist immer der Beste in seiner Gruppe. 176f2 Er kennt alle Lieder. 176f3 Er ist auch in der rhythmischen Instrumental- gruppe.» 176f4, Sie sollten ihn tanzen sehen» sagte Hedda. 176f5 Er will ein Elefant sein oder ein Affe oder der Wind. 176f6 Er will diese Rollen ganz allein spielen. 178f1 Aufführung; Dibs, der Wind, erfindet spontan Melodie und Lied. 'Ich bin der Wind. Ich blase. Ich steige. Ich steige. Ich steige auf die Berge und schiebe die Wolken. Ich beuge die Bäume und bewege das Gras. Keiner kann den Wind halten. _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ |
174g1 Mit großer Geschicklichkeit leiteten
die Lehrerinnen die Gruppe so, daß sich nicht plötzlich
alle Aufmerksamkeit auf Dibs richtete, wenn er sich an etwas beteiligte
oder sprach. Aber er hatte stets Gelegenheit. sich zu beteiligen.
174g2 Ich war darauf bedacht, mich stets mit dem zufrieden zu geben, was er freiwillig sagen wollte, ich drängte ihn nie. 174g3 Ich achtete darauf, daß ich alles, was er tat und sagte, auf freundliche Art zur Kenntnis nahm, damit er zu weiterem ermutigt wurde. 176g1 Axline Reflexion: "Das entscheidende in Dibs' Entwicklung war jetzt, daß er lernte, sich in die Gemeinschaft einzufügen. über seine Begabung gab es keine Frage — außer man wollte die Frage aufwerfen, ob hier eine Begabung vernachlässigt wurde. Aber war es in diesem Stadium nicht wichtiger für Dibs, sich selbst zu finden und sich der Gemeinschaft anzupassen, als zu zeigen, daß er besser lesen. schreiben oder zeichnen konnte als jedes andere Kind seiner Gruppe? Welchen Vorteil hat eine überragende intellektuelle Leistung für einen Menschen, wenn sie nicht zu seinem Besten und zum Besten anderer verwertet werden kann?" 176g1 Wir drängen ihn zu nichts. 176g2 Ja, er ist ein sehr interessantes Kind», bemerkte ich. Er scheint mit aller Kraft' zu versuchen, ein Individuum und ein Mitglied seiner Gruppe zu sein.» 177g1 Dibs mußte lernen, sich selbst so zu akzeptieren, wie er war, und seine Gaben zu benutzen, nicht, sie zu verleugnen. Im Gemeinschaftsleben und gefühlsmäßig jedoch eröffneten sich für Dibs neue Horizonte. Sie waren wesentlich für seine Gesamtent- wicklung. 178g1 Es gibt Klassen für begabte Kinder, aber Dibs war noch nicht reif genug, um dafür in Frage zu kommen — und eine solche Erfahrung wäre auch nicht besonders gut für ihn gewesen. Dibs war ganz damit beschäftigt, sich selbst zu finden. Es war wichtig, daß man ihm erst dazu Zeit ließ und daß man Vertrauen in die innere Kraft dieses Kindes setzte. Die Atmosphäre, die ihn umgab, sollte entspannt, optimistisch und einfühlend sein. 179g1 Wir glaubten, daß Dibs sich nun endlich selbst gefunden hätte und ein Mitglied der Gruppe geworden war.» 179g2 Dibs war bestimmt auf dem richtigen Weg, aber ich hätte nicht zu sagen gewagt, daß er schon zu sich gefunden hatte. Er hatte noch ein Stück zu gehen. Die Suche nach seinem Selbst war ein mühsames, langwieriges Unterfangen, das ihm seine Gefühle, Einstellungen und Beziehungen zu den Menschen seiner Umgebung ständig mehr bewußt machte. Zweifellos waren viele Gefühle, die Dibs aus seiner Vergangenheit mit sich trug, noch in ihm verschüttet. Ein paar davon hatte er ins Spiel projiziert und sie so besser kennen, verstehen und beherrschen gelernt. Ich hoffte, daß er während der Spieltherapie weitere Erfahrungen haben würde, die ihm halfen, seine Gefühle so zu erkennen, daß aller Haß und alle Furcht, die noch in ihm sein mochten, ans Tageslicht gebracht und überwunden werden konnten. |
176h1 Und ich glaube, daß seine Mutter ihre
Haltung ihm gegenüber sehr stark geändert hat. Wenn sie
ihn bringt oder abholt, merkt man, daß sie glücklicher und
daß ihre Ein- stellung zu ihm wohlwollender und freundlicher ist.
Er nimmt ihre Hand und geht selber mit ihr.
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179i1 Die Kinder waren überrascht und begeistert
— und wir mit ihnen. 179g1 Wir glaubten, daß Dibs sich nun endlich
selbst gefunden hätte und ein Mitglied der Gruppe geworden war.»
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korrigiert: 13.05.2024 irs Rechtschreibprüfung und gelesen