Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPTDAS=16.09.2022 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: TMJ
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20   D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie,
    Bereich Wahrnehmung,, und hier speziell zum Thema:

    Innere Wahrnehmung bei Husserl

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zum Geleit:
    _

    "... Nun müssen diejenigen, 
    welche ihre Gedanken untereinander austauschen wollen, 
    etwas voneinander verstehen; 
    denn wie könnte denn,
    wenn dies nicht stattfindet,
    ein gegenseitiger Gedankenaustausch (...)
    möglich sein? 
    Es muß also jedes Wort (...) bekannt sein
    und etwas, und zwar eins
    und nicht mehreres, bezeichnen;
    hat es mehrere Bedeutungen, 
    so muß man erklären, 
    in welcher von diesen man das Wort gebraucht. ..."

    Aus: Aristoteles (384-322) Metaphysik. 11. Buch, 5 Kap., S. 244 
    (Rowohlts Klassiker 1966)

    Leider verstehen viele Philosophen, Juristen, Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaftler auch nach 2300 Jahren Aristoteles immer noch nicht, wie Wissenschaft elementar funktionieren muss: Wer wichtige Begriffe gebraucht, muss sie beim ersten Gebrauch (Grundregeln Begriffe) klar und verständlich erklären und vor allem auch referenzieren  können, sonst bleibt alles Schwall und Rauch (sch^3-Syndrom). Wer über irgendeinen Sachverhalt etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, wie er diesen Sachverhalt begrifflich fasst, auch wenn dies manchmal nicht einfach ist. Wer also über Gewissheit etwas sagen und herausfinden will, der muss zunächst erklären, was er unter "Gewissheit" verstehen will. Das ist zwar nicht einfach, aber wenn die Philosophie eine Wissenschaft wäre und und die PhilosophInnen Aristoteles ernst nehmen würden, dann hätten sie das in ihrer 2300jährigen Geschichte längst zustande bringen müssen. Im übrigen sind informative Prädikationen mit Beispielen und Gegenbeispielen immer möglich, wenn keine vollständige oder richtige Definition gelingt (Beispiel Gewissheit  und  Evidenz). Begriffsbasis  Damit werden all die Begriffe bezeichnet, die zum Verständnis oder zur Erklärung eines Begriffes wichtig sind. Bloße Nennungen oder Erwähnungen sind keine Lösung, sondern eröffnen lediglich Begriffsverschiebebahnhöfe. Die Erklärung der Begriffsbasis soll einerseits das Anfangs- problem  praktisch-pragmatisch und andererseits das  Begriffsverschiebebahnhofsproblem  lösen.


    Zusammenfassung-Innere-Wahrnehmung in Wahrnehmung und Aufmerksamkeit:
    Husserl, Edmund (1893-1912) Wahrnehmung und Aufmerksamkeit: Texte aus dem Nachlass (1893–1912). [GB]
    Der Suchtext "innere Wahrnehmung"  bei [GB] ergibt 6 Treffer, wobei die ersten zwei und der letzte von den Herausgebern sind, so dass 3 Husserl Seiten Fundstellen übrig bleiben: 22, 102, 141. In diesen drei Fundstellen finden sich 8 Erwähnungen.
    Husserl erklärt in keiner der Fundstellen 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, was er unter innerer Wahrnehmung versteht, auch nicht durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder Literaturhinweis. Wenigstens auf S. 23 hätte Husserl die  begriffliche Grundregel  befolgen müssen. Und das bei einem ausgewiesenen Aristoteles-Kenner (> Zum Geleit)
        Anmerkung: Es ist ein Fehler der Herausgeber, kein Sachregister und kein Glossar beigegeben zu haben, um wenigstens die ungewöhnlicheren Worte (z.B. apprehendierend; transeunt, das sich auch im Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe nicht findet) Husserls zu erläutern. Begriffsklarheit ist keine Domäne der Phänomenologie und Husserls.

    S.22: "Wenn man erkenntnistheoretisch äußere und 1innere Wahrnehmung in Gegensatz gestellt, der letzteren zweifellose Evidenz, der ersteren die Möglichkeit des Irrtums zugeschrieben hat, so verfiel man in Verwechslungen der eben angedeuteten Art. Unter äußeren Wahrnehmungen hatte man dabei, ohne sich darüber klar zu sein, sinnliche, aber transeunte im Auge, unter 2inneren Wahrnehmungen rein immanente und unsinnliche. Man übersah dabei, dass der Trug der äußeren Wahrnehmungen nicht an ihrer Sinnlichkeit liegt, sondern an ihrem transeunten, inadäquaten Charakter. Und da man dies verkannte, übersah man auch konsequent, dass es sinnliche und dabei adäquate Wahrnehmungen gibt und dass somit die Einteilung zwischen äußeren und 3inneren Wahrnehmungen, wie man sie durch den Unterschied sinnlich-transeunt und nichtsinnlich-immanent vollzog, keine vollständige ist. Diese Irrtümer und viele ihnen nah verwandte hängen an Mängeln der Analyse, es fehlte der Begriff der immanenten und  transeunten Wahrnehmung, durch den allein die Evidenz und Nichtevidenz aufgeklärt werden kann. Doch lassen wir jetzt die Evidenzfrage beiseite.
        Erwähnen muss ich ausdrücklich, dass der Begriff der sinnlichen Wahrnehmung, wie er soeben naturgemäß gefasst wurde, nicht identisch ist (aber auch nicht etwa streitet) mit dem gleichlautenden Begriff in meinen Logischen Untersuchungen, der seinen Gegensatz hat zu kategorialer Wahrnehmung. Die hier gegebene Abgrenzung, die einem tatsächlichen Bedürfnis entspricht, ist dort nicht vollzogen. Der hier gegebene Begriff des sinnlichen Inhalts bzw. der sinnlichen Empfindung ist flüchtig berührt in der Beilage zum II. Band, auf die ich hier hin weise mit der ausführlichen Erörterung der Begriffe äußere und innere, 4adäquate und 5inadäquate Wahrnehmung. (Dieser Begriff der Empfindung wird sich decken mit dem Begriff des primären Inhalts.)"

    S.102: "Ich bin aufmerksam, wenn ich mich in einem so und so charakterisierten Bewusstseinszustand befinde, von dessen erlebter Eigenart ich mich durch schlichte „6innere Wahrnehmung“ überzeugen kann."

    S.141: "10 Die apprehendierenden Wahrnehmungen umfassen alle äußeren Wahr-nehmungen, aber dazu viele andere. Denn auch von unseren eigenen psychischen (subjektiven) Zuständen ist apprehensives Wahrnehmen, in der Deutung über den wirklichen Erlebnisinhalt hinausgehend, sehr wohl möglich und gewöhnlich. Die Scheidung zwischen 7innerer und äußerer Wahrnehmung darf also nicht identifiziert werden mit der prinzipiell ungleich wichtigeren zwischen anschauender und apprehendierender. Die Vermengung beider Scheidungen hat, wie wir uns oben überzeugt haben, zu weitreichenden erkenntnistheoretischen Irrtümern Anlass gegeben.
        Eine wichtige Ergänzung unserer bisherigen Untersuchung können wir hier gleich anfügen. Den Begriff der äußeren Wahrnehmung haben wir oben FN1 bestimmt durch die Unterscheidung zwischen Ich und Nicht-Ich. Aber diese Unterscheidung ist jedenfalls keine solche, wie sie eine auf die primitiven Elemente ausgehende analytische Psychologie zugrunde legen kann. Es wird sich also fragen, ob wir den Begriff der äußeren Wahrnehmung nicht in einer Weise fassen können, dass nur primitive Unterscheidungen rein deskriptiver Art vorausgesetzt werden. In dieser Hinsicht bietet sich nun einfach die Bestimmung der äußeren Wahrnehmung als sinnlicher, apprehendierender, d.h. als derjenigen apprehendierenden Wahrnehmung, in welcher die präsentierenden Inhalte sinnliche sind. Der Begriff der sinnlichen Wahrnehmung überhaupt ist weiter, er befasst auch die „8innere“ Wahrnehmung der Empfindungen und sinnlicher Inhalte überhaupt. Beide Begriffe sind deskriptiv scharf, weil der Begriff des sinnlichen Inhalts ein fest begrenzter ist."
     



    Literatur (Auswahl)
    Husserl, Edmund (1893-1912) Wahrnehmung und Aufmerksamkeit: Texte aus dem Nachlass (1893–1912). [GB]
    Vetter, Hellmuth (2004, Hrsg.) Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe. Hamburg: Meiner.



    Links (Auswahl: beachte)
     



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Transeunt
    Duden: (Abruf 15.09.2022): "über etwas hinaus, in einen anderen Bereich übergehend"
    __
    Apprehendieren
    • Zeno.org: (Abruf 15.09.2022):  "Apprehendieren (lat.), er-, begreifen, auffassen, fürchten. Apprehension, Ergreifung, Auffassung, Besorgnis; rechtlich: Besitzergreifung."
    • Wikipedia (Abruf 15.09.2022): "Der philosophische Begriff der Apprehension leitet sich vom lateinischen apprehendere (erfassen bzw. ergreifen) ab und bedeutet die geistige Erschließung und Bewusstwerdung einer Erscheinung. Apprehension ist somit das gedankliche Begreifen einer Wahrnehmung. Dieser Begriff wurde von Thomas von Aquin bis Kant oftmals verwandt. "
    • Grimmes Wörterbuch (Abruf 15.09.2022): "APPREHENDIEREN vb.   aus lat. apprehendere anfassen angreifen, ergreifen, in besitz nehmen, spätlat. ‘begreifen’."
    Apprehension im Wörterbuch der Phänomenologischen Begriffe [fette Hervorhebung RS; ">" Querverweis]
    "Apprehension steht bei Husserl im systematischen Zusammenhang seiner Theorie der >Auffassung eines >Gehaltes. 1. In der Frühphase, v. a. in den Logischen Untersuchungen, unterscheidet Husserl in der Analyse der Auffassung zwischen Auffassungsform, Auffassungsmaterie und aufgefaßtem > Inhalt. Letzteren nennt er. „Repräsentanten“. Die >Einheit aus > Form, Materie und Repräsentant ist die >Repräsentation selbst. Diese Repräsentation hat begrifflichen Charakter. Das Gelingen einer solchen Repräsentation nennt Husserl „A.“. A. ist zu unterscheiden von >Apperzeption. Apperzeption ist ein >Akt, der Empfindungen derart erleben läßt bzw. „beseelt“, daß sie als Gegenständliches, als repräsentierender Inhalt erscheinen. Der apperzipierte Inhalt hat aber im Gegensatz zum apprehendierten Inhalt anschaulichen Charakter. In diesen Bedeutungen der Begriffe „A.“ und „Apperzeption“ zeigt sich deutlich Husserls Verbundenheit mit der Philosophie Kants.
    2. In den Ideen II setzt Husserl A. mit >Appräsentation gleich. Appräsentation bedeutet das Mitgegenwärtig-machen von etwas originaliter nicht Gegenwärtigem. Bei Husserl ist die Fremdwahrnehmung das Paradebeispiel eines Aktes der Appräsentation. Während der Terminus „Appräsentation“ dann vor allem in den Cartesianischen Meditationen eine wichtige Rolle spielt, wird der Terminus „A.“ in der Spätphase der Philosophie Husserls nicht mehr verwendet.
    Qu.: Hua I. - Hua IV. - Hua XIX/1. - Hua X1X72."
        Anmerkung: Begriffsklarheit (Zum Geleit) ist keine Domäne der Phänomenologie und Husserls.


    Querverweise
    Standort: Innere Wahrnehmung bei Husserl.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Innere Wahrnehmung bei Husserl. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/allpsy/wahrn/IW-Husserl.htm

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    korrigiert 16.09.2022 irs Rechtschreibprüfung:



    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    16.09.2022    irs: Rechtschreibprüfung
    16.09.2022   Ausarbeitung fertig und ins Netz gestellt.
    15.09.0222   Angelegt, Ausarbeitung begonnen.