Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPTDAS=20.11.2018
Internet Erstausgabe, letzte Änderung: tt.mm.jj
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf
Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
Mail:_sekretariat@sgipt.org_
Zitierung
& Copyright
Anfang_
Gegensatzsystem Guardini _Datenschutz_Rel.
Aktuelles _Überblick_Überblick
Wissenschaft _Rel.
Beständiges_ Titelblatt_Konzept_Archiv_Region_Service
iec-verlag___Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet-Publikation
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT1,
Abteilung Wissenschaft, Bereich Sprache und Begriffsanalysen und hier speziell
zum Thema:
Gegensatzsystem von Guardini
Materialien zu Begriffsanalyse
und Untersuchungen zur Dialektik
_
Originalrecherche von Rudolf
Sponsel, Erlangen
_
Haupt- und Verteilerseite
Begriffsanalysen und Untersuchungen zur Dialektik.
Zusammenfassung
Es fehlt durchgängig an Definitionen und empirischen Belegen (BMBeleg).
Sehr häufig werden Begriffe als autonom handelnde Subjekte verwendet
(BMautonS).
Es gibt viele Unklarheiten, Mehrdeutigkeiten, Begriffsverschiebungen und
regelrechte Begriffsballungen (BMversch),
eine Spezialität Guardinis. Obwohl Guardinis System formal dem Hegel'schen
System sehr gleicht, geht er auf Hegel wie auch sonst nicht auf die Geschichte
der Dialektik und hier speziell nicht auf die Gegensatzlehre ein. Sein
Fokus liegt auf dem Lebendig-Konkreten. So gesehen wären lebendig-konkrete
Beispiele und Anwendungen zu wünschen und zu erwarten gewesen.
Die Arbeit ist wissenschaftlich kaum zu gebrauchen,
bestenfalls eine Ideensammlung für Konstruktionen und Hypothesen.
Sein System der Gegensätze wird S. 89 unter
der Überschrift "Die Gegensatzreihen" gelistet:
Akt Bau
Fülle Form
Einzelheit Ganzheit
Produktion Disposition
Ursprünglichkeit Regel
Immanenz Transzendenz
Ähnlichkeit Besonderung
Zusammenhang Gliederung
1. Kategoriale Gegensätze
Intraempirische Gegensätze:
-
Erstes Gegensatzverhältnis Statik und Dynamik
-
Zweite Gegensatzverhältnis Form und Fülle
-
So sind wir genötigt, beides anzuerkennen. Integrierende und differenzierende
Tendenz; Richtung auf das Ganze und auf das Einzelne, auf das Allgemeine
und das Besondere.
Transempirische Gegensätze:
2. Die transzendentalen Gegensätze
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung 11
Vorbemerkung zur zweiten Auflage 13
I. Die Fragestellung
1. Das Konkret-Lebendige, und wie es erkennend gefaßt werden
könne 15
2. Die Tatsache des Gegensatzes im allgemeinen 24
3. Umriß eines Systems der Gegensätze 28
II. Das System der Gegensätze
Erster Abschnitt: Die Gegensätze im einzelnen
1. Die kategorialen Gegensätze 33
Die intraempirischen Gegensätze 33
Der Begriff des Inneren 50
Die transempirischen Gegensätze 52
2. Die transzendentalen Gegensätze 71
Zweiter Abschnitt:
Das Verhältnis der Gegensätze zueinander
Der Gegensatz als Einheit 80
Die Gegensatzgruppe: Kreuzung 83
Die Gegensatzreihen 88
Dritter Abschnitt: Maß und Rhythmus
1. Das Maß 93
Maß überhaupt 93
Festes und gleitendes Maß 99
2. Der Rhythmus 104
3. Wert und Stellung der Gegensätze im Lebensganzen. 108
Vierter Abschnitt: Zusammengesetzte Gegensatzeinheiten
1. Die Offenheit des Systems 111
2. Formen der Verknüpfung 116
Intensität der Verknüpfung 116
Verbindung von Individualsystemen zu Gruppen ...
116
Verbindung von Gruppen zu Gruppengefügen
118
3. Struktur der höheren Einheiten 120
III. Das Gegensatzsystem und das Leben
1. Der Träger des Gegensatzsystems: das Leben 127
Das Leben 127
2. Lebendige Gegensätze 133
IV. Das Erkenntnisproblem des Konkreten
1. Die gegensätzliche Struktur der Erkenntnis 143
2. Das Konkrete und die lebendige Spannung des Erkenntnisaktes
150
V. Bedeutung des Gegensatzgedankens
Vorbemerkung 161
1. Bedeutung des Gegensatzgedankens für die wissenschaftliche
Erkenntnis 161
Die gegenständliche Bedeutung 161
Die Bedeutung für die wissenschaftliche Erkenntnishaltung
165
2. Weltanschauliche Bedeutung des Gegensatzgedankens 175
Der weltanschauende Blick und die Gegensatzidee
. . 175
Offene Haltung 177
Mitte und Maß 178
3. System und Richtung 182
Beilage 184
Bibliographische Notiz 189
Analyse- und Signierungs-Beispiele
II. Das System der Gegensätze
Erster Abschnitt: Die Gegensätze im einzelnen
1. Die kategorialen Gegensätze 33
Die intraempirischen Gegensätze 33
Erstes Gegensatzverhältnis
Statik und Dynamik
Beständiger Wandel
Wir erfahren das Leben als Strom 35
So erfahren wir uns als
etwas Dauerndes 38, S. 39:
"Aber auch diese Erlebnisinhalte der »Struktur« und der
»Dauer« können nicht »rein« vollzogen werden.
Es gibt kein reines Gebautsein. Alles Statische, und sei es noch so ungeheuer,
muß, um nur gedacht werden zu können, wenigstens ein Mindestmaß
von Strebung, Spannung, Elastizität, Druck und Gegendruck erhalten
- und wäre es auch nur eben der »Akt« des Stehens. So
wie alle lebendige Dauer mindestens den metaphysischen Akt der Gegenwehr
gegen das Vergehen enthält und damit eine »Begegnung«.
Das sind aber Momente aus dem entgegengesetzten Sinnbereich, von Akt und
Wandel.
Damit kommen wir zu folgendem Ergebnis: Das Leben
erfährt sich selbst als Kraft und Akt, als Strom und Wandel. Erfährt
sich aber auch als Bau und Ruhe, als Stand und Dauer - wobei die Frage
offen bleibt, wann so und wann anders und wie diese Weisen der Selbsterfahrung
zueinander stehen.
Nun wird freilich alle konkrete Lebensgestalt immer
von einer Haltung her bestimmt. Und immer neigt sie dazu, diese ganz durchzutreiben.
Also etwa: reiner Akt zu werden; reine Tat; Wandel ohne Bleiben; Fluß
und Strom ohne Dauer. Bald erfährt sie aber, daß sie dabei in
die Unmöglichkeit gerät. Jede jener beiden Selbsterfahrungsweisen
ist von eigener innerer Folgerichtigkeit beherrscht, die zu reiner Selbstauswirkung
treibt, auf dem Wege dahin aber ins Unmögliche, Lebenaufhebende fuhrt.
Das Leben steht, je nach der verschiedenen Wesensbetonung im Einzelnen
oder in der Gesamtheit, in dieser oder in jener Richtung. Immer aber gerät
es dabei in die spezifische Krisis der betreffenden Sinnrichtung: die dynamische
des zerrüttenden Dynamismus und Relativismus; oder in die statische
der erstarrenden Bewahrung und Härte. Überwunden wird diese Krisis
dadurch, daß innerhalb der betreffenden Lebensrichtung die sinngemäß
entgegengesetzte aufgefunden, zugelassen, zur Entfaltung freigegeben wird:
das Strömen in der Dauer; das Bleibende im Wandel; der Stand im Akt;
das Wirken in der Festigkeit.
Ja, das Leben erfährt sich als etwas, das sowohl
eines wie das andere in sich schließt. Als eine Wesenheit, als einen
Vorgang, [>40] der eines sein muß und das andere zugleich. Dieser
Satz wird fürs erste als verwirrende Paradoxie empfunden. Er ist auch
eine. Das Leben ist wesentlich paradox; und in dem hier behandelten Verhältnis
liegt eine Wurzel dazu.
Diese Tatsache, daß Statik und Dynamik, Bau
und Akt, Dauer und Strömen, Stand und Wandel so zueinander stehen,
daß jedes seinem ersten Wesenssinne nach sich vom anderen wegbewegt,
das andere ausschließt, und doch in die Unmöglichkeit gerät,
wenn es jenes andere nicht in sich selbst anerkennt, aufkommen läßt;
die Tatsache wechselseitiger Ausschließung und Einschließung
zugleich ist der Gegensatz.
Nicht »Synthese« also zweier Momente
in einem dritten. Auch nicht ein Ganzes, von dem jene beiden Seiten »Teile«
darstellten. Noch weniger Vermischung zu irgendwelchem Ausgleich. Es handelt
sich vielmehr um ein ursprüngliches, durchaus eigenartiges Verhältnis;
um ein Urphänomen. Die eine Gegensatzseite kann nicht aus der anderen
abgeleitet, und nicht von der anderen her aufgefunden werden. Darin scheint
mir das Wesen der romantischen Auffassung des Gegensatzverhältnisses
zu bestehen: Das Ähnlichkeitsmoment der beiden Seiten, ihre Zusammengehörigkeit,
wird überspannt. Dem Romantiker schlägt eine Seite in die andere
um; er übersieht ihre spezifische Verschiedenheit; er nimmt ihre Eigenbedeutung,
ihre Eigenständigkeit nicht ernst. Er treibt ein Spiel mit dem tragischen
Ernst dieser Zweiheit; und das kann er nur, weil ihm alle Bedeutungen und
Wesenheiten monistisch in eins laufen. Nie kann »Bau« aus »Akt«
abgeleitet werden; nie »Wandel« aus »Dauer«; nie
ist es möglich, kontinuierlich von der Struktur weiterschreitend,
auf einmal in die Dynamik zu geraten. Die beiden Gegensatzseiten sind wesenhaft
eigenständig, und zwischen ihnen eine wirkliche, qualitative Grenze.
Aus der einen kann man nur durch einen spezifischen Akt, durch ein qualitatives
Hinübergehen in die andere kommen.11 Aber beide Sei-[>41] ten sind
immer zugleich gegeben; eine nur möglich und denkbar an der andern.
Das ist Gegensatz: daß zwei Momente, deren jedes unableitbar, unüberführbar,
unvermischbar in sich steht, doch unablöslich miteinander verbunden
sind; ja gedacht nur werden können an und durch einander.
Wir kommen zu einem zweiten
Gegensatz. Er ist dem dargelegten verwandt, liegt aber doch auf eigener
Sinnlinie
(GGGSsinn).
Lebend erfahren wir uns als Formung. Der Körper
hat eine bestimmte Gestalt, die sich in seinem gesamten Bestände durchsetzt.
Sie durchbildet das Körperganze, die Glieder, Organe und Gewebe, bis
in die letzten Einheiten. Auch unser Seelenleben ist geformt: Empfindungen,
Vorstellungen, Gedanken und Gedankenfügungen, inneres und äußeres
Schaffen, das ganze seelische Sein; vom Aufbau des Einzelvorgangs bis zum
Gefüge der Gewohnheiten, zur Struktur der inneren Gestalt, zum Typus
des Charakters, des angeborenen wie des erworbenen. Diese Strukturen und
Gesetze bringen sich über unser individuelles Sein hinaus in der Umgebung
zur Geltung, in deren Formen, Maßen und Verhältnissen. Und zwar
haben Form sowohl das gebaute Sein, wie der Akt. Jenes ruhende Gestalt,
dieser Richtung, Maß und Rhythmus. Dort Form des Baues, hier Form
des Wirkens.
Leben erfährt sich als Form und Formkraft,
will sagen: als Kraft des Griffes und des Prägens; der Aufhellung,
Durchlichtung, Verdeutlichung; als ein Ordnen, Gliedern, Benennen; als
Bedeutungssicherheit, Sprechfähigkeit dessen, was ist und geschieht,
in Umriß, Linie, Maß und Gewicht, in Eigenschaft, Verhältnis
und Haltung.
Diese Selbsterfahrung kann so stark werden, daß
sie Leben nur im Formhaften zu sehen vermag. Ich denke an die Griechen,
genauer an einen bestimmten Bereich im griechischen Gesamtwesen, das Apollinische,
um Nietzsches Benennung zu gebrauchen. Dem galt Form und Schönheit
und Wahrheit für gleich. Was nicht Form war, jenes »Andere«,
galt ihm als das [>42] [grichisch]. Leben war Form; Lebenskraft Formkraft.
Sein, Sinn und Sinnsättigung war Formbewährung.12 Aus anderer
Haltung heraus und in verschärfter Weise legt die moderne Technik
allen Sinn in die Form. Präzision, schärfste, formale Durcharbeitung,
Klarheit, Ordnung, Methode, Arbeitsprozeß, Prüfung und Herrschaft
sind hier das positiv Betonte.
Leben ist Form, Formung, Form-Erfassung. Lebensintensität
ist Formintensität.
Allein gerade unsere Zeit steht wiederum zur Form
in starkem Gegensatz; besonders der Norden bringt neben
schärfster Formalistik deren strömendes Widerspiel zur Geltung.
Das weist uns darauf hin, daß es reine Form nicht gibt. Sie kann
nicht sein; wir vermögen sie nicht einmal zu denken {RS: so
ein Unsinn; er denkt sie doch soeben}. Lebendige Form ist immer
von einem »Was« getragen. Ist immer Seinsweise, Wirkverhalten
eines anderen, das selbst nicht Form ist. Hier setzt die Gegensatzrichtung
in der Selbsterfahrung des Lebens ein. Darin erfaßt es sich als etwas,
was gerade nicht Form ist. Jenes Etwas, das quillt, strömt, sich weitet.
Jenes Etwas, das Form flieht, löst, sprengt. Da ist Leben das »Formlose
und Weiselose«. Unser Denken, genauer, das begriffliche Denken, ruht
auf Form; damit ein maßgebender Bestandteil der Sprache. So wird
es uns schwer, diese Selbsterfassung des Lebens näher zu bestimmen.
Aussprechen können wir sie -außer durch Bilder - eigentlich
nur durch Negation, indem wir sagen, was dieses Leben nicht ist. Solche
negative Behandlung führt aber irre. Was gemeint wird, ist nicht nur
das Nein zur Form, sondern etwas durchaus Eigenes, zu jener nicht im Widerspruch,
sondern im Gegensatz stehend. Aus einfachster
Selbsterfahrung wissen wir, was gemeint ist: jenes der formalen Bestimmung,
dem Wie gegenüberstehende, letzte »Was«. Jenes [>43] Etwas,
das vor jeder näheren Bestimmung steht. Begrifflich nicht zu fassen,
und uns doch unmittelbar vertraut; mit Worten nicht anzusprechen, und uns
doch eindeutig bekannt. Jenes Etwas, das sich in der Formung sofort erstarrt
fühlt.
Und zwar liegt es im Akt wie im Bau: plastische
und dynamische Washeit. Leben ist hier jenes nur im Gleichnis zu sagende
Etwas; nennen wir es mit einem sehr farblosen Wort »Fülle«.
Und um so tiefer das Leben, je weniger festgelegt diese Fülle. Als
Fülle widerstrebt das Leben der Form; will quellend bleiben, freischwellend.
Nicht zu fassen, nicht zu binden, nicht zu prägen. Immer entgleitend,
allzeit überströmend, jede Weise und Gestalt überspülend.
Unaussprechbar, undeutbar.
Aber sich folgerichtig durchsetzend gerät es
wiederum in die Unmöglichkeit. Reine Fülle ist nicht. Nicht einmal
gedacht kann sie werden. Versuchen wir es; wir werden verstehen, wie der
Grieche die reine Fülle - was er mit [grichisch] meinte, scheint dies
zu sein, unter besonderem Gesichtspunkt gefaßt; ebenso, was der Scholastiker13
mit »materia prima« bezeichnete - ein [grichisch] nannte. Reine
Form wäre ein Abstraktum; reine Fülle ein Unfaßbar-Wesenloses.
Nicht geradezu ein Nichts, ein [grichisch] aber eine Vor-Wirklichkeit,
eine bloße Möglichkeit, im Letzten das Chaos. Damit lebendige
Fülle sein und gedacht werden könne - und Leben unterscheidet
sich nicht nur von formaler Starre, sondern auch von füllhaftem Chaos;
denn auch Chaos ist Tod! - muß sie wenigstens ein Mindestmaß
von Form haben; ein Mindestmaß von Entschiedenheit, Eindeutigkeit,
Benennbarkeit.
So sind wir wieder bei einem Gegensatz angelangt.
Das Leben erfährt sich als quellend, strömend, als Fülle
plastischer und dynamischer Möglichkeiten. Erfährt aber auch,
wie [>44] es, nach dieser Richtung weiterschreitend, ins Chaos gerät.
Das aber ist nicht mehr lebendige Fülle - nordischer Wille zum Maßlosen
darf sich nicht täuschen! - sondern deren Zerrbild: die Wirrnis, »wo
keine Ordnung ist«. Und ihr entspricht auch eine bestimmte Erlebnisform:
das Grauen. Soll lebendige Fülle sein, dann muß ein Mindestmaß
von Form und Ordnung in ihr hervortreten; sie muß Inhalt und Blut
von Form sein. So sucht denn das Leben die Form (BMautonS),
strebt aus dem Chaos zur Ordnung, zur Durchbildung, Gestaltung, Regelung,
Verständlichmachung. Im Maße aber Form wächst, mindert
sich, relativ gesehen, die Fülle (GGG2F-F).
Das Leben gelangt aus der ersten in die zweite Polsphäre; wo es sich
als Form erfährt und will; als Zucht, Gestalt und Gesetz; als plastisch-struktive
und dynamisch-aktive Genauigkeit. Auch diese Lebensgestaltung strebt (BMautonS),
sich selbst zu »vollenden«, zur »reinen Form«,14
gerät aber auf diesem Wege in die entgegengesetzte Gefahrenzone. Reine
Form ist nicht mehr denk- und seinsfähige Form, die noch immer »lebend
sich entwickelt«, sondern deren Zerrbild: das Formale. Das aber bedeutet
Tod. Chaos war Tod; jener nämlich, der daraus kommt, daß kein
Halt ist, keine Ordnung, keine Gestalt noch Benennbarkeit. Tod aber auch
das Schema; Kälte und Erstarrung. Will Leben lebendige Form bleiben,
dann muß in ihm die Fülle aufspringen (BMautonS).
So muß Leben (BMautonS)
sich als Form und als Fülle zugleich
erfassen und bejahen. Beide Tatsachen schließen ihrer nächsten
Sinnrichtung nach einander aus. Es ist romantischer Un-Ernst, Form unmerklich
in Fülle umschlagen zu lassen; monistische Unsauberkeit, sie zu verselbigen.
Fülle ist nicht Form. Mit tragischer Eindeutigkeit steht jedes im
eigenen Wesen. Aber auch alle Reinlichkeit des Seins wie der Haltung hängt
davon ab, daß jedes deutlich es selbst sei. Dennoch ist diese Autonomie
nur relativ, und eins unablösbar an das andere gebunden. On-[>45]tisch
wie logisch eines nur möglich am andern, im andern, durch das andere.
Und der Akt, durch den eines erfaßt wird,
setzt voraus, daß zugleich das andere mitgefaßt werde. Freilich
enthält dieser Akt eine unvermischte Zweiheit, und kommt vom einen
nur so zum Anderen, daß er es eben als qualitativ Anderes erfaßt,
durch einen »Schritt«, nicht durch unmerklichen Übergang.
Welcher Schritt aber nicht in ein absolut Anderes hinüberführt,
sondern in ein Gefordert-Anderes; ein Verwandt-Verschiedenes.15
Das Leben aber ist nicht Synthese dieser Verschiedenheit;
nicht ihre Vermischung; nicht ihre Identität. Sondern das Eine, das
in dieser gebundenen Zweiheit besteht. Darüber später mehr.
Wir kommen zumdritten der
intraempirischen Gegensätze - es
sind ihrer drei.
Die Gestalt des Lebens baut sich von innen her auf; sein Akt geht aus
eigenem Ursprung hervor (Gunklar).
Die Gestalt sucht (BMautonS)
zur Vollendung zu gelangen und sich darin zu behaupten; die Aktmöglichkeiten
streben sich voll zu verwirklichen (BMautonS).
Da stellt sich die Frage: In welcher Richtung vollzieht sich dieses Bauen
und Wirken?
Das Leben erfährt im eigenen Bau, Schaffen
und Wirken grundlegende Sinnrichtungen: zunächst die Richtung auf
das Ganze (BMautonS),.
Darin strebt es (BMautonS),
die Ganzheit des Baues zu verwirklichen; die Ganzheit der Akte und Aktkomplexe.
Das Einzelne wird dem Gesamten ein- und untergeordnet. Der Sinn des Gliedes
liegt im Gesamtkörper; der einzelnen Form in der Gesamtlinie; des
Organs im Gesamtapparat. Der Einzelakt ordnet sich einem höheren Akt-Zusammenhang
ein und baut diesen auf. Ein- und Ausatmen bilden den Gesamtzug des Atemvorganges;
rechter und linker Schritt den des Schreitens. Die Einzelelemente der Wahrnehmung
formen das Ganze des Vor-[>46]stellungsgefüges; die Vorstellungen
den Gedankenkreis. Die Willensantriebe fugen sich zur Tat; die Tat ordnet
sich in die Handlungskette; diese wiederum in das Gesamtleben. Die nämliche
Richtung zeigt sich im äußeren Werk. Alles lebendige Schaffen
wirkt Zusammenhang, von der einfachsten Zweckverknüpfung zur Organisation
eines Betriebes. Das gleiche Streben beherrscht das Verhältnis von
Mensch zu Mensch. Darin bauen sich Beziehungen immer umfassenderer Art,
von vorübergehender Begegnung bis zu bleibenden Bindungen, in die
ganze Lebensinhalte und Lebensleistungen eingehen; vom engumgrenzten Zusammensein
weniger bis zu Gesamtheiten wie »Gemeinde« oder »Staat«.
Fußnoten
11 Auch hierfür ist Kierkegaards
Forderung der qualitativen Dialektik am Platz, mit der er sich gegen die
hegelisch-romantische Aufhebung aller Wesensunterschiede in einer Mediationsdialektik
wandte."
12 Dabei dürfen wir nicht übersehen,
daß es sich hier um »lebendige Form« handelt, die mit
unserer »reinen« Form, der formalistischen, mathematisch-mechanischen,
begriffhaften, nicht verwechselt werden darf. Auch wenn nachher im Mittelalter
die Denker von »Form« sprachen - und wenig Worte kehren bei
ihnen so oft wieder, wie dieses - oder Recht, Gesellschaft, Kunst ein höchstentwickeltes
Formenwesen entfalteten, so war das alles lebendige, nicht »bloße«
Form.
13 Zumal der augustinisch Gerichtete;
also etwa die ältere Franziskanerschule. Hier liegt der Grund dafür,
warum diese auch im Geist eine »materia prima« annahmen. Nicht,
weil sie den Geist verstofflicht hätten, sondern weil sie das Geistige
als Leben erkannten, und darin eine Seite, eine Funktion sahen, die eben
nicht formhaft war. So blieb dafür der Gegenbegriff der »materia«.
Der bedeutet aber im Geistigen etwas anderes als im Stofflichen.
14 Hier wird klar, welche Problematik
im Vollendungs-Phänomen liegt. Es gibt eine Vollendungsbewegung, die
in die Vernichtung führt. Die wahre fuhrt durch Maß und Verzicht
in erfülltes Leben. Darüber später.
15 Hier liegt der Fehler der tragizistischen
Haltung; auch Kierkegaards.
16 Es ist interessant von hier aus die
neue, auf Sören Kierkegaard und seine Begriffe des »Augenblicks«
wie des »Einzelnen« sich berufende Gedankenströmung zu
betrachten."
_
Verlagsbeschreibung (Abruf
6.1.19)
"Guardini will mit seiner Gegensatzlehre den gesamten Bereich menschlichen
Lebens erfassen: Kunst, Politik, Ethik, Religiosität, Wissenschaft.
Besonders überzeugend wird seine Philosophie des Lebens im Bereich
der Psychologie. Recht verstanden, ist Guardinis philosophischer Ansatz
aber eine Weisheitslehre, die zu jener Mitte als dem Geheimnis des Lebens
führt, wo die Gegensätze zusammen sind, von wo sie ausgehen und
wohin sie zurückkehren - Gott."
Wikipedia (Abruf 6.1.19)
"Romano Guardini hat in seiner Gegensatzlehre (1925) polare Gegensätze
grundsätzlich von Widersprüchen unterschieden und als sich ständig
neu konkretisierende, also lebendig-konkrete Spannungseinheit beschrieben,
ohne dass dabei die jeweiligen Pole zu existieren aufhören. Dies führt
zu einer dialogischen statt dialektischen Struktur der Gegensätze
im Sinne von Polarität." [nicht belegt]
Literatur (Auswahl)
> Hauptseite.
-
Guardini, Romano (1998) Der Gegensatz. Versuch einer Philosophie des Lebendig-Konkreten.
1. A. 1925. Mainz/Paderborn: Grünewald/Schöningh.P
Links (Auswahl: beachte)
Glossar,
Anmerkungen und Fußnoten >
Eigener
wissenschaftlicher Standort. > Eigener
weltanschaulicher Standort.
1)
GIPT= General and
Integrative
Psychotherapy,
internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
__
Querverweise
Standort: Gegensatzsystem Guardini
*
Haupt- und
Verteilerseite Begriffsanalysen und Untersuchungen zur Dialektik.
Haupt- und Verteilerseite
Begriffsanalysen.
Überblick Arbeiten
zur Theorie, Definitionslehre, Methodologie, Meßproblematik, Statistik
und Wissenschaftstheorie besonders in Psychologie, Psychotherapie und Psychotherapieforschung.
*
*
Dienstleistungs-Info.
*
Zitierung
Sponsel, R. (DAS). Gegensatzsystem
Guardini. Materialien zu Begriffsanalyse und Untersuchungen zur Dialektik.
Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/wisms/sprache/BegrAna/Dialektik/BA_Guardini.htm
Copyright & Nutzungsrechte
Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen
Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht inhaltlich
verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle
benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten
oder Rahmen ist nicht gestattet, Links und Zitate sind natürlich willkommen.
Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden.
Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um
Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus ... geht,
sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.
Ende_
Gegensatzsystem
Guardini _Datenschutz_Rel.
Aktuelles _Überblick_Überblick
Wissenschaft _Rel.
Beständiges_ Titelblatt_
Konzept_
Archiv_
Region_
Service
iec-verlag__Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen_
Mail:
sekretariat@sgipt.org_
noch nicht end-korrigiert
Änderungen Kleinere
Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet
und ergänzt.
20.11.19 Grundversion
erstmals ins Netz gestellt.
26.10.19 Vorläufiger
Abschluss.
03.12.18 Unterbrochen
bis 5.1.19
18.11.18 angelegt
Interne Notizen
« »
» «