Begriff, Begriffsanalyse und Gebrauchsbeispiele in der Physik
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
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Begriffsanalysen (Überblick).
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Begriffsanalyse Begriff.
Definition
Begriff.
Signierung
Begriffe und Begriffsmerkmale (BM).
"Was ist Begriffsbildung (BMTheoSys)?
Eine Erkenntnis (im Sinn wissenschaftlicher Erkenntnis) besteht in der
Feststellung eines Sachverhaltes, in seiner Darstellung durch Worte oder
andere Zeichen (mathematische, chemische Zeichen oder dergl.). Jede solche
Darstellung, — mag auch die dar gestellte Tatsache noch so primitiv erscheinen,—
gehört genau genommen schon zur ordnenden Verarbeitung, also zur zweiten
Phase der wissenschaftlichen Tätigkeit. Ein Zeichen wird dadurch eingeführt,
oder, wenn es schon in Gebrauch ist, nachträglich legitimiert, daß
festgestellt wird, unter welchen Bedingungen es bei der Darstellung von
Sachverhalten verwendet werden soll. Die Einführung oder Legitimierung
des Wortes „Pferd“ geschieht z. B. dadurch, daß festgestellt wird,
welche Bedingungen vorliegen müssen, damit wir ein Ding ein Pferd
nennen, also durch Angabe der Kennzeichen des Pferdes (oder Definition
des Wortes „Pferd“) (BMDefFor+).
Von einem Zeichen, das in solcher Weise eingeführt oder legitimiert
ist oder das wir wenigstens als legitimierbar ansehen, sagen wir, es bezeichne
einen Begriff (BMName).
Ein Begriffszeichen (BMName)
ist also ein gesetzmäßiges Zeichen, mag es nun definiert sein
oder nicht (BMBeBiRe-).
Gesetzmäßig soll die Verwendung sein; das Zeichen soll nicht
in beliebiger, willkürlicher Weise verwendet werden, sondern in bestimmter,
gleichbleibender Weise; dabei kann die Einheitlichkeit der Verwendungsart
entweder durch ausdrückliche Festlegung gesichert sein oder durch
bloße gleichbleibende Gewohnheit, „Sprachgebrauch“.
Was ein Begriff
(BMDefCha-) ist, haben
wir hiermit nicht gesagt; sondern nur, was es heißt, ein Zeichen
bezeichne einen Begriff (BMName).
Das ist auch das einzige, was genau gesagt werden kann. Und das genügt
auch; denn wenn von Begriffen (BMBeleg-)
sinnvoll die Rede ist, so handelt es sich stets um durch Zeichen bezeichnete
oder doch grundsätzlich bezeichenbare Begriffe
(BMName);
und im Grunde ist dann stets die Rede von diesen Zeichen und ihren Verwendungsgesetzen.
Die Bildung eines Begriffes
(BMBeBiRe-) besteht in
der Aufstellung eines Gesetzes über die Verwendung eines Zeichens
(z. B. eines Wortes) bei der Darstellung von Sachverhalten. Im gewöhnlichen
Leben und auf den ersten Stufen der Wissenschaft findet zwar auch eine
Begriffsbildung
(BMBBRonS) statt, ohne
daß doch derartige Gesetze über die Verwendung von Zeichen (Worten)
ausdrücklich aufgestellt würden. Wohl aber werden dabei solche
Gesetze unausgesprochen befolgt oder wenigstens ihre Befolgung gefordert.
Sobald überhaupt von einem Begriff
die Rede ist, handelt es sich stets um die einheitliche, also gesetzmäßige
Verwendung eines Zeichens (BMBeBiRe-).
Das Verhältnis der unformulierten Begriffsbildung
(BMvergl) zu der bewußten,
formulierten in der entwickelten Wissenschaft entspricht etwa dem Verhältnis
der „ungeschriebenen Gesetze“ der Sitte zu dem kodifizierten Recht."
"2. DER OPERATIVE CHARAKTER DER BEGRIFFE ()
Einstein's Beitrag zu unserer neuen Auffassung der Begriffe
() Wenn wir also einsehen, daß es im Wesen des Experiments liegt,
keine Voraussagen außerhalb unseres derzeitigen Erfahrungsbereiches
machen zu können, . so muß der Physiker, will er fortwährender
Nachprüfung [>4] seiner Einstellung enthoben sein, solche Begriffe
() zur adäquaten Darstellung der Natur anwenden, die die Unmöglichkeit
einer Voraussage zukünftigen Geschehens gewährleisten. Darin
liegt, wie mir scheint, die hauptsächlichste Förderung der Physik
durch Einstein. Obwohl er das selbst nicht explicite ausgesprochen hat,
wird — meiner Meinung nach — ein Studium seiner Theorie uns zeigen, daß
er unsere Anschauungen über die bisherige Bedeutung physikalischer
Begriffe
() und darüber, was sie eigentlich bedeuten sollten, gründlich
revidiert hat. Es sind bis jetzt viele physikalische Begriffe
() durch Angabe ihrer Eigenschaften definiert worden. Ein ausgezeichnetes
Beispiel hiefür bietet Newton's Begriff der absoluten
Zeit (). Das folgende Zitat aus dem Scholion des I. Buches
der »Principia« soll das beleuchten: »Zeit, Raum, Ort
und Bewegung, als jedermann wohlbekannt, definiere ich nicht. Ich bemerke
nur, daß man gewöhnlich diese Größen nicht anders
als in bezug auf die Sinne auf faßt. Es entstehen so gewisse Vorurteile,
zu deren Beseitigung man sie passend in absolute und relative, wahre und
scheinbare, mathematische und gewöhnliche unterscheidet.
(I) Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt
an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung
auf irgendeinen äußeren Gegenstand. Man bezeichnet sie auch
mit dem Namen ‚Dauer'.« Es ist aber keineswegs sicher, daß
in der Natur etwas mit den in der Definiton angegebenen Eigenschaften existiert
und die Physik wird eine rein abstrakte Wissenschaft, wenn sie auf solche
Begriffe
() zurückgeführt wird und entfernt sich so weit von der Wirklichkeit
wie die auf Postulaten aufgebaute Geometrie der Mathematiker. Es ist Sache
des Experiments festzustellen, ob die auf diese Weise definierten Begriffe
() einer Gegebenheit in der Natur entsprechen und wir müssen jederzeit
gewärtig sein, daß die Begriffe
() überhaupt keinen Gegebenheiten, bezw. ihnen nur teilweise entsprechen.
Wenn wir im Besonderen die Definition der absoluten Zeit im Lichte des
Experiments prüfen, kommen wir zu dem Ergebnis, daß ihr in der
äußeren Erfahrung keine Gegebenheit mit den angegebenen Eigenschaften
entspricht.
Die neue Auffassung der Begriffe
() ist eine ganz andere. Das soll am Beispiel des Längenbegriffes
erläutert werden. Was verstehen wir unter der Länge eines Gegenstandes?
Anscheinend wissen wir, was „Länge" bedeutet, wenn wir angeben können,
welches die Länge irgendeines Objektes ist. Auch vom Physiker wird
weiter nichts verlangt. Um die Länge eines Gegenstandes zu finden,
müssen wir gewisse physikalische Operationen ausführen. Daher
ist der Längenbegriff () bestimmt,
wenn die Operationen, durch die die Länge gemessen wird, bestimmt
sind: das [>5] heißt, der Längenbegriff
() schließt nicht mehr und nicht weniger ein, als eine Reihe von
Operationen einschließt; anders ausgedrückt: Der Begriff
() ist mit der Reihe der ihm entsprechenden Operationen gleichbedeutend.
Ist der Begriff
() in physikalischer wie der der Länge, dann sind die Maßnahmen
reale physikalische Operationen, nämlich jene, durch die die Länge
gemessen wird; ist der Begriff ein ideeller, wie z. B. der Begriff
des mathematischen Kontinuums (), dann sind die Operationen
geistige Akte und zwar sind es jene, durch die wir die Stetigkeit eines
vorgegebenen Aggregates von Größen bestimmen. (1)
Ich beabsichtige nicht, den unaufhebbaren Unterschied
zwischen physikalischen und geistigen Begriffen
() nachzuweisen oder zu zeigen, daß die eine Art von Begriffen
() nicht immer Merkmale der anderen Art enthält. Diese Klassifikation
der Begriffe () ist für unsere
späteren Betrachtungen nicht wichtig. Wir müssen verlangen, daß
die Gruppe der Operationen, die gleichbedeutend mit einem Begriff
() ist, eindeutig sei, um die Möglichkeit von Vieldeutigkeiten bei
den praktischen Anwendungen der Begriffe
() auszuschließen.
Wenden wir nun diese Idee des Begriffes
() auf die absolute Zeit an, so verstehen wir den Sinn des Begriffes
»absolute Zeit« () nicht, solange wir nicht
die Bestimmung der absoluten Zeit eines wirklichen Ereignisses angeben,
d. h. solange wir nicht die absolute Zeit messen können. Wir brauchen
bloß irgendeine der gebräuchlichen Methoden, nach denen die
Zeit gemessen wird, zu. prüfen, um den relativen Charakter dieser
Operationen zu erkennen. Daher wird die frühere Aussage, die absolute
Zeit existiere nicht, durch die andere ersetzt, wonach der Begriffe
() der absoluten Zeit sinnlos ist. Mit diesen Aussagen behaupten wir nichts
Neues über die Natur, sondern enthüllen bloß Implikationen,
die in den physikalischen Operationen, die zur Zeitmessung dienen, enthalten
sind.
Bei Anwendung dieses Gesichtspunktes — die eigentliche
Definition eines Begriffes () soll nicht
durch Angabe seiner Eigenschaften, sondern durch Angabe der tatsächlichen
Operationen geschehen — auf Begriffe (),
laufen wir natürlich nicht Gefahr, unsere naturwissenschaftlichen
Einsichten korrigieren zu müssen. Denn wenn die Erfahrung immer durch
Begriffe
(),
die aus Erfahrung gewonnen sind, beschrieben wird, so muß eine Zuordnung
bestehen zwischen der Erfahrung und ihrer Beschreibung durch uns und wir
brauchen dabei keine Schwierigkeiten zu fürchten wie sie z. B. bei
dem Versuch auftreten, in der Natur Newton's Prototyp der absoluten Zeit
zu finden. Erinnern wir uns, daß die Operationen, mit denen ein physikalischer
Begriff
() gleichbedeutend ist, reale physikalische Operationen sind, so erkennen
wir, daß die Begriffe () nur in
Bezug auf [>6] das tatsächliche Experiment definiert werden können
und in Gebieten, die dem Experiment noch verschlossen sind, undefiniert
und sinnleer sind. Daraus folgt, daß wir streng genommen überhaupt
keine Aussagen über noch unzugängliche Gebiete machen können
und daß, wenn dies geschieht, was oft nicht vermeidbar ist, wir eine
konventionalistische Extrapolation machen, deren Ungenauigkeit uns völlig
bewußt sein muß und deren Bestätigung späteren Experimenten
vorbehalten bleibt. Man wird wahrscheinlich weder bei Einstein noch bei
anderen Autoren eine Bemerkung darüber finden, daß die oben
beschriebene Änderung im Gebrauch der Begriffe
() mit vollem Bewußtsein gemacht worden ist. Daß dies aber
der Fall ist, wird, wie ich glaube, durch eine Prüfung der Methode
bewiesen, nach der Begriffe () heute
von Einstein und anderen Forschern verwendet werden. Denn wir müssen
den wahren Sinn eines Begriffes () natürlich
in seiner Verwendung sehen und nicht in der Meinung, die jemand von ihm
hat. Wir wollen am Beispiel der Behandlung des Gleichzeitigkeitsbegriffes
() durch Einstein zeigen, daß die wahre Bedeutung eines Begriffes
() künftig in seiner Anwendung gesehen wird.
Vor Einstein wurde der Gleichzeitigkeitsbegriff
() durch Angabe seiner Eigenschaften definiert. Hinsichtlich ihrer zeitlichen
Beziehung konnten zwei Ereignisse folgende Eigenschaften haben: Das eine
Ereignis fand entweder vor dem anderen, oder nach ihm oder gleichzeitig
mit ihm statt. Gleichzeitigkeit war allein eine Eigenschaft der beiden
Ereignisse und sonst nichts; entweder waren zwei Ereignisse gleichzeitig
oder nicht. Die Verwendung dieses Begriffes
() in der angegebenen Weise wurde dadurch gerechtfertigt, daß er
scheinbar das Verhalten wirklicher Dinge beschrieb. Die Erfahrung war damals
allerdings auf einen kleinen Bereich eingeengt. Sobald später der
Erfahrungsbereich erweitert wurde (beim Vordringen in das Gebiet der großen
Geschwindigkeiten), erkannte man die Unbrauchbarkeit der Begriffe
(),
weil einer absoluten Beziehung zweier Ereignisse nichts Gegenständliches
in der Erfahrung entsprach. Einstein unterzog also den Begriff
der Gleichzeitigkeit () einer Kritik. Sie bestand im Wesentlichen
in dem Nachweis, daß die Operationen, welche dazu führen, zwei
Ereignisse als gleichzeitig zu beschreiben, die Messungen des Beobachters
involvieren. Infolgedessen ist »Gleichzeitigkeit« keine absolute
Eigenschaft der beiden Ereignisse mehr, sie involviert vielmehr die Beziehung
der beiden Ereignisse zum Beobachter. Solange wir also nicht den experimentellen
Beweis für das Gegenteil haben, müssen wir damit rechnen, daß
die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse von ihrer Beziehung zum Beobachter
abhängt, insbesondere von ihrer Geschwindigkeit relativ zu ihm. Indem
Einstein auf diese Weise den Inhalt eines [>7] Urteils über Gleichzeitigkeit
untersucht und sein Interesse dem Beobachtungsakt als dem Kernproblem zuwendet,
gewinnt er in der Tat einen neuen Gesichtspunkt für die Beurteilung
physikalischer
Begriffe (), nämlich
den operativen Gesichtspunkt.
Einstein ging natürlich noch weiter. Er erkannte,
wie sich das Verfahren zur Bestimmung der Gleichzeitigkeit ändert,
wenn sich der Beobachter bewegt und er gewann mathematische Beziehungen
für den Einfluß der Bewegung des Beobachters auf die relative
Zeit der beiden Ereignisse. Nebenbei sei bemerkt, daß eine große
Freiheit in der Auswahl der genauen Meßverfahren besteht; Einstein
bestimmte sie nach konventionellen Gesichtspunkten, gemäß ihrer
Einfachheit bezüglich der Lichtstrahlen. Das für uns bedeutsame
Ergebnis, der operative Gesichtspunkt, ist ganz unabhängig von den
genauen quantitativen Beziehungen der Einstein'schen Theorie. Hätten
wir ihn früher angewandt, so würden wir bereits vor der Entdeckung
der neuen physikalischen Tatsachen den relativen Charakter des Gleichzeitigkeitsbegriffes
() erkannt haben. Dadurch wäre unser Denken für die Entdeckung
jener Tatsachen, die später gefunden wurden, vorbereitet gewesen."
"Grundbegriffe ()
Kommentar: Obwohl der Buchtitel von den Grundbegriffen der Physik handelt, gibt es im Sachregister keinen Eintrag zu Begriff(e) oder Grundbegriff(e). Im Imneren wird auch noch der Begriff Denkschema problematisierend gebraucht; S. 47:
"Gültigkeitsgrenzen
Auch Naturgesetze, die sich bei Voraussagen vielfältig bewährt
haben, besitzen im allgemeinen keinen uneingeschränkten Geltungsbereich.
Zu Beginn dieses Jahrhunderts z.B. konnte A. Einstein zeigen, daß
die Newtonsche Mechanik nur bei hinreichend kleinen Geschwindigkeiten die
Erscheinungen richtigerfaßt. Auch am Gravitationsgesetz, das sich
in der Himmelsmechanik außerordentlich gut bewährt hatte, mußten
Korrekturen angebracht werden.
Als man die Gesetze der Mechanik auf sehr kleine Teilchen anwenden
wollte, mußte man den Gültigkeitsbereich dieser bis dahin bewährten
Gesetze ebenfalls einschränken. Nach der Newtonschen Mechanik kann
ein harmonischer Oszillator, z.B. ein Schraubenfederpendel, jede beliebige
Energie besitzen, sein Energiezustand kann sich stetig ändern. Für
sehr kleine Pendel, wie z.B. rasch schwingende Elektronen, gilt dies aber
nicht mehr. Gesetze, die an großen, »makroskopischen«
Körpern gewonnen wurden, können nicht ohne weiteres auf »mikroskopische«
Körper übertragen werden (-> Quanteneffekte).
So ist die Physik zwar einerseits ein imposantes Gebäude, das
auf einer Reihe von gut gesicherten Naturgesetzen beruht, andererseits
sind jedoch die Grenzen der Gültigkeit der Gesetze unsicher, solange
sie nicht mittels einer neuen »Generation« von Gesetzen definiert
worden sind. Im Laufe der Entwicklung werden als grundlegend angesehene
Gesetze aus noch grundlegenderen abgeleitet, wobei man dann oft auch die
Gültigkeitsgrenzen erkennt.
Beispiel: Das Ohmsche Gesetz - U/I konstant bei konstanter
Temperatur - läßt sich aus grundlegenden Gesetzen der Elektrizitätslehre
und aus Vorstellungen über den Bau der Materie herleiten, und man
kann aufgrund dieser Herleitung die Kriterien für seine Gültigkeit
angeben. Das Ohmsche Gesetz kann daher nicht länger als ein grundlegendes
Naturgesetz angesehen werden."
"6. Erfahrungsbegriffe.
Die Wirklichkeit kommt zunächst und unbedingt solchen BegriffenTbegW
zu, die auf stets und ausnahmelos erlebten Beziehungen beruhen. Nun können
wir aber leicht und mannigfaltig BegriffeTDbar
aus verschiedenen Erlebnissen willkürlich miteinander vereinigen,
da unsere Erinnerung sie uns frei zur Verfügung stellt, und aus einer
solchen Vereinigung einen neuen BegriffTbegB
bilden. Hierbei ist es natürlich nicht notwendig, daß die von
uns willkürlich ausgeführte Vereinigung auch in der Erfahrung,
d.h. in unseren früheren Erlebnissen sich vorfindet. Vielmehr werden
wir umgekehrt erwarten dürfen, daß es sehr viel mehr solcher
willkürlicher, in der Erfahrung sich nicht vorfindender Verbindungen
geben wird, als Verbindungen, die wir später durch die Erfahrung »bestätigt«
finden. Erstere sind zwecklosTbegB-,
weil sie unwirklich sind, letztere dagegen von größter Bedeutung,
denn auf ihnen beruht der eigentliche Zweck des Wissens, die Voraussagung.
Die ersteren sind es, die die »Wirklichkeit« der BegriffeTbegW
selbst in Verruf gebracht haben, während die letzteren zeigen, daß
die Bildung und gegenseitige Beeinflussung der BegriffenTbeg
tatsächlich den ganzen Inhalt aller Wissenschaft ausmacht. Es ist
also von größter Bedeutung, beide Arten von Begriffsverbindungen
zu unterscheiden, und die Lehre von dieser Unterscheidung bildet den eigentlichen
Inhalt jener allgemeinsten Wissenschaft, die wir als Logik oder besser
BegriffslehreKLfs
gekennzeichnet haben. "
Kommentar RS: Die Logik
ist eine formale Wissenschaften, sie hat es nicht mit spezifischen Begriffsinhalten
zu tun. Es ist natürlich richtig, die beiden Arten von Begriffsbestimmungen
auseinanderzuhalten, aber gehört in die Methodologie, besser noch
Wissenschaftstheorie.
_
"Begriff () und Zuordnung
Um ein Bild der neuen Begriffsbildung
() in der modernen Physik zu erhalten, muß man zunächst eine
haltbare und eindeutige Theorie des Begriffes selber haben, und das würde
in alle Schwierigkeiten der physikalischen weltanschaulichen Probleme hineinführen,
wenn nicht der gesunde Realismus der Physiker selbst eine gewisse Beschränkung
in der Auswahl der Theorien mit sich brächte. Wir gehen davon aus,
daß in der Physik wie in jeder Wissenschaft Erkenntnis, Urteil und
Begriff
() innig zusammenhängen. Indem wir uns bei der Deutung dieser Verhältnisse
auf physikalische Tatbestände beschränken, tun wir der Allgemeinheit
der vorliegenden Sachverhalte keinen Abbruch. Die Erkenntnis besteht in
der Festlegung bestimmter Sachverhalte oder Tatbestände; das Mittel,
mit dem diese Festlegung gelingt, ist in der Urteilsfällung gegeben.
Um hier zunächst einen Ansatz für die weitere Problemstellung
zu erhalten, müssen wir wissen, was ein Urteil ist. Die psychologische
Seite, die jedes Erkennen als eine Tätigkeit kennzeichnet, soll dabei
außer acht gelassen werden. Beschränken wir uns also auf den
logischen Tatbestand, so dürfen wir zunächst voraussetzen, daß
jedes Urteil darin besteht, daß es Begriffe
() zu anderen Begriffen () in Beziehungen
setzt. Dabei besteht aber ein Unterschied, je nachdem, ob die im Urteil
zueinander in Beziehung gesetzten Begriffe
() schon bekannt sind oder nicht; ist das letztere der Fall, so ist der
Inhalt des Tatbestandes als Urteil zu bezeichnen.
Etwas anderes ist aber in diesem Fall das Verhältnis
des Urteils zur Erkenntnis. Eine bloße Definition vermittelt wegen
des willkürlichen Elementes, das in ihr liegt, noch keine Erkenntnis;
wir müssen also die physikalische wie jede Erkenntnis auf den Fall
beschränken, daß sie Begriffe
() nicht nur wegen ihrer Definition zueinander in Beziehung setzt, sondern
durch einen selbständigen, an ihnen hervortretenden Zusammen-[>2]hang.
Wohl aber ist es möglich, daß jene Begriffe
() auf verschiedene Weise definiert sind, und daß sich später
herausstellt, daß unter den Gegenständen der einen Definition
auch solche sind, die unter den zweiten Begriff
() fallen; dann ist der eine Begriff
() durch den anderen erkannt. Die Geschichte der Physik gibt mannigfache
Beispiele für diese Tatbestände. So ist ursprünglich der
Begriff
()
der Wärme substantiell, dinglich gebildet. Ebenso war die mechanische
Natur der Wärmeübertragung als begriffliche Zusammenfassung gewisser
hypothetischer Ansätze zum Modell der Materie gefaßt. Als aber
die kinetische Gastheorie die Bewegung der Molekeln in Beziehung zur Temperatur
setzte, erschien die Wärme auf die Bewegung der Massenteilchen zurückgeführt
und insofern erklärt. Die Elektrizität ist ursprünglich
ein Begriff sui generis (), ebenso das
Licht als ein Wellenvorgang; die elektromagnetische Lichttheorie hat gelehrt,
indem sie die Identität der Formeln der Wellenbewegung des Lichts
und der elektrischen Wellen erkannte, daß Licht und Elektrizität
sich in dem gemeinsamen Begriff () des
elektromagnetischen Feldes darstellen lassen; auch hier also liegt eine
Vereinigung zweier ursprünglich verschiedener Begriffe
() und eine neue Erkenntnis vor: schon diese Beispiele führen uns
auf die weitere Untersuchung des Tatbestandes, der im Begriff
() eigentlich vorliegt. Zunächst dürfen wir feststellen, daß
ein Begriff () nichts Reales ist; wir
haben ja bereits betont, daß wir von dem realen psychischen Vorgang,
der die Begriffsbildung begleitet, absehen wollen. Das ändert nichts
daran, daß er, um angewandt zu werden, eines solchen psychischen
Vorgangs bedarf. Der psychische Vorgang repräsentiert in gewisser
Weise den Begriff (), ohne mit ihm zusammenzufallen,
und außerdem ist es nicht notwendig, daß der Begriff
() durch anschauliche Vorstellungen im Denken vertreten wird; wie es einerseits
Begriffe
() auch von unanschaulichen Gegenständen gibt, etwa vom unanschaulichen
n - dimensionalen Raum oder vom "Geist", so zeigt die gesamte moderne Physik
ja die zunehmende Bedeutung des Nichtanschaulichen, bloß Symbolischen
in der exakten Wissenschaft.
Der Versuch, den Begriff
() als ein solches Symbol aufzufassen, ist nicht neu. Wir können aber
feststellen, daß er, wenn nicht von Physikern selbst, so doch von
Philosophen übernommen ist, die der Wissenschaft [>3] und ihrer Begriffsbildung
() besonders nahe standen. Die erste geschlossene Darstellung dieser sogenannten
"Zeichentheorie" verdanken wir Helmholtz. Daß hier das Allgemeine
der Begriffe () nur den Zweck haben
kann, die physikalische Wirklichkeit darzustellen, liegt auf der Hand.
Insofern ist für ihn das Ausgehen von der Empfindung Kennzeichen jeder
physikalischen Erfahrung. Aber schon Kant hatte ja darauf hingewiesen,
daß unsere Begriffe () zwar mit
der Erfahrung anheben, aber nicht aus ihr "entspringen". Das bedeutete
für ihn, daß die Feststellung der "Objektivität" der Begriffe
() nicht in der Wahrnehmung oder der Anschauung gegründet werden darf,
so notwendig sie als Ausgangspunkt derselben bleiben. Helmholtz,
dessen philosophische Ansichten sich im Lauf der Zeit von einem entschiedenen
Bekenntnis zum Kritizismus zu einer mehr realistischen Deutung der Erkenntnis
gewandelt haben, wies bereits in seinem "Handbuch der physiologischen Optik"
(S. 586) energisch darauf hin, daß die Begriffe
() der mathematischen Physik nur als Zeichen aufgefaßt werden dürften:
"Unsere Empfindungen", so führt er dort in grundlegender Weise aus,
"sind Wirkungen, welche durch äußere Ursachen in unseren Organen
hervorgebracht werden, und wie solche Wirkung sich äußert, hängt
natürlich ganz wesentlich von der Art des Apparates ab, auf den gewirkt
wird. Insofern die Qualität unserer Empfindung uns von der Eigentümlichkeit
der äußeren Einwirkung, durch welche sie erregt ist, eine Nachricht
gibt, kann sie als Zeichen derselben gelten, aber nicht als ihr Abbild.
Denn vom Bilde verlangt man irgendeine Art der Gleichheit mit dem abgebildeten
Gegenstande. Ein Zeichen aber braucht gar keine Ähnlichkeit mit dem
zu haben, dessen Zeichen es ist. Die Beziehung zwischen beiden beschränkt
sich darauf, daß das gleiche Objekt unter gleichen Umständen
zur Einwirkung kommend, die gleichen Zeichen braucht, und daß also
ungleiche Zeichen immer ungleicher Einwirkung entsprechen." Die stellvertretende
Funktion des Zeichens ist hier gewonnen, sie ist aber noch nicht abgegrenzt
von der Empfindung, die vielmehr selbst als Zeichen gedeutet wird. Die
Empfindung ist etwas Wirkliches, nicht aber der Begriff
() der Empfindung.
Heinrich Hertz hat diese stellvertretende Funktion
des Begriffes () deutlicher erkannt,
als er in der Einleitung zu seiner Mechanik das erkenntnistheoretische
Verfahren der Physik dahin [>4] charakterisierte, daß diese sich
von den Dingen "innere Scheinbilder oder Symbole" mache, und zwar in der
Weise, daß die denknotwendigen Folgen der Bilder übereinstimmten
mit den naturnotwendigen Folgen der Gegenstände. Damit ist der Gegenstand
also dem ihn vertretenden Symbol gegenübergestellt, wir haben also
"Gegenstände" und "Symbole (= Zeichen). Worin besteht nun das Verhältnis
zwischen beiden? Külpe nennt Begriffe
() (Die Realisierung, Bd. I, S.226) "für die objektive Wissenschaft
fixierte Zuordnungen zwischen Zeichen und bezeichneten Gegenständen";
ihr Inhalt setzt sich "aus den Bedingungen dieser Zuordnung zusammen; die
Bedingungen der Zuordnung, die Merkmale des Begriffes
() bestehen nach Külpe "in direkten oder indirekten Hinweisen
auf den zu bezeichnenden Gegenstand". Gegenstände und Zeichen sind
beide "Korrelate des Begriffes" (),
beide müssen vorausgesetzt werden. Einem vom Begriff
bezeichneten Gegenstand wird das Zeichen zugeordnet - das ist der Kernpunkt
der Külpeschen Analyse. Das ist im wesentlichen das Gleiche,
was Schlick in seinen Arbeiten zur Erkenntnistheorie als "begriffliche
Funktion" () bezeichnet, die er der Nichtrealität
des Begriffes () an die Seite stellt.
In der Tat ist allen Aussagen über Zeichen, Sinn, Bedeutung die Funktion
des Zuordnens gemeinsam; es ist nach Schlick sinnlos, den Begriffen
() eine Existenz unabhängig von der Wahrnehmung bewußter Wesen
zuzuschreiben.
An dieser Stelle müssen wir uns noch mit der
von Reichenbach gegebenen Definition des Begriffe
()
auseinandersetzen. Denn dieser Philosoph, der dem Wesen der physikalischen
Erkenntnis sehr aufgeschlossen gegenübersteht, verfällt hier
u. E. in den Fehler, den Begriff substantiell zu deuten. In dem glänzend
geschriebenen Kapitel über Voraussetzungen und Sinn der physikalischen
Erkenntnis (Handbuch der Physik, Bd. IV, S.22) heißt es zunächst
folgerichtig: "Ganz sicher ist, daß
Begriff ()
und Ding keine innere Ähnlichkeit haben; der Begriff
()
ist dem Ding eben nur zugeordnet, ist ein Zeichen." Dann aber weiterhin:
"Wir behaupten, daß Zeichen zunächst einmal auch nichts sind
als Dinge. In der Tat, jedes Zeichen, das wir gebrauchen, ist ein Ding.
Das Schriftzeichen ist ein materielles Gebilde aus Kohleteilchen, das gesprochene
Wort ein materieller Vorgang aus Schallschwingungen" u. s. m. Nun ist aber
"Ding" herkömmlich im Gegensatz zum "Gegenstand" als materielles [>5]
Substrat zu definieren. Es ist u. E. verkehrt, von ehem. Gedankengebilde
als von einem "Ding" zu sprechen. Begriffe
() sind aber nicht nur Gebilde als Wahrnehmungen, die durch eine Aussagezuordnung
definiert sind, sondern auch gedankliche Gebilde, die nicht auf Wahrnehmungen
sich gründen; trotzdem müssen auch solche als Begriffe
() bezeichnet werden. Nun ist der physikalische Begriff
(),
den wir zu gewinnen suchen, ein engerer als der allgemeine. Trotzdem dürfen
wir auch hier im Denken gesetzte Gebilde mit Recht dann verwenden, wenn
es sich im System der Physik als notwendig erweist. Solche Begriffe
() sind etwa der der Kraft oder das noch nicht beobachtete Neutrino. Wir
erweitern also das
Reichenbachsche Schema des Begriffes
() dahin, daß physikalische Begriffe
() gedankliche Gebilde sind, die aus Wahrnehmungen direkt oder indirekt
erschlossen sind, und deren Existenz allerdings an die Existenz des denkenden
Menschen jederzeit gebunden ist. Der Begriff
() erhält eine Definition erst durch das zuordnende Verfahren selbst;
daß dieses "eindeutig" sein muß, ist wiederum deshalb notwendig,
weil nur im Zusammenhang eines wissenschaftlich begründeten, mindestens
als hypothetisch gesetzten Systems eine Begriffsbildung
() möglich ist; denn die Begriffe
() sollen ja tragfähige Stützen des Systems sein. Damit ist aber
die weitere Folgerung gegeben, daß die Zuordnung zwischen den wirklichen
Dingen und den Begriffen () keine willkürliche
sein darf. Wahrheit ist, wie Reichenbach dann (a. a. 0., S.30) richtig
ausführt, nicht nur logische Widerspruchsfreiheit des Systems, sondern
auch Übereinstimmung in den Anschlußpunkten: "daß das
System wahr ist, heißt auch, daß zugeordnete Dinge und Sachverhalte
existieren."
Während Schlick also die Zuordnung als
gemeinsames Moment aller Funktionen des Begriffs
() ansieht, spezialisiert er dieselbe aber noch dahin, daß sie "eindeutig"
sein muß. Denn nur in diesem Falle wird das Urteil, das durch die
Zuordnung entsteht, als ein wahres bezeichnet werden können. Damit
ist die Abbildtheorie der älteren Philosophie abgelehnt; die im Urteil
auftretenden Begriffe sind den wirklichen Gegenständen sicher nicht
gleichartig, auch die Beziehungen zwischen den Begriffen
() sind nicht gleich den Beziehungen der Dinge, weil die letzteren stets
auch zeitliche, oft auch räumliche Momente aufweisen und begriffliche
Beziehungen im Gegensatz dazu unräumlich und un-[>6] zeitlich sind:
"So zerschmilzt der Begriff () der Übereinstimmung",
so führt SchIick aus (Allgemeine Erkenntnislehre, S. 57), "vor
den Strahlen der Analyse, insofern er Gleichheit oder Ähnlichkeit
bedeuten soll, und was von ihm übrigbleibt, ist allein die eindeutige
Zuordnung. In ihr besteht das Verhältnis der wahren Urteile zur Wirklichkeit,
und all jene naiven Theorien, nach denen unsere Urteile und Begriffe
() die Wirklichkeit irgendwie ,abbilden' könnten, sind gründlich
zerstört. Es bleibt dem Worte übereinstimmung hier kein anderer
Sinn als der der eindeutigen Zuordnung." - Daraus geht nun jedenfalls das
hervor, daß eine Identifikation der Begriffe
() und der Gegenstände selbst nicht statthaft ist; die Zuordnung zwischen
Zeichen und Gegenständen involviert zugleich, wie Külpe
sich ausdrückt, eine Verschiedenheit der Begriffe
() von beiden: "Auf keinen Fall", heißt es bei ihm (a. a. 0., S.231),
"sind das Zeichen und sein Begriff ()
zu identifizieren. Der Begriff () kann
sich bei gleichen Zeichen ändern, d. h. eine Zuordnung zu anderen
Gegenständen werden, und verschiedene Zeichen können denselben
Begriff
()
tragen, d. h. denselben Gegenständen zugeordnet werden." Auch hierfür
zeigt die Physik Beispiele in Menge. Für die Änderung des Begriffes
() bei gleichen Zeichen nennen wir z. B. die Laplacesche Gleichung,
die für mechanische, chemische und elektromagnetische Phänomene
Gültigkeit hat. Veränderungen der Begriffe
() brauchen also nicht notwendig mit Änderungen der Zeichen verbunden
zu sein; die gleichen Symbole gelten dann für verschiedenartige Vorgänge.
Hier erhebt sich die Frage, ob die Eindeutigkeit des Begriffes
() damit nicht verschwindet. Dazu ist zu sagen: sicherlich bleibt der Begriff
() identisch und, weil er eindeutiger Zuordnung entspricht, als solcher
unveränderlich. Das schließt nicht aus, daß die realen
Zusammenhänge im Fortgang der Erkenntnis anderen Begriffen
() zugeordnet werden. Es ist nun eine besondere Aufgabe der Naturerkenntnis,
diejenigen invarianten Begriffe () zu
erfassen, die bei jeder Darstellung des Naturgeschehens erhalten bleiben;
das ergäbe eine Bestimmung der Kategorien der Physik. Wir kommen damit
nun zu einer inhaltlichen Formulierung der physikalischen Begriffsbildung
(), die wir dem Zweck dieser Arbeit entsprechend nur in allgemeinen Zügen
und an der Hand der geschichtlichen Forschung darstellen können."
__
"Definition, in der Physik das Verfahren
der Konstruktion physikalischer Begriffe
() sowie der Bestimmung ihrer Bedeutung. Weder das Definitionsproblem als
Problem des sprachlichen Aufbaus der Physik noch das Bedeutungsproblem,
d.h. auf welche Weise physikalische Begriffe
() ihre Bedeutung erhalten, können gegenwärtig als gelöst
betrachtet werden. Ohne Rücksicht auf die von der Wissenschaftstheorie
angebotenen Klassifikationsschemata unterscheidet man im Hinblick auf die
physikalische Begriffsbildung ()
zweckmäßigerweise zwischen Definitionen von Gegenständen,
Systemen oder Objekten auf der einen Seite und von Eigenschaften auf der
anderen Seite. Bei der Definition physikalischer Systeme treten hauptsächlich
die folgenden Definitionsarten auf:
a) Nominaldefinition: Einführung eines neuen Begriffs
() (Namensgebung) oder Ersetzung eines längeren Ausdrucks (Definiens)
durch einen kürzeren (Definiendum). Beispiele sind Elektron, Neutron,
Phonon oder Magnon. Solche Namen haben zwar oft eine mnemotechnische Funktion,
sagen über die physikalische Bedeutung aber nichts aus.
b) Realdefinition: hier unterscheidet man noch zwischen analytischer
Definition und empirischer Definition. Die analytische oder erläuternde
Definition ist die Erklärung eines bereits existierenden Begriffs
() durch eine Bedeutungsanalyse, die seinen Inhalt (Intension) und Umfang
(Extension) präzisieren soll. Eine empirische Definition ist die Beschreibung
eines Systems durch empirische Fakten. So kann man das System Luft empirisch
definieren als eine quantitativ bestimmbare Mischung von Stickstoff, Sauerstoff,
Kohlendioxid und Edelgasen.
c) Implizite Definition: Definition eines Systems durch den (theoretischen)
Kontext, in dem es auftritt. Eine derartige Definition, beispielsweise
für einen starren Körper, beschreibt das Verhalten des Körpers
durch die Theorie "Mechanik starrer Körper".
Von diesen Definitionsarten liefert allenfalls die analytische Definition
Auskunft über die physikalische Bedeutung eines Begriffs
(). Sie erfolgt meistens durch die Aufzählung der Eigenschaften, die
das System charakterisieren. Ein klassisch-mechanisches System ist beispielsweise
explizit durch die Angabe seiner dynamischen Eigenschaften definiert. Die
Definition physikalischer Systeme ist dann auf die Definition quantifizierbarer,
physikalischer Eigenschaften (physikalische Größe) reduziert,
die ihrerseits ihre Bedeutung durch die folgenden Arten von Definitionen
erhalten:
a) Operationale Definition: Angabe einer Vorschrift, welche Operationen
nötig sind, um eine physikalische Größe wie Länge,
Impuls oder Dichte zu messen, samt Festlegung einer Maßeinheit und
einer Skala.
b) Mathematische Definition (Zuordnungsdefinition): explizite Definition
durch die Angabe einer Definitionsgleichung in mathematischer Darstellung
wie p = m für den Impuls oder r = m/V für die Dichte.
c) Kontextuelle Definition: Bestimmung der Bedeutung durch die physikalischen
Gesetze und Anwendungen, in denen der zu definierende Begriff
()
auftritt. Beispiele sind die Aussagen, daß der Impuls eine Erhaltungsgröße
ist, oder daß die Dichte eines Körpers eine Invariante bezüglich
seiner Größe darstellt.
Alle drei Aspekte sind notwendige Voraussetzung für eine vollständige
Bedeutungsbestimmung physikalischer Größen. Die operationale
Definition ist nötig, um Begriffe
() zu vermeiden, die experimentell nicht realisiert werden können,
wie absoluter Raum oder absolute Zeit, während die mathematische Definition
die für theoretische Beweise erforderliche Präzision liefert.
Einen weiteren Bedeutungsaspekt kann unter Umständen die Rekonstruktion
der historischen Entwicklung eines physikalischen Begriffs liefern. [MG1]"
"Endophysik, von Finkelstein und Rössler eingeführte Bezeichnung für die physikalische Beschreibung von Systemen, bei denen keine Trennung zwischen Objektsystem und Beobachter vorgenommen wird. Der Beobachter wird somit als Teil des Objektsystems angesehen. Ein endophysikalisches System schließt alle Beobachtungsmittel ein, d.h. die Begriffsbildung physikalischer Eigenschaften () kann niemals operationell erfolgen. Nach K. Popper kann ein Beobachter, der Teil eines endophysikalischen Systems ist, niemals vollständige Kenntnis von diesem System erhalten. Das Gegenteil von Endophysik bezeichnet man als Exophysik."
"Materie, grundlegender physikalischer Begriff () (neben seiner Bedeutung für die Philosophie und die anderen Naturwissenschaften), der im Laufe der Physikgeschichte unterschiedliche Interpretationen erfuhr. Im Weltbild der klassischen Physik ist Materie eine von der Energie abgegrenzte meß- und berechenbare Größe, der Newtons Unterscheidung der trägen und schweren Masse materieller Körper zugrunde liegt. In der Speziellen Relativitätstheorie muß der Materiebegriff durch die Erkenntnis der endlichen Lichtgeschwindigkeit in der Elektrodynamik revidiert werden; insbesondere stellen sich Masse und Energie als äquivalent heraus (Masse-Energie-Äquivalenz). Die Äquivalenz von träger und schwerer Masse (Äquivalenzprinzip) wird zur Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie. Der Materiebegriff () der Quantenmechanik unterscheidet sich durch den Welle-Teilchen-Dualismus, die Heisenbergsche Unschärferelation und das Superpositionsprinzip wesentlich von der klassischen Mechanik, und eine realistische Deu ementarteilchen). Die Thermodynamik des 19. Jahrhunderts beschäftigte sich mit Materie zunächst unter dem Blickwinkel der Wärmelehre und leitete aus der Äquivalenz von Wärme und Arbeit die beiden Hauptsätze der Thermodynamik ab. Der statistische Zugang L. Boltzmanns untersucht die Entstehung von Ordnung im thermischen Gleichgewicht. Die moderne Thermodynamik des Nichtgleichgewichts liefert den Ansatz für die Erklärung von Selbtsorganisationsformen der Materie."
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