Privatisierung in Deutschland
präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen
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Bibliographie: Rügemer, Werner
(2006). Privatisierung in Deutschland. Eine Bilanz. Von der Treuhand zu
Public Private Partnership. Münster: Westfälisches
Dampfboot. 3. Auflage. - 204 S. - € 24,90 - SFR 43,70. ISBN: 3-89691-630-0.
Inzwischen (2008)
ist die 4., erweiterte Auflage erschienen.
Verlagsinfo:
[2008]
"Besser, billiger, bürgernäher! Öffentliche Haushalte entlasten!
- Nach diesem neoliberalen Glaubensbekenntnis wird privatisiert. Werner
Rügemer zieht zum ersten Mal eine empirisch begründete Bilanz
für Ost- und Westdeutschland und legt offen: Die Privatisierung von
Medien, Post, Bahn, Rathäusern, Schulen, Müllentsorgung, Strom,
Wasser und der Sozialsysteme erweist sich als neue Quelle der öffentlichen
Verschuldung, der Arbeitslosigkeit, der Teuerung. Die Privatisierung der
DDR gab den Schub für die Privatisierung im Westen, die Akteure sind
dieselben. Rügemer zeigt Privatisierung als Element der "neoliberalen
Gegenreform" und der Umgründung des Staates. Die Konsequenz: Die öffentliche
Daseinsvorsorge muss als Teil einer kooperativen Ökonomie neu entwickelt
werden.
"Rügemers spannende und informative Fleißarbeit ... zeigt
... das teure Elend der herrschenden Privatisierungspraxis. Deren Ende
ist nicht in Sicht, werben doch EU, Zentralbank und Bundesregierung vehement
für PPP."
Hermannus Pfeiffer Frankfurter Rundschau"
Einleitung: Erkundungen in der Tabuzone 7
I. Staatlich oder privat? 10
II. Traditionelle Formen der Privatisierung 19
III. Medien: Unterschichtfernsehen für alle 28
IV. DDR: Vom Staatssozialismus zum Subventions-Kapitalismus
32
1. Die Betriebe: Treuhand und Treuhand-Fortsetzungen
32
2. Bundesländer und Kommunen: Beispiel Freistaat Sachsen
41
3. Der staatlich-private Komplex 55
4. Endzeit oder: Der diskrete Rassismus der Elite
59
V. Public Private Partnership: Verdeckte
Staatsverschuldung 62
1. Der Bund 62
2. Bundesländer 83
3. Städte und Gemeinden 93
4. Pecunia non olet oder: Ein normaler Vorgang
111
VI. Querschnitt-Bilanzen 113
1. Bildung 113
2. Abfallentsorgung 125
3. Wohnungen 131
VII. Abhängige Justiz 134
VIII. Globale Gegenreform 140
IX. Privatisierung als Systemveränderung 154
X. Die kooperative Ökonomie entwickeln 172
Anmerkungen 177
Index 198
Literatur 202
Danksagung 204
"Nach
welchen Kriterien ist Privatisierung zu bewerten ? [S. 18]
Als erstes ist die Entscheidungs-Prozedur zu bewerten: Werden den gewählten
politischen Gremien (Bundestag, Landtag, Stadt- und Kreistag, Zweckverbandsversarnmlung)
alle Unterlagen vorgelegt, z.B. die vollständigen Verträge?
Dann sind die zu Beginn als Begründung genannten
Ziele zu überprüfen: Einnahmen für den Staat bzw. Kostensenkung,
billigere und bessere Leistungen für die Bürger, schnellere und
unbürokratische Erledigung, Wettbewerb, neue Arbeitsplätze. Können
die Ziele mit den vereinbarten Maßnahmen überhaupt erreicht
werden?
Die Ziele sind nicht nur für die Startphase,
sondern für die gesamte Laufzeit der Privatisierung zu überprüfen;
so ist beim (Teil-)Verkauf eines Unternehmens nicht nur der Verkaufserlös,
sondern z.B. auch der dauerhafte oder zeitlich begrenzte Einnahrneverlust
zu bilanzieren.
Ebenfalls sind die Ziele nicht nur für den
jeweiligen staatlichen oder kommunalen Haushalt zu überprüfen,
sondern auch regional- und volkswirtschaftlich (Kaufkraft, Steuern, Arbeitsplätze,
Sozialsysteme). Die Kostensenkung für den Öffentlichen Haushalt
kann eine Kostenerhöhung für die Bürger bedeuten (höhere
Preise, weitere Wege ...) und/ oder Arbeitslosigkeit für bisher Beschäftigte.
Besonders zu beachten sind die in aller Regel nicht
veröffentlichten Vertragsbestimmungen: staatliche Gewinngarantie,
Übernahme von Schulden und Pensionsverpflichtungen, verbilligte Grundstücke,
Verwertungsrechte nach Laufzeitende u.ä.
Es sind auch die "ungewollten Nebenwirkungen" zu
berücksichtigen, z.B. erhöhter Aufwand für die Öffentliche
Hand an Personal, Beratern u.ä. bei der Vertragserfüllung und
vor allem bei Nichterfüllung, bei Veränderungen auf der privaten
Seite wie Eigentümerwechsel oder Insolvenz.
Schließlich sind die Kriterien der gemeinschaftlichen
Daseinsvorsorge [FN6] anzuwenden: Qualität und Sicherheit, gleicher
Zugang für alle unabhängig vom sozialen, ethnischen und Geschlechts-Status,
Erhaltung von Ressourcen und Umwelt (Grundwasser, Boden, Luft ...)."
Aus X. und letzten Kapitel "Die kooperative Ökonomie entwickeln"
[S. 173ff] "Die zahlreichen Formen der Privatisierung zeigen: Es gibt
nicht die Privatisierung, es gibt nicht den Kapitalismus.
Der Kapitalismus bzw. die ihn bestimmenden Kapitalgruppen sind anpassungs-
und gestaltungsfähig. Bekanntlich stiegen die Löhne im Herzen
des Kapitalismus zwischen Chicago, Manchester, Köln und Turin am kräftigsten,
als der Sozialismus, der damit scheinbar gar nichts zu tun hatte, am kräftigsten
war. Das war zwischen 1960 und 1970. In dieser Zeit waren auch die Gewerkschaften,
sozialistische und kommunistische Parteien am stärksten. Da wurden
selbst die härtesten kapitalistischen Knochen weich: Die Republikaner
in den USA und die Torys in England und auch die Christdemokraten in Deutschland
chamäleonisierten sich sozialdemokratisch, jedenfalls solange sie
sich dazu gezwungen glaubten. [FN3]
Es ist keineswegs so, wie die gegenwärtigen
Regierungen der mächtigsten Kapitaldemokratien behaupten, dass Kapitalismus
und Demokratie eine notwendige oder gar "natürliche" Einheit bilden.
Schon die Kapitaldemokratie ist natürlich ein Widerspruch in sich.
Weil dieser Widerspruch besteht, kann er einmal in Richtung Korporatisrnus,
Faschismus, Nationalsozialismus u.ä. ausschlagen, zum andern gibt
es immer wieder partielle Entwicklungen in Richtung durchgestalteter Demokratie,
in die auch die Ökonomie einbezogen ist. Das ist keine Frage der Verfassung:
Nach US- wie etwa BRD-Verfassung ist, rechtlich gesehen, auch Sozialismus
möglich.
Sowohl der bisherige Sozialismus wie die Kapitaldemokratie
haben die Demokratie pervertiert. Die sozialistische und die bürgerliche
Revolution erwiesen sich schließlich jede für sich als pervertierte
Sonderformen der allgemeinen demokratischen Revolution, die weiterhin notwendig
ist. Nötig ist eine globale demokratische Revolution. Statt der Globalisierung
des privatistischen Eigennutzes brauch-[>174]en wir deshalb den Universalismus
der Menschenrechte. Zu ihnen gehören soziale und Arbeitsrechte.
Demokratie darf nicht wieder enden in einer neuen
Variante des Führerstaats, wie sie von Medien- und Wirtschaftselite
(wieder) herbeigesehnt wird, [FN4] sondern Demokratie beginnt mit der entschlossenen
Aktion von Demokraten. Natürlich können dazu auch symbolische
Abstimmungen etwa gegen Privatisierungen gehören, weil mehr nicht
möglich ist. Nicht der ganze Erfolg zählt unter diesen Bedingungen,
sondern die Belebung dessen, was die Privatisierer demagogisch beschwören,
nämlich der Zivilgesellschaft. Deshalb sind ziviler Ungehorsam notwendig,
Gegenmacht, Aufbau neuer demokratischer Strukturen.
Die Wieder-Verstaatlichung und Re-Kommunalisierung
wie in Teilbereichen des Zugverkehrs in England oder der Wasser-Abwasserbesorgung
in Potsdam kann ein erster Schritt auf dem richtigen Wege sein. Er reicht
aber nicht, weil die Kosten der Re-Kommunalisierung (noch) von der privaten
Seite diktiert werden, Es reicht deshalb ebenfalls nicht, gegen eine "übertriebene"
Privatisierung einzutreten und ein "zu viel der guten Sache Privatisierung
zu vermeiden". [FN5] Unter den Bedingungen der Kollaboration zwischen Staat
und Privatwirtschaft kann nicht einfach gefordert werden, man müsse
die Privatisierungen stoppen oder zurücknehmen und zum alten Zustand
zurückkehren.
Der kooperativen Ökonomie geht es nicht nur
um Arbeitsplätze, sondern um sichere Existenz, um Daseinsvorsorge
überhaupt. Dies ist umso wichtiger als der vorherrschende Wirtschaftstyp
mit Vernichtungs-Investitionen und Privatisierung die Arbeitslosigkeit
verstärkt, die Einkommen der Nicht-Arbeitslosen absenkt und die Prekarisierung
der Lebensverhältnisse vorantreibt. Deshalb kommt es darauf an, nicht
nur wie bisher für "Arbeitsplätze" zu kämpfen. Vielmehr
muss genauso explizit für die gemeinschaftliche Sicherung von Wohnung,
Wasser, Abfall- und Abwasserentsorgung, Elektrizität, Gesundheit,
Bildung, Transport, Kommunikation u.ä. als Teil der gemeinschaftlichen
Daseinsvorsorge gesorgt werden.
Gerade bei der Daseinsvorsorge ist deutlich, wie
entscheidend das Eigentum ist. Es ist unverzichtbar, wenn man gestalten
und sein Leben sichern will. Das beginnt in kleinen Formen. "Ein gesicherter
Besitz, das Grundstück oder Ackerland, ist das alles Entscheidende",
stellt Hernando de Soto für die "Armen" fest, die in "armen" Ländern
den Boden, den sie ohnehin bearbeiten, auch rechtlich in Besitz nehmen
müssen, wenn sie weitere Rechte, vom Bankkonto angefangen, erhalten
wollen. [FN6] Dasselbe Prinzip gilt auch in entwickelten Staaten. Entgegen
dem gegenwärtigen mainstream ist der materielle und kulturelle Reichtum
der Gesellschaft, der noch nie so groß war wie heute, in die gemeinsame
Gestaltung einzubeziehen: Kooperativ gestalteter Reichtum für alle
statt privatistisch-räuberisch gestalteter Reichtum für wenige.
[FN7] [>175]
Die gegenwärtige Welle der Privatisierung,
die neuerdings unter dem freundlichen Label "Public Private Partnership"
daherkommt, kann letztlich nicht aufgehalten oder wirkungsvoll bekämpft
werden, wenn nicht auch die vorbereitenden und begleitenden Formen der
Privatisierung zurückgedrängt und abgestellt werden, so die Finanzierung
und Unterwanderung der politischen Parteien und der Medien sowie die Herrschaft
der Industrie- und Handelskammern. [FN8]
Dasselbe gilt für die öffentliche Überschuldung.
Da herrschen Selbsttäuschungen über Lagergrenzen hinweg.
... "
Medien,
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