Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=18.02.2006 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 01.04.15
    Impressum: Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
    Stubenlohstr. 20     D-91052 Erlangen   E-Mail:  sekretariat@sgipt.org_

    Anfang_Das Buch Eva - Ticket ins Paradies_Überblick_Rel. Aktuelles_Rel. Beständiges_ Titelblatt_ Konzept_ Archiv_Region_Service-iec-verlag__Zitierung  &  Copyright___ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer integrativen und interdisziplinären Abteilung Kunst, Ästhetik, Psychologie der Kunst, hier aus dem Bereich Filme:

    Das Buch Eva - Ticket ins Paradies
    Ein psychologisch und psychotherapeutisch eindrucksvoller Film
    Es gibt fast immer und zu jeder Zeit einen Weg - auch wenn alle mit dem Kopf schütteln mögen.

    von Irmgard und Rathsmann-Sponsel und Rudolf Sponsel, Erlangen

    • Der Inhalt.
    • Film-Daten.
    • Psychologische Aussage und Psychotherapeutische Bedeutung.
      • Schlüsselerlebnis.
    • Die psychologische Kausalitätsproblematik ist sehr schön ersichtlich.
      • Kausalität am Beispiel Geburtstag.
    • Welche Störungen vermittelt dieser Film?
    • Kritiken.
    • Literatur.
      • Bibliotherapie: Hans Magnus Enzensberger: Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer.
    • Psychotherapie der Dependenten, AsthenikerInnen und depressiv Überangepassten.
    • Links.
    • Querverweise.




    Der Inhalt.
    "An ihrem 65. Geburtstag fasst Eva Smallwood einen Entschluss, der ihr Leben für immer verändern wird: Ohne jede Vorankündigung und ohne jemandem zu verraten, was sie vorhat, verlässt sie ihr gutbürgerliches Zuhause und ihren tyrannischen Ehemann, um noch einmal ganz von vorne anzufangen. In einem heruntergekommenen Viertel von Montreal mietet sie eine winzige Souterrain-Wohnung. Zudem findet sie dort in dem 20 Jahre jüngeren rumänischen Immigranten Johnny einen überaus charmanten, sensiblen Verehrer... " (Quelle Pressetext ARD)

        Mehr: ARD Information: Das Buch Eva - Ticket ins Paradies. [Mittwoch, 15. Februar 2006 um 00.30 Uhr (!)]

    Film-Daten: "Spielfilm Canada 2002. Schauspieler: Eva Smallwood    Claire Bloom * Johnny Brancusi    Daniel Lavoie * May    Susannah York * Burt Smallwood    Julian Glover * Neil Smallwood    Paul Herzberg * Mrs. Plante    Angele Coutu * Jeanne Leblano    Marie-Jo Therio * Brian Turmel    Dan Bigras * Steve Luck    Vlasta Vrana * Taxifahrer    Luck Mervil * Sam    Leon Lissek * Regie:    Claude Fournier * Drehbuch:   Claude Fournier (nach einem Roman von Constance Beresford-Howe) * Kamera:    Ivan Strasberg * Musik:    Carl Davis"



    Psychologische Aussage und Psychotherapeutische Bedeutung.
    Man kann auch mit 65 und nach 40 Jahren enttäuschender und entwertender Ehe noch ein neues Leben beginnen. Die scheinbare Plötzlichkeit, Unwiderruflichkeit und Radikalität mit der diese Frau ihre Entscheidung trifft, ihr Ehemann-Ekel zu verlassen - sie handelt, ohne ein Wort zu sagen - ist ebenso beeindruckend wie ihr Eigensinn und Stolz, sich nicht helfen zu lassen und auf eigenen Füßen stehen zu wollen.
        Entscheidungspsychologisch wird die Idee des Sprichwortes vermittelt: Der Krug geht so lange zum Brunnen bis er bricht. Außerdem nutzt und vermittelt dieser Film die Bedeutung eines Schlüsselerlebnisses: Anlaß ist ihr 65. Geburtstag, an dem sie ihren ersten Pensionsscheck erhält. Damit wird sie mit der Tatsache konfrontiert, dass der letzte Lebensabschnitt eingeläutet wurde. Dieser Pensions-Scheck hat - zusammen mit dem emotionalen Kontrasterlebnis der liebevoll organisierten Gratulation durch die Freundin und dem lieblosen Kommandoton des Ehemannes samt seiner unnachahmlichen Art und Weise ihr mitzuteilen, dass der von ihr gekaufte - viel zu teure - Mantel sein Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk sei - die Funktion eines Auslösers. Die Gründe liegen aber in fast 40 Jahren Entwertungs- und Demütigungserfahrung, aber vielleicht auch in der tiefgreifenden Konfrontationserfahrung: soll das mein Leben gewesen sein, soll das ewig so weitergehen? Ein weniger edles Motiv der Heldin ist vielleicht, dass der Mann nun alt ist und im Rollstuhl sitzt. Ihre Stärke geht sozusagen mit seiner physischen Schwäche einher (schon Fritz Riemann - "Die depressiven Persönlichkeiten" - wies darauf hin, dass die Depressiven, erhalten sie erst Oberwasser und die Macht, zu "Hyänen" werden können, wenn jahrelang unterdrückte Aggressionen plötzlich durchbrechen).
        Eine andere wichtige, positive und konstruktive Aussage ist: Für den sich allmächtig dünkenden Beziehungstyrannen gibt es keine Sicherheit. Am Ende steht er alleine da, sein "Lebensinhalt", seine Frau zu beherrschen und zu demütigen, ist dahin, weil sie sich entzogen hat, "einfach" gegangen ist. Ein Kompliment an die Regie und den Schauspieler des Ekels. Es ist außerordentlich beeindruckend, wie wenig Zeit und Handlung man braucht, um ein widerliches Ekel überzeugend zu vermitteln. Die grundlegende optimistische Botschaft des Filmes ist: Es gibt fast immer und zu jeder Zeit einen Weg - auch wenn alle mit dem Kopf schütteln mögen.
        Psychologisch interessant ist auch die Generationenproblematik (Stellung des Sohnes zwischen den Eltern; Enkeltochter zwischen Eltern und Großmutter), auf die wir zunächst nicht tiefer eingehen wollen.
        Der Film ist darüber hinaus ausgezeichnet geeignet, um die psychologische Kausalitätsproblematik verständlich zu machen:
     
    Hilfsbegriffe zur Ätiologie und Kausalität Anlaß für die Entscheidung ist der 65. Geburtstag. Auslöser ist der zu diesem 65. Geburtstag eingehende erste Pensionsscheck und das emotionale Kontrast- erlebnis Freundin - Ehemann. 
    Hintergrund- und Entwick- lungsbedingungen sind 40 Jahre Demütigungen und Entwertungen durch den Ehemann, dem sie sich unterordnete. Sie hat für die Familie ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben. Aufgrund der überzeugenden Schilderung des tyrannischen Ekels geht allerdings die Eigenverantwortung der Ehefrau ziemlich unter. 
     

    Weitere Ausführungen zum Ursachenproblem.

    Kausalität am Beispiel Geburtstag
    Anlaß von Aufmerksamkeiten ist das Ereignis Geburtstag. Auslöser ist das daran denken. Gründe sind im Idealfall eine wertschätzende Beziehung, aber auch Sitte, Brauch, Gewohnheit oder eine berechnende Geste, z.B Geburtstagswünsche von Banken, Versicherungen oder anderen Wirtschaftsunternehmen, die einen guten Eindruck machen und eine günstige Geschäftsbeziehung pflegen möchten, kommen als Teil- oder Mitgründe in Betracht. Verantwortlich für die Gratulation ist der derjenige, der die Gratulation veranlaßt oder ausführt. Im Regelfall ist eine Gratulation vorsätzlich und absichtlich. Im allgemeinen ist wertschätzendes Verhalten förderlich und günstig für eine Beziehung, wenn auch eine falsche, wenig einfühlende oder gar geistlose Aufmerksamkeit leicht nach hinten losgehen kann. Hintergrund ist meist eine gemeinsame Beziehungserfahrung. Und zu den Rand- und Nebenbedingungen gehört, dass der Kommunikationsweg und der technische Kontakt funktionieren.



    Welche Störungen vermittelt dieser Film ?
    Beide Eheleute werden psychopathologisch auffällig geschildert. Der Ehemann zeigt mit seiner entwertenden und demütigenden Haltung Züge einer antisozialen Persönlichkeitsstörung.  Und für die Heldin kann man aus dem Vorfeld eine asthenisch-depressive, dependente Persönlichkeitsstruktur erschliessen, abzugrenzen von Hörigkeit, wenn man sich vergegenwärtigt, was sie sich 40 Jahre lang gefallen liess. Daran hat sie natürlich auch selbst Anteil, der im Film aber aufgrund der überzeugenden Ekelschilderung untergeht. Welchen, das sagt uns eine andere bibliotherapeutische Materialie, nämlich das Gedicht Enzensbergers: Die Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer. Der Film setzt allerdings ein beim Schlüsselerlebnis und Weggang der Frau.



    Kritiken
    Wir konnten bislang keine nennenswerten Kritiken finden (Hinweise willkommen).



    Literatur (Auswahl)

    Beresford-Howe, Constance (1973). The Book of Eve. Toronto: McClelland & Stewart.
    The Constance Beresford-Howe Papers

    Bibliotherapie:
    Hans Magnus Enzensberger "Verteidigung der Wölfe gegen die Lämmer" (Suhrkamp). Hier heißt es am Anfang: "Soll der Geier Vergißmeinnicht fressen? / Was verlangt ihr vom Schakal, / daß er sich häute, vom Wolf? Soll / er sich selber ziehen die Zähne?" und am Ende "Gelobt sein die Räuber: ihr, / einladend zur Vergewaltigung, / werft euch aufs faule Bett / des Gehorsams. Winselnd noch /  lügt ihr. Zerrissen / wollt ihr werden. Ihr / ändert die Welt nicht." Dieses Gedicht lohnt eine echte bibliotherapeutische Auseinandersetzung, weil es eine ungewöhnliche, aber durchaus richtige Perspektive einnimmt. Auch die allzu Braven, Anständigen sind mit-verantwortlich, wenn sie als allzu willfährige Lämmer den Wölfen ihre Macht ermöglichen. [HME-Links]
        Doch die "depressiven Lämmer" sind, zumindest in der Analyse Fritz Riemanns (Die depressiven Persönlichkeiten in Die Grundformen der Angst), gar nicht so harmlos und friedlich, wie sie äußerlich scheinen oder sich selbst erleben, so dass das geflügelte Wort von den Wölfen im - "echten" - Schafspelz eine recht doppelbödige und zwiespältige Bedeutung erhält.
        Zu diesem Thema passt auch der provokative Titel Franz Werfels "Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig", 1915 geschrieben, 1920 erschienen (nicht so sehr der Inhalt [1,]).

    Psychotherapie der Dependenten, Astheniker und depressiv Überangepassten
    Riemann schreibt in seinen Grundformen der Angst zu den depressiven Persönlichkeiten (S. 74): "Das geringe Selbstwertgefühl Depressiver hat eine wichtige Wurzel in ihrer nicht gewagten, nicht gekonnten Aggressivität." Das A und O der Therapie der Dependenten, AsthenikerInnen und depressiv Überangepaßten ist daher in letzter lebenspraktischer Konsequenz ein  Selbstbehauptungs- und Soziale-Kompetenz-Training., Nein sagen, abgrenzen, gesunde Aggressivität äußern lernen, echt werden. Aber das ist für die Betroffenen schwer, weil sie ihre Angst, ihr überwertiges Harmoniestreben, ihre Willfährigkeit und manchmal auch Trägheit überwinden, sich unangenehmen Situationen stellen und diese aushalten müssen. Das sagt sich aus dem psychotherapeutischen Sesselchen recht einfach, aber draußen an der Lebensfront - hier ein durchaus passender Ausdruck - steht die PatientIn gewöhnlich allein. Hier muss man sehr aufpassen, die PatientInnen nicht zu überfordern und erst ihre Einsicht und innere Annahme des Therapieprogramms auf den Weg zu bringen. Nicht vergessen darf man auch das Beziehungsumfeld der PatientInnen, das bislang vom willfährigen Verhalten profitierte und sicher das Feld nicht kampflos räumen wird. Von den Dependenten, AsthenikerInnen und depressiv Überangepassten wird also viel Mut verlangt, d.h. sie werden bei ihrer Selbstentfaltung und persönlichen Weiterentwicklung viel Angst erleben - aber es lohnt sich, siehe z.B. Das Buch Eva - Ticket ins Paradies.



    Links (Auswahl: beachte)
    • ARD Information: Das Buch Eva - Ticket ins Paradies.




    Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Querverweise
    Standort: Das Buch Eva - Ticket ins Paradies.
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    Biographie, Lebenslauf, Kritische Lebensereignisse, Entwicklung der Persönlichkeit, Psychographie, Pathographie, Psychopathographie.
    Überblick Kunst in der IP-GIPT.
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    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Kunst site:www.sgipt.org * Film site:www.sgipt.org. * Theater site:www.sgipt.org *
    Literatur site:www.sgipt.org * dependente abhängige Persönlichkeit site:www.sgipt.org
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    Dienstleistungs-Info.
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    Zitierung
    Rathsmann-Sponsel, Irmgard & Sponsel, Rudolf (DAS). Das Buch Eva - Ticket ins Paradies. Ein psychologisch und psychotherapeutisch eindrucksvoller Film. Aus unserer Abteilung Kunst, Ästhetik, Psychologie der Kunst, Bereich Film. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/kunst/film/bucheva.htm
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    __ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    korrigiert: irs 19.02.06



    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    01.04.15    Linkfehler geprüft und korrigiert.
    19.02.06    Kleine Ergänzungen und Korrekturen.