Stellungnahmen
zum Fall Gustl F. Mollath
Zur Wiederaufnahme gehts hier
und zur Revision hier, Aktuelles hier.
Vom 27.02.2006 - 06.08.2013 untergebracht in Erlangen,
Bayreuth, Straubing, Bayreuth.
2717 Tage = 7 Jahre 5 Monate und 6 Tage. Steuerzahlerkosten
über 750 000 €.
Albrecht Dürer 1521. Ausschnitt aus der Verleumdung
des Apelles / Nordwand.
Farbdia von 1943/45 © Zentralinstitut für Kunstgeschichte
München
Merkwürdiger Zufall: Das Dürerjahr war auch
das Gustl F. Mollath Jahr
Der große Nürnberger kannte seine Justiz.
Und daran scheint
sich die letzten 500 Jahre nicht so viel geändert
zu haben.
(Nach einer Anregung Mollath
im NürnbergWiki)
Rudolf Sponsel, Erlangen
An die Medien: wenn Sie eine Stellungnahme wünschen, schreiben Sie eine Mail mit Ihrem Anliegen.
Hintergrund: In Bayern wurde der Rechtsstaat, wenn CSU-Belange berührt sind, seit 24. April 1961 im Prinzip aufgehoben. Der Fall Dr. Zimmermann (Old Schwurhand) und seine medizinischen Gutachter (22.3.13)
Stand der Mollath Verfahren
[Letzte
Übersicht bei Dr. Strate 13.12.2013]
Eine Übersichts-Tabelle ist in Arbeit, muss
aber noch geprüft werden, bevor sie ans Netz kann.
Erklärungen Dr Strate zum Stand der Verfahren: 20.06.2013,
09.07.2013,
26.07.2013,
13.12.2013,
Wiederaufnahmeverfahren
LG Regensburg
Mollaths und
Heidingsfelders Kampf gegen Gewaltmaßnahmen und Falschbehandlungen
im Maßregelvollzug
Andere
Verfahren im Umfeld der Mollath-Verfahren
Stellungnahmen
zur Reform des § 63 StGB
Politik und Gesellschaftskritik
(>
Überblick
Politik in der IP-GIPT)
Materialien > Psychiatrisierung
als Disziplinierungsmittel des Staates.
Meinungen und Diskussion
(Kleine
Auswahl: AgentInnen des Unrechts und politisch willfährige Büttel
werden hier nicht genannt).
Stellungnahme
zum Wiederaufnahmeantrag der Regensburger Staatsanwaltschaft
Ich freue mich einerseits, dass nun beide Anträge zur Wiederaufnahme
dem Gericht zur Prüfung auf Zulassung vorgelegt werden können.
Wie das Gericht entscheidet wissen wir nicht. Dennoch ist es ein großer
Erfolg, ein wichtiger Etappensieg, überhaupt so weit gekommen zu sein.
Aber ich bleibe skeptisch, nach allem, was die Mollath-Justiz bislang gezeigt
hat, zuletzt die unglaubliche Einstellungsverfügung
der Augsburger Staatsanwaltschaft. Daher möchte ich erst die rechtliche
Bewertung Dr. Strates oder Prof. Müllers abwarten. Für Gustl
F. Mollath wird es eine tiefe Genugtun und Befriedigung sein, nunmehr an
der Treppe (Anträge) des Vorhofs (Zulassung) seiner Wünsche angelangt
zu sein. Abheben wird er nicht. Dafür ist er ein zu kritischer Kopf
und hat zu viel mitgemacht. Dennoch: Das alles hätten wir vor einem
Jahr noch kaum zu träumen gewagt. Aber wir werden wachsam bleiben.
Rudolf Sponsel 19.3.2013
Wiederaufnahme.
Das
ist eine gute, sehr gute Nachricht für Gustl F. Mollath und seine
UnterstützerInnen.
Als ich am Freitag um die Mittagszeit über
das Bayerische Fernsehen erfuhr, dass Frau Dr. Merk die Wiederaufnahme
beantragen lässt, dachte ich im ersten Moment, ich höre nicht
richtig. Mein Gemütszustand war ein Gemisch aus Überraschung,
ja ungläubigem Staunen, unbändiger Freude, Erleichterung und
einer tiefen Befriedigung. Beschwingt begab ich mich auf einen Mittagsspaziergang
durch den Schloßgarten, um danach in meinem Stammcafe eine Runde
auf diese tolle Nachricht der Wiederaufnahme zu spendieren. So einfach
geht das gemeinhin als sehr schwierig bewertete Wiederaufnahmeverfahren,
wenn die hohe Politik es nur will. Wieder was dazu gelernt.
Ich denke, politisch war es
allerhöchste Eisenbahn für die Justizministerin.
Als nächstes Ziel erscheint aus meiner Sicht,
dass Gustl F. Mollath Weihnachten draußen ist oder zumindest Urlaub
bekommt. Er benötigt auch materielle Unterstützung. Er hat buchstäblich
nichts. Seine ganze persönliche Habe ist für ihn verloren. Die
Seelenmörder
haben ihm fast noch seine Identität geraubt. Nicht einmal ein Bild
von seiner Mutter haben sie ihm gelassen: ungeheuerlich! Das ist ein Fall
für den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof.
Ein ganz großes Dankeschön an die Medien (ich glaube, ich muss meine überkritische Medienhaltung überprüfen). Ohne ihre konzertierte und geballte Kraft wäre es nicht gegangen. Nie waren so viele aus den unterschiedlichsten Ecken und Enden einer Meinung. Diesem Mann muss Gerechtigkeit widerfahren. Und das geht nur über die Wiederaufnahme. Danke an alle, die uns geholfen haben und weiter helfen.
Rudolf Sponsel, Erlangen, den 1.12.12.
Kommentar: Man mag es kaum glauben, aber eine solche klare, direkte und massive Einflussnahme hält man nicht für möglich. Die Forensische Klinik des Bezirkskrankenhauses Bayreuth bringt bereits im Anschreiben zum Ausdruck, was es für ein Ergebnis haben möchte, indem es die Beweisfragen, die erst durch das Gutachten Simmerl zu bearbeiten und zu beantworten sind, schon vorgibt. Nichts sollte wohl dem Zufall überlassen bleiben. Damit erniedrigte man Dr. Simmerl zum willfährigen Büttel und Erfüllungsgehilfen. Das hat aber Gottseidank nicht geklappt: Dr. Simmerl untersuchte und dachte selbständig, wie es sich gehört im besten Kant'schen Sinne (sapere aude!) Daher musste der Berliner Gutachter ran. So rundet sich das Bild mehr und mehr. |
Zusammenfassung:
Hintergrund der zivilrechtlichen Fragestellung war, die Vermögensauflösung des verständlicherweise sperrigen Gustl F. Mollath, durch Feststellung der Geschäftunfähigkeit und einer Betreuung etwas zügiger zu betreiben. Der Mainkofener Sachverständige, der im Gegensatz dem Nürnberger und Bayreuther Gutachter, mehrere Stunden persönlich untersucht und exploriert hat, erkennt weder eine Psychose noch eine Geschäftsunfähigkleit (die zivilrechtliche Zwillingsschwester der strafrechtlichen Schuldunfähigkeit). Einem Hinweis des Regensburger Gerichts an die Nürnberger, den Fall aufgrund dieses Ergebnisses noch einmal zu überprüfen, sollen die Nürnberger nicht nachgekommen sein. Das Gutachten passte nicht ins Bild der Murkser und Pfuscher, also musste es madig gemacht und neutralisiert werden. Nun musste der crème de la crème Professor aus Berlin ran. Tatsächlich findet sich auch völlig unvermittelt aus der Luft gegriffen im Teil 2 der Beweisfrage 5 eine entsprechende Fragestellung. Der Berliner Gutachter am 27.06.2008 zu den Beweisfragen: „über den Untergebrachten GUSTL MOLLATH gemäß § 454 Abs. 2 StPO insbesondere zu den Fragen,
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"25. Januar 2013 - Pressemitteilung 3/13
Neujahrsempfang von Justiz, Notariat und Rechtsanwaltschaft im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg
In einem ungewohnten Ambiente präsentierte sich der diesjährige Neujahrsempfang von Justiz, Notariat und Rechtsanwaltschaft im Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg: Wegen der Sanierungsarbeiten an der Aula der Universität begrüßte der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg Peter Werndl auch stellvertretend für die weiteren Gastgeber, den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Bamberg Dr. Lothar Schwarz, den Vizepräsidenten der Landesnotarkammer Bayern Dr. Jens Eue und den Generalstaatsanwalt in Bamberg Clemens Lückemann, die über 300 erschienenen hochrangigen Gäste aus Rechtspflege, Politik und Verwaltung heuer im E.T.A.-Hoffmann-Theater.
Ungewohnt auch die ernsten Worte, mit denen Werndl in seinem Grußwort mit Blick auf die Berichterstattung einzelner Presseorgane in den letzten Monaten ein größeres Verantwortungsbewusstsein der Medien bei der Wahrnehmung ihres gesellschaftlichen Auftrags anmahnte. Dieser beinhalte ohne Zweifel die kritische Berichterstattung über die Tätigkeit staatlicher Institutionen und damit auch der Justizbehörden, konstatierte der Gerichtspräsident, nicht jedoch, Gerichte und Staatsanwaltschaften mit völlig überzogenen Anwürfen zu überziehen. ?Wer die bayerische Justiz in einer großen Tageszeitung aus dem Süden des Freistaats als ?wahnsinnig? bezeichnet, kritisiert nicht - er diskreditiert?, stellte Werndl fest. Wer als Journalist gerichtliche Entscheidungen apodiktisch als evident unzutreffend brandmarke, spreche den staatlichen Gerichten nicht nur die sachliche Kompetenz ab, sondern untergrabe die Autorität der Dritten Gewalt und die Akzeptanz ihrer Entscheidungen in der Bevölkerung. Werndl verwies darauf, dass auch die Pressefreiheit als wesentliches Element der verfassungsmäßigen Ordnung letztlich nur durch eine starke und unabhängige Justiz gewährleistet werden könne. Kritisch über die Justiz zu berichten, ohne sie zu diskreditieren oder sich selbst zum öffentlichen Richter aufzuschwingen ? so müsse eine verantwortungsbewusste Berichterstattung angelegt sein. Mut mache allerdings der Umstand, dass ein Großteil der Medienschaffenden diesem Anspruch mit differenzierter und gebotener Sachlichkeit gerecht werde. ?Die bayerische Justiz hat nicht Diskreditierung, sondern Anerkennung verdient?, resümierte Werndl in der letzten öffentlich gehaltenen Ansprache seiner aktiven Dienstzeit. Ende des Monats wird er sich nach 37 Jahren im Justizdienst in den Ruhestand verabschieden.
Einen weit reichenden Blick zurück in die rechtsgeschichtliche Vergangenheit warf anschließend Bezirksheimatpfleger Prof. Dr. Günter Dippold in seinem Festvortrag ?Wege der Strafjustiz in Bamberg vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert?. An Beispielen aus Bamberg und dem westlichen Oberfranken arbeitete der Historiker Leitlinien zu maßgeblichen Fragestellungen der Rechtsentwicklung im Strafrecht heraus. Richteten im Mittelalter noch grundsätzlich Gleiche über Gleiche, entwickelte sich die Strafjustiz zunehmend zum Instrument der Landesherrschaft, wobei im zersplitterten Bamberger Land ein einheitliches Rechtssystem erst in bayerischer Zeit geschaffen worden sei. Auch der Zweck des Strafrechts sei einem Wandel unterworfen gewesen: Stand im Mittelalter die Herstellung des Rechtsfriedens im Vordergrund, zielte man am Ende dieser Epoche auf die Schaffung einer gottgefälligen Gesellschaft, was nicht zuletzt zu den schlimmsten Auswüchsen in Gestalt der Hexenprozesse geführt habe. Unter dem Einfluss der Aufklärung sei es im 18. Jahrhundert dann um die Schaffung einer vernunftgemäßen Gesellschaft gegangen. Abschließend widmete sich Dippold Art und Zweck der angewandten Strafinstrumentarien: Dienten im Mittelalter Todes-, Leibes- und Geldstrafen dazu, die Tat aufzuwiegen und die Waage der Gerechtigkeit wieder ins Gleichgewicht zu bringen, habe man später durch die Einrichtung von Gefängnissen das Ziel verfolgt, den Straftäter wieder als nützliches Element in die Gesellschaft einzugliedern. "
Kommentar zum OLG-Bamberg
Die Stellungnahme des scheidenden Gerichtspräsidenten zeigt -
wie zuvor schon die Stellungnahme des Bayerischen Richter Vereins in erschreckender
Weise - wie realitätsentrückt und selbstunkritisch man auch im
OLG-Bezirk Bamberg denkt. Kein Wunder bei den Mollath-Fehlurteilen. Meine
Stellungnahme
zum BRV gilt in vollem Umfang daher auch für diese Stellungnahme.
Verfassungsbeschwerde
vom 11.1.2012 nach über eineinhalb Jahren endlich stattgegeben: einstimmig!
Erste Reaktion: Freude, Genugtun, Erleichterung. Na endlich, nach über
eineinhalb Jahren. Die Rechtsfehler der Strafvollstreckungskammer Bayreuth
und des OLG Bamberg wurden dafür klar und deutlich, sogar einstimmig,
benannt. Bevor ich die Pressemitteilung als ein bedeutsames Dokument in
der Sache Mollath und für die Reform
des § 63 StGB zitiere noch ein großes Dankeschön an
RA Dr. Kleine-Cosack
und seine Mitarbeiter- und HelferInnen.
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde im „Fall Mollath“
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat der Verfassungsbeschwerde des Gustl Ferdinand Mollath gegen Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth und des Oberlandesgerichts Bamberg stattgegeben. Die in den Beschlüssen des Jahres 2011 aufgeführten Gründe genügen nicht, um die Fortdauer der Unterbringung zu rechtfertigen. Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG). Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Bamberg zurückverwiesen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zugrunde:
1. Mit Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. August 2006 wurde der Beschwerdeführer von den Vorwürfen der gefährlichen Körperverletzung, der Freiheitsberaubung sowie der Sachbeschädigung freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gemäß der Urteilsbegründung sah das Landgericht den objektiven Tatbestand der angeklagten Straftatbestände als erfüllt an. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer zu den Tatzeitpunkten aufgrund einer paranoiden Wahnsymptomatik schuldunfähig gewesen sei. Die Unterbringung des Beschwerdeführers sei aufgrund der Erwartung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten geboten.
2. Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 ordnete das Landgericht Bayreuth die Fortdauer der Unterbringung an, da nicht zu erwarten sei, dass der Beschwerdeführer außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen werde. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht Bamberg mit Beschluss vom 26. August 2011 als unbegründet.
3. Trotz zwischenzeitlicher Entlassung aus dem Maßregelvollzug hat der Beschwerdeführer ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse an der nachträglichen verfassungsrechtlichen Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen, denn diese waren Grundlage eines tiefgreifenden Eingriffs in sein Grundrecht auf Freiheit der Person.
a) Entscheidungen über den Entzug der persönlichen Freiheit müssen auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben. Insbesondere darf der Strafvollstreckungsrichter die Prognoseentscheidung nicht dem Sachverständigen überlassen, sondern hat diese selbst zu treffen. In einer Gesamtwürdigung sind die von dem Täter ausgehenden Gefahren ins Verhältnis zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs zu setzen. Dabei ist die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr hinreichend zu konkretisieren. Zu erwägen sind das frühere Verhalten des Untergebrachten und die von ihm bislang begangenen Taten. Abzuheben ist aber auch auf die seit der Anordnung der Maßregel veränderten Umstände, die für die künftige Entwicklung bestimmend sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es zudem, die Unterbringung nur solange zu vollstrecken, wie der Zweck der Maßregel dies unabweisbar erfordert und weniger belastende Maßnahmen nicht genügen.
Da es sich um eine wertende Entscheidung unter Prognosegesichtspunkten handelt, kann das Bundesverfassungsgericht sie nicht in allen Einzelheiten, sondern nur daraufhin nachprüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat und ob die dabei zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe der Verfassung entsprechen. Bei langdauernden Unterbringungen wirkt sich das zunehmende Gewicht des Freiheitsanspruchs auch auf die Anforderungen aus, die an die Begründung einer Entscheidung zu stellen sind. In diesen Fällen engt sich der Bewertungsrahmen des Strafvollstreckungsrichters ein; mit dem immer stärker werdenden Freiheitseingriff wächst die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Dem lässt sich dadurch Rechnung tragen, dass der Richter seine Würdigung eingehender abfasst, sich also nicht etwa mit knappen, allgemeinen Wendungen begnügt, sondern seine Bewertung anhand der dargestellten einfachrechtlichen Kriterien substantiiert offenlegt. Erst dadurch wird es möglich, im Rahmen verfassungsgerichtlicher Kontrolle nachzuvollziehen, ob die von dem Täter ausgehende Gefahr seinen Freiheitsanspruch gleichsam aufzuwiegen vermag. Zu verlangen ist vor allem die Konkretisierung der Wahrscheinlichkeit weiterer rechtswidriger Taten, die von dem Untergebrachten drohen, und deren Deliktstypus.
b) Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben sind die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth vom 9. Juni 2011 sowie des Oberlandesgerichts Bamberg vom 26. August 2011 nicht zu vereinbaren. Die in den Beschlüssen aufgeführten Gründe genügen nicht, um die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers zu rechtfertigen.
aa) Es fehlt bereits an einer ausreichenden Konkretisierung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr künftiger rechtswidriger Taten. Das Landgericht setzt sich insbesondere nicht damit auseinander, dass die Darlegungen des Sachverständigen zur Wahrscheinlichkeit künftiger rechtswidriger Taten im schriftlichen Gutachten vom 12. Februar 2011 und in der mündlichen Anhörung vom 9. Mai 2011 voneinander abweichen. Vor diesem Hintergrund durfte das Landgericht sich nicht auf eine bloße Bezugnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Anhörung beschränken. Es hätte vielmehr unter Berücksichtigung weiterer Hinweise des Sachverständigen und sonstiger Umstände des vorliegenden Falles diese Einschätzungen gegeneinander abwägen und eine eigenständige Prognoseentscheidung treffen müssen. Im Rahmen einer solchen eigenständigen Bewertung hätte es darlegen müssen, welche Straftaten konkret von dem Beschwerdeführer zu erwarten sind, warum der Grad der Wahrscheinlichkeit derartiger Straftaten sehr hoch ist und auf welche Anknüpfungs- und Befundtatsachen sich diese Prognose gründet.
Nichts anderes gilt im Ergebnis für den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 26. August 2011. Dieser nimmt im Wesentlichen auf das schriftliche Sachverständigengutachten Bezug, aus dem sich gerade keine sehr hohe Wahrscheinlichkeit künftiger rechtswidriger Taten ergibt. Soweit das Oberlandesgericht ergänzend auf die Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Bayreuth abstellt, rechtfertigt dies keine andere Einschätzung.
bb) Darüber hinaus finden den Beschwerdeführer entlastende
Umstände im Rahmen der notwendigen Prognoseentscheidung keine erkennbare
Berücksichtigung. Zudem wird in den angegriffenen Beschlüssen
nicht ausreichend dargelegt, dass die von dem Beschwerdeführer ausgehende
Gefahr das - angesichts der Dauer der Unterbringung - zunehmende Gewicht
seines Freiheitsanspruchs aufzuwiegen vermag. Schließlich fehlt auch
eine Befassung mit der Frage, ob dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit
nicht durch den Beschwerdeführer weniger belastende Maßnahmen
Rechnung hätte getragen werden können. "
Im Beschluss - StVK 551/09 802 Js 4743/03 StA Nürnberg-Fürth - heißt es: "
In den Gründen wird unter I. dargelegt: "
Nachdem die bisherige Verteidigerin, RAIn Lorenz-Löblein, einen „Antrag auf Feststellung der Fehleinweisung, Erledigterklärung der Unterbringung und Nichtanordnung der Führungsaufsicht" gestellt hat (Bl. 1005, 1048 ff.), hat die Kammer am 18.04.2013 in einem zeitlich umfangreichen Termin den Untergebrachten, sowie den Oberarzt Dr. Zappe vom Bezirkskrankenhaus Bayreuth angehört. Letzterer hat unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Pfäfflin vom 12.02.2011 ausgeführt, dass die dort herausgearbeitete Prognose aus seiner Sicht auch heute noch unverändert zutreffe. Die Grunderkrankung habe in keiner Weise therapeutisch beeinflusst werden können, der krankhafte Mechanismus überdauere und sei nach wie vor übertragbar auf jeden, der bzw. dessen Verhalten den Vorstellungen des Untergebrachten nicht entspreche mit der Folge, dass eine Gefährlichkeit - zu erwarten seien Delikte im Bereich der Anlasstaten - unverändert zu bejahen sei.
Vor diesem Hintergrund erachtet die Kammer es im Interesse einer sorgfältigen Aufklärung und verantwortungsvollen Abwägung für geboten, noch einmal einen externen Sachverständigen ergänzend zu Rate zu ziehen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Untergebrachte die von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth unter dem 29.11.2012 (Bl. 1004) beantragte erneute externe Begutachtung mit Schriftsatz von Rechtsanwältin Lorenz-Löblein vom 28.01.2013 (Bl. 1035 ff.) nachdrücklich hat ablehnen lassen, greift die Kammer insoweit auf den bereits aus intensiver Exploration mit dem Untergebrachten vertrauten Sachverständigen Prof. Dr. Pfäfflin zurück und beauftragt diesen mit einer Ergänzung seines Gutachtens vom 12.02.2011.
Der Sachverständige wird gebeten, unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufes und der Entwicklung des Untergebrachten seit der Exploration vom 30.11.2010 (insoweit wird insbesondere auf die seither vorgelegten Stellungnahmen des Bezirkskrankenhauses Bayreuth Bezug genommen) noch einmal zu den oben beschriebenen Fragen Stellung zu nehmen. Entsprechend der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 24.04.2013 möge arbeitshypothetisch nach wie vor davon ausgegangen werden, dass die Anlasstaten so, wie sie in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 08.08.2006 beschrieben worden sind, stattgefunden haben."
Kritischer
Kommentar zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 26.4.13, mitgeteilt
am 29.4.13
Prof. Pfäfflin hat schon sehr eindrucksvoll und nachhaltig gezeigt, dass er - neben vielen Fehlern in seinem Gutachten vom 12.2.2011 - besonders von individuellen Wahrscheinlichkeitsprognosen nichts versteht, ebenso wie viele andere forensisch-psychiatrische GutachterInnen (Ausnahme z.B. Nedopil) und viele RichterInnen. Das wissenschaftliche Grundproblem, dass es bei Unterbringungs- und Maßregelvollzugsfragen überhaupt keine wissenschaftlich begründbare individuelle Wahrscheinlichkeitsbestimmung zur Gefährlich- und Erheblichkeits-Prognose geben kann, scheint an den allermeisten forensischen GutachterInnen, auch PsychologInnen (Ausnahme z.B. Dahle), vorbeizugehen. Prof. Pfäfflins Gutachten enthält nicht die Spur einer Erörterung der Problematik individueller Wahrscheinlichkeitsprognosen, was die Strafvollstreckungskammer aber nicht gestört hat und auch weiterhin nicht zu stören scheint. Dem vorsitzenden Richter Kahler fehlt offensichtlich jedes Verständnis für die Problemsachlage - sonst würde er eine solch irre Beweisfrage "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Verurteilte erneut Straftaten begehen wird?" nicht beauftragen, unter der Vorgabe, dass der persönliche Kenntnisstand des Sachverständigen vom 30.11.2010 ausreicht und von den Phantasietatsachen des Urteils von Schreirichter-Brixner auszugehen ist. Hinzu kommt obendrein, dass sich Prof. Pfäfflin für die angeblichen Tathandlungen und Mollaths Verfassung und Befinden hierbei nie interessiert hat. Er soll also nun zur Prognose krimineller Handlungen Stellung nehmen, die er im Hauptgutachten schon ignoriert hat? Man sieht hier direkt und unmittelbar: das hat mit gesundem Menschenverstand, mit Wissenschaft und mit Recht nicht das geringste zu tun. Da scheint die Teilnahme an den Bayreuther forensischen Fortbildungsveranstaltungen wenig bewirkt zu haben. Wie der mündlichen Anhörung zu entnehmen war, kannte er noch nicht einmal die Kriterienanforderungen für eine Gefährlichkeitsprognose, die er erst anläßlich der Konfrontation durch Verteidigung gerichtswunschkonform nachge"bessert" hat. Als ein besonderer Treppenwitz der Bayreuther Justizgeschichte darf vermerkt werden, dass Prof. Pfäfflin zur aktuellen und künftigen Gefährlichkeit im ergänzenden schriftlichen Verfahren Stellung nehmen soll, ohne Mollath erneut zu untersuchen und zu explorieren. Das ist die offene Aufforderung, die Kristallkugel, Kaffeesatz und freie Phantasie - zu der Psychoanalytiker allerdings besonders befähigt sind - zu gebrauchen. Schlecht für Mollath, aber gut für alle diejenigen, die immer noch davon träumen, in Bayern herrsche im Großen und Ganzen Recht und Ordnung. Das ist, wenn höhere CSU-Interessen oder die Justizmacht selbst betroffen ist, spätestens seit dem 26.April 1961 vorbei. Vermutlich ist es inzwischen sogar durchaus begründet, vom einem Justizwahnsystem zu sprechen. Heribert Prantl [SZ 27.11.12] hat es wirklich auf den Punkt gebracht: "Der Fall zeigt: Eine Justiz, die Menschen ohne gründlichste Prüfung einen Wahn andichtet, ist selbst wahnsinnig." |
(1) Geben Sie bitte genau und lückenlos
an, welche psychischen Merkmale zur Tatzeit
aufgrund welcher Zeichen wie auf die Tathandlung
eingewirkt haben? Falls Lücken bestehen, kennzeichnen Sie diese. Erörtern
Sie pro und contra.
(2) Gehen Sie hypothesenorientiert vor und geben Sie die im vorliegenden Fall möglichen Hypothesen an. Erörtern Sie das Für und Wider für Ihre Hypothesen und begründen Sie Ihre Entscheidung so, dass sie für einen gebildeten Laien nachvollziehbar und verständlich ist. |
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. |