Wahnverständnis der Mollath-Gutachter
Rudolf Sponsel, Erlangen
Kritische Anmerkungen zu Kröbers Wahnverständnis im telepolis Interview vom 4.7.13
Abstract - Zusammenfassung
- Summary
Eine kleine Vor-Studie zum Meinungsachten und der Unbrauchbarkeit des
Gruhlschen Kriteriums - erst recht bei unzulänglicher Anwendeung Kröbers.
Es wird deutlich gemacht, dass Kröber auch jetzt noch nicht
in der Lage ist, Mollaths angeblichen Wahn nachvollziehbar zu belegen und
zu begründen.
Einstieg in das Wahnthema [Wahn
u.a. fett kursiv RS]
01 Hans-Ludwig Kröber: Da waren die ja schon getrennt. Die Frau ist nach der Trennung noch in Mollaths Wohnung gekommen, um ihre Sachen zu holen. Dabei ist es passiert, wenn es so stimmt. Die Justiz hat die Geschichte eher verläppert. Da gab es dann keine Schreibmaschine. Das Ganze ging erst wieder voran durch die Reifenstecherei, das war aber bereits mehr als vier Jahre nach der Trennung. Da erst hat man gesagt: Er ist weiter gefährlich. Aber ich gebe Ihnen Recht: Sein Wahn bezog sich in diesen letzten Jahren schon lange nicht mehr auf seine Frau, sondern auf die Nürnberger Firma Diehl und die große Verschwörung, die er dort sah. 02 Telepolis: Sie haben mir ja im Vorfeld als besonderes Beispiel für Mollaths Wahn die Firma Diehl genannt und dazu als Stichworte Rotary, Diehl-Stiftung und Oberfinanzdirektion. Ich habe daraufhin diese Punkte recherchiert. Würde es Sie überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass das auf der sachlichen Ebene gar kein Wahn ist? 03 Hans-Ludwig Kröber: Was haben Sie recherchiert? 04 Telepolis: Dass Diehl Streubombenzünder und Minen produziert. Dass Karl Diehl Gründer des Nürnberger Rotary-Club war und dort beide Präsidenten der Oberfinanzdirektion Mitglieder waren. Dass die Oberfinanzdirektion Diehl 60 Millionen Euro Steuer erlassen hat, die er durch falsche Deklaration der Diehl-Stiftung hätte bezahlen müssen. 2001 haben die Nürnberger Nachrichten darüber berichtet. Wussten Sie das? 05 Hans-Ludwig Kröber: Ich bin jedenfalls davon ausgegangen, dass das alle Leute sind, die in irgendeinem Zusammenhang stehen, wie eben auch der bayerische Ministerpräsident zur Hypovereinsbank. Das Eigentümliche ist, dass Mollath das als eigene Angelegenheit erlebt, als seine persönliche Bedrohung, für die er ins Gefängnis gehen will, als Unrechtsstaat, den er mit "SS"-Runen charakterisiert. 06 Telepolis: Schon klar. Aber der Begriff "Wahn" passt da doch nicht. 2007 hat tatsächlich eine Demonstration der Deutschen Friedens Gesellschaft vor dem Diehl-Werk in Röthenbach bei Nürnberg stattgefunden. Davon gibt es sogar ein Foto. 07 Hans-Ludwig Kröber: Mit 300.000 Teilnehmern? (Anm.: Mollath hatte zu einer Friedensdemonstration mit 300.000 Teilnehmern aufgerufen) 08 Telepolis: Nein. Wenn die aufrufen, haben die natürlich viel weniger Interessenten. Aber was Mollath gegen Diehl vorgebracht hat, ist in einer Veröffentlichung der Deutschen Friedens Gesellschaft von 2012 dokumentiert. Das ist der Stand des Aktivistenwissens. Mollath hat ja bereits gegen den Irakkrieg demonstriert. Er hat sozusagen eine Tradition der emotionalen Solidarisierung mit solchen Bewegungen. Der Begriff "Wahn" ist etwas, worüber man stolpern könnte, vor allem, wenn man etwa daran denkt, dass der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG vor ein paar Jahren behauptet hat, der Iran wolle einen Atomkrieg gegen Israel beginnen und müsse deshalb militärisch angegriffen werden. Ist das nicht auch Wahn? 09 Hans-Ludwig Kröber: Nein, das ist eine bewusste taktische Aussage, weil er etwas Bestimmtes erreichen will. 10 Der weiß auch, dass er die Zukunft nicht vorhersehen kann. Aber er möchte dieses Risiko nicht eingehen. Das ist Politik. 11 Das Krankhafte am Wahn ist die "Eigenbeziehung ohne Anlass", also dass Dinge, die auf der Welt passieren, eine ganz besondere Beziehung zu mir haben - und das ist erklärungsbedürftig. Dass Mollath all diese Dinge irgendwo gelesen hat, bezweifle ich nicht; dass ist ja gerade das Interessante, dass es nichts gab, was er eigenständig entdeckt und enthüllt hätte. Außer dass seine Frau die Hypovereinsbank betrügt. 12 Telepolis: Also ist Betroffenheit erklärungsbedürftig? 13 Hans-Ludwig Kröber: Ja, dass es gegen mich selbst geht. Dass ich selbst im Kampf mit diesen Mächten stehe und glaube, es ginge um alles. 14 Telepolis: Das ist doch identitätsstiftend, oder? 15 Hans-Ludwig Kröber: Das ist richtig. Bei Breivik war sein Wahn auch identitätsstiftend. 16 Telepolis: Aber Breivik wurde ja eben trotz des Antrages der Staatsanwältin nicht für krank erklärt, sondern als voll schuldfähig verurteilt. 17 Hans-Ludwig Kröber: Urteile sind soziale
Einigungen über einen bestimmten Sachverhalt. Norwegen lebt einfach
besser mit der Vorstellung, dass Breivik nicht verrückt, sondern böse
ist.
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Kommentare RS
01 Kröber behauptet, frei aus der Luft heraus, wie es dem
Meinungsgutachter so einfällt (Wahneinfall?), dass Mollath einen Wahn,
der sich vor Jahren auf seine Frau bezogen haben soll, nunmehr auf die
Firma Diehl bezog und die große Verschwörung, die er dort sah.
Hier werden drei Behauptungen einfach so aufgestellt, ohne sie mit Daten
zu belegen. Das ist die vornehmste Übung der Meinungsachter, denen
die Wahnzuweisungen wie Wahneinfälle ins Hirn purzeln. Implizit behauptet
Kröber auch, dass Mollath einen Wahn aufgeben konnte, nämlich
den Wahn bezogen auf seine Frau.
06 Nein, da ist gar nichts klar. 07 Wenn das so stimmte, wäre es bestenfalls eine wunschgeleitete Größenidee (noch kein Größenwahn) Belegt und abgeleitet wird es nicht. Wozu auch. 08 Mollaths Friedenshintergrund wird gut belegt. An dieser Stelle wäre es natürlich wichtig gewesen, den Begriff Wahn zu definieren, bevor man munter drüber schwadroniert. Das allerdings ist keine Stärke der Medien und Kröbers ganz offensichtlich auch nicht. 09 Kröber weiß natürlich als Meinungsvirtuose sofort, dass der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG keinen Iran- Atomkriegs-Wahn hatte, sondern dass dies eine "bewusste taktische" Aussage war. Das ist für Kröber von Haus aus kein Problem, wie wir aus dem Mollath Fall wissen, weil er ja nicht persönlich untersuchen und explorieren muss, um zu wissen. Man weiss es einfach. 11 Nun wird es wieder spannend, weil sich Kröber nun an einer
Definition
des Wahns (nach Gruhle, 1932) versucht, wenn er meint "Das
Krankhafte am Wahn ist die "Eigenbeziehung ohne Anlass",
also dass Dinge, die auf der Welt passieren, eine ganz besondere
Beziehung zu mir haben - und das ist erklärungsbedürftig."
12 Nein, wir alle sind von vielem betroffen. Kröber meint die "Eigenbeziehung ohne Anlass", also dass Dinge, die auf der Welt passieren, eine ganz besondere Beziehung zu mir haben". Mollath war z.B. betroffen von der statistischen Tatsache, dass alle sieben Sekunden ein Kind verhungert, in dieser reichen Welt und dass das eben die meisten Reichen überhaupt nicht berührt. Jeder Mensch mit Gewissen ist betroffen, wenn er sich Missstände, Unrecht, Gewalt, Ausbeutung usw. in dieser Welt vergegenwärtigt. Daran ist nichts Wahnhaftes. Das ist menschlich und wünschenswert. Wahnhaft würde es, wenn Mollath gedacht hätte, der große Geist der Gerechtigkeit prüft ihn mit den Nöten der Menschheit ("Steche die Reifen der Frevler, setze ein Zeichen"). 14 Wahn als Identitätsstifter? 17 Ein kluger Satz. Lässt sich der wie folgt analog anwenden: Wahndiagnosen sind soziale Einigungen über einen Sachverhalt, den Meinungsachter mit sich selber herstellen._ |
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