Internet Publikation für
Allgemeine und Integrative Psychotherapie
(ISSN 1430-6972)
IP-GIPT DAS=27.03.2015
Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 27.06.17
Impressum:
Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf
Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
Mail:_sekretariat@sgipt.org_Zitierung
& Copyright
Anfang_Suizide_Überblick_Relativ
Aktuelles _Rel.
Beständiges_ Titelblatt_
Konzept_
Archiv_Region__Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine
und Integrative Psychotherapie, Abteilung Epidemiologie, Bereich Suizide
und hier speziell zum Thema:
Suizide / Selbsttötungen und ihre Einordnung
Selbstmord, erweiterter Selbstmord, Freitod, Inkaufnahme,
Irrtum, ...
Originalarbeit von Rudolf
Sponsel, Erlangen.
Statistik * Suizid-Nachrichten.
Es gibt unterschiedlich motivierte Selbsttötungen, die sprachlich
nicht genau geregelt sind. Im wesentlichen können derzeit mehrere
Hauptgruppen unterschieden werden:
-
Suzid aus einer psychischer Erkrankung heraus, z.B. schwere Depression.
-
Suizid aus verzweifelter Lebenssituation, spontane Impulshandlung.
-
Freitod aus wohlabgewogener Motivations- und Lebenslage ("Bilanzselbstmord",
Kamikazeflieger, "Opferselbstmord").
-
Inkaufnahme des eigenen Todes z.B. bei einigen "SelbstmordattentäterInnen",
Wetten oder Kampfritualen ("Selbstmordkommandos", also Aktionen mit sehr
hohem Todesrisiko).
-
Verunglückte Selbsttötung, die demonstrativ gemeint war.
-
Unbeabsichtigte Selbsttötung durch Leichtsinn oder Fehleinschätzung
des Todesrisikos.
-
Selbsttötung als Folge fehlerhafter Handlungen, Verkettung unglücklicher
Umstände
-
Selbsttötung als Irrtumshandlung
X sonstiger hier nicht berücksichtigter
Fall
Nicht alle Selbsttötungen müssen pathologisiert werden (1,2).
Zur Problematik der Definition ausführlich und kritisch Zwingmann
(1965).
Statistik
2014 Statistik nach destatis
(Statistisches Bundesamt)
Suizid-Nachrichten
..." []
-
"Warnung: „Tote Mädchen lügen nicht“
könnte Suizide auslösen
Gemeinsame Stellungnahme der DGKJP und DGPPN
Die TV-Serie „Tote Mädchen lügen nicht“
thematisiert das Leiden und den Suizid eines jugendlichen Mädchens
und ist aufgrund der drastischen und romantisierenden Darstellungsweise
aktuell eines der meist diskutierten Formate. Den Fachgesellschaften wurden
bereits erste suizidale Krisen und sogar Suizide gemeldet, die in direkter
Beziehung zu der Serie stehen sollen. Deshalb weisen DGKJP und DGPPN auf
die erheblichen Risiken und negativen Folgen der Serie hin – insbesondere
psychisch labilen und vulnerablen jungen Menschen wird dringend vom Konsum
der Serie abgeraten.
Die US-amerikanische Serie „Tote Mädchen lügen
nicht“ (im englischsprachigen Original „13 Reasons Why“) ist seit dem 30.
März 2017 in Deutschland abrufbar und beschreibt detailliert die belastenden
Umstände, denen die jugendliche Protagonistin ausgesetzt ist, bevor
sie sich schließlich selbst umbringt. Das Mädchen hinterlässt
Audiobänder, in denen sie mit einzelnen Personen abrechnet, die sie
direkt für ihren Suizid verantwortlich macht. Die Darstellung des
Suizids selbst ist explizit und verstörend. Der Suizid wird als letzter
Ausweg dargestellt und vielfach romantisiert. Das Schulschließfach
des Mädchens wird von ihren Mitschülern zum Schrein umfunktioniert,
der Suizid erhält dadurch posthum eine Aufwertung.
Die internationale Forschung hat eindeutig gezeigt,
dass eine detaillierte und drastische mediale Darstellung oder Beschreibung
von Suiziden das Risiko von Nachahmungstaten signifikant steigen lässt,
insbesondere bei vulnerablen und suizidalen Menschen (sog. Werther-Effekt).
Aus diesem Grund wurden internationale Richtlinien zur Medienberichterstattung
bei Suiziden geschaffen, auch der deutsche Pressekodex hat entsprechende
Regelungen aufgenommen. So fordert die Richtlinie 8.7 zur Selbsttötung
eine zurückhaltende Berichterstattung und lehnt u. a. die Schilderung
näherer Begleitumstände ab. Gleichzeitig gibt es gute Belege
dafür, dass eine seriöse Berichterstattung über Suizidalität
in Verbindung mit Hinweisen auf Hilfsangebote eine suizidpräventive
Wirkung entfalten kann (sog. „Papageno“-Effekt).
Die TV-Serie ignoriert diese Fakten und verletzt
bewusst anerkannte Richtlinien, indem sie
-
den Suizid der Hauptfigur drastisch und detailliert zeigt,
-
die Hauptfigur mit einem großen Identifikationspotential ausstattet,
-
den Suizid als letzten Ausweg und gleichsam als logische Konsequenz der
erlittenen Traumata darstellt,
-
keine Strategien und Hilfsangebote thematisiert, die Menschen in suizidalen
Krisen effektiv helfen könnten, und
-
die Hauptfigur posthum in ihrer sozialen Position aufwertet.
Aktuell berichten Psychotherapeuten, Schulsozialarbeiter und Lehrer bereits,
dass die Serie ein großes Thema unter Kindern und Jugendlichen mit
psychischen Erkrankungen in den sozialen Netzwerken darstellt und bereits
Jugendliche mit affektiven Störungen durch die Serie unter Druck geraten
und dekompensiert sind. Die Fachgesellschaften sehen sich außerdem
zunehmend mit Berichten von vollendeten Suiziden Jugendlicher konfrontiert,
die direkt mit dem Konsum der Serie in Verbindung stehen sollen. Aus diesen
Gründen empfehlen DGKJP und DGPPN:
Psychisch labilen und vulnerablen jungen Menschen
wird dringend vom Konsum der Serie abgeraten. Sie werden gebeten sich rechtzeitig
an das umfängliche Hilfesystem zu wenden, das von Telefonseelsorge,
über psychosoziale Krisendienste bis hin zu Ärzten und Psychotherapeuten
reicht.
Lehrern und Eltern wird empfohlen, proaktiv mit
Jugendlichen über die Serie zu sprechen. Eventuell kann es sinnvoll
sein, die Serie in einem geschützten Setting gemeinsam anzusehen und
zu diskutieren. Dabei sollten auch effektive Strategien zum Erkennen und
Umgang mit Traumata, Depressionen und suizidalen Krisen aufgezeigt werden.
Journalisten sollten bei ihren Berichten über
die Serie die Richtlinien zur Medienberichterstattung bei Suiziden beachten
und insbesondere auf bestehende Hilfsangebote aufmerksam machen.
Die Umsetzung und Kontrolle der Richtlinien zur
Medienberichterstattung bei Suiziden sollte weiter vorangetrieben werden.
Weiterführende Informationen zu Richtlinien
und Hilfsangeboten erhalten Sie hier:
Fair Media: Hilfestellung für Journalisten
Presserat – Pressekodex
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention:
Empfehlungen für die Berichterstattung in den Medien [PDF]
Deutsche Depressionshilfe: Medienguide Suizid
Deutsche Depressionshilfe: Wo finde ich Hilfe?
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention:
Hilfe für Betroffene
National Association of School Psychologists – „13
Reasons Why“ Netflix Series: Considerations for ducators
Die Autoren der Stellungnahme
Prof. Dr. med. Marcel Romanos, Schriftführer DGKJ
Prof. Dr. med. Arno Deister, Präsident DGPP
Prof. Dr. med. Paul Plener, DGKJ
Gabriel Gerlinger, Leiter Public Affairs und Wissenschaftlicher Dienst
DGPPN"
[Stellungnahme DGPPN 27.06.2017]
-
"Europäischer Depressionstag „Totschweigen und Nichtstun verhindert
keine Suizide“ In Deutschland sterben mehr Menschen durch Suizid
als durch Verkehrsunfälle, Aids, Drogen und Raubüberfälle
zusammen. Jährlich nehmen sich 600 Menschen unter 25 das Leben. Expertin
Diana Doko räumt mit Vorurteilen auf. ..." [HB 01.10.15]
-
"Geschlossene oder offene Psychiatrie: Suizidrisiko bleibt gleich
In
ausschliesslich offen geführten psychiatrischen Kliniken ist das Risiko,
dass Patienten Suizid begehen oder aus der Behandlung entweichen, nicht
höher als in Kliniken mit geschlossenen Stationen. Dies zeigt eine
große Beobachtungs-Studie, in der rund 350.000 Fälle in Deutschland
während 15 Jahren untersucht wurden. Die Resultate sind nun der Fachzeitschrift
„The Lancet Psychiatry“ erschienen. ..." [Ärztlliche Nachrichten
31.07.16]
-
"Jobverlust in Frankreich:
Keine Arbeit, kein Leben. Zwischen 2008 und 2010 begingen in Frankreich
584 Personen Selbstmord, weil sie ihren Job verloren hatten, wie ein Institut
ermittelte ..." [dS 29.4.15]
Literatur (Auswahl)
-
Einblicke und Erklärungsansätze zum Suizid. Von Prof. Dr. med.
Erich Müller, ehem. Direktor des Instituts für Rechtsmedizin.
Die Kriminalpolizei. Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei. Im Internet,
keine Datumsangabe gefunden.
-
Statistisches Bundesamt (2013) Todesursachenstatistik, Fortschreibung des
Bevölkerungsstandes: Sterbefälle, Sterbeziffern (je 100.000 Einwohner,
altersstandardisiert) (ab 1998).
-
Schipkowensky, N. (1965) Mitgehen und mitnehmen in den Tod. In (248-261)
Zwingmann, Charles (1965, Hrsg.)
-
Zwingmann, Charles (1965, Hrsg.) Selbstvernichtung. Darmstadt. AVG.
Links (Auswahl: beachte)
-
Zur Kritik der Verwendung des Ausdrucks Selbstmord.
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten: > Eigener
wissenschaftlicher Standort.
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
___
Querverweise
Standort: Suizide.
*
Überblich
Diagnostik in der IP-GIPT.
Psychomoden und
psychische Epidemien.
Überblick
forensische Psychologie.
*
*
Information für Dienstleistungs-Interessierte.
*
Zitierung
Sponsel, Rudolf (DAS).
Suizide
/ Selbsttötungen und ihre Einordnung. Selbstmord, erweiterter Selbstmord,
Freitod, Inkaufnahme. Probleme der Psychodiagnostik. Aus unserer Abteilung
Diagnostik und Differentialdiagnostik.IP-GIPT Erlangen:
https://www.sgipt.org/doceval/epidem/suizid/suizide0.htm
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Ende
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Aktuelles _Rel.
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Archiv_
Region_
Mail:_sekretariat@sgipt.org_
_
Wichtige
Hinweise zu Links und Empfehlungen
Änderungen wird gelegentlich überarbeitet,
ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
27.06.17 Warnung: „Tote Mädchen lügen
nicht“ könnte Suizide auslösen
08.10.16 Zur Kritik der Verwendung des Ausdrucks
Selbstmord.