01
Liebes-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Echte, gewachsene Liebe (zu unterscheiden
von Verliebtheit). Lieben heißt nach
Sullivan, die Zufriedenheit des andern genauso wichtig nehmen, wie
die eigene. Funktioniert langfristig meist nur, wenn auch das Passen stimmt
oder sich mit entwickelt.
02 Spontane
Verliebtheits-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Verliebtheit als Anlaß einer
- meist schnellen - Eheschließung. Verliebtheit als Anlaß
einer - meist schnellen - Eheschließung. Verliebtheit kann
in Liebe über-gehen, aber auch einer sehr entäuschend erlebten
Ernüchterung weichen, wenn der Rausch der erregenden positiven Gefühlswogen
abgeebbt ist.
03
Sympathie-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Man mag sich, hat sich gerne, findet sich sympathisch, aber die großen
Erregungen und flammenden Liebesgefühle sind verflogen oder waren
nie in dem Ausmaß vorhanden.
04
Sexuelle Anziehungs-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Hier steht die sexuelle Motivation und Bedürfnisbefriedigung im
Vordergrund und ist auch Ausgangspunkt der Eheschließung oder für
die Lebensgefährtenschaft.
05
Hörigkeitsbeziehung/
Ehe/ Partnerschaft
Hier erreicht die sexuelle Bindung eine überwertige und manchmal
auch pathologische Qualität, so daß eine tiefe Abhängigkeit
vorliegt, möglicherweise unterstützt oder bedingt durch eine
dependente Persönlichkeitsstörung.
06
Kameradschafts-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Die großen Gefühle waren nie da oder sind verflogen, aber
eine Lebensbewältigungs- Kameradschaft hat sich entwickelt. Man erfreut
sich an der Gemeinsamkeit, ist nicht allein und kann sich aufeinander verlassen.
Kameradschaftsehe meint heute meist eine Ehe, die sich nicht - mehr - auf
Liebe gründet, sondern auf Kameradschaft basiert. "Nur" weil die Liebe
erloschen ist, muß man sich ja nicht unbedingt trennen oder scheiden
lassen.
Ursprünglich stammt die Begriffsschöpfung
von einem Buchtitel nach Lindsey & Evans (1928). Dort heißt es
im Vorwort: "Unter Kameradschaftsehe verstehe ich eine rechtskräftig
geschlossene Ehe mit gesetzlich anerkannter Geburtenkontrolle und dem Recht
für kinderlose Paare, sich mit beiderseitiger Einwilligung jederzeit
scheiden lassen zu können, ohne daß für gewöhnlich
Unterhaltsbeiträge zu zahlen sind." Das Werk wurde indiziert.
Lindsey, Ben B. & Evans, Wainwright (dt. 1928
f). Die Kameradschaftsehe. Stuttgart: DVA.
07 Kinder-Ehe / - Lebens-Abschnitts-Gefährtenschaft
Hier wird die Ehe / Lebensgefährtenschaft um der - meist noch
kleineren - Kinder aufrecht erhalten. Die Liebe ist zwar verflogen
und nurmehr sehr verdünnt, verhalten und gelegentlich spürbar
vorhanden, aber um der Kinder willen, um ihnen einen angemessenen Entwicklungsrahmen
zu bieten, bleibt man zusammen, was zu mehr oder minder starken Belastungen,
Enttäuschungen und Konflikten führen kann, wenn die Partner sich
darüber nicht austauschen und nicht einen für beide Seiten tragbaren
modus
vivendi (Lebenart miteinander gut auszukommen) suchen.
Eine Variante ist, daß ein alleinerziehnder
Elternteil, eine Mutter oder einen Vater für ihre/ seine Kinder sucht.
08
Kinder-“Muß“-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Eine nicht geplante Schwangerschaft wird zum Anlaß einer Ehe.
Das ist im Zeitalter der Schwangerschaftsverhütungsmöglichkeiten
viel seltener geworden als etwa vor Erfindung der Pille. Manchmal bahnen
sich aber auch starke und weniger bewußte Motive nach einem Kind
trotz Verhütung den biologischen Weg. Und leider werden auch Kinder
gar nicht so selten als Bindemittel und Kitt für gefährdete
Partnerschaften gewählt, was man gelegentlich sogar als Mißbrauch
ansehen kann. Für manche sind Kinder auch eine zunächst bequeme
Einnahmequelle, Ersatz für Arbeit oder Lebenssinn.
09
Geselligkeits-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Nicht allein sein wollen ist ein gutes Motiv, eine Ehe / Lebensgefährtenschaft
einzugehen. Dies muß nicht unbedingt bedeuten, daß man ansonsten
einsam wäre, obschon auch das natürlich ein legitimes Ehemotiv
sein kann.
10
Reaktions-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Man heiratet, um es einer / einem anderen, die / der einen z.B. verschmäht
hat, zu zeigen (man kann auch, man ist nicht angewiesen usw.). Hier wirkt
als Motiv meist gekränkter Stolz, Eitelkeit, Ehrgeiz, Rivalität
und falsch verstandenes und fragwürdiges Selbstbewußtsein, wenn
es auch zuweilen noch so menschlich verständlich anmutet. Mithalten
können, es dem oder der anderen bzw. der Umgebung zeigen wollen. Heiraten
sozusagen als Demonstration. Nicht immer der beste Anfang, obwohl natürlich
auch das gut gehen kann.
11
Zweckgemeinschafts-und-Interessen -Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Man verfolgt gemeinsame Ziele und Interessen, findet sich dabei und
bleibt deshalb zusammen. Die Basis bilden gemeinsame Interessen.
12
Wirtschafts-und-Versorgungs-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Versorgt sein wollen, wirtschaftliche Sicherheit, Vermögen spielt
eine Rolle. Das ist vor allem in Gesellschaften wichtig, in denen ein Partner,
oft die Frau, eine schwache rechtliche und gesellschaftliche Stellung hat
und in der Ehe auch eine Versorgung für sich selbst sieht: Versorgungssicherheit
als Attraktivitätsmerkmal. Manche Männer suchen auch nur sexuelle
und hauswirtschaftliche Versorgung oder eine Mutter für ihre Kinder.
13
Familienstiftungs-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Hier stiften die Familienoberhäupter eine Ehe / Lebensgefährtenschaft,
die Kinder werden gar nicht gefragt (ein besonderes Problem in anderen
Kulturen, z.B. im Migrationsumfeld traditioneller türkischer Kultur,
obwohl in der Türkei die Zwangehe verboten ist [W]
> Zwangsehe).
14
Eroberungs-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Erobern, krieg ich sie / ihn steht - zunächst - im Vordergrund.
Aus dieser Eroberungsmotivation stolpert man sozusagen in die Ehe.
15
Gesellschafts-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Gesellschaftliche Motive und die Anerkennung, die mit "eine PartnerIn
haben", einhergehen. Wir werden von den gesellschaftlichen Normen, Sitten
und Gebräuchen stärker beeinflußt, als wir manchmal meinen.
Der gesellschaftliche Druck - Na, wann ist es denn [endlich] bei Dir
so weit? - ist nicht zu unterschätzen. So dürften nicht
wenige heiraten, weil es gesellschaftlich einfach üblich ist, zwischen
20 und 30 zu heiraten, weil es "alle" machen oder eben viele andere auch
tun.
16
Gewohnheits-Ehe / - Lebensgefährtenschaft
Man hat sich aneinander gewöhnt (man lebt schon sehr lange zusammen,
oder man geht schon lange miteinander und bleibt deshalb zusammen).
Die Gewöhnung als Paar kann ebenso zur Ehe führen wie zu ihrer
Aufrechterhaltung. Auch das Alter kann eine Rolle spielen, weil einem Partnersuche
zu mühsam, riskant oder wenig erfolgversprechend erscheint.
17 Kampf-Ehe
Eine meist pathologische Form: Hier bleiben zwei nur noch zusammen,
um miteinander zu kämpfen.
18 Sündenbock-Ehe
Hier wird eine EhepartnerIn als Sündenbock gebraucht, dem man
die Schuld an „allem" geben kann .
19 Angst-Ehe.
Hier gibt es die Varianten: die Angst, allein zu sein, die Angst verlassen
zu wer-den oder die Angst zu verlassen, weil man Strafe, Rache oder andere
Nachteile fürchtet, man möchte die Partnerbeziehung beenden,
traut sich aber nicht.
20 Alibi-Ehe
.z.B. um sich und anderen „Normalität" darzustellen (das kam
z..b. zu früheren Zeiten als die Homosexualität irrwirtzigerweise
noch ein Straftatbestand war (der alte § 175 StGB) bei manchmal vor
bei Homosexuellen vor (um sich zu tarnen bzw. zu schützen).
21 Narzißtische
Ehe
mit unterlegener, unscheinbarer PartnerIn um an deren Seite zu glänzen.
22 Schein-Ehe
z.B. um eine Aufenthaltsgenehmigung oder ein anderes Privileg zu erhalten,
wie z.B. weiland Sofia Kowalewskaja (1850-1891), um Mathematik studieren
zu können.
nn
Sonstige, hier noch nicht erfaßte Motive
Z.B. eine religiöse Eingebung: Gott will, daß ich heirate.
Oder Eheschließung als Geschäft, um etwa eine Einbürgerung
zu ermöglichen oder um eine Rentenanwartschaft zu sichern (auch das
Gegenteil gibt es natürlich: nicht heiraten, um eine Witwenrente nicht
zu verlieren).
Klärung: wie ist das bei uns, wie könnte es
sein, wohin entwickelt es sich, wie möchten wir es haben?
Ein gute Methode, zu klären, bei das bei Ihnen ist, kann die stichwortartige
Niederlegung einer Beziehungs-, Wohngemeinschafts-, Partnerschafts- und
Eheverfassung gefördert werden. Man kann nur etwas zu Papier bringen,
wenn die Gedanken einigermaßen klar werden. Und genau darum geht
es. Machen Sie sich frei von fremden Einflüssen, Erwartungen und Normen.
Was für Sie gut, richtig, nützlich ist, können letztlich
nur Sie selbst am besten wissen.
Lederer,
William J. & Jackson, Don D. (1972). Ehe als Lernprozeß. Wie
Partnerschaft gelingt. München: Pfeiffer. Teil 1: Ehen werden nicht
im Himmel geschlossen. Falsche Vorstellung Nr. 7 S. 58-63.