Innere Wahrnehmung bei Theodor Lipps
"Die Psychologie ist die Lehre von den Bewußtseinsinhalten
oder Bewußtseinserlebnissen als solchen."
Theodor Lipps 1903, S.1.
"Die Bewußtseinserlebnisse sind der Gegenstand der Psychologie"
Theodor Lipps 1905, S.2.
Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen
Methode der Fundstellen-Textanalyse * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis * Signierungssystem * Zusammenfassung Hauptseite * Dimensionen des Erlebens * Begriffscontainer (Containerbegriff) * Begriffsverschiebebahnhof * Unterscheidungen für die Kommunikation über Farben
LTBiW-Zusammenfassung Innere
Wahrnehmung
0.LTBiW: Fundstellen innere Wahrnehmung im Kapitel IV: 14 = (22
- 1 Titel, 7 Kopfzeilen 39, 41, 43, 45, 47, 49, 51)
1.LTBiW: Ein großes Verdienst der Arbeit ist, herausgearbeitet
zu haben, dass viele, im Alltag wohl die allermeisten Vorgänge im
Bewusstsein sachlicher, "gegenständlicher" Art sind
2.LTBiW: Statt einer klaren Beschreibung mit Beispielen und Gegenbeispielen
der inneren Wahrnehmung führt Lipps zahlreiche Begriffsverschiebebahnhöfe
ein:
3.LTBiW: Es werden auch objekt- und metasprachliche Aspekte vermengt,
vermutlich, weil sie gar nicht erkannt werden. Lipps ermangelt es an diesem
Modell.
LTBiW-Fazit: Lipps ist nicht in der Lage, innere Wahrnehmung angemessen und klar zu beschreiben, statdessen wandert er von einem Begriffsverschiebbahnhof zum nächsten und bringt alles durcheinander.
iW-Fundstellen innere Wahrnehmung im
4. Kapitel
Als Kürzel für die innere Wahrnehmung diene iW.
Bei Lipps g e s p e r r t hier fett.
LTBiW40: "Dabei stoßen wir aber auf den Begriff der »LTB40iW1inneren
Wahrnehmung«.
Das Resultat der Beachtung des Bewußtseinserlebnisses,
das ich hatte, der inneren Zuwendung zu demselben, des Merkens
auf denselben, nennen wir gleichfalls Wahrnehmung. Nur bezeichnen
wir dasselbe als LTB40iW2innere Wahrnehmung,
und bezeichnen im
Gegensatz dazu die Wahrnehmung, von welcher oben die Rede war,
als äußere oder sinnliche Wahrnehmung."
...
"... Die »LTB40iW3innere Wahrnehmung«
besagt also zunächst,
daß ich ein Bewußtseinserlebnis denke oder zum Gegenstand
mache,
daß ich dasselbe mir oder daß ich mich ihm geistig gegenüberstelle.
Sie
schließt damit zunächst dasjenige Moment in sich, das bei
der
Analyse des Begriffs der sinnlichen Wahrnehmung an zweiter
Stelle erwähnt wurde. Die LTB40iW4innere
Wahrnehmung ist jederzeit ein
Denken.
Dazu tritt aber hier sogleich das dritte
der bei der sinnlichen
Wahrnehmung unterschiedenen Momente. Auch die LTB40iW5innere
Wahrnehmung
ist ein Bewußtsein der Wirklichkeit, nämlich der Wirklichkeit
meiner Bewußtseinserlebnisse. Sie ist also zugleich ein Bewußtsein
von der Wirklichkeit meiner.
Dagegen scheint es bei der LTB40iW6inneren
Wahrnehmung eigentümlich
bestellt um das bei der sinnlichen Wahrnehmung zuerst erwähnte
Moment. Gesetzt, ich blicke zurück auf den Gedanken, den ich
gestern hatte, oder auf ein Gefühl der Angst, das mich vor
einer
Stunde überkam, jetzt aber verschwunden ist. Dann habe ich —
nicht ein Wahrnehmungsbild des vergangenen Bewußtseinserlebnisses,
gleichartig dem sinnlichen Wahrnehmungsbild, das ich von einem
vor mir liegenden sinnlich wahrnehmbaren Gegenstand habe, sondern [>41]
ich habe davon nur ein Erinnerungs-, also ein Vorstellungsbild, das,
wie dies bei Vorstellungsbildern üblich ist, mit seinem Original,
in
unserem Falle mit dem vergangenen Bewußtseinserlebnisse selbst,
vielleicht sehr geringe Ähnlichkeit hat. In diesem aber denke
ich
das vergangene Erlebnis, so wie es von mir erlebt wurde. Darnach
scheint die LTB41iW1innere Wahrnehmung
ein Analogon nicht der sinnlichen
Wahrnehmung, sondern der Erinnerung an das sinnlich Wahrgenommene.
Hierbei müssen wir wiederum einen Augenblick
verweilen. Ich
nehme eine Farbe wahr, dies heisst: Ich habe einen Wahrnehmungsinhalt,
Farbe genannt; und indem ich ihn habe — nicht, nachdem ich
ihn gehabt habe — mache ich mir denselben, richtiger: mache ich mir
die in ihm gegebene »Farbe selbst« zugleich zum
Gegenstand.
Darnach scheint die LTB41iW2innere
Wahrnehmung wenn sie im gleichen
Sinne »Wahrnehmung« heißen sollte, wie die äußere
Wahrnehmung, es
scheint etwa die Wahrnehmung des Habens eines solchen Inhaltes, den
Sinn haben zu müssen: Indem dies Haben, oder indem das Erleben
dieses Inhaltes stattfindet, ist eben dieses Erleben oder Haben zugleich
für mich da. Indem dies Erleben erlebt wird, ist es zugleich
von mir gedacht.
Dies aber scheint ein Ding der Unmöglichkeit.
Ein Erleben
kann nicht gedacht werden, indem, oder in dem Momente, in
welchem es stattfindet. Sondern das Dasein des Erlebens einerseits
und sein Gedachtsein andererseits, das Dasein desselben in mir und
sein Dasein für mich, fallen jederzeit zeitlich auseinander. Oder,
was dasselbe sagt, die LTB41iW3innere
Wahrnehmung ist jederzeit rückschauende
Betrachtung.
Daß es so sein muß, scheint völlig
einleuchtend, wenn wir berücksichtigen,
daß in jedem Bewußtseinserlebnis das Ich steckt, die Betrachtung
eines Bewußtseinserlebnisses also jeder Zeit zugleich, wie
schon oben bemerkt, eine Betrachtung des Ich ist. Diesen Sachverhalt
erkennt man an, indem man die LTB41iW4innere
Wahrnehmung auch
als Selbstwahrnehmung bezeichnet. Man gibt damit implizite zu
verstehen, daß ich nicht mein Empfinden oder mein Haben eines
Empfindungsinhaltes betrachten kann, ohne eben damit mich zu
betrachten; daß ich, um gleich ein anderes Beispiel hinzuzufügen,
ebensowenig einen Akt des Denkens zum Gegenstand meiner [42]
denkenden Betrachtung machen kann, ohne ebendamit mich, der ich
in dem Akte mich betätige, zum Gegenstand meiner Betrachtung
zu machen."
44:"Hiermit nun erscheint die »LTB44iW1innere
Wahrnehmung« im Vergleich mit
der äußeren Wahrnehmung als etwas völlig Eigenartiges.
Das Wort
»Wahrnehmung« scheint in beiden Fällen in völlig
verschiedenem
Sinne genommen. Die LTB44iW2innere Wahrnehmung
scheint vielmehr, wie
schon gesagt, in Parallele zu stehen mit der Erinnerung an sinnlich
Wahrgenommenes. Sie scheint selbst nichts anderes, als eine
Art der Erinnerung. Und diese stellen wir doch sonst der »Wahrnehmung«
entgegen. Und wie es scheint mit allem Recht. Wenn
ich mich einer gesehenen Farbe erinnere, so denke ich sie und halte
sie für wirklich. Aber ich denke sie in einem von dem ehemaligen
Wahrnehmungsbild verschiedenen Vorstellungsbild. Daß wir
dasselbe
Erinnerungsbild nennen, hindert nicht, daß es bloßes Vorstellungsbild
ist."
46: "Indessen die vorhin von uns anerkannte Tatsache weist uns
darauf hin, daß immerhin die Selbstbetrachtung und LTB46iW1innere
Wahrnehmung
noch etwas mehr ist, als bisher zugestanden wurde. Und
bezeichnen wir, wie wir soeben taten, auch die unmittelbare Selbstbetrachtung,
weil auch sie rückschauende Betrachtung ist, als
Erinnerung, so müssen wir sagen: Es ist offenbar die Erinnerung
mehr, als sie nach dem Bisherigen zu sein scheinen könnte."
48: "Und hiermit ist zugleich die LTB48iW1innere
Wahrnehmung erst in ihrem
Wesen erkannt. Und es wird verständlich, wieso sie doch
»Wahrnehmung«
heißen darf. Sie verdient diesen Namen genau in dem
Maße als sie solches sich Versetzen in die Vergangenheit ist,
oder
als sie ein Wiedererleben in sich schließt, oder als das Gedachte
und Betrachtete, eben als Gedachtes und Betrachtetes, zugleich ein
Erlebtes ist."
49: "Die auf LTB49iW1innere Wahrnehmung
zielende Tätigkeit, das rückwärts
gewandte Betrachten der eigenen Bewußtseinserlebnisse, oder des
Ich und seiner Erlebnisse, nennen wir Selbstbeobachtung. Aus dem
Vorstehenden erhellt, daß diese »Selbstbeobachtung«
nicht etwa ihrer
Natur nach zurücksteht hinter der physikalischen Beobachtung,
sondern
ein weiteres Feld und größere Freiheit hat"
51: "Noch ein kurzer Zusatz zur Wirklichkeit der vergangenen Bewußtseinserlebnisse.
Das vergangene Ich, einschließlich seiner Erlebnisse,
welche die LTB51iW1innere Wahrnehmung
mir aufzeigt, ist für mein
Bewußtsein wirklich, ebenso wie die in der sinnlichen Wahrnehmung
gegebenen Gegenstände mir unmittelbar als wirklich sich darstellen.
Doch müssen wir zugleich diese beiden Arten der Wirklichkeit ausdrücklich
unterscheiden. Wir wollen jene ausdrücklich als Wirklichkeit
von Bewußtseinserlebnissen bezeichnen, diese dagegen, wie wir
schon gelegentlich taten, dingliche Realität nennen. Mein
Bewußtsein
der dinglichen Realität eines Gegenstandes besagt, daß
der Gegenstand existiert, unabhängig von meinem, wie von jedem
individuellen Bewußtsein überhaupt. Die Dinge der Außenwelt,
von
welchen mir die sinnliche Wahrnehmung Kunde gibt, würden nach
Aussage meines Bewußtseins existieren, auch wenn ich kein Bewußtsein
von ihnen hätte, noch je gehabt hätte"
Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
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z.B. Inhaltsverzeichnis site:www.sgipt.org. |
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