Teil 2: Beurteilung und Bewertung der Studien-Auswahl-Kriterien der Forschungsgruppe Grawe
Grawe, K.; Donati, R. & Bernauer, F. (1994). Psychotherapie im
Wandel.
Von der Konfession zur Profession. Göttingen: Hogrefe.
bei ihrem direkten Wirkungsvergleich zwischen Psychoanalytischen und kognitiv-behavioralen Verhaltenstherapien zugrunde legten, wurden u. a. auch von
Heckrath, C. & Dohmen, P. (1997). Zu der empirischen Basis der 'hochsignifikanten Überlegenheit’ der kognitiv-behavioralen gegenüber den psychoanalytischen Therapieverfahren. Zeitschrift für psychosomatische Medizin und Psychoanalyse, 43, 2, 179-201
sehr kritisiert.
Zunächst einmal fällt auf, daß diese Kriterien entgegen jedweder elementarer wissenschaftlicher Gepflogenheit nicht erläutert und begründet werden. Sie scheinen irgendwie vom Himmel zu fallen und kein Mensch weiß, warum Grawe et al. genau zu diesen Vergleichs-Kriterien gelangten. Dabei ist die Theorie, was Grawe et al. in ihrer Kriterologie zu leisten hätten, klar: sie müßten darlegen, unter welchen sachlichen Bedingungen zwischen den zu vergleichenden unterschiedlichen Therapieformen ein angemessener und fairer Vergleich möglich wäre und erwartet werden darf. Wie dem Originalscan zu entnehmen ist, findet eine solche Erörterung, Erläuterung und Begründung nicht statt.
"- in denen die Therapiedauer weniger als sechs Stunden betrug"
Psychoanalytische Therapie wie die meisten tiefenpsychologisch fundierten
und orientierten Therapien beruhen methodologisch im Erhebungszeitraum
wesentlich auf der Erzeugung, Pflege und Handhabung der therapeutischen
Beziehung. Der Aufbau einer solchen arbeitsfähigen therapierelevanten
Beziehung kann ohne Probleme bereits den Stundenumfang, den z. B. verhaltenstherapeutische
Therapien insgesamt dauern können, überschreiten. Sofern tatsächlich
psychoanalytische Therapien herangezogen wurden, kann die zulässige
Einbeziehung ab 7 Sitzungen nur ein Therapiesegment aus der Anfangsphase
einer psychoanalytischen Therapie bedeuten. Heckrath und Dohmen ermittelten
eine durchschnittliche Therapiedauer von 19.7 Stunden für die sog.
"psychoanalytischen Therapien".
Schon hieraus folgt, daß dieser Vergleich nicht angemessen und
fair sein kann.
"- in denen die miteinander verglichenen Therapien ohne explizite theoretische Begründung eine unterschiedliche Therapiedauer hatten"
Es ist bekannt, daß psychoanalytische Therapien, die als wesentliches Arbeitsmittel den Aufbau, die Pflege und die Handhabung der therapeutischen Beziehung benutzen, sehr zeitintensiv sind. Man kann aus verschiedenen Gründen ein solches Konzept kritisieren. Man kann aber sicher nicht verlangen, daß solche zeitintensiven Therapien mit Kurzzeittherapieformen verglichen werden können, ohne daß von vorneherein klar ist, wie ein solcher Vergleich ausfallen muß. Die Vorabentscheidung, daß die grundsätzlich unterschiedlichen Therapieformen auf eine gleiche Zeitbasis willkürlich normiert [zum Problem der Normierung] werden, die eine Therapie systematisch bevorteilt - nämlich die Verhaltenstherapie - und eine Therapieform systematisch benachteiligt - die Psychoanalyse - hat mit Wissenschaft, Kompetenz und Fairneß nicht mehr das geringste zu tun, das ist das gleiche Niveau wie die psychoanalytische Propaganda und Diffamierung gegen und alles und jedes, was sie kritisiert und in Frage stellt.