Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=14.02.2023 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 05.10.24
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie,
    Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis bei Hubert Rohracher (1903-1972)


    Mit freundlicher Genehmigung der Universität Wien

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Methode der Fundstellen-Textanalyse * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis * Signierungssystem * Zusammenfassung Hauptseite * Begriffscontainer (Containerbegriff)



    Die Arbeitsweise des Gehirns und die psychischen Vorgänge (Kürzel RA)
    Rohracher, Hubert (1967) Die Arbeitsweise des Gehirns und die psychischen Vorgänge. München: Barth.
    Die im  Inhaltsverzeichnis  verlinkten Kapitel wurden nach Fundstellen erleben, erlebt, Erlebnis ausgewertet und dokumentiert.

    Zusammenfassung-Gesamtwerk Die Arbeitsweise des Gehirns
    Auch nach über 50 Jahren immer noch ein grundlegendes und wichtiges Werk. Einige Passagen hat Rohracher in seine Einführung in die Psychologie, übernommen, die sein Schüler Birbaumer nach seinem Tode 1972 in die vielen späteren Auflagen - mir liegt die 13. von 1988 vor - übernommen hat. Hieraus ist der Schluss ziehen, dass Rohracher seine 1967 mitgeteilten Grundüberzeugungen zu Erleben und Erlebnis beibehalten hat.
    Fundstellen Gesamtwerk: erleben 202, erlebt 36, Erlebnis 182, also e=238, E=182..
     

      Zusammenfassung-Einleitung:
        Rohracher hebt gleich zu Beginn höchst erfreulich die Bedeutung klarer Begriffe hervor, bestätigt damit Aristoteles, und definiert eine  Seite weiter  auch das Erleben durch einige wichtige  Dimensionen. Die Behauptung, dass Erleben und bewusstes Erleben (RAE10e2.4) dasselbe seien, ist in seiner Apodiktik falsch, weil das eine Frage der Definition ist, die nicht wahr oder falsch, sondern nur mehr oder weniger zweckangemessen ist. Man kann das so handhaben, aber dann darf man es nicht als empirisch gesicherten Sachverhalt ausgeben, sondern muss sagen, dass man eine solche Definition aus den und den Gründen verwendet.
      Zusammenfassung-Vorgänge:
        0. Fundstellen: Erleben 11 = (19 - Titel - Kopfzeilen 52, 54, 58, 60, 62, 64, 68); erlebt 2; Erlebnis 24
        1. "Die Erregung ist der Grundvorgang des nervösen Geschehens. Nicht nur jedes bewußte RAV50e2.2Erleben hat in Erregungsprozessen seine Grundlage, ..."
        2. "Die meisten Menschen verbringen den ganzen Tag bei wachem Bewußtsein. ...
            »Ununterbrochen« verläuft dieses Geschehen allerdings nicht. Der scheinbar kontinuierliche RAV58E2.1Erlebnisablauf besteht in Wahrheit aus einem ständigen Wechsel von Aktivität und Passivität. ..."
        Als Beweis führt er auf S. 59 an: "... Der Wiener Ohrenarzt V. Urbantschitsch hat dies schon im Jahre 1875 mit einem einfachen Experiment nachgewiesen: er hielt eine Taschenuhr so weit vom Ohr seiner Patienten, daß sie das Ticken gerade noch hören konnten, aber sie hörten es nicht ununterbrochen, sondern bald deutlich, bald überhaupt nicht. ..."
      Zusammenfassung-2-Theorien.
        0. Fundstellen: Erleben 39 = (49 - Titel - Kopfzeilen 179, 180, 182, 184, 186, 188, 190, 192, 194); erlebt 2; Erlebnis 24.
        1. Rohracher stellt in letzten Kapitel zwei Theorien des Erlebens vor und erörtert diese, ohne sich für eine zu entscheiden:
        1a) Theorie der letzten Wirkung: "Die erste Denkmöglichkeit über die Beziehungen zwischen Hirnvorgängen und bewußtem RAT180.e2.1Erleben läßt sich sehr kurz formulieren: Das bewußte  RAT180.e2.2Erleben ist die letzte Wirkung des organischen Geschehens, die selbst keinerlei weitere Wirkungen ausübt.[FN 75]"
        1b) Theorie »vis extrinseca« (äußere Kraft): "... überhaupt alle RAT188E2.2Erlebnisse sind etwas ganz anderes als elektrische Entladungen oder molekulare Strukturveränderungen; sie sind etwas Neues, im Bereich des materiellen Geschehens niemals Vorkommendes und auch aus organischen Lebensprozessen nicht Erklärbares. ... Gehirnvorgänge allein können nichts Psychisches hervorbringen; sie sind zwar eine notwendige, aber keine ausreichende Bedingung für bewußtes RAT189e2.1Erleben — es muß noch etwas anderes da sein, damit das immaterielle, geistige Leben entsteht.
        ... Die »vis extrinseca« muß  1. immateriell sein (d. h. sie besteht nicht aus Atomen und Molekülen oder elektrischen und magnetischen Feldern, daher ist sie mit den Mitteln der Physik auch nicht nachweisbar); 2. sie muß überall vorhanden sein, denn es ist bisher kein Ort bekannt geworden, wo bei Vorhandensein eines gesunden Gehirns keine bewußten RAT189E2.2Erlebnisse auftreten (also eine »kosmische Kraft«, die auch im Weltraum besteht, soweit er bisher von Menschen erreicht wurde), und sie ist eine alles durchdringende Kraft, für die es keine materiellen Hindernisse gibt; 3. sie ist eine allgemeine (nicht-individuelle) Kraft, die auf alle lebenden Gehirne von Mensch und Tier in gleicher Weise wirkt (die psychischen Unterschiede sind aus den Unterschieden im Aufbau der Gehirne ausreichend erklärbar); 4. sie ist eine gleichbleibende, unveränderliche Kraft (alle Veränderungen des bewußten RAT189e2.3Erlebens, auch die geistigen Erkrankungen, kommen ausschließlich durch Veränderungen im Hirngeschehen zustande).""
            Rohracher konnte sich zwischen den beiden Theorien nicht entscheiden. Ich denke, sie sind beide falsch. Sobald man die Mystik der Immaterialilität des Geistes und des Erlebens aufgibt, etwa durch Annahme der  Identitaetstheorie  von Leib-Seele-Geist, verschwinden die prinzipiellen Probleme.
    _
      Inhaltsverzeichnis
      Einleitung  9
      Aufbau und Feinstruktur des Gehirns 20
        1. Die Lage des Gehirns im Schädel 20
        2. Die Ganglienzellen und Nervenfasern 25
        3. Funktionale Gliederung des Gehirns 34
        4. Neuhirn und Urhirn 38
      Die Vorgänge im Gehirn während des bewußten Erlebens 50
        1. Erregung und Erregungsleitung  50
        2. Elektrizität der Ganglienzelle 54
        3. Stoffwechsel des Gehirns 58
        4. Entstehung des Bewußtseins 63
      Theorie der spezifischen Erregungen« 70
        1. Argumente für Erregungs-Spezifität 70
        2. Entstehung von Erregungs-Konstellationen 76
      Gehirntheorie des psychischen Geschehens 86
        1. Theorie des Gedächtnisses 87
        2. Theorie des Denkens 113
      Gehirn und Persönlichkeit  127
        1. Die Anlage 127
        2. Die Umwelt 137
        3. Gehirn und Erziehung 146
      Urhirnkomponenten des Erlebens 150
        1. Argumente für »Urhirn-Bewußtsein« 150
        2. Vegetative Reaktionen 156
        3. Theorie des sogenannten »Unbewußten« 164
      Theorien des bewußten Erlebens 178
        1. Theorie der letzten Wirkung 180
        2. »vis-extrinseca«-Theorie  188
      Anmerkungen und Literaturhinweise 195

      Namenverzeichnis - 202
      Sachverzeichnis 204




    Signierungssystem (Quelle)
     
    e <  Erleben      Differenzierung     > Erlebnis E
    e0
    wach, erlebnisfähig
    E0
    e1
    dabei, zugegen, Zeuge
    E1
    e2
    innere Wahrnehmung
    E2
    e3
    besonderes 
    E3
    er
    reines Erleben, Erlebnis
    Er
    epr
    praktisch reines Erleben, Erlebnis
    Epr
    es
    spezielles
    Es
    e?
    unklar
    E?



    Einleitung (Kürzel RAE)

    Zusammenfassung-Einleitung: Rohracher hebt gleich zu Beginn höchst erfreulich die Bedeutung klarer Begriffe hervor, bestätigt damit  Aristoteles, und definiert eine  Seite weiter  auch das Erleben durch einige wichtige Dimensionen. Die Behauptung, dass Erleben und bewusstes Erleben (RAE10.e2.4) dasselbe seien, ist in seiner Apodiktik falsch, weil das eine Frage der Definition ist, die nicht wahr oder falsch, sondern nur mehr oder weniger zweckangemessen ist. Man kann das so handhaben, aber dann darf man es nicht als empirisch gesicherten Sachverhalt ausgeben, sondern muss sagen, dass man eine solche Definition verwendet.

    RAE9: "In einem Buche, das die Beziehungen zwischen den bewußten RAE9.E2.1Erlebnissen des Menschen und den Vorgängen in seinem Gehirn behandelt, muß von Anfang an mit größter Sorgfalt darauf geachtet werden, daß über die dabei verwendeten Begriffe volle Klarheit bestehe. Dazu sind einige Ausführungen allgemeiner Art nötig."

    RAE10.1-10: "... Das entscheidende, wesentliche Merkmal besteht in der Eigenart des RAE10e2.1Erlebens, die nur mit dem Wort »bewußt« zum Ausdruck gebracht werden kann, in der Tatsache, daß man vom eigenen RAE10e2.2Erleben weiß, daß man es spürt, daß man davon immer Kenntnis hat, kurz, daß man es »RAE10e2.3erlebt«. »RAE10e2.4Erleben« und »bewußtes RAE10e2.4Erleben« ist dasselbe - es gibt kein RAE10e2.5Erleben ohne Bewußtsein. »Bewußtsein« läßt sich nicht definieren oder beschreiben, es gibt keinen Oberbegriff, unter den man es subsumieren, und keine Nebenbegriffe, mit deren Hilfe man es präzisieren könnte. Diese logische Unbestimmbarkeit der Begriffe »Bewußtsein« und »RAE10e2.6Erleben« wird aber ausgeglichen durch die Tatsache, daß jeder Mensch aus seiner eigenen unmittelbaren Erfahrung genau weiß, was diese Worte bedeuten. Das Lesen dieser Zeilen und das Verstehen ihres Sinnes ist ebenso bewußtes RAE10e2.7Erleben wie die WahrnehmungI12 der Dinge in unserer Umgebung oder das WissenI17 von unserer eigenen Person. Alles, was wir sehenA01, hörenA02, tastenA05, riechenA03 und schmeckenA04, alles DenkenI07 FühlenI05 und WollenI02, alle unsere TriebregungenI02, LeidenschaftenI02 und InteressenI10 sind bewußte RAE10E2.1Erlebnisse, zu denen beim kultivierten Menschen noch die komplizierten Vorgänge kommen, die sich aus der Stellungnahme zu sich selbst und zu den eigenen Verhaltensweisen ergeben - die SelbstkritikI14 und SelbstbeherrschungI22, die ethischenI05,I14, religiösenI05,I14 und ästhetischenI05,I14 Gefühle und alle RAE10E2.2Erlebnisse, die aus dem Zusammenleben mit anderen Menschen entstehen - LiebeI05 und HaßI05, SorgeI05 und AngstI05, SehnsuchtI05 und FreudeI05."



    Die Vorgänge im Gehirn während des bewußten Erlebens (Kürzel RAV)

    Zusammenfassung-Vorgänge
    0. Fundstellen: Erleben 11 = (19 - Titel - Kopfzeilen 52, 54, 58, 60, 62, 64, 68); erlebt 2; Erlebnis 24
    1. "Die Erregung ist der Grundvorgang des nervösen Geschehens. Nicht nur jedes bewußte RAV50e2.2Erleben hat in Erregungsprozessen seine Grundlage, ..."
    2. "Die meisten Menschen verbringen den ganzen Tag bei wachem Bewußtsein. ...
        »Ununterbrochen« verläuft dieses Geschehen allerdings nicht. Der scheinbar kontinuierliche RAV58E2.1Erlebnisablauf besteht in Wahrheit aus einem ständigen Wechsel von Aktivität und Passivität. ..."
    Als Beweis führt er auf S. 59 an: "... Der Wiener Ohrenarzt V. Urbantschitsch hat dies schon im Jahre 1875 mit einem einfachen Experiment nachgewiesen: er hielt eine Taschenuhr so weit vom Ohr seiner Patienten, daß sie das Ticken gerade noch hören konnten, aber sie hörten es nicht ununterbrochen, sondern bald deutlich, bald überhaupt nicht. ..."
     

    Fundstellen-Vorgänge-im-Kontext

    RAV50.1-2: "Was geschieht in unserem Gehirn, wenn wir etwas RAV50e2.1erleben? Was geschieht im Gehirn des Lesers, wenn er diese Zeilen, ein Wort nach dem anderen, liest und schließlich den Sinn des gelesenen Satzes versteht? In allgemeiner Form läßt sich diese Frage klar und sicher beantworten: in den Ganglienzellen und Nervenfasern der Hirnrinde finden millionenfache elektrische Entladungen statt, und zugleich laufen unübersehbar vielfältige chemische Reaktionen ab. Diese Prozesse bezeichnet man als »Erregungen«.
        Die Erregung ist der Grundvorgang des nervösen Geschehens. Nicht nur jedes bewußte RAV50e2.2Erleben hat in Erregungsprozessen seine Grundlage, ..."

    RAV51.1-2: "... Die folgende Darstellung kann nur einen oberflächlichen Eindruck von den Prozessen der Nervenleitung vermitteln, andererseits kann man die theoretischen Ausführungen über die Grundlagen des bewußten RAV50e2.1Erlebens aber auch verstehen, wenn man die chemischen und elektrischen Einzelheiten des Leitungsvorganges nicht genau kennt. Das Prinzip dieses Vorganges - sprunghafte Erregungs-Fortpflanzung durch aufeinanderfolgende Entladungen hoher Spannungen - muß man aber verstanden haben, um ein einigermaßen richtiges Bild des Hirngeschehens während des bewußten RAV50e2.2Erlebens zu bekommen."

    RAV58.1-4:     "Die meisten Menschen verbringen den ganzen Tag bei wachem Bewußtsein. ...
        »Ununterbrochen« verläuft dieses Geschehen allerdings nicht. Der scheinbar kontinuierliche RAV58E2.1Erlebnisablauf besteht in Wahrheit aus einem ständigen Wechsel von Aktivität und Passivität. Die Psychologie bezeichnet diese [>59] Tatsache als »Aufmerksamkeitsschwankungen«: das Steigen, und Sinken des Bewußtseinsgrades von höchster Klarheit und Wachheit zu voller Bewußtlosigkeit. Diese Ausdrucksweise ist nicht übertrieben: in unserem bewußten RAV59e2.1Erleben gibt es immer wieder ganz kurze Phasen, in denen unser Bewußtsein schwindet, so daß wir nichts von den Reizen wahrnehmen, die auf unsere Sinne wirken. Der Wiener Ohrenarzt V. Urbantschitsch hat dies schon im Jahre 1875 mit einem einfachen Experiment nachgewiesen: er hielt eine Taschenuhr so weit vom Ohr seiner Patienten, daß sie das Ticken gerade noch hören konnten, aber sie hörten es nicht ununterbrochen, sondern bald deutlich, bald überhaupt nicht. Wenn wir am Morgen mit frischen Kräften unsere Arbeit beginnen, bemerken wir nichts von diesen »Aufmerksamkeitswellen«; abends, wenn wir müde sind, erleben wir sie oft sehr deutlich, nicht selten sogar als vollkommenes Aufhören des Bewußtseins für kurze Zeit.
        Von diesen Schwankungen der Bewußtseinsklarheit ist später noch mehr zu sagen,- hier wurden sie nur als Beweis dafür erwähnt, daß der RAV59E2.1Erlebnisablauf nicht kontinuierlich vor sich geht.  ..."
    ...
    Wie bringen es die Ganglienzellen zustande, den ganzen Tag die Erregungen für das bewußte RAV59e2.2Erleben zu produzieren, wenn sie dabei ständig [>60] mit viel Sauerstoff versorgt werden müssen? Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort: Zwischen den Phasen der Erregungsproduktion müssen immer wieder Stoffwechselphasen eingeschoben werden, damit die Zelle funktionsfähig bleibt.

    RAV60: "... und dadurch die Kontinuität des RAV60E2.1Erlebnisablaufes gefährdet wäre. ..."

    RAV61f1-36:  "Man könnte glauben, daß die Stoffwechselprozesse der Ganglienzellen für das bewußte RAV61e2.1Erleben von geringer Bedeutung seien. In Wahrheit spielen sie dabei eine sehr wichtige Rolle, weil die psychischen Vorgänge kontinuierlich RAV61e2.2erlebt werden müssen, damit die Zusammenhänge nicht verloren [>62] gehen; das Erregungsgeschehen verläuft aber nach der skizzierten Hypothese diskontinuierlich, d. h. es wird immer wieder durch Stoffwechselphasen unterbrochen. Da aber solche Unterbrechungen durch kurze Zeiten wegen der Sauerstoffaufnahme unvermeidlich sind, kommt es für den geordneten RAV61E2.1Erlebnisablauf in hohem Grade darauf an, daß die intermittierenden Stoffwechselphasen möglichst günstig verteilt werden, daß sich immer nur gerade jene Zellen in der Stoffwechselphase befinden, deren Erregungen zu diesem Zeitpunkt am wenigsten benötigt werden. Ein gut verteilter Stoffwechsel der Ganglienzellen unserer Hirnrinde ist wahrscheinlich eine entscheidende Voraussetzung für das geordnete Denken. ..."

    RAV63:     "Die physiologische Forschung hat seit ihren Anfängen immer wieder eine Antwort auf die Frage gesucht, auf welche Weise der Schlaf entstehe; man ist dabei über ziemlich unsichere Theorien nicht hinausgekommen. Heute wird das Problem sozusagen umgekehrt behandelt: man fragt sich, auf welche Weise das wache Bewußtsein zustande kommt. Aus der »Schlaf- Forschung« ist eine »Bewußtseins-Forschung« geworden - zweifellos eine richtigere Problemstellung, weil die Leistung des menschlichen Gehirns nicht im Schlafen besteht, sondern in der Erzeugung bewußter RAV63E2.1Erlebnisse. In den letzten Jahrzehnten ist es europäischen und amerikanischen Forschern gelungen, experimentell gut fundierte Ansätze zu einer Theorie des Bewußtseins zu gewinnen.
        Der erste wichtige Befund stammt von dem belgischen Physiologen F. Bremer, der 1935 feststellte, daß eine Katze, bei der man den Hirnstamm knapp unterhalb des Hypothalamus durchschneidet, bewußtlos wird und nicht mehr geweckt werden kann, obwohl sie einige Wochen weiterlebt [RS=Pseudo]. Dieses Resultat wurde mit der Annahme erklärt, daß durch diesen Schnitt alle Sinnesnerven unterbrochen würden, so daß keine Erregungen aus den Sinnesorganen in die Hirnrinde gelangen. Man neigte zu der Annahme, daß Sinneserregungen - zum mindesten die Erregungen aus dem eigenen Körper, also aus der Muskulatur und den inneren Organen - vorhanden sein müßten, damit bewußte RAV63E2.2Erlebnisse entstehen können. Diese Vermutung wurde 1948 durch Experimente des amerikanischen Psychologen D. B. Lindsley widerlegt [FN28], der zeigte, daß die Durchschneidung des Hirnstammes unterhalb des Hypothalamus auch dann zu dauernder Bewußtlosigkeit führt, wenn die Nervenleitungen erhalten bleiben, über welche die Erregungen aus den Sinnesorganen der Haut, der Muskulatur und der inneren Organe in die Hirnrinde fließen; die Katze war dauernd bewußtlos und die Ableitung der Gehirnströme ergab nur die großen langsamen Schlaf-Wellen (Delta-Schwingungen). ..."
     



    Rohracher Theorien des bewussten Erleben (Kürzel RAT)
    Rohracher, Hubert (1967) Theorien des bewußten Erlebens in (178-194) Die Arbeitsweise des Gehirns und die psychischen Vorgänge

    Zusammenfassung-Rohracher-2-Theorien (Kürzel RAT`)
    0. Fundstellen: Erleben 39 = (49 - Titel - Kopfzeilen 179, 180, 182, 184, 186, 188, 190, 192, 194); erlebt 2; Erlebnis 24
    1. Rohracher stellt in letzten Kapitel zwei Theorien des Erlebens vor und erörtert diese, ohne sich für eine zu entscheiden:
    1a) Theorie der letzten Wirkung: "Die erste Denkmöglichkeit über die Beziehungen zwischen Hirnvorgängen und bewußtem RAT180e2.1Erleben läßt sich sehr kurz formulieren:  bewußte  RAT180e2.2Erleben ist die letzte Wirkung des organischen Geschehens, die selbst keinerlei weitere Wirkungen ausübt.[FN75]"
    1b) Theorie »vis extrinseca« (äußere Kraft): "... überhaupt alle RAT188E2.2Erlebnisse sind etwas ganz anderes als elektrische Entladungen oder molekulare Strukturveränderungen; sie sind etwas Neues, im Bereich des materiellen Geschehens niemals Vorkommendes und auch aus organischen Lebensprozessen nicht Erklärbares. ... Gehirnvorgänge allein können nichts Psychisches hervorbringen; sie sind zwar eine notwendige, aber keine ausreichende Bedingung für bewußtes RAT189e2.1Erleben — es muß noch etwas anderes da sein, damit das immaterielle, geistige Leben entsteht. ... Die »vis extrinseca« muß  immateriell sein (d. h. sie besteht nicht aus Atomen und Molekülen oder elektrischen und magnetischen Feldern, daher ist sie mit den Mitteln der Physik auch nicht nachweisbar); ..."
    2. Rohracher konnte sich zwischen den beiden Theorien nicht entscheiden. Ich denke, sie sind beide falsch. Sobald man die Mystik der Immaterialilität des Geistes und des Erlebens aufgibt, etwa durch Annahme der  Identitaetstheorie  von Leib-Seele-Geist, verschwinden die prinzipiellen Probleme.
     

    Fundstellen-im-Kontext-RAT

    RAT179.1:     "Im Folgenden sollen zwei Denkmöglichkeiten über die Beziehung zwischen Gehirnvorgängen und bewußtem RAT179e2.1Erleben besprochen werden, die sich auf Grund der in diesem Buche berichteten Tatsachen ergeben. ..."

    RAT179.2: "... Zu diesem Gefühlsfaktor kommt noch, daß für die Größe des Unterschiedes, der zwischen dem organischen Geschehen im Gehirn und dem bewußten RAT179e2.2Erleben besteht, kein objektives Kriterium vorhanden ist; es hängt von der Persönlichkeit des Menschen ab, wie hoch er die Bedeutung dieses Unterschiedes einschätzt; dadurch wird seine Stellungnahme zu den beiden Theorien entscheidend mitbestimmt."

    RAT179.3:    "Auf die alten Theorien soll im Folgenden nicht eingegangen werden; auf die »Wechselwirkungs-Theorie« deshalb nicht, weil sie zwei Annahmen enthält, die mit der Gehimabhängigkeit des psychischen Geschehens in Widerspruch stehen: sie behauptet, daß die Hirnprozesse das bewußte RAT179e2.3Erleben bewirken (dies widerspricht natürlich nicht der Gehirnabhängigkeit), daß das ...
    RAT179.4:  ... RAT179e2.4Erleben dann selbständig weiterbesteht und auf die Hirnvorgänge zurückwirkt (es kann also das Erregungsgeschehen verändern). ..."
     
    Erörterung der 1. Theorie der letzten Wirkung 180-188

    RAT180.1-10: "Die erste Denkmöglichkeit über die Beziehungen zwischen Hirnvorgängen und bewußtem RAT180.e2.1Erleben läßt sich sehr kurz formulieren: Das bewußte  RAT180.e2.2Erleben ist die letzte Wirkung des organischen Geschehens, die selbst keinerlei weitere Wirkungen ausübt.[FN75]
        Bevor auf die sehr schwerwiegenden Einwände gegen diesen Satz eingegangen wird, sei er an einigen Konsequenzen erläutert; er wird dadurch noch abschreckender als er in der obigen Formulierung schon ist. Wenn das bewußte RAT180.e2.3Erleben die letzte Wirkung des organischen Geschehens darstellt, so kann es aus sich selbst nichts zur Steuerung seines weiteren Verlaufes beitragen. Jede einzelne Phase eines RAT180.E2.1Erlebnisablaufes ist immer »nur« das Ergebnis der zugrunde liegenden Erregungsvorgänge. Nicht das gegenwärtige RAT180.e2.4Erleben ist die Ursache des folgenden RAT180.e2.5Erlebens, sondern der gegenwärtige Hirnvorgang ist die Ursache des folgenden Hirnprozesses, aus dem das nächste RAT180.e2.6Erleben entsteht. Nicht das »Verstehen« einer guten Nachricht ist die Ursache der Freude, sondern die Erregungen, die die Nachricht auslöste, erzeugen weitere Erregungen, die die Ursache der Freude sind. Man könnte meinen, daß eine solche Auffassung eine Variation der alten »Parallelismus-Theorie« sei, nach welcher das Psychische nur auf Psychisches und das Körperliche nur auf Körperliches wirke. Von dieser Lehre unterscheidet sich die »Theorie der letzten Wirkung« durch die Auffassung, daß das Psychische zwar eine Wirkung des Körperlichen darstelle, aber die letzte Wirkung, so daß es nicht auf das Körperliche zurückwirkt, jedoch auch nicht selbst ein neues RAT180.e2.7Erleben hervorbringen kann. Von der »Wechselwirkungs-Lehre« weicht die skizzierte Theorie darin ab, daß sie ausdrücklich keine »Wechsel«wirkung annimmt, sondern Wirkung nur in einer Richtung: vom Gehirnprozeß zum bewußten RAT180.e2.8Erleben, nicht aber umgekehrt. Man kann daher auch sagen: die »Theorie der letzten Wirkung« behauptet eine »einsinnige Kausalität«; Hirnvorgänge sind die Ursache des bewußten RAT180.e2.9Erlebens, dieses selbst ist aber niemals Ursache, weder eines körperlichen noch eines psychischen Geschehens. Oder in anderer Formulierung: das Psychische ist nur Wirkung - eben die letzte Wirkung; mit dem bewußten RAT180.e2.10Erleben hört die Kausalreihe auf, es ist das Endprodukt des organischen Geschehens."

    RAT181.1-3     "Es ist mir bewußt, daß diese Theorie zunächst den Eindruck erwecken muß, sie sei nichts als eine neue Spekulation über den unerkennbaren Zusammenhang zwischen Hirnvorgängen und Seelenleben. Gerade das ist sie aber nicht; über diesen Zusammenhang, sofern man mit ihm die Entstehung des RAT181e2.1Erlebens aus Erregungsvorgängen meint, kann diese Theorie ebensowenig Aufschluß geben wie alle bisherigen Theorien. Nimmt man diesen Zusammenhang als letzte, vorläufig nicht aufklärbare Tatsache, so bleibt noch immer die Frage zu beantworten, welche Stellung dem psychischen Geschehen in der Natur und im Menschen zukommt. Zu dieser Frage behauptet die »Theorie der letzten Wirkung«, daß das bewußte RAT181e2.2Erleben weder selbst weitere RAT181E2.1Erlebnisse hervorbringen noch auf das Gehirn zurückwirken und dort neue »mentale« Erregungen erzeugen kann; sie betrachtet die bewußten Vorgänge und Zustände als das letzte Ergebnis der physikalischen, chemischen und organischen Prozesse, die sich im lebenden Körper abspielen.
    ...
    ... aus dem menschlichen RAT181e2.3Erleben sind nicht nur alle künstlerischen Leistungen hervorgegangen, ..."

    RAT183 "... Damit die Ganglienzelle lebe und funktioniere, müssen diese Atome und Moleküle und Systeme bestimmte Bewegungen ausführen, und aus diesen Bewegungen soll nun auf dem Wege der Erregungsproduktion das bewußte RAT183e2.1Erleben hervorgehen. ..."

    RAT184.1-3: "... Das Leben und das RAT184e2.1bewußte Erleben ergibt sich aus diesem System von selbst; die Art der strukturellen Ordnung veranlaßt die Elemente zu bestimmten Bewegungen, die makroskopisch als die Funktion der Organe in Erscheinung treten. ...
    ...
    ... Unser bewußtes RAT184e2.2Erleben, wir selbst als RAT184e2.3Erlebende - ein Ergebnis des wunderbaren Ineinanderwirkens der Elemente und ihrer inneren Gesetzlichkei-[>185]ten. Diese Auffassung hat etwas Befreiendes und Beruhigendes; sie reiht uns mit allem, was wir sind und tun, in die große Ordnung ein, die dem Lauf des Naturgeschehens zugrunde liegt. Warum soll eine solche Hypothese das Menschliche entwürdigen? Wenn die natürlichen Stoffe sich zu einer Einheit verbinden, aus welcher auf naturgesetzliche Weise das bewußte RAT184e2.4Erleben entsteht, die Einsicht in die Kräfte des Universums, die Erkenntnis seines Schöpfers, edle Gedanken und edle Ausdrucksformen - warum soll alles dies nur deshalb an Größe verlieren, weil es aus geordneter Materie hervorgeht? ..."

    RAT186.1-3:     "Wenn eine Theorie empirisch nicht widerlegt oder logisch als absurd abgelehnt werden kann, so ist sie natürlich deshalb noch lange nicht als richtig bewiesen. Die Argumente, die für die Richtigkeit der skizzierten Auffassung sprechen, sind dürftig; sie bestehen lediglich in ihrem Erklärungswert und in dem Umstand, daß sie die Annahme einer »Rückwirkung« von seelisch-geistigen Vorgängen auf organische Prozesse überflüssig macht. Dadurch ist wenigstens eine der beiden Hauptschwierigkeiten des Leib-Seele-Problems beseitigt: die erste dieser Schwierigkeiten - die Entstehung des bewußten RAT186e2.1Erlebens aus dem Erregungsgeschehen - bleibt weiter bestehen, d. h. sie ist nach wie vor ein unlösbares Problem; die zweite hingegen - die »Rückwirkung« des bewußten RAT186e2.2Erlebens auf die Erregungsvorgänge - fällt weg, sobald man annimmt, daß nicht das Erleben selbst, sondern ausschließlich die ihm zugrunde liegenden Gehirnprozesse weitere Gehirnprozesse und dadurch neue RAT186E2.1Erlebnisse bewirken. "

    RAT186f:1-4 "... Man ist zwar weiterhin zur Annahme gezwungen, daß der bewußte »Zorn« auf unbekannte Weise aus Erregungsvorgängen hervorgeht, aber man braucht nicht mehr anzunehmen, daß der Zorn als solcher, nämlich als psychischer Zustand, durch Einwirkung auf das parasympathische Nervensystem die Blutgefäße des Gesichts erweitert und dadurch den »roten Kopf« erzeugt. Diese Gefäßerweiterung bewirkt nicht der Zorn als bewußtes Erlebnis, sondern die dem Zorngefühl zugrunde liegende Erregungskonstellation; und ebenso erzeugt diese Erregungskonstellation neue Erregungskomplexe, aus denen z.B. [>187]
    das RAT187e2.1Erleben des »Aggressionsdranges« entsteht, d. h. des Triebes, den Menschen, der uns zornig machte, zu beschimpfen. Erregungsprozesse werden nicht durch das psychische Geschehen erzeugt oder beeinflußt, sondern nur durch andere, vorausgegangene Erregungen; was wir dabei RAT187e2.2erleben, ist immer nur ihre Wirkung, nie ihre Ursache.
        Für die Richtigkeit dieser Hypothese spricht eine Folgerung, die sich unmittelbar aus der Gehirnabhängigkeit des Psychischen ergibt. Da alles bewußte RAT187e2.3Erleben von Erregungsvorgängen abhängt, hört es im gleichen Augenblick auf, in welchem die Erregungen aufhören. Nichts bleibt von ihm übrig; es existiert nicht mehr, sobald die Erregungen nicht mehr existieren. ...
    ...
        Was wir gewöhnlich als Wirkung des Psychischen auf den Körper bezeichnen - also das Lachen oder Weinen, der rote Kopf im Zorn oder das Erstarren des Gesichtes im Schreck -, ist nach der früher dargelegten Auffassung eine Wirkung von bestimmten Erregungskonstellationen auf bestimmte subkortikale Zellgruppen, und zwar derselben Erregungskonstellationen, aus denen auch das bewußte RAT187e2.4Erleben des Ereignisses, das uns erzürnt oder erschreckt, hervorgeht. Solche Erregungsprozesse erzeugen sowohl das Gefühl des Zornes wie auch die körperlichen Ausdruckserscheinungen; sie sind die gemeinsame Ursache für beide Wirkungen. Alles Psychische ist dabei selbst immer nur Wirkung, niemals Ursache. ..."

    RAT188: "... Die »Theorie der letzten Wirkung« nimmt an, daß zwischen dem Erregungsgeschehen im Gehirn und dem bewußten RAT188e2.1Erleben eine so enge und feste kausale Beziehung bestehe, daß das letztere in seiner Existenz und in allen seinen Eigenschaften vom ersteren abhänge; sie behauptet aber außerdem, daß dieser Zusammenhang nur in einer Richtung gegeben sei, nämlich in derjenigen vom Physischen zum Psychischen: das bewußte RAT188e2.2Erleben könne nicht auf die Erregungsprozesse wirken oder neue Erregungen erzeugen, weil es selbst von Erregungsvorgängen abhängig sei und ohne diese überhaupt nicht existiere."
     
    2. Erörterung der Theorie vis extrinseca (äußere Kraft) 188-194

    RAT188f1-8:     "Welche Denkmöglichkeiten bestehen für denjenigen, dem die Entstehung der bewußten RAT188E2.1Erlebnisse aus chemischen und elektrischen Vorgängen unmöglich erscheint, der sich einfach nicht vorstellen kann, daß Freude und Begeisterung, Angst und Verzweiflung, das Verantwortungsbewußtsein und das Gewissen des Menschen aus elektrischen und chemischen Prozessen zustandekommen? Sein Standpunkt ist logisch und empirisch nicht zu widerlegen: Freude und Trauer, Verantwortungsgefühl und Gerechtigkeitsdrang, Sehnsucht und Angst, überhaupt alle RAT188E2.2Erlebnisse sind etwas ganz anderes als elektrische Entladungen oder molekulare Strukturveränderungen; sie sind etwas Neues, im Bereich des materiellen Geschehens niemals Vorkommendes und auch aus organischen Lebensprozessen nicht Erklärbares. Freude und Begeisterung, Angst und Verzweiflung, kurz alle Gedanken und Gefühle unterscheiden sich in so hohem Grade von chemischen und elektrischen Vorgängen in den Ganglienzellen, daß man von einer »Wesensverschiedenheit« sprechen kann; es liegen prinzipielle Unterschiede vor, daher kann man die Gehirnvorgänge wohl als eine unerläßliche Voraussetzung des psychischen Geschehens betrachten (dies ist durch Tatsachen unwiderlegbar bewiesen), aber sie sind nicht die einzige Voraussetzung, die erfüllt sein muß, damit bewußtes RAT188e2.1Erleben entsteht; es muß noch etwas [>189] dazukommen. Gehirnvorgänge allein können nichts Psychisches hervorbringen; sie sind zwar eine notwendige, aber keine ausreichende Bedingung für bewußtes RAT189e2.1Erleben — es muß noch etwas anderes da sein, damit das immaterielle, geistige Leben entsteht.

      RS-RAT189e2.1: Woher weiß R., dass das geistige Leben immateriell ist?
        Was ist dieses »Andere«? Mit dem Versuch, diese Frage zu beantworten, überschreitet man die Grenzen der  Naturwissenschaft; es gibt keine Forschungsergebnisse, auf denen man aufbauen könnte, und es gibt keine Methoden, mit deren Hilfe man etwas Sicheres über dieses »andere« erfahren könnte. Trotzdem kann man es niemandem verwehren, sich darüber Gedanken zu machen; und wenn sie logisch und sachlich widerspruchsfrei sind, könnte man sie sogar als naturphilosophische Hypothesen bezeichnen. Dieser Anspruch soll für die folgenden Überlegungen zu der Frage nach zusätzlichen, außer den Erregungen noch notwendigen Voraussetzungen für die Entstehung bewußter RAT189E2.1Erlebnisse aber nicht erhoben werden; denn es gibt darauf nur eine einzige, überaus einfache Antwort: man muß eine neue, von außen wirkende Kraft annehmen, die durch ihren Einfluß auf das Erregungsgeschehen im Gehirn das bewußte RAT189e2.1Erleben hervorbringt. Dieser unbekannten und mit den gegenwärtigen wissenschaftlichen Methoden nicht nachweisbaren Kraft schreibt man dann alle Eigenschaften des menschlichen RAT189e2.2Erlebens zu, die sich aus den elektrochemischen Erregungsprozessen nicht erklären lassen. Auf diese Weise gelingt es sogar, eine Reihe von Eigenschaften festzustellen, die dieser angenommenen »vis ignota extrinseca« — so könnte man die hypothetische Naturkraft bezeichnen — zukommen müssen. Die »vis extrinseca« muß 1. immateriell sein (d. h. sie besteht nicht aus Atomen und Molekülen oder elektrischen und magnetischen Feldern, daher ist sie mit den Mitteln der Physik auch nicht nachweisbar); 2. sie muß überall vorhanden sein, denn es ist bisher kein Ort bekannt geworden, wo bei Vorhandensein eines gesunden Gehirns keine bewußten RAT189E2.2Erlebnisse auftreten (also eine »kosmische Kraft«, die auch im Weltraum besteht, soweit er bisher von Menschen erreicht wurde), und sie ist eine alles durchdringende Kraft, für die es keine materiellen Hindernisse gibt; 3. sie ist eine allgemeine (nicht-individuelle) Kraft, die auf alle lebenden Gehirne von Mensch und Tier in gleicher Weise wirkt (die psychischen Unterschiede sind aus den Unterschieden im Aufbau der Gehirne ausreichend erklärbar); 4. sie ist eine gleichbleibende, unveränderliche Kraft (alle Veränderungen des bewußten RAT189e2.3Erlebens, auch die geistigen Erkrankungen, kommen ausschließlich durch Veränderungen im Hirngeschehen zustande)."

    Ende Rohracher Zwei Theorien des Erlebens



    Rohracher Einführung in die Psychologie 1988
    Rohracher, Hubert (1988) Einführung in die Psychologie. 13. A. Weinheim: Beltz.

    Zusammenfassung-Rohracher-1988:
    Viele Formulierungen, teils wörtlich, zum Erleben und zu den Erlebnisse finden sich bereits in der 1967 veröffentlichten Arbeit  Die Arbeitsweise des Gehirn und die psychischen Vorgänge. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass Rohracher seine 1967 mitgeteilten Grundüberzeugungen zu Erleben und Erlebnis beibehalten hat.

    Fundstellen
        Im Sachregister:

    • Erlebnis, Merkmale 1ff
    • Erlebnis-Experiment 85, 88
    • Erlebnis-Psychologie 3, 80, 315,319
    • Erlebnis-Zerfall  324






    Literatur (Auswahl)
     
    • Rohracher, Hubert (1926) Persönlichkeit und Schicksal. Wien: Braumüller
    • Rohracher, Hubert (1934) Kleine Einführung in die Charakterkunde. Berlin, Leipzig: Teubner
    • Rohracher, Hubert (1938) Weitere Untersuchungen über die Kurvenform cerebraler Potentialschwankungen. Pflüger's Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere 240, 191–196.
    • Rohracher, Hubert (1939) Die Vorgänge im Gehirn und das geistige Leben. Leipzig: Barth.
    • Rohracher, Hubert (1942) Die elektrischen Vorgänge im menschlichen Gehirn. Leipzig: Barth.
    • Rohracher, Hubert (...) Einführung in die Psychologie
      • Rohracher, Hubert (1946) Einführung in die Psychologie. 1. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1947) Einführung in die Psychologie. 2. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1948) Einführung in die Psychologie. 3. unveränd.  Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • 4. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1953) Einführung in die Psychologie. 5. durchgeseh. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1958) Einführung in die Psychologie. 6. umgearb. und erw. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1960) Einführung in die Psychologie. 7. durchgeseh. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1960) Einführung in die Psychologie. 8. umgearb. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1965) Einführung in die Psychologie. 9. unveränd.  Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1971) Einführung in die Psychologie. 10. Auflage Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1976) Einführung in die Psychologie. 11. A. Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1984) Einführung in die Psychologie. 12. A. Wien: Urban & Schwarzenberg.
      • Rohracher, Hubert (1988) Einführung in die Psychologie. 13. neu ausgest. A. Weinheim: Beltz.
    • Rohracher, Hubert (1953) Die Arbeitsweise des Gehirns und die psychischen Vorgänge. (3., völlig umgearb. u. erw. Aufl. von: Die Vorgänge im Gehirn und das geistige Leben). München: Barth
    • Rohracher, Hubert (1956) Experimentelle und statistische Beiträge zur psychologischen Unfallforschung. Wien: Rohrer
    • Rohracher, Hubert (1961) Regelprozesse im psychischen Geschehen. Graz: Böhlau
    • Rohracher, Hubert (1967) Die Arbeitsweise des Gehirns und die psychischen Vorgänge. München: Barth.
    • Rohracher, Hubert &  Inanaga, K. (1969) Die Mikrovibration. Ihre biologische Funktion und ihre klinisch-diagnostische Bedeutung. Bern: Huber.


    _
    Bösel, Rainer (2006) Das Gehirn: Ein Lehrbuch der funktionellen Anatomie für die Psychologie. Stuttgart: Kohlhammer.
    S.? [in GB nicht angezeigt] "Hubert Rohracher (1903-1972) entwarf 1967 explizit die These, dass das bewusste Erleben nicht neue Erregungen erzeugen könne, weil es selbst von Erregung abhängt. Dem widersprachen Popper & Eccles (1977), indem sie eine „downward ..."



    Links (Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    vis extrinseca  äußere Kraft.
    __

    Querverweise
    Standort: Erleben und Erlebnis bei Hubert Rohracher.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Inhaltsverzeichnis site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis bei Hubert Rohracher. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/Rohracher.htm

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    05.10.24    Korrigiert E=182 statt 184.
    14.02.23    irs: Rechtschreibprüfung und gelesen.
    13.02.23    Zusammenfassungen.
    12.02.23    Fundstellensignierungen,
    11.02.23    Grundstellenauswertungen.
    17.12.22    Angelegt

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