Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=00.12.2022 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: tt.mm.jj
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erlebnisregister
    Erleben und Erlebnis der Zeit

    von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis





    Editorial
    Zeit ist ein bedeutendes Thema des täglichen Lebens und der Wissenschaft und es gibt eine kaum übersehbare Literatur. Das Zeiterleben spielt aber meist keine Rolle. Auf dieser Seite geht es aber genau darum: um das subjektive Erleben oder Erlebnis der Zeit, also z.B. um Begriffe wie Zeiterleben im Alltag. Hier gibt es releativ wenige Spezifizierungen, die das Erleben selbst betreffen.
    Zeit und Raum ist der grundlegende Rahmen für das Leben und Erleben. Wir leben und erleben immer an einem Ort und immer in einer Zeit. Wir haben aber keinen Sinn für die Zeit und können die Zeit nicht direkt wahrnehmen. Was ist die Zeit? E.P. Fischer zitiert Einstein: Einstein: "Zeit ist, was man an der Uhr abliest", wobei "bewegte Uhren langsamer gehen". Wir erleben Ereignisse und Geschehen, aber keine Zeit. Fraisse (1966), S. 672 sagt: "Die erlebte Zeit ist immer die Zeit eines Erlebnisses von Veränderungen." Demnach konstruieren wir uns die erlebte Zeit aus Veränderungen von Ereignissen und Geschehnissen.
     



    Zeiterleben in der psychologischen und psychopathologischen Literatur

    Zeitbegriffe: Freizeit, Arbeitszeit, Teilzeit,  Tageszeit, Dauer, kurze, lange Zeit, Zeitvergehen, wie im Flug, Kurzweil, Zeitstillstand, Langeweile, keine Zeit haben; unruhige Zeiten, turbulente Zeiten, aufregende Zeiten, trübe Zeiten, trostlose Zeiten, gute Zeiten, schlechte Zeiten, Zeitraffer, Zeitlupe, Zeitdehnung, Leere, ; Lauf der Zeit, Zeitlauf, Jugendzeit, ...

    Wendungen: es hat jetzt gedauert; das hat lange gedauert; das ging schnell; keine gute Zeit; ein ungünstiger Zeitpunkt; kommt Zeit kommt Rat; die Zeit heilt alle Wunden; keine Zeit haben; alle Zeit der Welt haben; Zeit ist Geld; das Rad der Zeit; es nagt an der Zeit, der Termin ist nicht zu halten;



    Zusammenfassung-Fraisse-HBdP-Zeitstrecken >Hauptbedeutungen der Indizes. [von Quelle]
    Fraisse, Paul (1966) Zeit in Handbuch der Psychologie Wahrnehmung und Bewußtsein.

    e := erleben 3 Erwähnungen erlebt2, nicht erklärt; E := Erlebnis 1.

    672 (Fraisse): "Unsere Schätzungen, selbst die gröbsten, sind offenbar nur auf einer Grundlage möglich, die von den vom Menschen erfaßten laufenden. Änderungen geliefert wird. Die FrHBe1erlebte2 Zeit ist immer die Zeit eines FrHBE1Erlebnisses von Veränderungen.

    675 (Fraisse): "Aber wie soll man sich diesen Einfluß des Niveaus erklären? Es wirken scheinbar zwei Faktoren mit. Der eine dürfte affektiver Art sein: je höher das Aktivierungsniveau ist (ohne die Versuchsperson zu überfordern), desto intessanter ist die Aufgabe. Wir werden später sehen, daß die Zeit um so kürzer erscheint, je größer das Interesse für eine Aufgabe ist. Der andere Faktor hängt mit dem spezifischen Niveau der Aufgabe selbst zusammen. Im gemeinen werden die Aufgaben, welche einem höheren Aktivierungsniveau entsprechen, weniger aufgeteilt, so daß um so weniger Schritte zu einem Endergebnis führen (eine Handlung vollziehen, eine Lösiung finden). Mit anderen Worten:
    Die Versuchsperson FrHBe2erlebt2 mehr einzelne Veränderungen bei Tätigkeiten von niedrigem Niveau als bei solchen von hohem Niveau. Man kann ebenso sagen, daß die Aufgabe subjektiv um so kürzer erscheint, je einheitlicher sie ist. Harton (1939) hat dieses Gesetz unmittelbar geprüft. Die Versuchspersonen mußten einerseits die Dauer einer Aufgabe von starker Einheitlichkeit schätzen: ein ziemlich schwieriges sprachliches Labyrinth lernen; andererseits eine stärker zergliederte Aufgabe: mehrere kleine Labyrinthe des gleichen Typs lernen. Die Gesamtdauer jeder Aufgabe war dieselbe, aber sie wurde mit 305 s im Fall eines einzigen Labyrinths und mit 444 s im Falle mehrerer Labyrinthe geschätzt."

    679 (Fraisse): "Wenn die Zeit mir lang wird, achte ich auf alle Schritte, die mich vom Ende der gegenwärtigen Zeit trennen, und die FrHBe3erlebte2 Häufigkeit der Schritte wird groß. Wird mir auf der anderen Seite die Zeit nicht lang, so [>680] nimmt mich eine einzige Tätigkweit ganz in Anspruchderen einzelne Schritte mehr oder weniger miteinander verschmelzen. ..."
     
     



    Toman, Walter  (1971c) Zeiterleben und Motivationsabläufe. Psychol. Rundschau, 22, p. 38-41.

    Zusammenfassung-Toman-1971c:   In dem nur gut 3 Seiten Text gibt es 11 Fundstellen im Text (insgesamt 16 mit Titel und Kopfzeilen). Zeiterleben nach der Dauer hängt bei Toman davon ab, wie viel Zeit seit der letzten Motivbefriedigung vergangen ist. Erinnern, behalten können und Zeiterleben hängen von der Motivintensitätsgröße K  ab (hohe Werte => Bedürftikeit, Stress, niedrige Werte => Befriedigung, Entspannung, Langeweile). Befriedigte erinnern und behalten mehr, haben in Tomans Modell mehr von der Zeit. Das Zeiterleben selbst wird nicht näher erörtert, auch nicht durch Querverweise, Fußnote oder Anmerkung; Toman gibt zwar Literaturhinweise, aber keine spezifischen zum Zeiterleben.

        Fundstellen Zeiterleben, erleben der Zeit, erlebte Zeit im Kontext:
     

      S.38.1-5: "... Für den Psychologen erhebt sich die Frage, ob TZ1Zeiterleben und
      der Zeitsinn des Menschen der Uhr oder bestimmten objektiven Ereignisfolgen
      in seiner Umgebung entsprechen oder in gesetzmäßiger Weise davon
      abweichen."
          Eine andere Gruppe von Untersuchungen befaßte sich mit der mehr
      phänomenologischen und qualitativen Beschreibung von TZ2Zeiterlebnissen im
      allgemeinen. Fragen nach der Zukunftsorientierung von Personen, nach der
      Spanne, über die hinweg zukünftige Ereignisse von verschiedenen Personengruppen
      antizipiert werden, nach der Leistungsmotiviertheit, der Hoffnung
      auf Erfolg und der Furcht vor Mißerfolg als Determinanten dieser
      Zukunftsorientierung wurden von M c C l e l l a n d (1953, 1961) und
      H e c k h a u s e n (1959) behandelt. Hochmotivierte TZ3erlebten die Zeit als
      etwas Dynamisches, rasch Bewegtes, Niedrigmotivierte als etwas naturhaft
      Ruhendes. Erfolgsmotivierte lassen sich von der Zeit als dynamisches
      Prinzip tragen, Mißerfolgsmotivierte fühlen sich der Zeit schicksalhaft ausgeliefert.
      N u 11 i n (1964) nennt Motivation die Quelle der zukunftsbezogenen
      Zeitperspektive. Sie ist nach ihm motivationaler Raum.
          Auch diese Untersuchungen klären offenbar nicht relevant genug, was
      man vom TZ4Zeiterleben des Menschen halten soll und welchem Modell es
      sich am ehesten fügt.
          In dieser Lage möchte ich versuchen, die „leads" aufzugreifen und ein
      Motivationsmodell, über das ich erstmalig 1957 referiert habe und das
      1967 und 1968 ausführlicher dargelegt wurde, kurz auf seine Tauglichkeit
      zur Erfassung des TZ5Zeiterlebens des Menschen zu prüfen."

          S.39: "... Wenn ein Mensch
      A gewohnt ist, alle zwei Stunden zu essen, wäre er nach einer Stunde
      etwa so hungrig wie ein Mensch B, der alle 4 Stunden zu essen gewohnt
      ist und vor 2 Stunden das letzte Mal gegessen hat. Auf Komplikationen
      wie Ausmaß der Mahlzeit, Art der Gerichte, gleichzeitige Befriedigung
      anderer Motive, wie etwa in angenehmer Gesellschaft zu sein etc., sowie
      auf die partielle Substituierbarkeit von Motivbefriedigungen sei hier nicht
      eingegangen. Man könnte aber sagen, daß dem Menschen A in bezug
      auf das Essen die (subjektive) Zeit doppelt so rasch vergeht wie dem
      Menschen B. Die tatsächlichen Befriedigungen der Eßbedürfnisse dieser
      beiden Menschen werden per definitionem ebensooft über wie unter dem
      Mittelwert der Intervalle zwischen aufeinanderfolgenden Befriedigungen
      liegen. Eine Überschreitung des jeweils größten der bisher TZ6erlebten Intervalle
      wurde in diesem Modell als Beginn eines Angst-Aggressionszustandes
      definiert, und auch dieser wird bei Person A vermutlich früher erreicht als
      bei Person B." [>40]

          S.40.1-3: "Der Person A vergeht dann unter diesen auferlegten Bedingungen die
      (objektive) Zeit zu langsam. Der Betreffende möchte, daß früher schon
      wieder Essenszeit, Schlafenszeit, Sozialkontaktzeit, Bewegungszeit usw.
      wäre. Der Person B vergeht die (objektive) Zeit zu rasch; ihre gewohnten
      Befriedigungsrhythmen sind langsamer als die ihr auferlegten. Sie ist nicht
      ausgelastet.
          Dies wird einleuchtender, wenn man dem referierten Modell folgt und
      eine inverse Beziehung zwischen K und dem Ausmaß an gleichzeitiger
      Aufnahme und Speicherung von Daten über die Situationen der Befriedigung
      annimmt (T o m a n  1960, 1968, D i e t z 1969). Je geringer K, desto
      mehr wird über die jeweilige Situation behalten. Je höher K, desto
      weniger wird über die jeweilige Situation behalten, auch wenn die betreffende
      Person mehr als sonst über die für das dringlichste, intensivste
      Motiv relevanten Daten als über andere Daten behält. Danach würde
      Person A, die sich in einem erhöhten Deprivationszustand, unter einem
      K > 1 befindet, weniger über die Situation behalten als B. Person B dagegen,
      die sich in einem vergleichsweise zu geringen Deprivationszustand
      befindet, würde mehr über die Situation behalten als Person A.

      "Alles hängt nun davon ab, was an zu Behaltendem angeboten wird.
      Wenn viel Lernbares da ist und ein gewisses Maß sogar behalten werden
      soll, dann wird die Person A zu wenig davon aufnehmen und sich nachher
      an zu wenig erinnern. Ihr kommen die Befriedigungen zu langsam. Sie
      lassen zu lange auf sich warten. Person A nimmt dadurch zu wenig Daten
      auf, sie merkt sich zu wenige Einzelheiten. So wird ihr im subjektiven
      TZ7Erlebnis die Zeit zu kurz. Sie fühlt sich ungeduldig und unter Druck.
      Sie kann sich nachher an weniger erinnern.
          Person B kommen die Befriedigungen zu rasch, sie ist in einem geringeren
      Deprivations- oder Bedürfniszustand, sie kann daher vergleichsweise
      besonders viel behalten, sich nachher an viel erinnern und TZ8erlebt die Zeit
      subjektiv sowohl im aktuellen TZ9Erlebnis wie in der Erinnerung als lang.
          Rauschgifte verlängern angeblich den zeitlichen Moment. Die zeitliche
      Unterschiedsschwelle zwischen zwei aufeinanderfolgenden Reizen wird
      größer. Dadurch wird eine gegebene Zeitstrecke kürzer TZ10erlebt als sie ist.
      Die Zeit verfliegt scheinbar. Da die Schätzung der Zeitstrecke erst nach
      ihrem Ablauf erfolgt, würde das bedeuten, daß sich der Betreffende an
      weniger erinnern kann, als er in der gleichen Zeit im nüchternen Zustand
      erinnern würde. In dieser Hinsicht wäre der Berauschte dem Deprivierten,
      Überforderten ähnlich. Er fühlt sich allerdings nicht depriviert und überfordert.
      Darin unterscheidet er sich von seinem nüchternen Zustand der
      Überforderung, der ihn ja meist erst zum Rauschgift getrieben hat.

         S.41: "In der Senilität wird fast nichts mehr Neues aufgenommen. Die
      Zeit wird nicht nur nicht mehr als zunehmend länger TZ11erlebt als in den
      Entwicklungsjahren, sondern sie verkürzt sich subjektiv immer mehr. Aus
      dem Menschen B wird ein immer stärker überforderter Mensch A, der unter
      Druck und voller Ungeduld leben würde, wenn ihm die Umwelt nicht ihre
      Anforderungen fortlaufend ermäßigte. Selbst das hilft zuletzt nichts mehr.
      Der Zeitbegriff geht, wie es manchmal deutlich beobachtet werden kann,
      zuletzt soweit verloren, daß der Betreffende einem wenige Wochen alten
      Kind gleicht."
       


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    Literatur (Auswahl)
    • Benussi, Vittorio (1913) Psychologie der Zeitauffassung. Heidelberg: Carl Winter's Universitäsbuchhandlung.
    • Fraisse, Paul  () Über die Zeitwahrnehmung
    • Fraisse, Paul (1985) Psychologie der Zeit. München: Reinhardt. [Im Sachregister kein Eintrag Erleben oder Zeiterleben]
    • Keller, Hans (1932) Die Psychologie des Zukunftsbewußtseins. Zschr Psychol 124, 1932, S. 212, Heft 2,  97-111. Halterlebnis S. 101
    • Toman, Walter  (1971c) Zeiterleben und Motivationsabläufe. Psychol. Rundschau, 22, p. 38-41. 11 Fundstellen im Text (insgesamt 16 mit Titel und Kopfzeilen):
    • Vetter, August (1934) Die Formung des Erlebens in der Zeit. Neue Psychologische Studien. Zwölfter Band. München: C.H.Beck
    • Wittmann, Marc  (2014) Gefühlte Zeit - Kleine Psychologie des Zeitempfindens. München: Beck.



    Links(Auswahl: beachte)
    • Die Zeit als Variable, Zeitdiagramme, Zeitreihenanalysen. Was bedeutet die Zeit als Variable? Was sagen Zeitdiagramme aus - oder sagen sie gar nichts aus? Zum grundlegenden Unterschied und Verständnis von Korrelation und Kausalität.
    _


    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Fischer, E.P. Zeit in Einstein für die Westentasche, S. 47
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    Querverweise
    Standort: Erlebnisregister Erleben und Erlebnis der Zeit
    *
    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis
    *
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS).  Erlebnisregister Erleben und Erlebnis der Zeit. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/Erlebnisregister/Zeit.htm

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    16.01.23    Angelegt.