Erleben und Erlebnis bei Bollnow
Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen
Methode der Fundstellen-Textanalyse
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Erleben und Erlebnis * Signierungssystem*
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Erlebter-Raum
Bollnow, O.F. (1960) Der erlebte Raum. Universitas, 15. Jg. 1960, Heft
8, S. 397-412. [PDF]
Zusammenfassung Bollnow Erlebter Raum
Obwohl die 17 Seiten Arbeit 26 Fundstellen erleben 2, erlebt
23, Erlebnis...1 - aufweisen, gelingt es Bollnow, weder Erleben/Erlebnis
noch den erlebten Raum zu definieren oder begrifflich näher zu erklären,
auch nicht durch Querverweis, Fußnote, Anmerkung oder fundierten
Literaturhinweis. In dieser Arbeit zeigt Bollnow, dass er vom Erleben keine
Ahnung hat, was insofern verblüfft, weil er ja auch Pädagoge
war und von dort aus auch mit Psychologie vertraut sein sollte.
Signierungssystem (Quelle)
e | < Erleben Differenzierung > Erlebnis | E |
e0 | wach, erlebnisfähig | E0 |
e1 | dabei, zugegen, Zeuge | E1 |
e2 | innere Wahrnehmung | E2 |
e3 | besonders | E3 |
er | reines Erleben, Erlebnis | Er |
epr | praktisch reines Erleben, Erlebnis | Epr |
es | spezielle | Es |
e? | unklar | E? |
Titel: Der erlebte Raum
1: "
Das Problem der räumli-
chen Verfassung des menschlichen Daseins oder, einfacher gesprochen,
des konkreten erleb-
ten Raums ist demgegenüber
erstaunlich wenig behandelt worden2. ...
.... Aller- [397/398] dings läßt sich
das
Problem des BeR1e?1erlebten Raums
nicht einfach in einer äußeren Analogie zu dem der BeR1e?2erlebten
Zeit
entwickeln, sondern führt in durchaus andere Fragestellungen hinein,
die sich von jenem An-
satzpunkt nicht einmal ahnen lassen. Es scheint überhaupt müßig
zu sein, über den möglichen
Vorrang der einen Fragestellung gegenüber der andern zu spekulieren.
Mir scheint es frucht-
barer, möglichst unbefangen an das Problem des BeR1e?3erlebten
Raums heranzugehen und zu sehen,
was dabei herauskommt. In diesem Sinn fragen wir hier nach der inneren
Struktur des Raums,
wie er sich dem Menschen konkret in seinem BeR1e?4Erleben
darstellt.
Den ersten Schritt dieses Weges können wir analog dem bekannteren
Ansatz bei der Untersu-
chung der BeR1e?5erlebten
Zeit beginnen. So wie man hier die konkrete, vom Menschen gelebte Zeit
von der abstrakten mathematischen Zeit abgehoben hat, so fragen auch
wir hier, was den kon-
kreten Lebensraum des Menschen vom Raum
der Mathematiker unterscheidet. Der mathema-
tische Raum ist uns von der wissenschaftlichen Beschäftigung her
bekannt. An ihn denken
wir zuerst, wenn wir von Raum sprechen.
Der BeR1e?6erlebte Raum ist
dagegen unserm Denken we-
niger vertraut; in ihm leben wir zwar unser alltägliches Leben,
aber zumeist so, daß wir nicht
über ihn reflektieren. Darum können wir ihn uns in seiner
Eigenart nur vergegenwärtigen,
wenn wir ihn von dem uns bekannteren mathematischen Raum abheben. Wir
halten uns zur
Vereinfachung an den bekannten euklidischen Raum und legen in ihm ein
orthogonales Ach-
sensystem zugrunde.
Die entscheidende Eigenschaft des mathematischen
Raums ist seine Homogenität. Diese be-
sagt, daß in ihm kein Punkt vor dem andern und keine Richtung
vor der andern ausgezeichnet
ist, daß man durch eine einfache Koordinatenverschiebung jeden
Punkt zum Koordinatennull-
punkl und jede Richtung zur Koordinatenachse machen kann. Im BeR1e?7erlebten
Raum gelten dage-[>2]
gen diese Bestimmungen nicht. Es gibt in ihm nämlich sowohl einen
ausgezeichneten Koor-
dinatennullpunkt, der durch den Ort des BeR2e?1erlebenden
Menschen im Raum bedingt ist, als auch
ein ausgezeichnetes Achsensystem, das mit dem menschlichen Körper
zusammenhängt. Es
gibt vor allem auch ausgesprochene Unstetigkeiten, d. h. Bereiche mit
ausgezeichneten Ei-
genschaften, die von andern Bereichen durch scharfe Grenzen geschieden
sind. Ich will ver-
suchen, dies im einzelnen zu begründen.
Man geht am besten von der selbstverständlichen Feststellung aus,
daß der BeR2e?2erlebte Raum
ir-
gendwie bezogen sein muß auf den wahr- [398/399] nehmenden und
sich in ihm bewegenden
Menschen. ...
Diese beiden, Vertikalachse und Horizontalebene, bilden das einfachste
Grundgerüst des menschlich BeR2e?3erlebten
Raums."
3: "So gliedert sich allgemein der vom Menschen BeR3e?1erlebte
Raum um [400/401] eine bestimmende
Mitte, die durch seinen Wohnsitz bedingt ist. ..."
4: "Die Inhomogenität, von der wir einleitend als einem wesentlichen
Unter-
scheidungsmerkmal des BeR4e?1erlebten
Raums [402/403] von dem profanen Raum sprachen, ist in
einer wesentlichen Hinsicht diese Scheidung des Heiligen und des Profanen,
die durch die
Mauern des Hauses verkörpert wird."
5: "Beide Seiten, die der Geborgenheit und die der Gefährdung,
gehören in gleicher Weise zum
Menschen, und darum auch die beiden Bereiche des BeR5e?1erlebten
Raums, der Außen- und der
Innenraum, damit in der Spannung zwischen beiden sich das Leben entfaltet.
"
6: "Die andersartige Struktur der Außenwelt zeigt sich sofort,
sobald der Mensch sein Haus ver-
läßt. Der Raum der Außenwelt ist nicht beliebig zugänglich,
sondern das Gelände setzt dem
menschlichen Vordringen Hindernisse entgegen, und der Mensch überwindet
sie nur vermit-
tels gebahnter Wege. Diese Wege eröffnen und gliedern zugleich
den Außenraum. „Der Weg
erschließt den Raum“, sagt der niederländische Psychologe
Linschoten in einem Beitrag in
dem von dem Kreis um Buytendijk herausgegebenen Jahrbuch Situation,
in dem mehrere Bei-
träge das Problem des BeR6e?1erlebten
Raums mit den Mitteln der neueren Phänomenologie in An-
griff nehmen."
7: "Die Landschaft wird für ihn [RS: dem Autofrahrer] zum Panorama,
das an ihm vorüberzieht.
Das braucht nicht zu bedeuten, daß sie ihm gleichgültig
wird; er kann sich gewiß auch an ihrer
Schönheit freuen, aber sie bleibt ihm fern, sie bleibt wie ein
Bild. Sein eigentliches, Realität
vermittelndes Raumgefühl ist [406/407] das der Weite und der die
Weite erschließenden
Geschwindigkeit. Hier ist der eigentlich von ihm Be7e?1erlebte
Raum, sein wirklicher Raum, im
Unterschied zur bloßen Bildhaftigkeit des Ausblicks. Erst wenn
er den Wagen verläßt und
wieder zu Fuß zu gehen beginnt, verwandelt sich der Raum, und
er tritt wieder in seine frühere
Wirklichkeit zurück. ...
Wiederum aber muß ich abbrechen, wo sich eine interessante Fragestellung
zu entfalten be-
ginnt, weil es noch einige weitere Aspekte gibt, die ich wenigstens
andeuten muß, um das
Problem des BeR7e?2erlebten Raums
in seiner ganzen Fruchtbarkeit deutlich zu [407/408] machen"
8f: " ..... Noch in-
teressanter ist ein anderes Beispiel, von dem der Ethnologe Jensen
berichtet15 : Eine längliche
polynesische Insel wird von einem hohen und unzugänglichen Gebirgszug
durchzogen. Das
Richtungsschema der Bevölkerung besteht aus den Richtungen: bergwärts
und meerwärts, [>9]
links oder rechts am Ufer herum. Sie kommt gar nicht auf den Gedanken,
daß ein Ort jenseits
des Gebirges direkt über den Berg hinweg zu erreichen oder auch
nur zu denken sei, sondern
der Weg führt notwendig am Ufer entlang. Das Innere der Insel
ist also für ihren BeR8e?1erlebten
Raum gar nicht vorhanden, so daß
ein topologisch interessantes ringförmiges Raumgebilde
entsteht."
9: "Aber auch diese Fragestellung kann ich hier nicht weiterentwickeln,
weil ich zur Abrundung
noch einen letzten Gesichtspunkt hinzunehmen möchte. Die Entfernungen
innerhalb des
BeR9e?1erlebten Raums
hängen nämlich außerdem stark vom jeweiligen Gefühlszustand
des entspre-
chenden Menschen ab. Binswanger ist es meines Wissens gewesen, der
als erster den Begriff
des gestimmten Raums eingeführt hat, wobei mit dem Worte Stimmung
der den Menschen im
ganzen durchziehende und ihn zugleich mit der umgebenden Welt verbindende
Gesamtzu-
stand seines Gefühls gemeint ist, der als der tragende Untergrund
alle einzelnen Regungen der
Seele in bestimmter Weise beeinflußt. In dieser Weise gibt es
auch eine Abhängigkeit des
BeR9e?1erlebten Raums
vom jeweiligen Stimmungszustand des Menschen. ...
Entsprechend hat es der Psychiater Straus auch am BeR3E?1Raumerlebnis
des tanzenden Menschen
herausgearbeitet: Es ist ein ungerichteter Raum,
in dem sich die kreisende, zum Ursprung zu-
rücklaufende Bewegung des Tanzes auf beschränkter Fläche
und dennoch ohne ein Gefühl
der Begrenztheit vollziehen kann."
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