von Irmgard Rathsmann-Sponsel und Rudolf Sponsel, Erlangen
Zusammenfassung Literaturrecherche "Die neueren Untersuchungen zeigen zusammenfassend, daß die Frage nach einer universellen Krise im mittleren Erwachsenenalter eindeutig zu verneinen ist." (S. 122) Eine besondere midlife crisis läßt sich in der Entwicklungspsychologie des die Lebensmitte überschreitenden Mannes in der empirischen Forschung nicht belegen, obwohl zum Beispiel die Testosteronproduktion ab 40 jährlich ungefähr um 1% sinkt. Auch die sexuelle Lust und Hingabe kann bis ins hohe Alter erhalten bleiben. Bei einzelnen Befragungen berichten jedoch bis um die Hälfte der Befragten Beschwerden aus dem klimakterischen Symptomenkomplex. Wenn auch die Wechseljahre des Mannes keinen so deutlichen Ausdruck wie bei der Frau finden, so sprechen doch viele Befunde dafür, auch beim Manne "Wechseljahre" anzunehmen. Es gibt zu allen Lebenszeiten natürliche entwicklungspsychologische Krisenpunkte, die man mehr oder minder gut bewältigen kann. Nicht jeder wird gleichermaßen gebeutelt und geschüttelt. Die Lebensmitte hat ihre natürlichen entwicklungspsychologischen Besonderheiten, z. B. Karrierehochpunkt überschritten, Familiengründung abgeschlossen, Hausbau, die Kinder werden erwachsen, die Partnerschaft währt schon länger, Gewöhnungsprozesse und Enttäuschungen sind verinnerlicht, Trennungs- und Scheidungsprobleme wurden durchlebt; die Nachelterliche Gefährtenschaft erzwingt eine Neuorientierung, Erfahrung des Nachlassens der Funktionsfähigkeiten, Bilanzierungsfragen, Neuorientierungfragen, altern wird sichtbarer, hinterläßt auch in der Erscheinung seine Spuren. Entscheidend ist nach überwiegender Meinung der ForscherInnen,
wie man sein Leben bewertet und über welche Bewältigungs- und
Problemlösungsstrategien man verfügt und wie flexibel man für
Neuanpassungsanforderungen ist.
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Walter Krause (1998) führt in seiner Arbeit Klimakterium des Mannes. Brauchen wir den Begriff des Climacterium virile? aus, daß es beim Mann kein so deutliches und klares Zeichen wie das Ausbleiben der Monatsblutungen der Frau gibt. Die Testosteronproduktion des Mannes läßt etwa ab dem 40. Lebensjahr um jährlich ca. ein Prozent nach. Probleme mit der Potenz seien nicht zwangsläufig und korrelierten auch nicht mit dem Alter oder der Testotseronabnahme. Die sexuelle Funktionsfähigkeit kann bis ins hohe Alter, ja sogar bis zum Tod erhalten bleiben, wenn auch die sexuellen Dysfunktionen mit zunehmendem Alter ansteigen. Der angloamerikanische Ausdruck "midlife crisis" deute mehr auf psychosoziale Besonderheiten hin und sei biologisch weniger bedeutungsvoll.
Andreas Thiele (1998) untersuchte in seiner
Dissertation den Verlust körperlicher
Leistungsfähigkeit. Bewältigung des Alterns bei Männern
im mittleren Lebensalter.
Die Untersuchung erhob an 304 gesunden und berufstätigen Männern
im Alter von 35 bis 64 Jahren eine Reihe von Merkmalen. Obwohl im physischen
und endokrinen Bereich Minderungen nachgewiesen werden konnten, liess sich
kein Alterseffekt auf die Befindlichkeit und die subjektive Fitness zeigen.
Das wesentliche Ergebnis dieser Untersuchung ist wohl, daß es keine
zwingend krisenhafte Altersentwicklung beim Manne gibt. Entscheidend ist
die Verfügbarkeit von Bewältigungsstrategien.
Dieter Wartenweiler (1998) hat auch im Internet
viele Auszüge aus seinem Buch Männer
in den besten Jahren. Von der Midlife-Crisis zur gereiften Persönlichkeit
plaziert. Kritisch ist anzumerken, daß er das Milife crisis Konzept
nicht kritisch in Frage stellt und auf seine empirische Fundierung hin
überprüft. Ich zitiere aus seiner Einleitung:
"Diese Seiten sind dem seelischen Prozess gewidmet, den
der Mann in der Mitte seines Lebens durchläuft. Auf der Schwelle zwischen
Jugend und Alter geraten wir Männer in eine Umbruchzeit, in welcher
sich unsere Lebenseinstellung grundlegend verändert. Diese Zeit ist
oft von heftigen inneren Turbulenzen geprägt und bringt manchmal auch
Umwälzungen in der äusseren Lebensgestaltung mit sich.
Die Krise kann ihren Beginn und auch ihren Schwerpunkt
auf der körperlichen, seelischen, geistigen oder zwischenmenschlichen
Ebene haben. In den meisten Fällen umfasst sie aber mehrere Bereiche,
da sie den Menschen als ganzen betrifft und verändert. Auf der körperlichen
Ebene kann sie sich manifestieren als Verminderung der Kräfte, als
Erschöpfungszustände am Morgen, als allgemeines Gefühl von
Mattigkeit, als vage Schmerzen ohne organischen Befund, als Ein- oder Durchschlafstörungen
usw. Selbstredend kann die Krise in der Lebensmitte auch im Zusammenhang
mit einer schwereren Erkrankung stehen. Auf der seelischen Ebene zeigt
sich die Krise in einem Verlust des Wohlbefindens: etwa durch Gefühle
von Einsamkeit, Angst, Überforderung oder Niedergeschlagenheit. Diese
können die Leistungsfähigkeit erheblich reduzieren und schlimmstenfalls
das Ausmass eines Nervenzusammenbruches annehmen.
Die Umwälzung der Lebensmitte mag auch als geistige
Krise erscheinen, etwa als plötzlicher Verlust des gewohnten Selbstvertrauens,
als berufliche Krise oder als Gefühl allgemeiner Sinnlosigkeit. Der
Halt des gewohnten Weltbildes bricht plötzlich zusammen und verlangt
nach einer neuen Lebensorientierung. Hat die Krise der Lebensmitte ihren
Hauptbrennpunkt auf der Beziehungsebene, so wird die eigene Partnerschaft
davon betroffen. Bisher Ungelebtes kann zur Verwirklichung drängen,
was im allgemeinen zu einer Auseinandersetzung mit der Partnerin führt.
Natürlich kann die Veränderung der Partnerschaft auch von der
Frau ausgehen, die ihrerseits nach Selbstverwirklichung sucht und neue
Anforderungen an den Mann stellt. Partnerschaftskrisen weisen uns im allgemeinen
auf die Notwendigkeit hin, die Gefühlswelt zu entwickeln. Oft verbinden
sich kritische Entwicklungen auf der körperlichen, seelischen, geistigen
oder beziehungsmässigen Ebene zu einer ganzheitlichen Erschütterung
und Umwälzung. Gerade im Licht der Lebensmittekrise zeigt sich, dass
die Aufteilung des Menschen in Körper, Seele, Geist und Aussenwelt
im Grunde eine künstliche ist: vom Alterungsprozess ist der ganze
Mensch in all seinen Lebensbezügen betroffen."
Annette Degenhardt (1993)
untersuchte in ihrer Arbeit Klimakterium
virile oder Midlife Crisis?
bei 240 Männern (Juristen, Lehrern, Ärzten, Managern) zwischen
45 und 55 Jahren Beschwerden des klimakterischen Symptomkomplexes. Bei
über der Hälfte der Befragten wurden Symptome vom klimakterischen
Beschwerdekomplex angegeben. Einen linearen Zusammenhang mit zunehmendem
Alter gab es nicht.
Toni Faltermaier, Philipp Mayring, Winfried Saup & Petra Strehmel (1992) haben eine kompakte Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters vorgelegt. Es werden die Entwicklungsprozesse und Veränderungen des Erwachsenenalters im Erleben und Verhalten der Menschen unter der Fragestellung behandelt, wie sich Identität, Lebensziele und soziale Beziehungen wandeln und welche Rolle Lebensereignisse und -krisen dabei spielen. Aus dem Inhalt: (1) Das Erwachsenenalter in der Entwicklungspsychologie. (2) Lebenslauf und Erwachsenenalter: Strukturen und Themen der Entwicklung. (3) Das fruehe Erwachsenenalter [Zentrale Entwicklungsthemen; Entwicklungschancen und -hindernisse im Beruf sowie in Partnerschaft und Familie]. (4) Das mittlere Erwachsenenalter [Differentielle Forschung zur "midlife crisis"; Entwicklungsthemen und zentrale Lebensbereiche]. (5) Das späte Erwachsenenalter [Altern und Alter; theoretische Perspektiven ueber das Alter(n); gerontologisch bedeutsame Entwicklungsbereiche; kritische Lebensereignisse; Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des eigenen Lebens]. "Die neueren Untersuchungen zeigen zusammenfassend, daß die Frage nach einer universellen Krise im mittleren Erwachsenenalter eindeutig zu verneinen ist." (S. 122)
Thomas Klauer (1990) untersucht in Mittleres
Erwachsenenalter: ein langweiliges Plateau?
die Frage nach Verbreitung, Thematik und zeitlicher Plazierung von
Entwicklungsveränderungen im mittleren Erwachsenenalter. Besondere
Bedeutung wird in den Ressourcen gegenüber den Risikofaktoren gesehen,
die jemand zur Bewältigung kritischer Lebensereignisse und zu Veränderungsprozesssen
mitbringt, mehr als in Verlauf- oder Phasenmodellen.
Umfangreiche empirische Untersuchungen wurden von unserer früheren Familienministerin und Entwicklungspsychologin und Gerontologin Ursula Lehr zusammen mit Jutta Zerner (1979) in Midlife Crisis. Psychomode oder Lebenswende? durchgeführt. Durch die Auswertung von Biographien wurde gezeigt, dass die Annahme einer biologisch bedingten "midlife crisis" nicht aufrechterhalten werden konnte. 1965 wurden bei einer Analyse von 326 Lebenslaufschilderungen zwölf Bereiche herauskristallisiert, in denen es im Laufe des Lebens zu Konflikt- und Belastungssituationen kommen kann. Hierbei konnte kein Zusammenhang zwischen dem Lebensalter und spezifischen Konfliktbereichen gefunden werden. Später wurden die Biographien von 1311 Erwachsenen analysiert, wobei auch hier die Hypothese einer vorprogrammierten Krise in der Lebensmitte nicht fundiert werden konnte. Bei der Analyse von Daten des statistischen Jahrbuchs von 1978 fanden sich vielmehr Hinweise dafür, dass die 20- bis 30jährigen krisengefährdeter sind als die 50- bis 60jährigen, z. B. in bezug auf die Selbstmordrate.
Hermann Wendt (1983) hinterfragt in Krisenzeiten unseres Lebens: Pubertät und Lebensmitte nicht, ob es überhaupt eine midlife crisis als allgemeines Entwicklungsphänomen gibt, sondern geht von deren Existenz im Kontext eines wohl nicht zu leugnenden Generationenkonfliktes und der Tabuthemen (Sexualität, Lebenssinn, Alter und Sterben) der Älteren aus.
In ihrer Dissertation Untersuchungen
zur "Midlife Krise" - ein Beitrag zur Lebenslaufpsychologie
verfolgt Eva Jancak (1980) das Ziel, den vor allem in der Bestsellerliteratur
verwendeten Begriff der "Midlife"-Krise zu explizieren. Untersucht wurden
80 Männer und 84 Frauen im Alter zwischen 38 und 52 Jahren, die zwei
verschiedenen sozialen Schichten zugehörten. Es ergab sich, dass die
Art und Weise, wie das mittlere Lebensalter erlebt wird, vorwiegend von
der Persönlichkeitsstruktur und weniger von der sozialen Schicht und
dem Geschlecht abhing. Als sehr einflussreich erwiesen sich Persönlichkeitsmerkmale
wie Nervosität, Depressivität, emotionale Labilität, existentielle
Frustration und Aggressivität, während Dominanzstreben, persönliche
Sinnfindung und Geselligkeit weniger bedeutsam waren.
Paul Innerhofer, Brigitte Schuster, Christian Klicpera, Hubert Lobnig und Germain Weber (1993) erörtern eine Reihe von Psychosozialen Problemen im Erwachsenenalter: Inhalt: (1) Treue/Untreue. (2) Eifersucht. (3) Scheidung. (4) Einsamkeit. (5) Homosexualität. (6) Gewalt in der Ehe. (7) Alleinerziehung. (8) Familie mit behinderten Kindern. (9) Schizophrenie und Familie. (10) Mehrfachbelastung der Frau. (11) Burnout. (12) Arbeitslosigkeit. (13) Hysterie. (14) Brustkrebs. (15) Prämenstruelles Syndrom. (16) Abtreibung. (17) Midlife-Crisis/ Klimakterium. (18) Alkoholismus. (19) Fettsucht. (20) Spielsucht. (21) Obdachlosigkeit.
Das Thema ist auch ein ewiger Evergreen in Psychologie Heute. Heiko Ernst (1992) entfaltet das Thema in Der lange Nachmittag des Lebens zuletzt über veränderte psychologische Sichtweisen des Lebensabschnitts zwischen 35 und 65 Jahren. Erörtert werden die Problematik mit dem herrschenden Jugendkult fertig werden zu müssen und mit dem Phänomen historische Vorbilder auskommen zu müssen. Selbsterforschung, Zwischenbilanz, Neuarrangement der Werte und Ziele werden in zyklischem Verständnis der Lebenszeit als kennzeichnend für das mittlere Lebensalter betrachtet. Die Auseindersetzung mit den eigenen alten Eltern bringe das Thema Tod auf den Tisch. Die Bewältigungmöglichkeiten werden optimistisch eingeschätzt. Frech, Hartmut W. (1989) erörtert in Die Frage in der Lebensmitte: War das schon alles? die gleichgewichtige Perspektive nach vorn (Zukunft) und hinten (Vergangenheit), die als kennzeichnend für das mittlere Lebensalter, seine Kraft und Krisenanfälligkeit betrachtet wird. Beklagt wird eine Vernachlässigung dieser Phase in der entwicklungspsychologischen Forschung. Das Entstehen von Krisen wird dennoch nicht als zwangsläufig aufgefasst, sondern auch die Chancen gesehen. Anne Rosenfeld und Elizabeth Stark (1987) kritisieren und relativieren in Die Krisen und Phasen des Erwachsenen die in der Entwicklungstheorie von Erik Erikson behauptete Allgemeingültigkeit gesetzmäßiger Entwicklungsmuster. Der Verlauf der Entwicklung wird danach weniger vom Alter als von persönlichen Erfahrungen sowie sozialen und sozioökonomischen Faktoren beeinflußt, was an Beispielen erläutert wird. Rüdiger Runge (1977) kommt in Midlife Crisis. Von Phasen und Phrasen zu dem Ergebnis, daß die Phasen- und Verlaufstheorien (z. B. Charlotte und Karl Bühler, Kroh, Freud und Erikson) die Entwicklungen nicht so angemessen erklären können, wie Theorien, in denen Entwicklungen als umweltabhängige und auf unterschiedlichen Dimensionen verschieden verlaufende Sozialisationsprozesse betrachtet werden. Renate Chotjewitz-Haefner und Peter Chotjewitz (1977) meinen gar in Midlife Crisis. Wer sie hat und wer sie braucht, daß es sich bei der sogenannten "Krise in der Lebensmitte" ("midlife crisis") eher um eine Erfindung profitbewußter und absatzsuchender Journalisten als um ein bisher unentdecktes Phänomen der Entwicklungspsychologie handelt.
Das Phänomen der midlife crisis ist auch von verschiedenen tiefenpsychologischen Schulen thematisiert worden: Vom Standpunkt der Freud'schen Psychoanalyse, aus Jung'scher Sicht, aus der Perspektive der Individualpsychologie. Die Probleme der Frau in der Lebensmitte. Auch unter dem Gesichtspunkt: Abschied von der Jugend.
Nach den Untersuchungen von Walter Krause (1998), Andreas Thiele (1998) und Annette Degenhardt (1993) ist es gerechtfertigt, von Wechseljahren des Mannes zu sprechen. Eine schon etwas ältere Monographie zum Thema wurde von H. J. Ruebsaat, M.D. und R. Hull vorgelegt. Sie postulieren im Gegensatz zur oben zitierten Forschung eine universelle Midlife crisis: "Die Wechseljahre bezeichnen einen kritschen Punkt, einen Wendepunkt im Leben des Mannes. Viele Männer - meist zwischen fünfundvierzig und sechzig Jahren alt - erleben tiefgreifende körperliche und emotionale Veränderungen, die ihre Gesundheit, ihre berufliche Laufbahn und ihr Privatleben ernsthaft beeinträchtigen können." (S. 20). Die Symptomliste ist lang und differentialdiagnostische Probleme werden nicht erörtert, daher nur für kritische Fachkundige zu empfehlen.
Exkurs:
Die Krise in der Lebensmitte bedeutender Menschen
nach W.
v. Hollander:
"Im Leben aller großen Menschen hören die Kämpfe niemals auf"
Walter von Hollanders Büchlein hat formal gerade das kritische Alter (41) erreicht :-) , ist aber aus vielerlei Gründen sehr lesenswert. Unter anderem enthält es einen interessanten Abschnitt über "Bedeutende Menschen in der Krise der Lebenswende". Hollander sieht keinen prinzipiellen Unterschied zwischen gewöhnlichen und besonderen Menschen und Genies (S. 90). Bei den besonderen Menschen, so seine These, träten die Konturen und Gesetzmäßigkeiten nur schärfer und klarer hervor. Wir berichten nun:
Der frühe Tod in der Mitte des Lebens. Die schärfste
und schlimmste Krise ist wohl der frühe Tod, so starben mitten im
Leben - mit 37 - Raffael, Lord Byron und Bizet,
mit 42 Mussorgski, mit 43 Reger; alle drei Musiker sollen
gern gegessen und getrunken haben. Chopin stirbt mit 39, ebenso
Giacomo Leopardi und Jacobsen (Niels Lyhne) mit 38 an Tuberkulose.
Maupassant
stirbt mit 43 nach kurzer Raserei an Syphillis. Der Maler
Rethel
wird mit 39 melancholisch und stirbt mit 43. Van Gogh kam mit 36
ins Irrenhaus. Auch der Maler und Professor der Berliner Akademie
Karl
Blechen wird mit 37 gemütskrank und stirbt mit 42. Robert Schumann
mußte wegen Depressionen mit 43 seine Stellung als Musikdirektor
aufgeben. Mit 44 versuchte er sich im Rhein zu ertränken, kam dann
in eine Heilanstalt und starb zwei Jahre später. Okar Wilde
wird mit 39 in einen Skandalprozeß verwickelt, kommt ins Gefängnis,
wird schwermütig und stirbt mit 44 in Paris. Nicolai Gogol begann
mit 37, sich intensiv religiösen Fragen zuzuwenden und verfiel in
Schwermut. 1852 vernichtet er sein gesamtes Werk. Wenige Tage danach hat
er sich im Alter von 41 zu Tode gefastet. Wir ergänzen noch: Karl
Philipp Moritz, der 1782 begann das Magazin für Erfahrungsseelenkunde
herauszugeben, starb mit 37.
Clemens Brentano wurde mit 37 katholisch, legte die Generalbeichte ab und traf dann die Nonne Katharina Emmerich. Er verkaufte alle seine Bücher und Sammlungen, trennte sich von seinen Freunden und saß 6 Jahre bei der Nonne, um ihre Mitteilungen aufzuzeichnen. 14 Jahre später gelang ihm noch ein Spätwerk. Grillparzer wird mit 41 depressiv und zwei Jahre fast unproduktiv. Mörike läßt sich mit 39 wegen ständiger Kränklichkeit und Hypochondrie (wahrscheinlich eine larvierte Depression) pensionieren. Hölderlin wird mit 35 wahnsinnig. Nietzsches Leben ist durchgängig krisenhaft und einzigartig heroisch, was später von den Nazis sehr mißbraucht wurde. Händels große Krise beginnt mit 43; er macht drei Mal bankerott und erst nach seinem Schlaganfall wendet er sich vom Mißerfolg Oper ab und den Oratorien zu, um mit 57 mit dem Messias einen neuen Höhepunkt zu erreichen.
Auch Kant ist 57 als er die Kritik der reinen Vernunft schreibt. Wie man hieran sieht, kann auch nach der Mitte des Lebens schöpferische Produktivität noch einsetzen oder neuen Höhepunkten zustreben. Victor Hugo schrieb zwischen 75 und 80 vier seiner Hauptwerke. Verdi hatte in den Vierzigern eine große Krise. Danach schuf er den Maskenball, mit 49 die Macht des Schicksals, mit 54 Don Carlos und mit 58 Aida. Dann erneut langes Schweigen. Mit 74 Othello und mit 80 den Falstaff. Alexander von Humboldt begann den Kosmos im Alter von 64. Lamarck vollendete seine Naturgeschichte mit 78. Ranke begann mit 80 seine Weltgeschichte zu schreiben. Michelangelo wurde mitten im Schaffen mit 89 aus dem Leben gerissen.
Goethe kriselt zwischen 37 und 39 (Italienreise) heftigst. Er
verbindet sich mit Christiane und gibt bereits erstmal zwischen 1787 und
1790 seine ersten Gesammelten Werke heraus. Aber, wie wir alle wissen,
meisterte er seine Krisen schöpferisch geradezu unnachahmlich brillant.
Der polnisch-englische Romancier Joseph Conrad schreibt seinen ersten
Roman mit 39. C. F. Meyer beginnt nach schwerer Nervenkrankheit
in den Mittdreissigern zu dichten. Jeremias Gotthelf wurde erst
mit 35 Pfarrer und schrieb sein erstes Buch ("Bauernspiegel") mit 39. Ibsen
bricht im Alter von 41 mit seiner bisherigen dramatischen Tradition. Strindberg
schreibt mit 37/ 38 eine Selbstbiographie, vermutlich auch ein Selbstheilungsversuch.
Fontane
geht
mit 36 als Journalist nach London, mit 42 veröffentlicht er seine
ersten Balladen. Zwingli führt mit 39 seine Züricher Diskussionen.
Luther
schreibt
mit 37 seine entscheidenden Schriften und heiratet mit 42.
Brahms
schreibt seine erste Symphonie mit 43.
Mitterhofer
konstruiert im
Alter von 42 die erste Schreibmaschine.
Edmund Cartwright, ursprünglich
Geistlicher, gelang der Umbau (1786) einer verwertbaren Spinnmaschine
nach dreijähriger Arbeit im Alter von 42. Goodyear
entdeckte
mit 30 am Rande des Ruins und der Verzweiflung die Vulkanisierung des Kautschuks.
Nobel
kämpfte
7 Jahre für seine Entdeckung und setze sich mit 40 durch. Albert
Schweitzer schiffte sich nach zwei höchst erfolgreichen Berufen
mit 38 nach Afrika ein und begann ein neues Leben.
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13.03.04 Nachtrag Literatur Grün.
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