Zur Reform des § 63 StGB
Zu:
Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen
Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz
Eine methodenkritische Untersuchung illustriert
an einigen Fällen u.a.am Fall Gustl
F. Mollath
mit einem Katalog
der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler.
von Rudolf Sponsel, Erlangen
Die großen Psychiatriemissbrauchsskandale unserer Zeit, beispielhaft durch die Spitze des Eisbergs - der Fall Mollath und die hessische Steuerfahnderskandal - haben inzwischen die Politik, genauer das Justizministerium erreicht. Zumindest das ist das Gute am Schlechten, wenn man sich nun Gedanken macht, was in diesem Bereich eigentlich los ist, und wie man Abhilfe durch bessere Gesetze und Verordnungen schaffen kann.
Ich teile die negative Bewertung "nur Kosmetik" nicht. Das ist schon mehr, die Frage ist aber natürlich auch, was davon übrig bleibt.
Ansonsten meine ich, dass es an der Zeit, dass die forensischen PsychologInnen aus ihrem Schlaf erwachen und deutlich machen, dass die Psychopathologie kein Reservat der Psychiat-rie ist. Es ist unverantwortlich, die Psychopathologie den PsychiaterInnen zu überlassen, denn wir wissen inzwischen: sie können es nicht. Die haben grundsätzlich nicht verstanden, was ein wissenschaftliches Gutachten ist. Ich bin sicher, dass hier oft nicht böser Wille der Grund ist. Sie wissen es einfach nicht besser. Sie wissen es einfach nicht besser. Sie lernen es so. Das DGPPN-Zertifikat taugt also letztlich nichts.
Damit stellt sich natürlich die Frage, wenn auf einmal nach viel mehr qualifizierteren Gutach-terInnen gefragt wird - ich höre die Kassen der Fort- und Weiterbilder schon klingen - wer soll die denn ausbilden? Etwa die "Kröbers"?
So lange in der DGPPN nicht richtig und grundlegend aufgeräumt wird mit dem Plunder der Wahrsager, Meinungsachter, Okkultisten, Pfuscher und Murkser, also dieser unerträglichen Schlechtachtererindustrie, so lange bleibt alle "Reform" vergeblich. Das Wissen-schafts(un)verständnis der DGPPN gehört auf den wissenschaftlichen Prüfstand und unter öffentlich-kritische Beobachtung gestellt.
Hierzu eine Anregung:
https://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/WisArbFP.htm
"Vor dem Hintergrund der breiten öffentlichen Diskussion um die Unterbringung von Gustl Mollath in der Psychiatrie und der seit Jahren steigenden Zahl von Personen, die in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind, hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Eckpunkte erarbeiten lassen.
Die strafrechtlichen Vorschriften zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sollen darin reformiert werden. Kern der Überlegungen ist, durch ein engmaschiges Netz an Kontrollen dafür Sorge zu tragen, dass der massive Eingriff in die Freiheit der Betroffenen, den die Unterbringung darstellt, dort, wo er nicht zwingend angezeigt erscheint, vermieden wird.
Künftig soll eine Überprüfung der Maßnahme bereits nach vier Monaten, sodann nach weiteren acht Monaten und schließlich im Jahresrhythmus stattfinden. Dabei ist stets ein Gutachter beizuziehen. Alle zwei Jahre muss sich ein neuer Gutachter mit dem Fall befassen, um zu verhindern, dass stets derselbe Gutachter seine vorherigen Gutachten lediglich fortschreibt und sich nicht eingehend mit möglicherweise neu vorliegenden Umständen befasst. Soll die Unterbringung länger als sechs Jahre vollzogen werden, muss der Richter die Gutachten von zwei Sachverständigen einholen, um eine möglichst umfassende Entscheidungsgrundlage zu haben.
Die Anzahl der Personen, die sich nach den Vorschriften des Strafgesetzbuchs in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, steigt seit Jahren an. Waren es im Jahr 1996 noch knapp 3.000, so sind es inzwischen schon 6.750 Personen – jeweils auf das alte Bundesgebiet bezogen. Allen diesen Personen gemeinsam ist, dass sie eine Straftat begangen haben, für die sie aufgrund verminderter Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit nicht oder nur eingeschränkt bestraft werden konnten, ein Gutachter jedoch ihre künftige Gefährlichkeit für die Allgemeinheit festgestellt hat. Bislang überprüft ein Richter lediglich jährlich und ohne zwingende neue Begutachtung, ob die Voraussetzungen einer weiteren Unterbringung noch vorliegen. Erst nach fünf Jahren ist das Gutachten eines „externen“ Sachverständigen einzuholen, also ein Sachverständiger, der vorher mit dem Fall noch nicht befasst war."
Reformüberlegungen zur
Unterbringung nach § 63 StGB
1. derzeitige Rechtslage
Nach § 63 StGB ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus an, wenn jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit
(§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen
hat und die Gesamtwürdigung des Täters
und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche
rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit
gefährlich ist. Erforderlich ist mithin eine Anlasstat, für die
der Täter nicht oder nur eingeschränkt bestraft werden kann,
weil er nach § 20 nicht oder nach § 21 StGB nur eingeschränkt
verantwortlich ist. Der Zustand nach § 20 bzw. § 21 StGB muss
positiv feststehen. Weitere Voraussetzung ist zudem, dass es sich um einen
länger dauernden, krankhaften psychischen Zustand handeln muss. Die
Anlasstat kann – im Gegensatz zu den zu erwartenden Taten, die erheblich
sein müssen (mindestens Bereich der mittleren Kriminalität) –
grundsätzlich geringfügig sein (beispielsweise Hausfriedensbruch,
versuchte Nötigung). Für weitere Taten muss eine Wahrscheinlichkeit
höheren Grades bestehen. Die Unterbringung steht nicht im Ermessen
des Gerichts. Fehlende Heilungsaussichten stehen einer Unterbringung nicht
entgegen. Die Unterbringung nach § 63 StGB ist ohne zeitliche Begrenzung.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist jedoch gemäß
§ 62 StGB zu berücksichtigen. Die Maßregeln der Besserung
und Sicherung im Strafgesetzbuch finden ihre Rechtfertigung
im Sicherungsbedürfnis der staatlichen Gemeinschaft sowie in deren
Verpflichtung, besserungsfähige Täter nach Möglichkeit zu
resozialisieren. Gerade deshalb ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
von besonderer Bedeutung. Das Gericht setzt die Vollstreckung der Unterbringung
gemäß § 67b StGB zur Bewährung aus, wenn besondere
Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel
auch dadurch erreicht werden kann. Ebenso setzt das Gericht die weitere
Vollstreckung der Unterbringung gemäß § 67d Abs. 2 StGB
zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Untergebrachte keine
rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Im Rahmen der Aussetzung zur Bewährung
besteht die Möglichkeit, dem Betroffenen Weisungen zu erteilen. Eine
solche Weisung kann auch darin liegen, dass sich der Betroffene psychiatrisch
betreuen oder behandeln lässt (Therapieweisung nach § 68b Abs.
2 S. 2 StGB). Das Gericht hat gemäß § 67e StGB jährlich
zu prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung
auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Der Untergebrachte
ist dabei anzuhören. Ihm steht ein Pflichtverteidiger zur Seite. Die
Einholung eines Gutachtens ist nicht in jedem Fall zwingend gesetzlich
vorgeschrieben, wird jedoch in der Praxis ganz überwiegend gemacht.
Nach jeweils fünf Jahren „soll“ der Richter das Gutachten eines externen
Sachverständigen1 einholen (§ 463a Abs. 4 StPO).
2. Statistiken
Die Zahl der in einer Unterbringung nach § 63 StGB befindlichen
Personen (Bestandsstatistik) ist in den letzten Jahren stetig gestiegen
(von knapp 3.000 im Jahr 1996 auf 6.750 im Jahr 2012 – bezogen auf die
alten Bundesländer). Häufigste Anlasstaten der Schuldunfähigen,
die im Jahr 2011 nach § 63 StGB untergebracht wurden, waren Körperverletzungsdelikte
mit ca. 44 % sowie Straftaten gegen das Leben mit ca. 15 %. Davon zu unterscheiden
ist die Anzahl der Anordnungen nach § 63 StGB (Anordnungsstatistik).
Hier gingen die Zahlen seit 2008 sogar spürbar zurück (von 1.101
Anordnungen im Jahr 2008 auf 871 Anordnungen im Jahr 2011). Für den
Anstieg der Unterbringungen nach § 63 StGB (bei sinkender Anordnungszahl)
kommen verschiedene Erklärungen in Betracht, u.a. Patientenstrukturwandel
(schwerst persönlichkeitsgestörte Straftäter mit Sexualdelinquenz),
weniger Entlassungsempfehlungen seitens der Sachverständigen, stärkeres
Sicherheitsdenken, punitive Grundstimmung in der Kriminalpolitik, Lücken
in der medizinischen
Versorgung psychisch Kranker wird verstärkt mit Mittel der strafrechtlichen
Unterbringung ausgeglichen. Noch interessant: Rund 75% der Personen im
Maßregelvollzug haben Voraufenthalte in der Allgemeinpsychiatrie,
davon 24% einmal, 38% zwei- bis fünfmal, 38% mehr als sechsmal. Vor
ihrer Einweisung in den Maßregelvollzug waren 19% freiwillig in psychiatrischer
Behandlung, 51% aufgrund einer Zwangseinweisung. Dieser Umstand könnte
auf die deutliche Verkürzung in den klinischen Behandlungszeiten (oftmals
aufgrund von Sparzwängen) zurückzuführen sein (erforderlich
ist ggf. eine Stärkung der ambulanten Versorgung vor Ort, da eine
Unterbringung immer nur das letzte Mittel sein darf.
3. Reformüberlegungen
Angesichts
3.1 Änderung des § 63 StGB2: Beschränkung auf gravierende
Fälle
„Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit
(§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen,
so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt,
dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, namentlich
solche, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich
geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher
Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die
Allgemeinheit gefährlich ist.“
Durch eine solche Änderung würde die Verhängung der
Maßregel stärker auf gravierende Fälle beschränkt.3
Es würde zumindest sichergestellt, dass zu erwartende Delikte von
abstrakter und allgemeiner Gefährlichkeit (Straftaten gegen die öffentliche
Ordnung wie beispielsweise Hausfriedensbruch und gemeingefährliche
Straftaten wie beispielsweise Brandstiftung), die Anordnung der Unterbringung
nicht rechtfertigen, wenn die drohenden Personenschäden nicht „erheblich“
bzw. die wirtschaftlichen Schäden „schwer“ sind.
3.2 Änderung des § 67d Abs. 6 StGB4: Begrenzung der Dauer
der Unterbringung / besondere Voraussetzungen nach langem Vollzug
2 Änderungen sind (auch in den folgenden §§) fett gedruckt
3 Dies hatte der Bundestag bereits in seiner Entschließung vom
20. April 1989 von der Bundesregierung gefordert
(BT-Drs. 11/2597)
4 Änderungen sind (auch in den folgenden §§) fett
gedruckt
(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der
Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der
Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt
es sie für erledigt. Das Gericht erklärt die Unterbringung
nach Ablauf von vier Jahren für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht,
dass der Untergebrachte aufgrund seines Zustands außerhalb des Maßregelvollzugs
erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch
oder körperlich erheblich geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher
Schaden angerichtet wird.
Sind acht Jahre der Unterbringung vollzogen worden, so erklärt
das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr
besteht, dass der Untergebrachte aufgrund seines Zustands außerhalb
des Maßregelvollzugs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird,
durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt
werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung
tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt
der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene
auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.“
Mit einer solchen Regelung würde an die Stelle der derzeit ausnahmslos
unbefristeten Unterbringung eines psychisch kranken Rechtsbrechers in einem
psychiatrischen Krankenhaus eine differenzierte (dreistufige) Regelung
treten.5 Je länger die Unterbringung
dauert, desto enger sind die Voraussetzungen, unter denen sie fortgesetzt
möglich ist. Die Voraussetzungen nach 8-jährigem Vollzug knüpfen
dabei an die engen Voraussetzungen der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
an, d.h. die Gefahr
eines (schweren) wirtschaftlichen Schadens reicht dann für den
weiteren Vollzug nicht mehr aus, vielmehr bedarf es der Gefahr einer schweren
seelischen oder körperlichen Schädigung von Personen.
3.3 Änderung des § 67e Abs. 2 StGB6: Verkürzung der Überprüfungsfristen
der weiteren Vollstreckung
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus bei der erstmaligen Überprüfung vier Monate, bei
der folgenden Überprüfung acht Monate, sodann jeweils ein Jahr
(…) Mit einer gestaffelten Überprüfungsfrist wird dem Umstand
Rechnung getragen, dass die Anlasstat bei einer Unterbringung nach §
63 StGB in den Bereich der Bagatellkriminalität fallen kann. Vor diesem
Hintergrund muss dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere
Bedeutung zukommen. Eine zeitnahe Überprüfung gerade zu Beginn
der
Maßnahme sorgt dafür, dass mögliche Fehleinschätzungen
bei Anordnung der Maßnahme schnell korrigiert und Erfolge einer Therapie
zeitnah berücksichtigt werden können (zumal 75% der Personen,
die sich im Maßregelvollzug befinden, zuvor bereits in
5 Ein entsprechender BMJ-Vorschlag aus dem Jahr 1997/98 sowie 2000/01
scheiterte an den Einwänden der unionsgeführten Länder.
6 Änderungen sind (auch in den folgenden §§) fett gedruckt
einer allgemeinpsychiatrischen Behandlung waren und der Therapiebedarf
daher evident ist).
3.4 Neufassung des § 463 Abs. 4 StPO: Zwingende Einholung eines
Sachverständigengutachtens
bei der Entscheidung nach § 67e StGB sowie Anforderungen an den
Gutachter / Doppelbegutachtung
(4) Im Rahmen der Überprüfung nach § 67e des Strafgesetzbuchs
hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Nach
jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus (§ 63 StGB) ist das Gutachten von einem Sachverständigen
einzuholen, der weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der
Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen ist noch in dem psychiatrischen
Krankenhaus arbeitet, in dem sich die untergebrachte Person befindet. Soll
die Unterbringung nach § 63 StGB die Dauer von sechs Jahren überschreiten,
müssen die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt werden,
die die Voraussetzungen des Satz 2 erfüllen.
Auch wenn – in der Praxis – Richter bei der Überprüfung der
weiteren Vollstreckung der Unterbringung in der Regel das Gutachten eines
Sachverständigen einholen, ist dies bislang nicht zwingend gesetzlich
vorgeschrieben. Angesichts der Tragweite der Entscheidung ist eine entsprechende
gesetzliche Klarstellung angebracht. Darüber hinaus besteht bei wiederholter
Begutachtung durch ein und demselben Sachverständigen die Gefahr,
dass die früheren Gutachten lediglich „fortgeschrieben“ werden, ohne
erneute eingehende Prüfung. Daher soll geregelt werden, dass nach
jeweils zwei Jahren der Vollstreckung ein neuer (externer) Gutachter beizuziehen
ist, nicht erst
– wie bislang in § 463 Abs. 4 StPO vorgesehen – nach jeweils fünf
Jahren. Mit dem Erfordernis der Doppelbegutachtung nach sechs Jahren Unterbringungsdauer
soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass für einen derart langen
Freiheitseingriff dem Richter eine möglichst umfassende Entscheidungsgrundlage
zur Verfügung steht.
Die in den einzelnen Vorschlägen genannten Zeitabstände (bei
den Überprüfungsfristen, der Überprüfung der Erledigterklärung
und bzgl. des Erfordernisses eines externen Gutachters / Doppelbegutachtung)
bedürfen noch eingehender Prüfung und können durch die Einholung
weiterer Tatsachengrundlagen noch beeinflusst werden. Anmerkung: Es ist
eine wichtige Aufgabe der Länder, – wie bei Sicherungsverwahrung –
dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend gut ausgebildete Gutachter
zur Verfügung stehen. Denn deren Gutachten sind die Basis für
die Entscheidung über einen tiefgreifenden Eingriff in die Freiheit
der Betroffenen.
Von Heribert Prantl
Der Fall Mollath bewegt die deutsche Rechtspolitik. Das Bundesministerium der Justiz hat Vorschläge zur Reform des Rechts der "Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus" vorgelegt. Das Ministerium reagiert damit erstens auf den Fall des Gustl Mollath, der von der bayerischen Justiz vor sieben Jahren in die Psychiatrie eingewiesen und trotz wachsender Zweifel an der Sorgfalt dieser Einweisung bisher nicht entlassen wurde. Es reagiert zweitens darauf, dass die Zahl der in der Psychiatrie untergebrachten Straftäter "ständig" steige. Angesichts "der Tiefe des Eingriffs in die Freiheit" sei die Reform dringend erforderlich, heißt es in einem Reformpapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Im psychiatrischen Krankenhaus können Straftäter schon wegen einer geringfügigen Straftat - der sogenannten Anlasstat - untergebracht werden, wenn sie die Tat in einem länger dauernden, krankhaften psychischen Zustand begangen haben - und wenn infolgedessen erhebliche Straftaten zu erwarten sind. Anlasstat kann auch eine Bagatelle sein, etwa ein Hausfriedensbruch; die zu erwartenden Straftaten müssen massiver sein. Eine zeitliche Begrenzung für die Unterbringung gibt es bisher nicht.
Die von Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) angeregte Reform will die Unterbringung in der Psychiatrie künftig auf gravierende Fälle beschränken, wobei es allerdings dabei bleiben soll, dass die Anlasstat auch eine Geringfügigkeit sein kann.
Es sollen die Dauer der Unterbringung begrenzt, die Überprüfungsfristen verkürzt und die Anforderungen an die Gutachten der Experten erhöht werden. Zum ersten Mal soll die Unterbringung künftig nach vier Monaten überprüft werden - statt wie derzeit erst nach einem Jahr. Danach soll eine weitere Prüfung nach acht Monaten und einem Jahr folgen.
Mit diesen gestaffelten Fristen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass man schon wegen einer Bagatelltat in die Psychiatrie eingewiesen werden kann. Je länger die Unterbringung dauert, desto enger sollen künftig die Voraussetzungen sein, unter denen sie fortgeführt werden darf.
In der Regel soll die Unterbringung nach Ablauf von vier Jahren für erledigt erklärt werden, außer es besteht die Gefahr erheblicher Straftaten, durch die "Opfer seelisch oder körperlich geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird". Wenn die Unterbringung deswegen die Dauer von sechs Jahren erreicht hat, müssen Gutachten von zwei externen Sachverständigen eingeholt werden - um dem Richter für seine Entscheidung eine möglichst umfassende Entscheidungsgrundlage zu geben.
Die Reform will der Gefahr begegnen, dass alte Gutachten nur fortgeschrieben werden. Deshalb wird der Einsatz von externen Sachverständigen (von solchen also, die bisher mit der Behandlung des Patienten nicht befasst waren) schon nach jeweils zwei (bisher fünf) Jahren Pflicht. Das Problem: Es gibt viel zu wenige qualifizierte Gutachter. Das Justizministerium fordert daher die Länder auf, für deren Ausbildung "Sorge zu tragen". Der Satz "in der Praxis stehen keine geeigneten Gutachter zur Verfügung" sei im Rechtsstaat nicht tolerabel.
BMI: https://www.bmj.de/DE/Home/home_node.html
https://www.bmj.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2013/20130715_Reform%C3%BCberlegungen_zum_Unterbringungsrecht.html
Initiative zur Gründung des Gemeinnützigen Verein "Justizopfer
e.V."
Freiheit, Gerechtigkeit und Hilfe fuer Opfer der Justiz, Gerichte und
Psychiatrien
Hilfe für Gustl Mollath und andere Opfer durch Gründung des
Vereins Justizopfer e.V.
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site:www.sgipt.org
z.B. Forensische Psychologie site:www.sgipt.org. |