Die C. G. Jung’sche Assoziationsmethode
zur Diagnostik der Komplexe
Mit freundlicher Genehmigung des IEC-Verlages Literatur Anwendung im Fall Kristina
Am informativsten ist wohl ein praktisches Beispiel, um die Grundidee
Jungs verständlich zu machen: Klinisches Beispiel aus Jung,
C. G. (a.a.O., S. 547):
Reizwort | Reaktion | Reaktionszeit in Sekunden |
Kopf | Haar |
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grün | Wiese |
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Wasser | tief |
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stechen | Messer |
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lang | Tisch |
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Schiff | sinken |
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fragen | antworten |
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Wolle | stricken |
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bös | freundlich |
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See | Wasser |
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krank | gesund |
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Tinte | schwarz |
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schwimmen | können |
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C. G. Jung erläutert (a.a.O., S. 547): „Die vier kursiv gedruckten Zahlen stellen abnorm lange Reaktionszeiten dar. Die Reizwörter sind ganz alltäglich, nicht schwierig und so beschaffen, daß sie für gewöhnlich Träger zahlreicher, geläufiger Zusammenhänge sind. Als wir den Patienten befragen, erfahren wir, daß er vor kurzem, in einem schweren Anfall von Depression, beschlossen hatte, Suizid durch Ertrinken zu verüben. Wasser, See, Schiff, schwimmen waren Wörter, die diesen Komplex erregten. Der Komplex führte eine Verlängerung der Reaktionszeit herbei. Dieses Phänomen ist ganz alltäglich und kann immer und überall in Assoziationsstudien beobachtet werden." Das Beispiel spricht für sich und muß nicht weiter kommentiert werden.
Der Jung’sche Komplexbegriff ist vieldeutig und schwierig, jedenfalls
dann, wenn man den Artikel im „Wörterbuch Jungscher Psychologie" [FN2]
liest . Wir wollen ihn daher für die GIPT einfach festlegen:
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Forschungshypothese: Wird ein Komplex berührt, zeigt sich dies gewöhnlich in einer komplizierteren, zeitkostenden Informationsverarbeitung oder / und in veränderten psychovegetativen Reaktionen [FN3]. Komplexe oder psychomentale Probleme führen zu einer längeren Informationsverarbeitung. Das ist im wesentlichen auch die einfache Theorie, die dem Assoziationsversuch zugrunde liegt. Um zufällige Einflüsse möglichst auszuschalten, sollte man einen Komplex durch mehrere, ein halbes Dutzend oder mehr Reizworte versuchen zu repräsentieren. Forschungshypothesen zu Störvariablen müssen in Zukunft natürlich berücksichtigt werden [FN4].
Zum Mittelwert der Zeitmessung [FN5] . Jung
empfiehlt wegen des störenden Einflusses das wahrscheinliche, nicht
das arithmetische Mittel (a.a.O., S. 243) und er bringt Vergleiche bei
drei Versuchspersonen in Bezug auf die Mittel:
Wahrscheinliches Mittel |
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Arithmetisches Mittel |
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Erhöhung des arithm. Mittels [FN6] |
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Wir schließen die Ausführungen zum Jung’schen Assoziationsversuch mit der Originalreizwörterliste C. G. Jungs von 1908 für Forschungsinteressierte [FN7] :
„01 Kopf 02 grün 03
Wasser 04 singen 05 Tod 06
lang 07 Schiff 08 zahlen 09 Fenster
10 freundlich 11 Tisch 12 fragen 13
Dorf 14 kalt 15 Stengel 16
tanzen 17 See 18 krank 19
Stolz 20 kochen 21 Tinte 22 bös
23 Nadel 24 schwimmen 25 Reise 26
blau 27 Lampe 28 sündigen 29
Brot 30 reich 31 Baum 32
stechen 33 Mitleid 34 gelb
35 Berg 36 sterben 37 Salz
38 neu 39 Sitte 40 beten
41 Geld 42 dumm 43 Heft
44 verachten 45 Finger 46 teuer
47 Vogel 48 fallen 49 Buch
50 ungerecht 51 Frosch 52 scheiden
53 Hunger 54 weiß 55 Kind
56 aufpassen 57 Bleistift 58
traurig 59 Pflaume 60 heiraten
61 Haus 62 lieb 63 Glas 64
streiten 65 Pelz 66 groß
67 Rübe 68 malen 69 Teil
70 alt 71 Blume 72 schlagen
73 Kasten 74 wild 75 Familie
76 waschen 77 Kuh 78 fremd
79 Glück 80 lügen 81 Anstand
82 eng 83 Bruder 84 fürchten
85 Storch 86 falsch 87 Angst
88 küssen 89 Braut 90 rein
91 Türe 92 wählen 93
Heu 94 zufrieden 95 Spott
96 schlafen 97 Monat 98 hübsch
99 Frau 100 schimpfen."