Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    IP-GIPT DAS=03.05.2009 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung TT.MM.JJ
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Bücher, Literatur und Links zu den verschiedensten Themen, hier:

    Kinder ohne Bindung
    Deprivation, Adoption und Psychotherapie.

    präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Bibliographie * Verlagsinfo * Stimmen zum Buch * Inhaltsverzeichnis * Leseprobe  I.: Inhalte, II.  Gerichtsentscheidungen gegen das Kindeswohl * Bewertung * Querverweise *



    Bibliographie: Brisch, Karl Heinz & Hellbrügge, Thomas (2006, Hrsg.). Kinder ohne Bindung. Deprivation, Adoption und Psychotherapie. Stuttgart: Klett-Cotta.  [Verlags-Info] Mit Beiträgen von Theodor Hellbrügge, Stephen J. Suomi, Kim A. Bard, Mechthild Papoušek, Michael Rutter, Zdenek Matejcek, Jaróslav Šturma, Ludwig Salgo, Dana E. Johnson, Miri Keren, Angie Hart, Karl Heinz Brisch. ISBN: 3-608-94182-7.  Rezensionen.

    Verlagsinfo: "Fehlende Bindungserfahrungen und trotzdem Heilung
    Die international renommierten Autoren diskutieren die Folgen von schwerwiegender Vernachlässigung im frühen Kindesalter und die möglichen positiven Veränderungen für die betroffenen Kinder durch Pflege- und Adoptiveltern.
        »... Für unsere nachwachsenden und vielfältig bedrohten Kinder wollen wir hoffen, daß dieses Buch von möglichst vielen beruflich und politisch Verantwortlichen gelesen und beachtet wird!« Kurt Eberhard (www. agsp.de, Februar 2006)
    Die Untersuchungen von René Spitz zum Hospitalismus haben gezeigt, daß ausreichende Ernährung und Versorgung allein nicht ausreichen: Kinder brauchen für eine gesunde psychische Entwicklung auch Bindungspersonen, die ihre emotionalen Bedürfnisse befriedigen. Vor dem Hintergrund der Bindungstheorie von John Bowlby konnte die Bindungsforschung nachweisen, daß eine Vernachlässigung der frühen emotionalen Bedürfnisse eines Säuglings Schädigungen in der Hirnreifung zur Folge hat. Diese sind eine Ursache für die Entwicklung von schweren psychopathologischen Auffälligkeiten, die wir auch als Bindungsstörungen diagnostizieren. Wenn die elterlichen Fähigkeiten zur Förderung der emotionalen Entwicklung ihres Kindes nicht ausreichen oder sich schädigend auswirken, wird oft eine Fremdbetreuung des Kindes in einer Pflege- oder Adoptivfamilie erwogen. Dies kann zu neuen, »heilenden« Bindungserfahrungen des Kindes führen.
        Die Beiträge erläutern die rechtlichen Zusammenhänge und Fragen wie etwa Besuchskontakte, betreuter Umgang oder Rückführung des Kindes in seine Ursprungsfamilie unter bindungsdynamischen Gesichtspunkten."



    Stimmen zum Buch / Rezensionen

    Liselotte Ahnert (socialnet, 28.2.2006)
    »"Kinder ohne Bindung" behandelt frühe Deprivationserfahrungen und ihre Manifestation als Bindungsstörungen, intellektuelle Defizite sowie physische Mangelerscheinungen und diskutiert einige Möglichkeiten der Regeneration vor allem nach Adoptionen. Das Buch präsentiert die Beiträge einer Konferenz, die mit hoher internationaler Beteiligung ... zu Ehren von M. Rutter (Institute of Psychiatry in London, United Kingdom) organisiert worden war ... Rutters Beitrag über die psychischen Auswirkungen früher Heimerziehung gehört zu den faszinierendsten wissenschaftlichen Abhandlungen dieses Buches, der unschätzbare Erkenntnisse über die Entwicklungspathologie rumänischer Heimkinder und ihrer Begegnung durch die weltweit eingeleiteten Adoptionen nach dem Zusammenbruch des Ceaucescou-Regimes zusammenfassend darlegt ... Die wissenschaftliche Auseinandersetzung zu Entwicklungsproblemen nach frühkindlicher Deprivation und Vernachlässigung wird zudem durch Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung erweitert ... T. Hellbrügge (Internationale Akademie für Entwicklungs-Rehabilitation München), der das Buch mit einem historischen Abriss über die Deprivationsforschung einführt, (zeigt) dabei das Spektrum von Deprivationssystemen und psychopathologischen Entwicklungsmustern (auf) ... Es ist ein äußerst empfehlenswertes Buch, das vor allem in die Hände derer gehört, die sich mit der Betreuung von Pflege- und Adoptivkindern befassen und in therapeutische Maßnahmen für diese Kinder einbezogen sind.«

    Kurt Eberhard (www.agsp.de, Februar 2006)
    »Das von Brisch und Hellbrügge vorgelegte Werk erwirbt sich mehrere große Verdienste: es ist im besten Sinne international, weil es sich nicht auf amerikanische Importe beschränkt; es ist von erheblicher wissenschaftshistorischer Bedeutung, weil es die erste Generation europäischer Deprivationsforscher und deren Schüler zu Wort kommen läßt; es ist interdisziplinär angelegt, weil die Autoren aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommen; es ist praxisorientiert, weil die meisten Autoren aus der Praxis stammen und weil es in klarer, sehr lesbarer Sprache geschrieben ist. Für unsere nachwachsenden und vielfältig bedrohten Kinder wollen wir hoffen, daß dieses Buch von möglichst vielen beruflich und politisch Verantwortlichen gelesen und beachtet wird!«

    Jens Walter (www.lehrerbibliothek.de, Januar 2006)
    »Die Bindungsforschung hat sich mit ihrem britischen Pionier John Bowlby (1907-1990) seit der Nachkriegszeit kinderpsychiatrisch etabliert. Reale frühkindliche Erlebnisse in der Beziehung zu den Eltern bestimmen demnach die Entwicklung eines Kindes grundlegend. Bindungstheorie ist ein sozialpsychologisches und psychoanalytisches Konzept, mit dem das enge emotionale Verhältnis erklärt wird, das sich zwischen Kleinkind und Mutter entwickelt. Mit der Psychoanalyse hat sie gemein, dass frühkindliche Erlebnisse ein Schlüssel zur Erklärung der gesamten weiteren Entwicklung eines Menschen sind. Dabei werden sowohl die förderlichen wie mangelhaften Bindungen untersucht. In diesem Band geht es um die Mangelsituation, die Deprivation. Als (emotionale) Deprivation oder Deprivationssyndrom bezeichnet man in der Kinderheilkunde die mangelnde Umsorgung bzw. Vernachlässigung von Babys und Kleinkindern. Dauert die Deprivation länger an, kommt es zu psychischem Hospitalismus und fatalen Folgen fehlender Bindungserfahrungen. Die Beiträge dieses Buches beleuchten diesen Sachverhalt aus verschiedenen Perspektiven, zeigen aber auch Möglichkeiten der Heilung auf.« "



    Inhaltsverzeichnis [Vom Verlag als Leseprobe ausgewiesen]

    Vorwort 7
    Einleitung 10

    THEODOR HELLBRÜGGE
    Vom Deprivationssyndrom zur Entwicklungs-Rehabilitation   13

    STEPHEN J. SUOMI
    Die wechselseitige Beeinflussung zwischen genetischen und Umweltfaktoren formt individuelle Differenzen der Verhaltensentwicklung bei Primaten   29

    KIM A. BARD
    Die Entwicklung von Schimpansen, die von Menschen aufgezogen wurden
    Fähigkeiten der Mütter, Bindung und Bewältigungsverhalten   44

    MECHTHILD PAPOUSEK
    Bindungssicherheit und Intersubjektivität
    Gedanken zur Vielfalt vorsprachlicher Kommunikations- und Beziehungserfahrungen   61

    MICHAEL RUTTER
    Die psychischen Auswirkungen früher Heimerziehung   91

    DANA E. JOHNSON, Internationales Adoptionsprojekt-Team (IAP)
    Zusammenhänge zwischen dem Wachstum von psychisch belasteten Kindern und kognitiver sowie emotionaler Entwicklung   138

    JARÓSLAV STURMA
    Deprivationsstudien in der ehemaligen Tschechoslowakei und ihre Folgen für die Familienpolitik   161

    ZDENEK MATEJCEK
    Ehemalige Heimkinder in Adoption und Familienpflege
    Erfahrungen aus der Tschechischen Republik   169

    MIRI KEREN
    Wie soll man ein Kleinkind diagnostizieren, das in einem Waisenhaus gelebt hat?   183

    ANGIE HART
    Die alltäglichen kleinen Wunder
    Bindungsorientierte Therapie zur Förderung der psychischen Widerstandsfähigkeit (Resilienz) von Pflege- und Adoptivkindern   190

    KARL HEINZ BRISCH
    Adoption aus der Perspektive der Bindungstheorie und Therapie   222

    LUDWIG SALGO
    Das Wohl des Kindes unter den Aspekten gesetzlicher Einflüsse   259

    Adressen der Autoren   277



    Leseprobe:
    Leseprobe I: Einleitung und Überblick über die verschiedenen Arbeiten. (Fettungen RS)
    Leseprobe II. Aus Salgo Gerichtsentscheidungen gegen das Kindeswohl.

    "Einleitung

    Das vorliegende Buch faßt verschiedene Beiträge zusammen, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven bearbeiten; es werden sowohl Ergebnisse aus der Tierforschung und der Grundlagenforschung dargestellt sowie anhand von Fallbeispielen die psychotherapeutische Arbeit mit Pflege- oder Adoptivkindern und ihren Eltern veranschaulicht. Abschließend werden juristische Fragestellungen diskutiert.

        Der Beitrag von Theodor Hellbrügge gibt einen historischen Überblick über die Anfänge der Deprivationsforschung und eine Einführung in die vielfältigen Symptome des Hospitalismus. Dabei würdigt er sowohl die Pionierarbeiten von René Spitz als auch die des Pädiaters Meinhard von Pfaundler. Er berichtet über Ergebnisse von eigenen Untersuchungen zum Deprivationssyndrom sowie von Längsschnittstudien zur kindlichen Entwicklung und zeichnet den Entstehungsweg der Entwicklungs-Rehabilitation nach, wie sie heute in der Sozialpädiatrie verankert ist.

        In den Aufsätzen von Stephen Suomi und Kim Bard wird über neue Befunde aus der Tierforschung mit Primaten berichtet. Suomi zeigt anhand seiner Studien, wie sich bei Rhesusaffen das Verhaltensrepertoire aus einem Wechselspiel zwischen Umwelt und Genetik entwickelt. Bard hat ein Interventionsprogramm verwirklicht, das Schimpansenmüttern, die von Menschen aufgezogen werden, hilft, intuitive Fähigkeiten zur Pflege ihres Nachwuchses und zum Aufbau von Bindungsverhalten wieder zu erlernen. Auf der Grundlage der Berichte zur Primatenforschung stellt Mechthild Papousek umfassend dar, wie sich aus den elterlichen intuitiven Verhaltensbereitschaften die Fähigkeit des Säuglings zur Intersubjektivität entwickelt und welche Konsequenzen sich hieraus für den Aufbau von psychischen Strukturen des Säuglings ergeben.

        In einem zentralen Beitrag stellt Sir Michael Rutter die Ergebnisse aus seiner Längsschnittstudie dar, in der Kinder aus den rumänischen Waisenhäusern nach ihrer Adoption in englische Familien immer wieder nachuntersucht wurden. Die hieraus gewonnenen Daten über die körperliche, kognitive und psychische Entwicklung dieser Kinder ermöglichen es ihm, den Zusammenhang zwischen Zeit-[> 11]punkt und Dauer der Deprivation und ihren schädlichen Einflüssen auf die kindliche Entwicklung zu diskutieren. Auf dieser Basis erörtert er einige Fragen über die möglichen Wirkungen von frühen Deprivationserfahrungen und leitet Hypothesen über mögliche kausale Zusammenhänge zwischen Deprivation, Hirnreifung und psychopathologischen Auffälligkeiten der Kinder ab. Dieser Beitrag wird ergänzt durch die Forschungsergebnisse von Dana Johnson über die schädigenden Auswirkungen von Deprivationserfahrungen auf das Körperwachstum und die möglichen positiven Veränderungen in der körperlichen Entwicklung von Adoptivkindern durch neue, emotional tragende Erfahrungen mit Adoptiveltern.

        In der ehemaligen Tschechoslowakei wurde eine große Zahl von Säuglingen zur Pflege in Kinderheimen abgegeben, wo sie unter deprivatorischen Bedingungen aufwuchsen. Durch die Längsschnittstudien von Zdenëk Matëjcek und Jaróslav Šturma konnten wichtige Hinweise auf solche Faktoren gewonnen werden, die es den Kindern trotz der schwierigen und traumatischen Startbedingungen ermöglichten, eine psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) aufzubauen, und die manche von ihnen vor einer psychisch auffälligen Entwicklung schützen.

        Welche differentialdiagnostischen Schwierigkeiten entstehen, wenn man ein Kind mit den Symptomen einer schwerwiegenden Deprivationserfahrung diagnostizieren soll, verdeutlicht der Beitrag von Miri Keren. Anhand eines kasuistischen Beispiels schildert sie sehr anschaulich die nur langsam positiven psychischen Veränderungen eines deprivierten Heimkindes in der Zeit nach seiner Adoption. Die Therapie beruhte auf einem multidimensionalen Behandlungsansatz. Die verschiedenen Diagnosen, die sich unter der Therapie ändern, werden von Keren immer wieder zur Diskussion gestellt.

        Therapeutische Hilfestellungen für Pflege- und Adoptivkinder sowie ihre Eltern werden von vielen Seiten immer wieder für notwendig gehalten. Es besteht aber eine große Unsicherheit, wie diese Hilfen genau auszusehen haben und welche Ansätze erfolgversprechend sein könnten. Mit diesen Fragen und den Möglichkeiten sowie Grenzen der psychosozialen und psychotherapeutischen Hilfe beschäftigt sich der Beitrag von Angie Hart. Hier kommt besonders zur Geltung, daß Angie Hart selbst sowohl Adoptivmutter als auch Therapeutin ist. Sie schildert anhand von mehreren eindrucksvollen Fallbeispielen kreative Zugänge zu psychisch sehr belasteten Adoptivkindern. Verschiedenste therapeutische Zugänge zu den traumatisierten Jugendlichen und die Möglichkeit der Einbeziehung von Adoptiveltern sowie von leiblichen Eltern in die Therapie werden von ihr kritisch diskutiert. [>12]

        Nach einer kurzen Einführung zur Entstehung von Bindungssicherheit und der Bedeutung von traumatischen Erfahrungen für die Entwicklung von Bindungsstörungen diskutiert Karl Heinz Brisch in seinem Beitrag, wie eine bindungsdynamische Sichtweise im Pflege- und Adoptionswesen auf Fragen wie Besuchskontakt, begleiteter Umgang, Rückführung und Psychotherapie angewandt werden kann. Dabei ist es ihm ein Anliegen, sowohl die Risiken als auch die Chancen der Betreuung eines bindungsgestörten Kindes durch Pflege- oder Adoptiveltern zu diskutieren und dies anhand eines Fallbeispiels zu erläutern.

        Da richterliche Entscheidungen und sich verändernde Rechtsauffassungen das Kindeswohl erheblich bestimmen können, befaßt sich der abschließende Beitrag des Juristen Ludwig Salgo mit den gesetzlichen Einflüssen auf die Entwicklung von Pflege- und Adoptivkindern sowie von Kindern, die in den Rechtsstreit der Eltern involviert sind. An einzelnen Gerichtsurteilen diskutiert er exemplarisch, wie Entscheidungen gegen das Kindeswohl getroffen wurden und welche Auswirkungen diese für die psychische Situation des einzelnen Kindes haben können. Dabei nimmt er eine sehr bindungsorientierte Position ein, die dem Wohl des Kindes eine übergeordnete Rolle im Rechtsstreit zuschreibt.

        Alle Beiträge zeigen somit auf unterschiedlichste Weise, wie sich unser Wissen aus der Tierforschung, der Grundlagenforschung sowie aus den verschiedenen Längsschnittstudien zur Beantwortung der Frage nach den Ursachen des Deprivationssyndroms und seinen Folgen anwenden läßt. Die klinischen Beiträge zur Problematik der Diagnosestellung und Therapie machen Mut, daß positive Entwicklungen auch bei Kindern mit schwerwiegenden Deprivationserfahrungen und Bindungsstörungen möglich sind, wenn diese Kinder neue »sichere« Bindungserfahrungen etwa mit Pflege- oder Adoptiveltern machen können."
     

    Leseprobe II. Aus Salgo Gerichtsentscheidungen gegen das Kindeswohl. (S. 270-271)

    "Der zweite Fall: Kindeswohl versus Staatsräson
    Die beschriebene Streichung des »Bindungsbegriffs« steht für Einstellungen und für ein Klima, auf deren Hintergrund erst Entscheidungen wie die nachfolgende - mein zweites Beispiel - möglich werden:
        Im Jahre 1992 geborene Zwillinge, die seit dem Kleinkindalter mit ihrer allein sorgeberechtigten Mutter gelebt hatten, von dieser nach Ansicht des OLG »verantwortungsvoll« erzogen worden waren und gute schulische Leistungen gezeigt hatten, wurden nach Entzug der Personensorge der Mutter und nach Einsetzung eines Ergänzungspflegers - unter Androhung und Anwendung von Gewalt - im März 2004 von ihrer Mutter getrennt und in eine Einrichtung verbracht, wo sie sich bis Dezember 2004 befanden. Die Vorgehensweise des Ergänzungspflegers fand die volle Unterstützung der mit dem Fall befaßten Gerichte erster (AG Frankfurt am Main, Abt. Höchst, FamRZ 2004, 1595) und zweiter Instanz (OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2002, 1585 und JAmt 2005, 366) sowie der eigens für die Wahrnehmung der Interessen der Kinder bestellten Verfahrenspflegerin.
        Dieser massive Eingriff wurde mit einer hartnäckigen und grundlosen Ablehnung jeglicher Kontakte der Kinder mit dem in den USA lebenden und sich wiederholt in Deutschland aufhaltenden Vater begründet. Das OLG ordnete im Wege der einstweiligen Anordnung, obwohl von der Mutter Rechtsmittel eingelegt worden waren, die sofortige Herausgabe der Kinder an, auch wenn zu diesem Zeitpunkt keinerlei das Kindeswohl akut gefährdende Ereignisse vorlagen. Darüber hinaus ordnete das OLG die Zulässigkeit von Gewaltanwendung gegen die Mutter und die Kinder sowie den möglichen Einsatz von polizeilichen Vollzugsorganen bei der Vollstreckung an. Die Ergänzungspflegerin des Jugendamtes ließ die Zwillinge mit Unterstützung der Polizei in der Schule abholen und in ein Heim außerhalb ihres Wohnbezirks bringen, wo sie sich bis Dezember 2004 befanden und wo sie im Rahmen einer »Konfrontationstherapie« mehrfach ihrem Vater begegnen mußten. Zwar bestimmt die einschlägige Norm im Verfahrensrecht (§33, Abs. 2, Satz2 FGG), daß »eine Gewaltanwendung gegen ein Kind ... nicht zugelassen werden darf, wenn das Kind herausgegeben werden soll, um das Umgangsrecht auszuüben«. Das Gericht hat aber hier wohlweislich die Herausgabe nicht zur Umgangsausübung, sondern wegen Gefährdung des Kindeswohls angeordnet. So jedenfalls die formale Begründung; es ging aber um nichts anderes als den Umgang, der ermöglicht, ja erzwungen werden sollte. Somit handelt es sich um die Umgehung einer vorn Gesetzgeber gezielt geschaffenen Verbotsnorm. [>271]
        Es ist hier nicht möglich, einen solchen in vielerlei Hinsicht schwierigen Fall ausführlich zu diskutieren (vgl. Salgo, 2005). Es drängen sich Fragen aus der Perspektive der Thematik dieses Bandes auf: Was ist mit den Bindungen dieser Zwillinge zu ihrer Mutter? Daß sie zu ihrem Vater keine Bindungen zu haben scheinen, mag äußerst bedauerlich sein, daß sie durch die Trennung von ihrer Hauptbezugsperson jemals Bindungen zu ihrem Vater werden entwickeln können, erscheint mehr als fraglich. Offensichtlich sollte unter den Bedingungen einer Trennung von der Mutter eine Heranführung an den Vater erzwungen werden; dieser hochproblematische Versuch ist kläglich gescheitert."



    Bewertung: Ein interessantes Buch, das auch zeigt, wie es um die Bindungslehre in der Lebens- und Familienrechtspraxis bestellt ist. So zeigt z.B. Salgo zwei hanebüchene Fälle auf, die auf erschütternde Weise zeigen, wohin man mit der akademischen Zwangsaufwertung der Väter durch die Fthenakis- / Jopt-Richtung auf den fachlichen und juristischen Hund gekommen ist. Was man hier mittlerweile Kindern im Namen von GutachterInnen und des Rechts anzutun bereit ist, ist kaum fassbar (> 2. Beispiel). Andererseits wird auch erfreulich kritisch differenziert, wenn etwa MATEJCEK (S. 182) feststellt: "Da die psychische Deprivation kein einheitliches Bild bietet, kann man auch kein einheitliches Ergebnis der Hilfs- und Stützungsmaßnahmen erwarten." Die Dinge sind kompliziert und nicht aus zwei oder drei Bindungsmerkmalen (z.B. > Feinfühligkeit) abzuleiten. Das muss man der Bindungsforschung kritisch ins Stammbuch schreiben.



    Links (Auswahl: beachte) > Links Glossar Bindung.

    Literatur (Auswahl) > Links.



    Anmerkungen und Endnoten
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    Bewertung. Bewertungen sind immer subjektiv, daher sind wir in unseren Buchpräsentationen bemüht, möglichst viel durch die AutorInnen selbst sagen zu lassen. Die Kombination Inhaltsverzeichnis und Zusammenfassungen sollte jede kundige oder auch interessierte LeserIn in die Lage versetzen selbst festzustellen, ob sie dieses oder jenes genauer wissen will.  Die BuchpräsentatorIn steht gewöhnlich in keiner Geschäftsbeziehung zu Verlag oder den AutorInnen; falls doch wird dies ausdrücklich vermerkt. Die IP-GIPT ist nicht kommerziell ausgerichtet, verlangt und erhält für Buchpräsentationen auch kein Honorar. Meist dürften aber die BuchpräsentatorInnen ein kostenfreies sog. Rezensionsexemplar erhalten. Die IP-GIPT gewinnt durch gute Buchpräsentationen an inhaltlicher Bedeutung und Aufmerksamkeit und für die PräsentatorInnen sind solche Präsentationen auch eine Art Fortbildung - so gesehen haben natürlich alle etwas davon, am meisten, wie wir hoffen Interessenten- und LeserInnen.  Beispiele für Bewertungen: [1,2,3,]
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    Anm. Vorgesehene. Wir präsentieren auch Bücher aus eigenem Bestand, weil wir sie selbst erworben haben oder Verlage sie aus verschiedenen Gründen nicht (mehr) zur Verfügung stellen wollen oder können.
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    Querverweise
    Standort: Kinder ohne Bindung.
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    Bindung in der IP-GIPT.
    Buch-Präsentationen, Literaturhinweise und Literaturlisten in der IP-GIPT. Überblick und Dokumentation.
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    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    Buchpräsentation site:www.sgipt.org. 
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    Information für Dienstleistungs-Interessierte.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Buchpräsentation Kinder ohne Bindung. Deprivation, Adoption und Psychotherapie. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/lit/klettCotta/KohneBi.htm
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    kontrolliert: irs 02.05.09