Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=16.12.2022 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: TMJ
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
    E-Mail: sekretariat@sgipt.org  _ Zitierung  &  Copyright
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    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich Erleben, und hier speziell zum Thema:

    Erleben und Erlebnis bei Walter Toman

    Originalrecherche von Rudolf Sponsel, Erlangen



    Zusammenfassung Toman (2023) Zweifel, Hoffnung und Liebe

    Fundstellen für die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse im Vermächtniswerk Tomans

    • erleben 31 (69 mit Pseudos 31 überleben, 6 weiterleben, 1 Dämmerleben mit Methadon)
    • erlebt  39 (46 mit pseudos 7 überlebt)
    • Erlebnis 48
    • "beweis" findet: 8x.
    • "assozi"  4 Treffer.



    Zusammenfassung Toman Motivation, Persönlichkeit, Umwelt
    Walter Toman gebraucht erleben und Erlebnis als selbstverständliche Grundbegriffe, die für ihn nicht weiter definitions-, erklärungs- oder begründungspflichtig sind, daher  bei den ersten Fundstellen auch keine Querverweise, Anmerkungen, Fußnoten oder Literaturhinweise. Er setzt sich ausgiebig mit den existenzialistischen Phänomenologen auseinander, von denen er den Eindruck eines "esoterischen Vereins von Begriffsdichtern" gewann, die zur Theorie und vor allem zur psychotherapeutischen Praxis wenig beizutragen hätten.
        Ein bißchen existenzialistisch wird Toman selbst am Ende der Fundstellen, wenn er schreibt: "... Das aber, was er in Antwort auf diese Umweltkontexte beziehungsweise deren Abänderungen berichtet, getan zu haben, ist in der Regel informativer und unmittelbarer interessant für Voraussagen zukünftigen bedeutsamen Verhaltens als alles, was er noch so ausführlich angibt, damals TP223e1erlebt und gefühlt zu haben." Wobei diese Stelle an die radikale existenzialistische These Sartres erinnert, dass der Mensch nicht anderes als die Gesamtheit seiner Handlungen sei.
     
      Im Sachregister Motivation, Persönlichkeit, Umwelt:
      Erleben 0, Erlebnis 96, 112 ff., 180, 223.

      Fundstellen der im Sachregister bezeichneten Seiten
      e:= erleben, erlebt(e,en,es) 6
      E:= Erlebnis...   10

      Fundstellenkürzel
      e := erleben, erlebt(e,en,es)

      • "... Alle Wirklichkeit besteht nur in dem Maße, als ein lebender Mensch an ihr teilnimmt, sie bewußt TP112e1erlebt und eine Beziehung zu ihr hat. Das Unbewußte sind jene Möglichkeiten des Wissens und TP112e2Erlebens, welche ..."
      • "... Die subjektive Seite dieser Zentriertheit des Menschen sei das TP112e3Erleben, das typisch Menschliche daran, das ..."
      • "... Die [>113] Fähigkeit des TP113e1Erlebens und Bewußtseins konstituiere die Basis für seine psychologische Freiheit ..."
      • " ... das innere TP114e1Erleben des Menschen besonders wichtig ist. Wenn man will, dann sind ihre Erläuterungen ..."
      • "... soziales Verhalten unbekümmert um die besonderen Formen, in denen sie von den betreffenden TP115e1erlebt werden ..."
      • "... was er noch so ausführlich angibt, damals TP223e1erlebt und gefühlt zu haben."


      E := Erlebnis....

      • "... vom lebendigen Menschen, der solche TP112E1Erlebnisse hat und dem Dinge widerfahren (1961, S. 24f). ..."
      • "... die TP113E1Erlebnisse in ihrem Flusse, in ihrem unmittelbaren „So-Sein“ zu beschreiben."
      • "... wenn sie diese TP113E2Erlebnisberichte bekommen? Wenn die Beschreibungen auch für andere gedacht sind, ..."
      • "... mit TP113E3Erlebnisspezialisten im Stile von Zen-Buddhisten und Yoga-Praktikern zu tun hätte. ..."
      • "... zur Erforschung der TP114E1Erlebnis- und Existenzformen in all ihren Spielbreiten unter Verwendung von ..."
      • "... auf seine Erfahrungen,  Ansichten und TP115E1Erlebnisse ankomme, ist wahrscheinlich überhaupt keinem Psychologen oder Psychiater ..."
      • "... des Motivationsgeschehens betrachtet, wenn man will, als die subjektiven TP180E1Erlebnisse eben dieser ..."
      • "... dem subjektiven TP180E2Erlebnis von Angst, Furcht oder Trauer. ..."
      • "... wenn man nicht auch seine TP223E1Erlebnisse dieser / Kontexte und Kontextaspekte kenne, ist sicherlich berechtigt. ..."
      • "... Die Frage nach dem TP223E3Erlebnis erübrigt sich außerdem oft dort, wo der Kontext ohnedies den Kommentaren des Probanden ..."
      • "... über seine  Umweltkontexte den TP223E4Erlebnissen seiner Erinnerungen an diese. ..."




    Fundstellen im Text-Kontext
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis

    Phänomenologen ein  "esoterischen Verein von Begriffsdichtern"?
    S. 112ff: "Stärker und ausdrücklicher von  K i e r k e g a a r d  (1844) und  H e i d e g -
    ger (1927) inspiriert, versuchten  J a s p e r s  (1946),  B i n s w a n g e r
    (1947, 1955), vo n  G e b s a t t el  (1938, 1954),  B u y t e n d i j k  (1936, 1953,
    1959) und andere, sich in ihren theoretischen Positionen gegen jede mecha-
    nistische Interpretation des Menschen sowie gegen alle Systematisierung der
    Phänomene, welche ihn und seine Entwicklung charakterisieren, zu ver-
    wahren. Unvoreingenommener und eklektischer als die anderen charakteri-
    siert vielleicht Rollo  M a y  (1958, 1961, auch 1950, 1953) nach Übersicht
    über die europäische Literatur zur Phänomenologie des Seins die Grund-
    thesen existentieller Psychologen und Psychiater: Alle Wirklichkeit besteht
    nur in dem Maße, als ein lebender Mensch an ihr teilnimmt, sie bewußt
    TP112e1erlebt und eine Beziehung zu ihr hat. Das Unbewußte sind jene Möglich-
    keiten des Wissens und TP112e2Erlebens, welche das Individuum nicht verwirklichen
    kann oder nicht verwirklichen wird. Verdrängung ist kein einfacher Mechanis-
    mus, sondern ein komplizierter Kampf des individuellen Seins gegen das
    Nichtsein. Begriffe wie Es, Ich und Überich, Ich und Nicht-Ich, Selbst und
    Nicht-Selbst können diesen Prozeß nicht adäquat erfassen. Jeder Mechanis-
    mus, jede Kraft, jeder Trieb setzt eine ihm zugrundeliegende Struktur vor-
    aus, die unendlich viel größer ist als der Mechanismus, die Kraft, der Trieb
    selbst. Alle genannten Begriffe seien Abstraktionen vom lebendigen Men-
    schen, der solche TP112E1Erlebnisse hat und dem Dinge widerfahren (1961, S. 24f).
    Jeder existierende Mensch habe das Bedürfnis, sein Zentrum, seine Zentriert-
    heit zu bewahren. Die subjektive Seite dieser Zentriertheit des Menschen
    sei das TP112e3Erleben, das typisch Menschliche daran, das Bewußtsein seiner selbst
    als „eines Subjekts, das eine Welt hat“. Drohungen von der Welt implizieren,
    daß der Mensch sich selbst als den Bedrohten TP112e4miterlebt. Auch in der Angst
    sei er frei und könne sich entscheiden. Bewußtsein impliziere, daß der Mensch
    sich gegen sich selbst wenden, sich (und auch andere) sogar töten könne. Die [>113]
    Fähigkeit des TP113e1Erlebens und Bewußtseins konstituiere die Basis für seine
    psychologische Freiheit (M a y  1961, 75—84). —  L i n s c h o t e n  (1961)
    preist in ähnlicher Form William  J a m e s ’  Konzept des „stream of
    consciousness“, des dahinfließenden Bewußtseinsstromes. Die Aufgabe der
    Psychologie sei es, die TP113E1Erlebnisse in ihrem Flusse, in ihrem unmittelbaren
    „So-Sein“ zu beschreiben.

        Für wen, darf man hier vielleicht fragen. Für andere Phänomenologen und
    Existentialisten, für die Connoisseure solcher Beschreibungen? Wenn dies
    der Fall ist, was fangen diese damit an? Was wissen sie, wenn sie diese
    TP113E2Erlebnisberichte bekommen? Wenn die Beschreibungen auch für andere ge-
    dacht sind, für gewöhnliche Menschen, dann erhebt sich diese Frage nach
    dem Erkenntnisgewinn noch dringlicher.

       Vom wissenschaftlichen Standpunkt ist man angesichts dieser Sachlage
    etwas in Verlegenheit, Manchmal sieht es aus, als ob man es mit einem
    esoterischen Verein von Begriffsdichtern, dann wieder mit TP113E3Erlebnisspezia-
    listen im Stile von Zen-Buddhisten und Yoga-Praktikern zu tun hätte.
    Auf alle Fälle aber scheinen sie eine Art von „mutual admiration society“ zu
    bilden, die einander für mitunter recht unbedeutende Wortprägungen
    zitieren und einander eigentlich immer wieder dasselbe versichern. Das gilt
    auch für einen sehr differenzierten Essayisten wie  M e r l e a u - P o n t y
    (1945, 1956). Seine Phänomenologie der Wahrnehmung enthält zwar für den Wahrnehmungsforscher in der Psychologie gelegentlich recht interessante
    Facetten, Anregungen für systematischere und experimentelle Unter-
    suchungen, wenn man will, aber auf weiten Strecken ist der Diskurs trivial
    und von der Kenntnis des Forschungsstandes in diesem Gebiet zum Teil
    völlig unbelastet.

        Zur Illustration sei hier auf eine etwas andere, aber doch eng verwandte
    Denomination dieser Gedankenrichtungeingegangen, nämlich auf
    v o n  W e i z s ä c k e r  (1947; siehe auch dessen Schüler  W y s s, 1961).
    Nach  v o n  W e i z s ä c k e r  vergaß  F r e u d  angeblich das „Du“. Er sei nie
    zum „Wir“ vorgestoßen. Für ihn,  W e i z s ä c k e r , beginne „das Mensch-
    liche“ mit dem „Umgang“, mit dem wechselseitigen Geben und Nehmen,
    das aber ein einheitlicher, ontologisch nicht trennbarer Akt sei. Auch das
    Wahrnehmen und Bewegen sei immer eine Einheit, und der Erfolg einer
    stattgehabten Bewegung bestimme den Verlauf des nächsten. Um Lebendes
    zu erforschen, müsse man sich am Lebenden beteiligen. Der Mensch lebe
    durch Raum, Zeit, Zahl und Kausalität „hindurch“, er lebe „antilogisch“.
    Die antilogischen Begriffe des „Werdens“, der „Bewegung“, des „Ereig-
    nisses“, seiner beständigen Auseinandersetzung mit der Umwelt, sie alle
    seien besser geeignet, ihn zu erfassen als  F r e u d s  „carthesische“ Men-
    schen- und Weltkonzeption.

        Im Vergleich dazu wirkt  S c h a c h t e l  (1959) wie ein Realist, obwohl
    auch er durch ähnliche phänomenologische Studien, sozusagen auf psycho-
    analytischer Basis, hervorgetreten ist und von den Existentialisten als einer
    der ihren beansprucht wird. Er behauptet vor allem, daß es zwei Arten von
    Affekten gebe, nämlich „embeddedness affect“ und „self-actualization-[>114]
    affect“. Der erste Affekt aktiviere Gedanken und Verhalten in der Richtung
    einer „Fortsetzung der intra-uterinen Existenz“, der kreatürlichen Behaglich-
    keit, der zweite führe zu aktivem Verhalten und zur Weiterentwicklung der
    Person. Auch im Bereich der Wahrnehmung gebe es eine autozentrische
    (passive, auf eigene Zustände gerichtete) und eine allozentrische Komponente.
    Letztere bewirke die Aktivität und fortlaufende Differenzierung im Wahr-
    nehmungsgeschehen.

        In der Polemik mit Freud und auch Kris (siehe S. 123) über den
    schöpferischen Prozeß meint  S c h a c h t e l , die Wahrnehmung sei selbst
    schöpferisch, und diese wie jede andere schöpferische Leistung, sei das Er-
    gebnis einer Progression, einer Weiterentwicklung, nicht der Regression.
    Der Mensch durchlaufe überhaupt in seiner Entwicklung immer neue
    Existenzformen. Seine Metamorphosen bewirken, daß frühere einfachere
    Existenzformen, so etwa die Kindheit und ihre Erinnerungen, untergehen.
    Die Umwelt trage mit Erziehungs- und Kultureinflüssen zur Konventionali-
    sierung des Gedächtnisses und einem „patterning" der Vorstellungsinhalte
    bei.

        Insgesamt kann nicht geleugnet werden, daß all diesen Phänomenologen
    und Existenzanalytikem das innere TP114e1Erleben des Menschen besonders wichtig
    ist. Wenn man will, dann sind ihre Erläuterungen Hymnen an die Reflexion
    und Selbstbetrachtung, an die unglaublichen (vielleicht auch nur trivialen)
    Erfahrungen über -das eigene „Sein“, welche sie eröffnet. Von hier zum
    „psychedelic research“, zur Erforschung der TP114E1Erlebnis- und Existenzformen
    in all ihren Spielbreiten unter Verwendung von Drogen (z. B. der notorische
    Timothy  L e a r y  et al. 1962,  W e i l  et al. 1964) und damit auch zu den Aus-
    wüchsen, welches dieses „Forschungsgebiet“ genommen hat — für manche
    Interessierte eine Rationalisierung der eigenen Rauschgiftsucht — ist viel-
    leicht nur mehr ein kleiner Schritt. Auch  M c L u h a n ’ s (1964) dichterische
    „Botschaft“ von den Kommunikationsmedien, die keinen anderen Sinn als
    sich selbst haben („The medium is the message“), stellt vielleicht nur eine
    Variante dieses Trends dar. Das gleiche gilt wohl auch für das Lied an die
    Freude, mit dem W. C. S c h u t z  (1967) das menschliche Bewußtsein erwei-
    tern möchte, oder für  G o r d o n ’ s  (1961) „Synektik“, durch die er das
    schöpferische Potential eines Menschen zu erhöhen verspricht.

        Was diese Beiträge allerdings angesichts der diagnostischen, psychothera-
    peutischen und Forschungsaufgaben leisten sollen, denen Psychologen und
    Psychiater, auch Soziologen und Sozialarbeiter im täglichen Leben in so
    großer Zahl gegenüber stehen, ist nicht recht klar. Es sieht aus, als ob es
    für den tatsächlichen Umgang mit anderen hilfesuchenden Menschen, Fa-
    milien und Personengruppen, darunter psychisch Erkrankten und kriminell
    Entgleisten, handfesterer und leistungsfähigerer Vorstellungen und Modelle
    bedürfe, als von Phänomenologen und Existentialisten geboten werden.
    Dabei soll nicht gesagt sein, daß Dichter und Dramatiker, auch manche soge-
    nannte „Existentialisten“ unter diesen (etwa  S a r t r e  oder  C a m u s),
    durch schöpferische Gestaltungen von Problemen menschlichen Eigen- und
    Zusammenlebens wenig geleistet haben und leisten werden. Im Gegenteil, [>115]
    ihre erzieherischen und psychotherapeutischen Wirkungen sind oft viel nach-
    haltiger und allgemeiner als alles, was professionelle Erzieher und Psycho-
    therapeuten als einzelne hoffen können zu erreichen. Ob allerdings das
    gleiche vom endlosen akademischen Vortrag ein und derselben Grund-
    gedanken in jeweils etwas anderen oder den gleichen Formulierungen be-
    hauptet werden kann, sei dahingestellt. Kasuistiken menschlicher Probleme
    in allen möglichen ihrer Varianten und deren „existentielle“ Aufhellungen,
    früher oder später aber auch Statistiken solcher Probleme und untersuchter
    bzw. behandelter Personen wäre mehr. Die Hauptweisheit der Existen-
    tialisten, nämlich daß es bei der Betrachtung des Menschen auf dessen In-
    neres, auf seine Erfahrungen, Ansichten und TP115E1Erlebnisse ankomme, ist wahr-
    scheinlich überhaupt keinem Psychologen oder Psychiater gleich welcher
    Provenienz neu. Umgekehrt scheinen dagegen die mannigfachen Wirkungen
    mancher objektiver Gegebenheiten in der Umwelt von Personen auf deren
    Entwicklung, Charakter und soziales Verhalten unbekümmert um die be-
    sonderen Formen, in denen sie von den betreffenden TP115e1erlebt werden (siehe
    G l u e c k  1943, 1950,  B o w l b y  1951, oder  H o l l i n g s h e a d  und
    R e d l i c h  1958, auch  T o m a n  1962a, 1965,  S t r o t z k a  1965) den Exi-
    stentialisten irrelevant und/oder unglaubhaft."

    S. 180f: "Gefühle und Affekte sind hier unter den Begriff Motivation subsumiert.
    Sie werden als Teile des Motivationsgeschehens betrachtet, wenn man will,
    als die subjektiven TP180E1Erlebnisse eben dieser Motivationszustände und -prozesse.
    Unter sonst vergleichbaren Bedingungen würden Motivbefriedigungen sub-
    jektiv im allgemeinen etwa Freude und Zufriedenheit bedeuten, Behinderun-
    gen der Motivbefriedigungen und die damit verbundenen Alarm- oder Angst-
    Aggressionszustände subjektiv Zorn, Ärger oder Haß. Behinderungen, die als
    permanent aufgefaßt werden, entsprechen im allgemeinen dem subjektiven
    TP180E2Erlebnis von Angst, Furcht oder Trauer. Aus Furcht vor Personen hinter die-
    sen Behinderungen oder vor impliziten Strafen begnügt sich ja der Betref-
    fende mit der Vorbereitung des Verzichts auf die Motivbefriedigungen und [>181]
    mit der Trauer um das fortan nicht mehr Erreichbare, und zwar so lange, bis
    ihm dieser Verzicht gelungen ist. Dann fühlt er sozusagen nichts mehr
    Dann weiß er, daß es die betreffende Freude für ihn einfach nicht mehr gibt."

    S. 223: "Die hier empfohlene Annahme ist, daß die Kenntnis möglichst vieler
    Umweltaspekte eines Menschen hilft, seine Welt und Wirklichkeit zumindest
    in wesentlichen Aspekten zu rekonstruieren. Im Kontext dieser Wirklichkeit
    ist sein Verhalten in der Vergangenheit, egal ob es von ihm selbst berichtet
    wird oder ob wir Beobachter und Zeugen dafür finden, besser beurteilbar.
    Im günstigen Falle sind auf der Basis dieser Beurteilungen auch indivi-
    duelle Voraussagen möglich, wie sie von klinischen Psychologen, Psychiatern,
    Sozialarbeitern, aber auch von Seelsorgern, Richtern, Bewährungshelfern
    und Lehrern eigentlich laufend abverlangt werden. Daß die Personen-
    umgebung eines Menschen eine besondere Rolle spielt und daß aus ihr
    vielleicht eher als aus vielen anderen Merkmalen einer Person Erwartungen,
    darüber formulierbar sind, welche Personenumgebungen diese Person sich
    selbst schaffen wird, wurde bereits im vorigen Kapitel betont. Umso mehr
    Grund bestünde darum, die markantesten der Umweltmerkmale von allen
    jenen Personen zu Protokoll zu bringen, an deren psychologischem Ver-
    ständnis Interesse besteht. Dies ist, obschon oft mit ungenügender Systematik
    und Konsequenz, in mancher ärztlichen, psychiatrischen und klinisch-psycho-
    logischen und gerichtspsychologischen Praxis ohnedies schon lange üblich.

        Das Argument einiger Psychologen und Psychiater, daß alle Kontextkennt-
    nis eines Menschen nichts nütze, wenn man nicht auch seine TP223E1Erlebnisse dieser
    Kontexte und Kontextaspekte kenne, ist sicherlich berechtigt. Das Argument
    wird aber oft zur Entschuldigung dafür verwendet, daß man sich um die
    Kontexte selbst, manchmal aus Bequemlichkeit oder Zeitmangel, andere Male
    sogar aus grundsätzlichem Desinteresse an der untersuchten oder behandelten
    Person, nicht kümmern möchte. Andererseits gilt, daß gewisse Kontexte und
    Kontextaspekte auch ohne die ausdrückliche Frage nach dem TP223E2Erlebnis der-
    selben interpretierbar sind. So bedeutet beispielsweise der Tod eines Fami-
    lienmitgliedes mit ziemlicher Sicherheit die physische Absenz dieser Person
    für immer, die Auswanderung in ein fremdsprachiges Land meist Verständi-
    gungsschwierigkeiten und Anpassungsprobleme in Schule und Beruf, Armut
    die geringere Verfügbarkeit von Geld und allem, was Geld kaufen kann, ein
    Gefängnisaufenthalt die erhebliche Reduzierung von Personenkontakten,
    Betätigungsmöglichkeiten und Vergnügungen. Die Frage nach dem TP223E3Erlebnis
    erübrigt sich außerdem oft dort, wo der Kontext ohnedies den Kommen-
    taren des Probanden selbst entnommen wird. Wenn dies in einem freien
    Gespräch geschieht, entstammen ja die Angaben über seine Umweltkontexte
    den TP223E4Erlebnissen seiner Erinnerungen an diese. Das aber, was er in Antwort
    auf diese Umweltkontexte beziehungsweise deren Abänderungen berichtet,
    getan zu haben, ist in der Regel informativer und unmittelbarer interessant
    für Voraussagen zukünftigen bedeutsamen Verhaltens als alles, was er noch
    so ausführlich angibt, damals TP223e1erlebt und gefühlt zu haben."
     



    Literatur (Auswahl)
    • Toman, Walter (1968b)   Motivation, Persönlichkeit, Umwelt. Göttingen; Hogrefe




    Links (Auswahl: beachte)
    • Walter Toman im Internet.
    • Walter Toman: Fachbiographie, Bildnis, Literaturliste.




    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    __
    Sartre
    "Es gibt Wirklichkeit nur in der Tat; übrigens geht sie noch weiter, indem sie beifügt: Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf, er existiert nur in dem Maße, in welchem er sich verwirklicht, er ist also nichts anderes als die Gesamtheit seiner Handlungen, nichts anderes als sein Leben."
        Quelle: Sartre, Jean-Paul (dt.) Ist der Existenzialismus ein Humanismus? In (S.18) Sartre, Jean-Paul (fr. 1946, dt.1963) Drei Essays. Frankfurt: Ullstein.


    Querverweise
    Standort: Erleben und Erlebnis bei Walter Toman.
    *
    Haupt- und Verteilerseite Die Erforschung des Erlebens und der Erlebnisse
    Zur  Methode der Fundstellen-Textanalyse.  * Hauptbedeutungen Erleben und Erlebnis
    *
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Erleben und Erlebnis bei Walter Toman. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/erleben/Toman.htm

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    korrigiert: 16.12.2022irs Rechtschreibprüfung und gelesen






    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    16.12.2022    irs Rechtschreibprüfung und gelesen
    16.12.2022     Belegstellen plaziert, Zusammenfassung.
    14.-15.12.22   Einige Toman Hauptwerke durchgesehen.
    13.12.2022    Angelegt